Il Saltarello Romano

Saltarello, Zeichnung von Bartolomeo Pinelli, etwa 1830

Il Saltarello Romano ist ein Klavierstück von Fanny Hensel aus dem Jahre 1841, dessen Motiv sie sich während der Italienreise in Rom notiert hatte. Sie veröffentlichte es 1847 als Finalstück der Vier Lieder für das Pianoforte op. 6 beim Berliner Musikverlag Bote & Bock.[1] Es handelt sich um die künstlerische Adaption des italienischen Tanzes Saltarello in virtuos-pianistischer Manier als Vortragsstück und ist in der Reinschrift mit der Zusatzbezeichnung Tarantella charakterisiert.

Notenblatt des Saltarello, Bote & Bock, 1847

Musikalische Struktur

Fanny Hensels Saltarello (deutsch: „kleiner Sprung“) steht in der Tonart a-Moll und ist, abweichend von dem im Riemann-Musiklexikon für diesen Tanz angegebenen Dreiertakt (auch ungerader Takt),[2] im 2/4-Takt und in Hensels Reinschrift 4/8-Takt (beides gerade Takte) geschrieben.

Nach einer viertaktigen Introduktion erscheint das tänzerische Hauptthema, das in freier Form mehrmals wieder erscheint. Seine federnden Sechzehnteltriolen münden jedes Mal in rhythmisch-hüpfende Triolen (ähnlich einer Punktierung), was dem Charakter des Tanzes mit seinen springenden Figuren entspricht. Als Tempo gibt Hensel Allegro molto (sehr schnell) an. Triolengirlanden durchziehen das ganze Stück und sind eine Reminiszenz an den für diese Tanzform tradierten Dreier-Takt. Der tänzerische Melodiebogen des Stückes steigert sich immer wieder neu in klanglich reizvollen Modulationen bis zu wilden Temperamentsausbrüchen. Die zusätzliche Bezeichnung Tarantella in Hensels Reinschrift[3] charakterisiert darüber hinaus den ungestümen Gestus, den die Komponistin diesem alten Tanz verliehen hat, dessen Wurzeln ins 14. Jahrhundert zurückreichen.[4] Der Zusatz Romano lässt die Frage nach einem speziellen römischen Tanztyp zu. Das virtuose, 133 Takte lange Stück ist ohne Wiederholungsteile, wie sie bei alten Tänzen gebräuchlich waren, komponiert und dauert etwa dreieinhalb Minuten. Seine Dynamik steigert sich bis zu einem (fortissimo), sein Tempo am Ende zu einem più presto (noch schneller), das in eine temperamentvolle arpeggierende Schlusskadenz mündet.[5] Skizziert während der Italienreise, wurde der „Saltarello Romano“ 1841 fertiggestellt.

Lieder für das Pianoforte

Lieder ohne Worte“ für das Klavier waren eine Spezialität der Geschwister Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy und bedeuteten die Übertragung des menschlichen Gesangs auf das Klavier, das Instrument, das Melodie und Begleitung gleichzeitig darstellen kann. Statt des gesungene Wortes werden dabei die pianistischen Ausdrucksfacetten des Instruments ausgeschöpft. Schon um 1832 komponierte Hensel ein Duett für Tenor und Sopran. Mit den Fingern zu singen, also ein „Lied (Duett) ohne Worte“ für Klavier, das sie ihrem Bruder ins Tagebuch schrieb.[6][7] Fanny Hensels Vier Lieder für das Pianoforte Opus 6 sind ebenfalls „Lieder ohne Worte“. Sie gehören zu den wenigen Werken, die die Komponistin vor ihrem Tod eigenständig veröffentlichte, darunter hauptsächlich Werke dieses Genres.[8]

Bezug zum Land der Sehnsucht und Bruder Felix Mendelssohn

An ihrem Saltarello ist Fanny Hensels Bezug auf den vierten Satz der Italienischen Sinfonie ihres Bruders Felix zu erkennen, der ebenfalls im rhythmischen Stil dieses Tanzes komponiert wurde. Die Verbundenheit zum Land der Sehnsucht Italien äußerte sich in jener Zeit der Romantik bei Hensel insbesondere durch ihre Italienreise von Ende August 1839 bis Mitte September 1840, wo sie zu Kompositionen und Skizzen inspiriert wurde, die sie später ausarbeitete, darunter ihren Saltarello Romano.

Hörproben und Partitur

  • YouTube-Seite mit einer Aufnahme der Pianistin Daniela Willimek
  • Fanny Mendelssohn Hensel: Il saltarello romano. Op. 6, no. 4. (= Classical discoveries. 4.) Elkin, London 1958, OCLC 60711957.
  • Felix Mendelssohn, Italienische Sinfonie. 4. Satz Saltarello. Presto

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Renate Hellwig-Unruh: Fanny Hensel geb. Mendelssohn Bartholdy. Thematisches Verzeichnis der Kompositionen. Edition Kunzelmann, Adliswil 2000, ISBN 3-9521049-3-0, S. 399.
  2. Artikel Saltarello in: Riemann Musik Lexikon Schott, Mainz 2012, ISBN 978-3-7957-0006-5, S. 398.
  3. Hellwig-Unruh 2000, S. 62 und 63.
  4. Artikel Saltarello in: Riemann Musik Lexikon Schott, Mainz 2012, ISBN 978-3-7957-0006-5, S. 398.
  5. Fanny Hensel: Vier Lieder für das Pianoforte. II. Heft: Op. 6, Nr. 4, Bote & Bock, Berlin und Breslau [1847] (Originaldruck), S. 34 ff., OCLC 76966639.
  6. Hellwig-Unruh 2000, S. 246.
  7. Über weitere Lieder ohne Worte siehe Fanny Hensel#Werke mit Opuszahl
  8. Zu diesem selbstbewussten Schritt entschloss sie sich aufgrund Abratens ihrer Familie erst 1846. Ihr Werkverzeichnis zeigt deshalb nur wenig Opuszahlen bei rund 500 handschriftlich überlieferten Einzelwerken. Hellwig-Unruh 2000, S. 48–79.

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Fanny Hensel Saltarello.jpg
Notenblatt Il Saltarello Romano, op 6, No. 4
Felix Mendelssohn - symphony no. 4 in a major 'italian', op. 90 - iv. saltarello.ogg
symphony no. 4 in a major 'italian', op. 90 - iv. saltarello
Pinelli Saltarello.JPG
Saltarello, Tanz