Jean-Hugues Anglade

Jean-Hugues Anglade (2019)

Jean-Hugues Anglade (* 29. Juli 1955 in Thouars) ist ein französischer Schauspieler. Bekanntheit erlangte er ab Mitte der 1980er Jahre durch Hauptrollen in Spielfilmproduktionen von unter anderem Jean-Jacques Beineix (Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen, 1986), Luc Besson (Subway) und Patrice Chéreau (Der verführte Mann – L’Homme blessé, 1983; Die Bartholomäusnacht, 1994),

Leben

Ausbildung und erste Filmrollen

Der Sohn eines Tierarztes und einer Sozialarbeiterin studierte fünf Jahre am Conservatoire national supérieur d’art dramatique in Paris unter Antoine Vitez. 1981 absolvierte Anglade nach einer Reihe von Auftritten in französischen Fernsehproduktionen sein Kinodebüt mit Pierre Larys Spielfilm Flirt mit dem Tod, in dem er an der Seite von Jean Rochefort und Dominique Sanda in einer Nebenrolle agierte.

Den ersten Erfolg feierte der Schauspieler ein Jahr später unter der Regie des französischen Regisseurs Patrice Chéreau. In dessen Krimidrama Der verführte Mann – L’Homme blessé spielt er die Hauptrolle des jungen Henri, der seine Homosexualität entdeckt und eine Beziehung mit einem manipulativen Strichjungen und Kleinkriminellen eingeht. Der Film, der 1983 bei den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurde, brachte Anglade Lob seitens der Kritiker ein und er wurde ein Jahr später als Bester Nachwuchsdarsteller bei den Césars nominiert, dem französischen Äquivalent zum Oscar. Nach einer Nebenrolle in dem Thriller Gefährliche Züge an der Seite von unter anderem Michel Piccoli, Liv Ullmann und Leslie Caron folgte 1986 ein Part in Luc Bessons Subway. Der Thriller, der in den Tunneln der Pariser Métro spielt, war 1986 für dreizehn Césars nominiert, darunter auch Jean-Hugues Anglade als Bester Nebendarsteller.

Durchbruch mit Betty Blue

Der große Durchbruch im französischen Kino folgte im selben Jahr mit seiner ersten Hauptrolle unter der Regie von Jean-Jacques Beineix. Der Film Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen basiert auf dem gleichnamigen Roman von Philippe Djian und erzählt die Geschichte des jungen Schriftstellers „Zorg“. Betty Blue wurde 1987 bei der Oscar-Verleihung als bester fremdsprachiger Film nominiert und brachte Anglade seine erste César-Nominierung als Bester Hauptdarsteller ein sowie im gleichen Jahr den renommierten Prix Jean Gabin.

In der Folge war Anglade auf den Rollentypus aus Betty Blue festgelegt, so unter anderem in dem Liebesfilm Krank vor Liebe (1987), in dem er gegen Michel Piccoli um die Gunst einer idealistischen Friseurin (gespielt von Nastassja Kinski) buhlt. 1989 spielte der Bewunderer von Robert De Niro in Alain Corneaus Nächtliches Indien. In dem Roadmovie mimte Jean-Hugues Anglade einen französischen Historiker, den es auf der Suche nach einem verschollenen Freund von Bombay an die indische Westküste verschlägt. 1990 arbeitete Anglade wieder mit Luc Besson zusammen. In dem Action-Thriller Nikita spielt er an der Seite von Anne Parillaud den Geliebten einer jungen Drogenabhängigen, die gezwungen wird, Auftragsmorde für die französische Regierung auszuführen. Der Film lief in den europäischen Kinos und wurde drei Jahre später von Hollywood neu unter dem Titel Codename: Nina verfilmt. Im gleichen Jahr folgte der Film Eine Sommernacht in der Stadt mit Marie Trintignant, sowie ein Jahr später der Episodenfilm La domenica specialmente mit unter anderem Patricia Arquette, Bruno Ganz, Ornella Muti und Philippe Noiret.

César-Gewinn und internationale Karriere

(c) Georges Biard, CC BY-SA 3.0
Anglade 1995 mit dem César als Bester Nebendarsteller

Den größten Erfolg seiner Schauspielkarriere feierte Jean-Hugues Anglade 1994 mit Die Bartholomäusnacht. Patrice Chéreaus Verfilmung eines Romans von Alexandre Dumas mit Isabelle Adjani, Daniel Auteuil und Vincent Perez in den Hauptrollen schildert opulent das Ränkespiel im 16. Jahrhundert am französischen Königshof, das mit dem Massaker an tausenden Hugenotten in den Straßen von Paris seinen Höhepunkt findet. Seine Rolle des geisteskranken französischen Königs Karl IX., der auf die Geschicke seiner Mutter Katharina von Medici (gespielt von Virna Lisi) angewiesen ist, brachte ihm nach vier erfolglosen Nominierungen den ersten César als Bester Nebendarsteller ein. Die 27 Millionen Euro teure Großproduktion, die in Frankreich zum nationalen Ereignis avancierte, wurde 1995 für den Golden Globe und 1996 für den britischen BAFTA Award als bester fremdsprachiger Film nominiert.

Ebenfalls 1994 absolvierte Anglade einen kurzen Cameo-Auftritt in Luc Bessons Léon – Der Profi mit Jean Reno und Natalie Portman. Ein Jahr später folgte die Zusammenarbeit mit Claude Sautet, in dessen Film Nelly & Monsieur Arnaud Michel Serrault und Emmanuelle Béart seine Filmpartner waren. Mit Thrillern wie Roger Avarys Killing Zoe (1994), Gregory Marquettes Blond und skrupellos (2000) und Jean-Jacques Beineix’ Mortal Transfer (2001) versuchte sich Anglade im internationalen Kino und damit auch in englischsprachigen Produktionen zu etablieren. 2004 folgte seine erste Hollywood-Rolle als frankokanadischer Polizeiermittler in dem Thriller Taking Lives – Für Dein Leben würde er töten an der Seite von Ethan Hawke, Angelina Jolie und Kiefer Sutherland. 2005 war Anglade in dem deutschen Fernsehfilm Kein Himmel über Afrika neben Veronica Ferres zu sehen. 2007 agierte er in Simon Groß’ in Marokko gedrehtem Thriller Fata Morgana erneut in einer deutschen Produktion neben Matthias Schweighöfer und Marie Zielcke. Kleine Rollen absolvierte Anglade in US-amerikanischen Fernsehproduktionen wie den preisgekrönten Serien Die Sopranos (2002) oder John Adams – Freiheit für Amerika (2008). Ab 2008 übernahm er in Frankreich unter der Regie von Josée Dayan außerdem die Hauptrolle in mehreren Kriminalverfilmungen für das Fernsehen (unter anderem Der vierzehnte Stein, Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord und Bei Einbruch der Nacht), in denen er jeweils in die Rolle von Fred Vargas’ Serienhelden Jean-Baptiste Adamsberg schlüpfte. Von 2009 bis 2016 spielte er die Hauptrolle des abgehalfterten Spezialeinheit-Polizisten Eddy Kaplan in der auf vier Staffeln angelegten Polizeifilm-Serie Braquo.

Privatleben

Anglade, der unter anderem auch im Lied Cosmopolitan von Vincent Delerm Erwähnung fand,[1] war zwischen 1996 und 2000 mit seiner Schauspielkollegin Pamela Soo verheiratet. Die beiden lernten sich bei den Dreharbeiten zu Anglades erster und bisher einziger Regiearbeit Tonka (1997) kennen.[2] Aus seiner 2004 beendeten Beziehung mit Mali Lecomte stammen zwei Söhne, geboren 2001 und 2002.[3]

Im Jahr 2001 konfrontierte er die Öffentlichkeit während der Fernsehsendung Tout le monde en parle[4] mit der Aussage, dass er im Alter von 13 Jahren zum Opfer eines Pädophilen geworden war.[5] 2005 wurde er Opfer eines Überfalls am Seine-Ufer in Paris.[6]

Am 21. August 2015 wurde er bei einem Terroranschlag auf einen Hochgeschwindigkeitszug der Marke Thalys auf der Fahrt von Amsterdam nach Paris verletzt, als er eine Scheibe einschlug um Alarm auszulösen. Später erhob er Vorwürfe gegen das Zugpersonal, das sich in einem eigenen abgesperrten Bereich in Sicherheit gebracht und auf die Hilfe suchenden Passagiere nicht reagiert hatte.[7][8]

Filmografie (Auswahl)

Anglade 2009 bei den Filmfestspielen von Venedig

Darsteller

Regisseur

  • 1997: Tonka

Drehbuchautor

  • 1997: Tonka

Auszeichnungen

Ehrungen

César

  • 1984: Nominierung in der Kategorie Bester Nachwuchsdarsteller für Der verführte Mann – L’Homme blessé
  • 1986: Nominierung in der Kategorie Bester Nebendarsteller für Subway
  • 1987: Nominierung in der Kategorie Bester Hauptdarsteller für Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen
  • 1990: Nominierung in der Kategorie Bester Hauptdarsteller für Nächtliches Indien
  • 1995: Bester Nebendarsteller für Die Bartholomäusnacht
  • 1996: Nominierung in der Kategorie Bester Nebendarsteller für Nelly & Monsieur Arnaud
  • 2010: Nominierung in der Kategorie Bester Nebendarsteller für Ruhelos
  • 2019: Nominierung in der Kategorie Bester Nebendarsteller für Ein Becken voller Männer

Weitere

Weblinks

Commons: Jean-Hugues Anglade – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Vgl. visseaux.org
  2. Vgl. planet.fr
  3. Vgl. hypnoseries.tv (Memento vom 17. April 2016 im Internet Archive)
  4. Vgl. Jean-Hugues Anglade: La terrible malédiction continue! (Memento vom 1. März 2017 im Internet Archive). In: France Dimanche, 10. September 2015.
  5. Jean-Hugues Anglade Interview Psy in Archive INA auf youtube.com
  6. Vgl. leparisien.fr
  7. Vgl. Alptraum Thalys: „Am falschen Ort, aber mit richtigen Leuten“. In: DiePresse.com. 22. August 2015, abgerufen am 15. Januar 2018.
  8. Vgl. Zug-Terror: „Kontrolleure sperrten sich ein“ auf heute.at, 23. August 2015.
  9. Ministère de la Culture: Nominations ou promotions dans l'ordre des Arts et des Lettres juillet 2010. Archiviert vom Original am 26. Oktober 2021; abgerufen am 5. Dezember 2021 (französisch).

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(c) Georges Biard, CC BY-SA 3.0
Jean-Hugues Anglade à la cérémonie des Césars, avec son prix du Meilleur acteur dans un second rôle pour le film La Reine Margot.
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Autor/Urheber: nicolas genin from Paris, France, Lizenz: CC BY-SA 2.0
66ème Festival du Cinéma de Venise (Mostra), 4ème jour (05/09/2009). Photocall avec Jean-Hugues Anglade pour le film : Persécution.
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Autor/Urheber: Georges Biard, Lizenz: CC BY-SA 3.0
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