Internationaler Frauenrat

Länder, die im ICW vertreten sind (lila) oder dies waren (braun). Mit kleinen Kreuzen markiert: Tagungsorte von Generalversammlungen

Der Internationale Frauenrat (englisch: International Council of Women, ICW), bis 1949 in deutscher Übersetzung meist Frauenweltbund oder auch Frauenweltrat,[1] ist eine Nichtregierungsorganisation und internationale Vereinigung, die als Dachorganisation von national organisierten Frauenbewegungen insbesondere für die Förderung von Frauenrechten eintritt.

Sitz der internationalen Organisation ist Paris.[2] In beratender Funktion ist der Frauenrat für folgende UN-Organisationen tätig: ECOSOC, ILO, FAO, WHO, UNDP, UNEP, UNESCO, UNICEF, UNCTAD oder UNIDO.

Organisation

Dem Rat gehören an: Nationale Dachverbände, meist mit der Bezeichnung „Frauenrat“ in Landessprache; sowie Einzelpersonen, letztere meist als Individuum, als Ehrenmitglied oder als Vertreter einer internationalen Nichtregierungsorganisation oder auch Künstlergruppe.

Im dreijährigen Turnus finden seit 1947 einwöchige Generalversammlungen mit Teilnehmern aus allen Mitgliedsverbänden statt, bei denen unter anderem Vorstand und Präsidentin des ICW gewählt werden. Die 36. Generalversammlung fand 2022 in Avignon statt; die 37. Generalversammlung ist für 2025 in Brisbane geplant.

Neben den Strukturen des ICW existieren vier Regional Councils (Regionalräte), denen jeweils nationale Dachverbände angehören:

  • Der Asia-Pacific Regional Council (APRC) für Asien und Ozeanien, gegründet 2004, setzt sich insbesondere für Umwelt- und Klimaschutz ein
  • Das European Centre of the International Council of Women (ECICW) für die Mitgliedsverbände aus der EU, gegründet 1961, ist Gründungsmitglied der European Women’s Lobby (EWL), der nach Mitgliederzahl aller durch ihn vertretenen Verbände größten europäischen NGO-Lobbyorganisation.
  • Der Regional Council Americas (RCA) für Nord- und Südamerika, wurde 1987 gegründet und ist aus politischen Gründen in fünf Teilregionen aufgeteilt.
  • Der African Regional Council of Women (ARCW) ist der neueste Regionalverband.

Im deutschsprachigen Raum wird der ICW vertreten durch den Deutschen Frauenring e.V., den Bund Österreichischer Frauenvereine (BÖFV) und den Bund Schweizerischer Frauenvereine (alliance F).

Staatvertreten durchMitglied seitRegionalrat
ArgentinienConsejo de mujeres de la Repùblica ArgentinaRCA (Südamerika)
AustralienNational Council of Women of Australia1931APRC
AserbaidschanECICW
BelgienConseil National des Femmes Belges1905–1974
Nederlandstalige Vrouwenraadab 1974ECICW
Conseil des Femmes Francophones de Belgiqueab 1974ECICW
BangladeschBangladesh Mahila Parishad1970
BolivienConsejo Nacional de Mujeres de BoliviaRCA (Südamerika)
BruneiCouncil of Women of Brunei Darussalam (CWBD)1984APRC
CookinselnCook Islands National Council of Women (CINCW)1981APRC
Costa Rica
DänemarkKvinderadet (Women’s Council in Denmark)1899ECICW
DeutschlandBund Deutscher Frauenvereine1897–1933
Deutscher Frauenring e. V.1951ECICW
Dominikanische RepublikConsejo Nacional de Mujeres Inc. de la Republica DominicanaRCA (Zentralamerika und Karibik)
FidschiFiji National Council of WomenAPRC
FinnlandNaisjärjestöjen keskusliitto (National Council of Women of Finland)1911
FrankreichConseil national des femmes françaises (CNFF)1901ECICW
GriechenlandNational Council of Greek Women (NCGW)1908ECICW
GuatemalaConsejo Nacional de Mujeres de Guatemala1964RCA (Zentralamerika und Karibik)
IndienNational Council of Women in India1925APRC
IndonesienKongres Wanita Indonesia - Kowani (gegründet 1928)1973APRC
IsraelCouncil of Women’s Organizations in Israel (CWOI) (und Na’amat)1953ECICW
ItalienConsiglio Nazionale delle Donne Italiane - CNDI1903ECICW
KambodschaWomen’s Confederation of Cambodian Organisations WCCO AFESIPAPRC
KamerunOrganisation des Femmes du Rassemblement démocratique du Peuple Camerounais
KanadaNational Council of Women of Canada1893RCA (Nordamerika)
KeniaNational Council of Women of Kenya
KolumbienConsejo Nacional de Mujeres de ColombiaRCA (Anden)
Republik KongoConseil National des Associations des Femmes du Congo - CONAFECO
SüdkoreaKorean National Council of Women1959APRC
LibanonConseil des Femmes Libanaises
LesothoLesotho National Council of Women (LNCW)1963
LitauenLithuanian Women’s SocietyECICW
LuxemburgConseil National des Femmes du Luxembourg (CNFL)1975ECICW
MalaysiaNational Council of Women’s Organizations Malaysia1962APRC
MaltaNational Council of Women of Malta1964ECICW
MazedonienUnion of Women’s Organizations of the Republic of Macedonia - UWOMECICW
MonacoUnion des Femmes MonégasquesECICW
MongoleiNational Network of the Mongolian Women’s NGOs2000APRC
MarokkoUnion Nationale des Femmes Marocaines1969
MadagaskarConseil National des Femmes de Madagascar
NepalRural Women’s Network Nepal (RUWON Nepal)2007
NiederlandeNederlandse Vrouwen Raad - NVR1898ECICW
NeuseelandNational Council of Women of New ZealandAPRC
NigeriaNational Council of Women’s Societies - Nigeria
NorwegenNorske Kvinners Nasjonalråd (aufgelöst)1904–1989
ÖsterreichBund Österreichischer Frauenvereine1904–1938; ab 1951ECICW
PakistanAll Pakistan Women’s AssociationAPRC
Papua-NeuguineaNational Council of Women of Papua New GuineaAPRC
PeruConsejo Nacional de Mujeres del PeruRCA (Anden)
PhilippinenNational Council of Women of the PhilippinesAPRC
RusslandThe Women Union of RussiaECICW
SamoaNational Council of Women of Samoa1953APRC
SchwedenSvenska Kvinnors Nationalförbund (aufgelöst)1896–1929
SchweizAlliance F. - Alliance de Sociétés Féminines Suisses1903
SenegalAssociation pour la Promotion de la Femme sénégalaise (APROFES)1987
Slowenien
SpanienConsejo Nacional de Mujeres de Espana1982ECICW
SüdafrikaNational Council of Women of South Africa1913
TaiwanNational Council of Women of Taiwan ROC1997APRC
ThailandNational Council of Women of Thailand1956APRC
TunesienUnion Nationale de la Femme Tunisienne1956
TürkeiNational Council of Turkish Women
UgandaNational Association of Women’s Organizations in Uganda - NAWOU1992
UkraineNational Council of Women of Ukraine
UngarnAssociation of Hungarian Women1989ECICW
USANational Council of Women of USA, Inc.1888RCA (Nordamerika)
UruguayConsejo Nacional de Mujeres del Uruguay - CONAMURCA (Südamerika)
Vereinigtes KönigreichNational Council of Women of Great Britain1898ECICW
VanuatuVanuatu Council of WomenAPRC

Geschichte

Präsidentinnen des ICWim ZeitraumNationalität
keine1888–1893-
Ishbel Maria Hamilton-Gordon1893–1899Schottland
May Wright Sewall1899–1904USA
Ishbel Maria Hamilton-Gordon1904–1920Schottland
Pauline Chaponnière-Chaix1920–1922Schweiz
Ishbel Maria Hamilton-Gordon1922–1936Schottland
Marthe Boël1936–1947Belgien
Renée Girod(interim) 1940–1945Schweiz
Jeanne Eder-Schwyzer1947–1957Schweiz
Marie-Hélène Lefaucheux1957–1963Frankreich
Mary McGeachy1963–1973Kanada
Mehrangiz Dolatshahi1973–1976Iran
Ngarmchit Prem Purachatra1976–1979Thailand
Miriam Dell1979–1986Neuseeland
Hong Sook-ja1986–1988Südkorea
Lily Boeykens1988–1994Belgien
Kuraesin Sumhadi1994–1997Indonesien
Pnina Herzog1997–2003Israel
Anamah Tan2003–2009Singapur
Cosima Schenk2009–2015Schweiz
Jungsook Kim2015–2022Südkorea
Martine Marandel2022–Frankreich

Als Gründungsdatum des ICW gibt dieser seit den 1930er Jahren das Jahr 1888 an. Tatsächlich markiert dieses Jahr aber nur den Anfang der Organisationsstruktur auf nationaler Ebene in den USA. Erst gegen die Jahrhundertwende 1900 kam es tatsächlich zu multinationaler Zusammenarbeit und konkurrierende Initiativen aus Europa schlossen sich der amerikanischen Ratsstruktur an.

Gründungsjahre

Die amerikanischen Suffragettenführerinnen Elizabeth Cady Stanton und Susan B. Anthony hatten sich in den 1880ern auf Bildungsreisen durch Europa mit dortigen Vertreterinnen für Frauenrechte verständigt; die Ideen zu grenzübergreifender Zusammenarbeit waren dennoch zunächst vage geblieben. Dies änderte sich als ihnen May Wright Sewall ihre Idee von Frauenräten (Councils) vorstellte, um Frauen zu organisieren und zu einer gesellschaftlichen Kraft zu vereinen. Gemeinsam versammelten Anthony und Sewall in der Woche ab dem 25. März 1888 ihre Mitstreiterinnen in Washington, D.C., um die offizielle Gründungssitzung des ICW abzuhalten.[3]

Neben der größten Delegation aus den USA nahmen auch Vertreterinnen aus England, Irland, Frankreich, Norwegen, Dänemark, Finnland, Indien und Kanada teil. Unter den Teilnehmerinnen waren unter anderem Clara Barton, Frances Willard, Antoinette Brown Blackwell, Julia Ward Howe, Lucy Stone, Ishbel Maria Hamilton-Gordon (Lady Aberdeen) und Henrietta Edwards. In Washington gab sich die Organisation eine Satzung, gründete ein Nationales Komitee für die Vereinigten Staaten, und legte einen fünfjährigen Turnus für weitere Versammlungen fest. Dies wurde später um zweijährliche Treffen eines Exekutivkomitees ergänzt.[4]

Der ICW übernahm die Veranstaltung einiger Internationaler Frauenkongresse – ein solcher hatte bereits zuvor 1878 in Paris stattgefunden. Mit dem ICW-Frauenweltkongress in Chicago (1893 im Rahmenprogramm der Weltausstellung) und der dortigen Gründung des kanadischen Mitgliedsverbands etablierte sich der ICW erst als internationale amerikanische Frauenorganisation. Bei der Zusammenkunft in London (1899) gab es auch deutlich regere Teilnahme aus Europa. Auch andere Organisationen, wie etwa 1894 und 1904 der Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) in Berlin, hielten solche internationalen Gründungskonferenzen ab. Der BDF war ab 1897 bis zu seiner Selbstauflösung 1933 eine Mitgliedsorganisation im ICW.

Entwicklung

Der ICW setzte sich zunächst für die Einrichtung von nationalen Verbänden in möglichst vielen Staaten ein und organisierte Konferenzen zum gegenseitigen Austausch. Da sich rasch Kernanliegen aller beteiligten Frauen herausbildeten, wurde die Agenda um Friedensprojekten, Frauenrechte wie das Frauenwahlrecht, bessere Bildungschancen für Mädchen und das Recht auf Erwerbstätigkeit ergänzt. Trotz der Herkunft aus der Suffragetten-Bewegung wurde die Forderung nach vollständiger Gleichberechtigung zunächst nicht weiter unterstützt, um auch konservative Mitglieder zu gewinnen und zu halten. Dies führte unter anderem zur Abspaltung der International Alliance of Women (IAW, auf deutsch zunächst Weltbund für Frauenstimmrecht), welche eindeutiger politisch-feministische Ziele verfolgte. Weil in den Gründungsjahren die meisten Mitglieder US-amerikanischer Herkunft waren, und auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch die Industrienationen die meisten Mitglieder stellten, etablierten sich Englisch, Französisch und Deutsch als damalige Umgangssprachen, was wiederum Nicht-Europäer lange fernhielt.

Nach Gründung des Völkerbunds entwickelte sich der ICW zu einer Lobbyorganisation, die zwar keine Vertreter entsenden konnte, aber ihre Interessen etwa bezüglich der rechtlichen Gleichstellung zum Mann darlegen konnte. 1931 rief der Völkerbund etwa auf Drängen des ICW ein Komitee ins Leben, welches über die Nationalität der Frau bei grenzüberschreitenden Ehen beriet. Auch nach der Gründung der Vereinten Nationen wurde der ICW als Organisation von Interessensverbänden anerkannt und ist in beratender Funktion für UNO-Gremien tätig, während die nationalen Dachverbände auf entsprechend nationaler und regionaler Ebene wirken sollen.

1938 gab es bereits 36 Nationale Frauenräte (Councils). Der Zweite Weltkrieg zerstörte jedoch in vielen Ländern die existierenden Strukturen: so löste sich beispielsweise bereit 1933 der deutsche Dachverband auf, um nicht gleichgeschaltet zu werden. Auch der österreichische Verband wurde 1938 vorübergehend aufgelöst.

Nachkriegszeit

Erst mit der Konferenz in Philadelphia 1947 nahm der ICW seine Arbeit wieder in Gänze auf. An die Stelle von Hauptversammlungen alle fünf und Exekutivsitzungen alle zwei Jahre, trat nun ein Dreijahres-Turnus für Generalversammlungen. 1949 wurde der Deutsche Frauenring, nicht jedoch der kurz darauf gegründete Deutsche Frauenrat das neue Mitglied im ICW.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beteiligte sich der ICW nach dem Internationalen Jahr der Frau auch an der Veranstaltung von Internationalen Konferenzen im Rahmen der UN-Dekade der Frau: Die erste World Conference on Women fand 1975 in Mexiko-Stadt statt, es folgten Kopenhagen 1980, Nairobi 1985 und Peking 1995.

Im Jahr 2003 umfasste der ICW 59 National Councils[5], aktuell sind es mehr als 70.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nach einem Beschluss in Lugano von 1949 wurde die bis dahin uneinheitliche deutsche Übersetzung auf Internationaler Frauenrat festgesetzt. Digitalisat (PDF)
  2. http://www.icw-cif.com/01/06.php
  3. Ein Beschluss aus dem Jahr 1920 schreibt fest, dass keine Einzelperson als Gründerin des ICW zu gelten habe, aber Anthony und Sewall als herausragende Initiatoren gewürdigt werden. Digitalisat (PDF)
  4. National Woman Suffrage Association (1888). Report of the International Council of Women: Assembled by the National Woman Suffrage Association, Washington, D. C., U. S. of America, March 25 to April 1, 1888 S. 9–11.
  5. The Europa World Year Book 2003: Digitalisat, Seite 379

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Länder, die über eine nationale Dachorganisation im ICW organisiert sind. Dunklerer Farbton: Länder mit ehemaliger Dachorganisation. Sternchen: Fünf- und Dreijahreskonferenzen (rot) sowie Internationale Konferenzen (grün), die vom ICW abgehalten wurden.