Ishimpō

Abschrift aus dem ehemaligen Besitz der Familie Nakarai
Ishimpō, Textfragment des Ninna-Tempels in Kyōto

Das Ishimpō (jap. 医心方, auch Ishinpō oder Ishinhō) ist eine von dem Arzt Tamba no Yasuyori zwischen den Jahren 982 und 984 verfasste Schrift, die heute als ältestes japanisches Werk zur Medizin gilt.[1]

Tamba no Yasuyori übergab die Schrift dem kaiserlichen Hof. Wahrscheinlich gelangten gelegentlich kleinere Auszüge in Umlauf, doch im Wesentlichen schlummerte der Text über Jahrhunderte hinweg in der Bibliothek des Tennō, bis er 1554 auf Anordnung des Tennō Ōgimachi dem Hofarzt Nakarai Zuisaku (半井 端策) – vermutlich zur Auswertung – überlassen wurde.

Eine Abschrift, die in der Familie Tamba verblieben war und im Laufe der Jahrhunderte über die von dieser Familie abgeleiteten Zweigfamilie Taki tradiert wurde, ging zu großen Teilen verloren. Ein weiteres umfangreicheres Fragment (Buch 1, 5, 7, 9 sowie Teile von Buch 10) hütet der Ninna-Tempel in Kyōto. Diese Version liegt nach Ansicht vieler Fachleute näher am Urtext als der Nakarai-Text.

1854 vermachte die Familie Nakarai das Werk der Tokugawa-Regierung. Heute befindet es sich im Nationalmuseum Tokio. Unter Vergleich mit den Resten im Besitz seiner Familie nahm der Hofarzt Taki Motokata (多紀 元堅) eine Rekonstruktion vor. 1860 wurde der Text erstmals in einer Holzblock-Druckausgabe allgemein zugänglich gemacht.

Die Ausgabe der Familie Nakarai und des Ninna-Tempels sind als Nationalschatz ausgewiesen.

Der in 30 Rollen (maki) gegliederte Text beruht zu großen Teilen auf den im 7. und 8. Jahrhundert verfassten chinesischen Werken Zhū bìng yuán hóu lún (chinesisch 諸病源候論 / 诸病源候论 – „Abhandlung über Ursachen und Verlauf von Krankheiten“), Bèi-jí qiān jīn yào fāng (備急千金要方 / 备急千金要方 – „Tausend Goldstück-Rezepte für Notfälle“) sowie dem Wài-tái mì yào fāng (外台秘要方 – „Geheime Rezepte der Kaiserlichen Bibliothek“). Doch sind darüber hinaus mehr als hundert weitere chinesische Schriften exzerpiert oder eingearbeitet. Ein Teil dieser Vorlagen ging verloren oder ist nur noch in Fragmenten erhalten. Da Vergleiche mit erhaltenen chinesischen Texten zeigten, dass Tamba no Yasunori ziemlich genau zitiert, ist das Ishimpō auch bei der Erforschung der Geschichte der chinesischen Medizin überaus hilfreich.

Infolge der breiten Nutzung des Schrifttums wirkt der nur locker systematisierte Text in weiten Teilen ziemlich eklektisch. Offensichtlich ging es dem Verfasser weniger um eine Erfassung theoretischer Konzepte der chinesischen Medizin als um Praktikabilität.

Das Ishimpō ist auch als Quelle zur Erforschung der Geschichte der japanischen Sprache von großer Bedeutung. Eine von Maki Sachiko herausgegebene neue Edition erscheint sukzessiv seit 1993 im Tokioter Verlag Chikuma Shobō. Westliche Übersetzungen gibt es nur von wenigen Teilen.

TeilJapanischInhalt
01治病大体Grundriss der Therapie von Krankheiten
02鍼灸篇Akupunktur und Moxibustion
03風病篇„Wind-Leiden“
04美容篇Krankheiten der Haare etc.
05耳鼻咽喉眼歯篇Leiden an Ohren, Nase, Hals, Augen, Nase, Zähnen
06五臓六腑Probleme mit den Fünf Yin- und Sechs Yang-Organen
07性病・諸痔・寄生虫篇Geschlechtskrankheiten, Hämorrhoiden, Parasiten
08脚病篇Innere Medizin (kakke)
09咳嗽篇Husten, Atembeschwerden
10積聚・疝か・水腫篇Leiden in der Bauchgegend, Ödeme
11痢病篇Durchfallerkrankungen
12泌尿器Leiden der Harnwege
13虚労篇Erschöpfungszustände
14蘇生・傷寒篇Wiederbelebung, ‚Kälte-Schäden‘
15癰疽篇flach- und tiefliegende Geschwüre
16腫瘤篇Schwellungen
17皮膚病篇Hautkrankheiten
18外傷篇Wunden, Frakturen
19服石篇Heilmittel
20服石篇Heilmittel
21婦人諸病篇Frauenleiden
22胎教篇Schwangerschaft
23産科治療・儀礼篇Geburtshilfe, Geburtsriten
24占相篇Vorhersagen (Prognostik)
25小児篇Kinderheilkunde
26仙道篇Taoistische Praktiven
27養生篇Gesundheitspflege
28房内篇Sexuallehre, Sexualpraktiken
29中毒篇Vergiftungen
30食養篇Diätik

Literatur

  • Akira Ishihara, Howard S. Levy: The Tao of Sex. Translation of the Twenty-Eight Section of The Essence of Medical Prescriptions (Ishimpo). Yokohama, 1968
  • Erhard Rosner: Medizingeschichte Japans. Brill, Leiden / Köln 1989.
  • The essentials of medicine in ancient China and Japan: Yasuyori Tamba's Ishimpō. Tr. with an Introduction and Annotations by E.C.H. Hsia, I. Veith and R. Geertsma. I: Books 1 and 2. II: Books 26, 27 and 28. Leiden, 1986.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daoist Texts in Translation. (PDF; 573 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) S. 19, archiviert vom Original am 17. Juli 2011; abgerufen am 12. November 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.daoistcenter.org

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