Hospital

Die wohl Mitte des 14. Jahrhunderts erbaute Hospitalkapelle St. Georg in Eberswalde gehörte zum erstmals 1359 erwähnten von einem Pestkirchof umgebenen Sankt-Georg-Hospital das als Leprosorium diente.[1][2]

Hospital, kurz Spital (Plural Hospitäler bzw. Spitäler), ist eine Bezeichnung für Pflegeheime, Altenheime und Krankenhäuser. Ursprünglich bezeichnete es die meist christlich geführten Pilgerherbergen und Armenhäuser.

Begriff

Die bereits im Mittelhochdeutschen verwendeten Begriffe hospital und spital, volkstümlich auch spittel, stammen beide von lateinisch hospitāle ‚Gastzimmer, Herberge‘ (seit dem 4. Jahrhundert, Neutrum von hospitalis ‚gastfreundlich, zum Gastwirt gehörend‘, abgeleitet von hospes ‚Gastfreund, Gastwirt; Gast‘).

Die in ein Hospital aufgenommenen hießen Hospitaliten.[3]

Je nach Art der Einrichtung wurden Hospitäler auch als Seelhaus, Bruderhaus, Nosocomium (von altgriechisch νόσοςnósos, deutsch ‚Krankheit‘ und κομεῖνkomeîn, deutsch ‚pflegen‘), Prestenhaus, (Sonder-)Siechenhaus, Leprosorium, Pesthaus oder Blatternhaus bezeichnet. Seit der Einrichtung moderner Krankenhäuser Anfang des 19. Jahrhunderts werden diese nur noch in einigen Gegenden Deutschlands und fallweise in Österreich als Hospital, in Österreich aber bevorzugt und in der Schweiz fast ausschließlich als Spital bezeichnet.[4]

Leiter des Hospitals war in der Regel ein Geistlicher und wurde Hospitalmeister oder Spitalmeister, lateinisch Hospitalarius, davon abgeleitet auch Hospitaliter, Hospitaler, Spitteler oder Spittler genannt.[5] Diese wurden in den Hospitalorden der Kreuzzüge vom Großhospitaliter oder Großspittler beaufsichtigt (vgl. Großspittler des Deutschen Ordens).

Aus hospitale in der Bedeutung Herberge entwickelte sich über altfranzösisch (h)ostel die Wörter Hotel und Hostel.

Geschichte

Vorläufer der Hospitäler waren die um das 4. Jahrhundert auch in Gallien und Italien aufkommenden, oströmischen Xenodochien. Diese waren christlich geprägt, boten Fremden, Gästen, Pilgern, Hilfsbedürftigen, Kranken, Armen, Gebrechlichen, Witwen und Waisen Zuflucht. Vor allem auf der Regel des Benedikt von Nursia beruhten die sich im 6. Jahrhundert entwickelnden klösterlichen Hospitäler, die im Mittelalter neben bischöflichen oder stiftischen Spitälern Armen, Pilgern und Kranken Hilfe boten.[6] Die Abtei von St. Maurice soll bereits im 8. Jahrhundert ein Fremdenspital besessen haben.[7] Im Jahr 816 bestimmte die Aachener Synode, dass jedes Kloster oder Kollegiatstift über die Einrichtung eines hospitale verfügen solle. Der Grundriss von Klosterspitälern bzw. klösterlichen Spitalanlagen entsprach im Allgemeinen dem Plan des Klosters St. Gallen aus dem 9. Jahrhundert.[8] Seit einem Dekret von Papst Clemens V. aus dem Jahre 1312 brauchten die Hospitäler nicht mehr zwingend Kirchengut im engeren Sinn von Besitztum und Verfügungsgewalt zu sein. Als karitative Einrichtungen besaßen sie aber weiterhin kirchlichen Charakter. Jedermann konnte nun zum Heil seiner Seele ein Hospital gründen und auf eigene Rechnung betreiben, musste aber die Erlaubnis des Bischofs einholen, wenn er eine Spitalkirche, Kapelle, einen Altar oder einen Friedhof eingliedern und einen Spitalgeistlichen einstellen wollte.

Viele Spitäler wurden in Form von Stiftungen, den Hospitalstiftungen, gegründet und gemeinnützig geführt. Die meisten verblieben in der Rechtsform der Stiftung. Wenige wurden zu Vereinen umgewandelt. Ein Beispiel für ein frühes Hospital in Deutschland, das von einer Familie aus deren Vermögen gegründet und bis zum Tode des Gründers auch von diesem geleitet wurde, war das Hospital von Johann Twente und seiner Frau. Es wurde im Jahre 1339 vor den Toren der Stadt Osnabrück gebaut und Mitte des 16. Jahrhunderts in den ehemaligen Twenteschen Besitz in der Altstadt verlegt.

Zu den ältesten noch bestehenden Spitälern in Deutschland zählen das 1267 erstmals erwähnte Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt am Main, das 1308 gestiftete[9] Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar sowie das 1316 gestiftete Bürgerspital zum Heiligen Geist in Würzburg.

Die Aufgaben der Spitäler waren mannigfaltig und basierten auf den Werken der Barmherzigkeit: Speisung, Aufnahme und Bekleidung der Armen, Beherbergung der Fremden, Pflege der Alten und Kranken sowie Bestattung der Toten. Kommunalisierung, Verpfründung (d. h., die Insassen kauften sich mit der Erwerbung von Pfründen ein) und Spezialisierung waren die Tendenzen, die das Spitalwesen seit dem 14. Jahrhundert in den Städten bestimmten. Bestimmte Einrichtungen waren als Hohes Hospital etabliert.

In dieser Tradition führen noch heute die sozialen Einrichtungen der beiden großen Kirchen in Deutschland, die evangelische Diakonie und die katholische Caritas sowie deren angegliederte kirchliche Träger viele Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen, so zum Beispiel die Evangelische Heimstiftung in Baden-Württemberg mit mehr als 6000 Heimplätzen und 5500 Beschäftigten.

Nach der Definition der Historikerin Claudia Tiggemann-Klein sind Gesundheitsfürsorge, Wohltätigkeitssinn[10] und Frömmigkeit die drei Grundpfeiler des Hospitalwesens. Als Beispiele früher Hospitäler, die heute nicht mehr als solche genutzt werden, gelten etwa die Einrichtungen

Hospitäler, die auch in der Gegenwart noch der Altenpflege und Krankenpflege dienen, sind beispielsweise

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Arnd, Fritz Heinrich, Christina Vanja: Das Hospital am Beginn der Neuzeit. Soziale Reform in Hessen im Spiegel europäischer Kulturgeschichte. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-86568-001-1.
  • Lothar Beinke: Die Familie Twente – Richter, Bürgermeister und Hospitalgründer. Lang, Frankfurt 2010, ISBN 978-3-631-59998-3.
  • Conrad Brunner: Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen. Orell Füssli, Zürich 1922 (= Veröffentlichungen der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. Band 1), S. 5, 14, 16–27, 88–147 (Die Hospitalgründungen und Ritterliche und andere Krankenpflegerschaften in der Schweiz) und öfter.
  • Neithard Bulst, Karl-Heinz Spieß: Sozialgeschichte mittelalterlicher Hospitäler. Thorbecke, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7995-6865-4.
  • Artur Dirmeier (Hrsg.): Organisierte Barmherzigkeit. Armenpflege und Hospitalwesen in Mittelalter und Früher Neuzeit. Pustet, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7917-2297-9.
  • Dieter Jetter: Geschichte des Hospitals. 6 Bände. Steiner, Wiesbaden 1966–1987 (Band 1, Westdeutschland von den Anfängen bis 1850 = Sudhoffs Archiv. Vierteljahrsschrift für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften der Pharmazie und der Mathematik. Beiheft 5, ISBN 3-515-00288-X).
  • Dieter Jetter: Das europäische Hospital. Von der Spätantike bis 1800. DuMont, Köln 1986; 2. Auflage ebenda 1987, ISBN 978-3-7701-1560-0.
  • Dieter Jetter: Bauwerke der Nächstenliebe. In: Die Waage. Band 15, Nr. 3, 1976, und Band 16, Nr. 3, 1977.
  • Dieter Jetter: Grundzüge der Hospitalgeschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1973 (= Grundzüge. Band 22), ISBN 978-3-534-06020-7.
  • Peter Kolb: Das Spitalwesen. In: Peter Kolb, Ernst-Günter Krenig (Hrsg.): Unterfränkische Geschichte. 5 Teil in 7 Bänden. Echter, Würzburg 1989–2002, Band 2 (1992), S. 357–373, und Band 3 (1995), S. 627–661.
  • Michael Matheus: Funktions- und Strukturwandel spätmittelalterlicher Hospitäler im europäischen Vergleich. Steiner, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08233-6.
  • Heinrich Meyer zu Ermgassen: Hospital und Bruderschaft. Gästewesen und Armenfürsorge des Zisterzienserklosters Eberbach in Mittelalter und Neuzeit. Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-930221-32-5.
  • Christian Probst: Das Hospitalwesen im hohen und späten Mittelalter und die geistliche und gesellschaftliche Stellung des Kranken. In: Sudhoffs Archiv. Band 50, 1966, S. 246–258.
  • Cay-Rüdiger Prüll, Ulrich Tröhler: Hospital. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 620–621.
  • Hans-Peter Rhomberg: Das Hospital. Heil- und Pflegestätten im Wandel der Zeit. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2015, ISBN 978-3-89870-898-2.
  • Claudia Tiggemann-Klein, Anselm Tiggemann: Das St. Marien-Hospital im Herzen Kölns. Gesundheitsfürsorge, Wohltätigkeitssinn und Frömmigkeit. Bachem, Köln 2004, ISBN 3-7616-1862-X.
  • Carlos Watzka: Vom Hospital zum Krankenhaus. Zum Umgang mit psychisch und somatisch Kranken im frühneuzeitlichen Europa. Böhlau, Köln 2005, ISBN 3-412-25205-0.
  • Alfred Wendehorst: Mainfränkisches Spitalwesen im Mittelalter. In: Alfred Wendehorst: Das Juliusspital in Würzburg. Band I: Kulturgeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 400jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung, Fränkische Gesellschaftsdruckerei Würzburg, Würzburg 1976, S. 5–26.
  • Wolfgang Wüst: Armut und Besitz, Frömmigkeit und Fürsorge. Spitäler in Mittelalter und Früher Neuzeit. Die Zucht- und Policeyordnung des Heilig-Geist-Spitals in Augsburg von 1764. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben. Band 108, 2016, ISBN 978-3-95786-066-8, S. 185–234.
Wiktionary: Hospital – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Spital – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Marcus Cante: Landkreis Barnim. Stadt Eberswalde (= Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege im Auftrag Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg [Hrsg.]: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg. Band 5.1). 1. Auflage. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1997, ISBN 3-88462-136-X, Stadtteil Nordend. Breite Straße (ehem. Stettiner Straße). Hospitalkapelle St. Georg, S. 146–149.
  2. Mittelalterliche Leprosenhäuser im heutigen Brandenburg und Berlin. In: Lepramuseum Münster-Kinderhaus. Gesellschaft für Leprakunde e. V., archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Oktober 2016; abgerufen am 6. März 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lepramuseum.de
  3. Hospitalit. In: Duden Online. Abgerufen am 22. Juni 2024.
  4. Nikolaus Bernau: Was ist eigentlich ein Hospital ?Deutschlandfunk.de, 26. März 2020
  5. Conrad Brunner: Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen (= Veröffentlichungen der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 26–27 und 108.
  6. Peter Kolb: Das Spital- und Gesundheitswesen. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2 (I: Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs. 2001, ISBN 3-8062-1465-4; II: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. 2004, ISBN 3-8062-1477-8; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9), Theiss, Stuttgart 2001–2007, Band 1, 2001, S. 386–409 und 647–653, hier: S. 386.
  7. Conrad Brunner: Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen (= Veröffentlichungen der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 10.
  8. Conrad Brunner: Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen 1922, S. 16–27.
  9. Historie. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
  10. Vgl. auch Marie-Luise Windemuth: Das Hospital als Träger der Armenfürsorge im Mittelalter (= Sudhoffs Archiv. Beiheft 36). Stuttgart 1995.
  11. Vgl. etwa Rudolf W. Kuhn: Das Würzburger Juliusspital. 375 Jahre Spital und Altersheim des Fränkischen Landes. In: Frankenspiegel. Band 2, 1951, Heft 5.

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Eberswalde Hospitalkapelle St. Georg (3).JPG
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Frühere Hospitalkapelle St. Georg, aus dem 14. Jahrhundert in Eberswalde