Ibn-Tulun-Moschee

Innenhof, Brunnen und Minarett der Moschee

Die Ibn-Tulun-Moschee (arabisch مسجد ابن طولون Masdschid ibn Tūlūn, DMG masǧid Ibn Ṭūlūn) ist die flächengrößte Moschee Kairos und gilt als älteste in ihrer ursprünglichen Form erhaltene Moschee der Stadt. Die noch ältere Amr-Moschee wurde deutlich umgebaut.

Baugeschichte

Aufnahme von 1929

Die Moschee wurde von 876 bis 879 unter Ahmad ibn Tulun errichtet, der als Statthalter der Abbasidenkalifen zwischen 868 und 884 unter anderem über Ägypten herrschte und das Land in eine De-facto-Unabhängigkeit führte. Der Baubeginn wurde vom ägyptischen Historiker al-Maqrizi (1364–1442) datiert,[1] die Fertigstellung ist auf einer Inschriftenplatte an der Moschee verzeichnet.

Die Moschee wurde auf dem kleinen Gebel Yaschkur („Hügel der Danksagung“) errichtet. Eine lokale Sage behauptet, dass hier die Arche Noah nach der Sintflut aufsetzte[2] und die erhaltenen Dächer aus ihrem Holz gebaut wurden.

Die Moschee bildete den Mittelpunkt der entstehenden Hauptstadt Ibn Tuluns, Al-Qatta'i unweit von Fustat, von der aus das Reich der von ihm begründeten Tuluniden-Dynastie regiert wurde. Die Moschee war ursprünglich neben dem Palast Ibn Tuluns gelegen, von dem eine Tür neben dem Minbar ihm den direkten Zutritt erlaubte. Al-Qatta'i wurde im frühen 10. Jahrhundert zerstört, die Moschee ist der einzige Überrest.

Die Moschee wurde im Samarra-Stil gebaut, verbunden mit einem abbasidischen Aufbau. Sie besteht aus einer den Innenhof umlaufenden, gedeckten Hallengallerie, wobei die größte Halle in Qibla-Richtung nach Mekka weist. Die ursprüngliche Moschee hatte ihren Waschungsbrunnen (Sabil) im Bereich zwischen den inneren und äußeren Wänden. Im 13. Jahrhundert ließ Sultan Ladschin zentral im Innenhof einen weiteren Sabil mit einem hohen Kuppeldach hinzufügen.

Minarett

Blick in die Moschee auf das Minarett
Rekonstruiertes Konstruktionsschema der Moschee

Der Zeitpunkt der Errichtung des Minaretts ist umstritten, dessen außen liegende Treppe ist stark an das Minarett von Samarra angelehnt. Eine Sage behauptet, Ibn Tulun hätte es selbst entworfen: Beim Zusammensitzen mit seinen Beamten wickelte er geistesabwesend ein Stück Pergament um seinen Finger. Als ihn jemand fragte, was er da tue, antwortete er, in Verlegenheit gebracht, dass er sein Minarett entwerfe. Viele der architektonischen Eigenschaften deuten jedoch auf einen späteren Bau hin, insbesondere die fehlende Verbindung an den Moscheegrundriss. In der frühesten Beschreibung durch den arabischen Geographen al-Muqaddasi (945/6–1000) hat das Minarett eine außen liegende Treppe, al-Maqrizi erwähnt die Ähnlichkeit zum Minarett von Samarra.[3] Die Architekturhistorikerin Doris Behrens-Abouseif vermutet hingegen den Sultan Ladschin, der die Moschee 1296 restaurierte, als Bauherrn des Minaretts.[4]

Restaurierungen

Die Moschee ist mehrfach restauriert worden. Die erste bekannte Restaurierung erfolgte 1177 im Auftrag des Fatimiden-Wesirs Badr al-Dschamali, der eine zweite Inschriftenplatte an der Moschee anbringen ließ. Darauf wird die Einheit Gottes sowie das Prophetentum Mohammeds bestätigt, aber auch das Einhalten der Schia-Version der Schahada mit der Aussage „und Ali ist der Verbündete Gottes“ gefordert. Die Restaurierung durch Sultan Ladschin von 1296 fügte einige Verbesserungen hinzu. Die letzte Restaurierung der Moschee erfolgte 2004 durch die Ägyptische Antikenbehörde.

Während des Mittelalters wurden einige Häuser direkt an der äußeren Wand der Moschee errichtet. Die meisten wurden 1928 vom Ausschuss für die Erhaltung der arabischen Denkmäler abgerissen, jedoch wurden zwei der ältesten und gut erhaltenen Patrizierhäuser stehengelassen. Das Beit Al-Kritliyya („Haus der kretischen Frau“) aus dem 17. Jahrhundert und das Beit Amna bint Salim aus dem 16. Jahrhundert waren ursprünglich zwei getrennte Gebäude, die später durch eine Brücke auf der dritten Etage verbunden wurden. Die beiden Häuser sind über den Moscheehof zugänglich und beinhalten das Gayer-Anderson-Museum. Das Museum ist nach dem britischen Major Robert Grenville („John“) Gayer-Anderson benannt, der dort bis 1942 lebte, und enthält Teile von dessen Privatsammlung.

Sonstiges

Vorderseite der ägyptischen 5-Pfund-Note mit Moschee

Die Westseite des Innenhofs der Ibn-Tulun-Moschee mit dem Minarett ist auf der Vorderseite der ägyptischen 5-Pfund-Banknote abgebildet.

Teile des James-Bond-Filmes Der Spion, der mich liebte wurden an der Ibn-Tulun-Moschee und in den Räumen des Gayer-Anderson-Museums gedreht.

Einzelnachweise

  1. al-Maqrīzī, Ḫiṭaṭ, II, S. 265 ff.
  2. R.G. 'John' Gayer-Anderson Pasha: Legends of the House of the Cretan Woman. American University in Cairo Press, Kairo 2001, S. 33–34. / Nicholas Warner: Guide to the Gayer-Anderson Museum in Cairo. Press of the Supreme Council of Antiquities, Kairo 2003, S. 5.
  3. Tarek Swelim The minaret of Ibn Tulun Reconsidered. In: Doris Behrens-Abouseif (Hrsg.): The Cairo Heritage. The American University in Cairo Press, Kairo 2000, S. 79
  4. Doris Behrens-Abouseif: Islamic Architecture in Cairo: an introduction. E.J. Brill, Leiden und New York 1989. S. 55.

Literatur

  • Nicholas Warner: The Monuments of Historic Cairo: a map and descriptive catalogue. American University in Cairo Press, Kairo 2005.

Weblinks

Commons: Ibn-Tulun-Moschee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 30° 1′ 43,5″ N, 31° 14′ 58,3″ O

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EGP 5 Pounds 2013 (Front).png
عملة ورقية مصرية من فئة 5 جنيه.
ETH-BIB-Kairo, in der Moschee El Tulum-Kilimanjaroflug 1929-30-LBS MH02-07-0010.tif
Publiziert in: Mittelholzer, W.: Kilimandjaro Flug, 1930, Abb. 10, Bildlegende: Kairo. In der Moschee El Tulum
Kairo Ibn Tulun Moschee BW 11.jpg
Autor/Urheber: Berthold Werner, Lizenz: CC BY 3.0
Kairo, Ibn Tulun Moschee
Construction scheme of the mosque of Ibn Tulun.svg
Autor/Urheber: Aristeas, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Dieses Schema erklärt die Konstruktion des Grundrisses der Ibn-Tulun-Moschee in Kairo. Es handelt sich also nicht um einen genauen Grundriss: Details wurden absichtlich ausgelassen, die Winkel wurden zu rechten Winkeln vereinheitlicht und alle Maße wurden gerundet und vereinfacht.

Was diese Zeichnung zeigen soll, ist vielmehr, dass sich der Grundriss aus konzentrischen Quadraten zusammensetzt: der Zentralhof (sahn) bildet ein Quadrat von ca. 92 × 92 m, die äußere Mauer mit den Vorhöfen (ziyada) umfasst ein Quadrat von ca. 162 × 162 m, und sogar der Hauptbau, der ein Rechteck von ca. 122 × 140 m bildet, ist innerhalb der Außenmauer so ausgerichtet, dass er sich aus einem Quadrat von ca. 122 × 122 m zusammensetzt, das in Richtung der qibla (der Richtung nach Mekka, der obere Rand der Zeichnung) verlängert wurde, um den Hauptgebetssaal, die qibla riwāq, zu bilden. Die grauen Kreise deuten einfach an, dass die Rechtecke Quadrate sind, und die roten Linien zeigen, dass diese Quadrate konzentrisch sind. Der Pavillon des Reinigungsbrunnes befindet sich genau im Zentrum der Anlage.
Das Minarett ist auf dieser Zeichnung nicht dargestellt, da viele Autoren — z.B. John D. Hoag (s.u.) — die heutige Form und Platzierung (etwas seitlich von der Hauptachse) des Minarettes für nicht ursprünglich halten. Es sei angemerkt, dass andere Autoren (z.B. Doris Behrens-Abouseif, Islamic Architecture in Cairo. An introduction, Leiden 1992, S. 55) die Pla(t)zierung und den Grobaufbau des Minarettes doch für original halten.

Maße und Beschreibung basieren auf D. Brandenburg, Islamische Baukunst in Ägypten, Berlin 1966, sowie John D. Hoag, Islam (ein Band der Weltgeschichte der Architektur, hg. von Pier Luigi Nervi), deutsche Ausgabe Stuttgart 1986, S. 29.