Horst Klinkmann

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Horst Klinkmann 1988 in der Klinik für Innere Medizin der Universität Rostock

Horst Klinkmann (* 7. Mai 1935 in Teterow) ist ein deutscher Internist und Nephrologe. Er forschte vor allem auf dem Gebiet der Künstlichen Organe. Klinkmann wirkte maßgeblich am Aufbau der Dialyse mit Künstlichen Nieren als flächendeckendes System im Gesundheitswesen der DDR mit.

Leben

Klinkmann wuchs in Kinderheimen auf. Sein Vater, der Angestellte Walter Klinkmann, war im Zweiten Weltkrieg gefallen, seine Mutter Henny Klinkmann verstarb, als er 10 Jahre alt war. Er studierte von 1954 bis 1959 Humanmedizin an der Universität Rostock und wurde hier an der Medizinischen Fakultät 1959 promoviert mit der Dissertation „Untersuchungen über die Wirksamkeit des Zucker-Alkoholgemisches auf den Kreislauf – Unter besonderer Berücksichtigung der vegetativen Ausgangslage der Versuchspersonen“. Zu seinen akademischen Lehrern mit entscheidendem Einfluss gehören Harald Dutz (Rostock und Berlin), Willem Kolff (Salt Lake City) und Nils Alwall (Lund, Schweden).

Im Anschluss an sein Studium absolvierte er von 1960 bis 1966 seine Facharztausbildung an den Physiologischen Instituten der Universitäten in Rostock und Budapest, an der Universitäts-Poliklinik Rostock und an der Nierenklinik in Lund / Schweden. Seine Habilitation zum Thema „Das urämische Dysequilibrium-Syndrom – Tierexperimentelle Untersuchungen im akuten Nierenversagen zur Pathogenese und aktiven Therapie der Urämie“ hat er 1969 an der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock erlangt. Von 1969 bis 1970 bekam Klinkmann eine Gastprofessur für elf Monate an der Universität Utah in den USA.

1971 wurde Klinkmann als Professor für Innere Medizin an der Universität Rostock berufen. Seine Subspezialisierung war das Fachgebiet Nephrologie. 1974 wurde Klinkmann zum Direktor der Klinik für Innere Medizin der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock ernannt. Er war hier fast 20 Jahre wirksam und baute in dieser Zeit einen Wissenschaftsbereich von DDR-weiter Bedeutung auf. In dieser Zeit wurde die Dialyse mit Künstlichen Nieren in der gesamten DDR eingeführt. Diese Entwicklung verlief parallel zur Einführung des Nierentransplantationssystems der DDR durch Moritz Mebel aus Berlin.

1982 wurde Horst Klinkmann zum Präsidenten des Rates für medizinische Wissenschaften des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR berufen. Dieser Rat arbeitete mit den Gesundheitspolitikern und den medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften des Landes zusammen. Die Zentralisierung und staatliche Lenkung der Forschung in der DDR sicherte den Hauptvertretern dieser Gremien eine erhebliche Macht innerhalb des Forschungsapparates des Landes zu. Klinkmann war seit 1974 Mitglied der SED und gehörte der SED-Bezirksleitung Rostock von 1984 bis 1989 an.

Mitte 1990 wurde Klinkmann als letzter Präsident der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) aus dem Kreis von sechs Kandidaten durch die Vertreter der Gelehrten und Mitarbeiter gewählt. Er übte dieses Amt in der Nachfolge von Werner Scheler bis zur Abwicklung der AdW 1992 aus. Zur Gelehrtengesellschaft der AdW gehörte er seit 1982 als Korrespondierendes Mitglied und seit 1986 als Ordentliches Mitglied.

Zu Beginn der 1990er Jahre kooptierte der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland unter seinem damaligen Vorsitzenden Dieter Simon den international bekannten und anerkannten Wissenschaftler Horst Klinkmann. Im Wissenschaftskolleg zu Berlin wurde in dieser Zeit die Notwendigkeit der Evaluierung nicht nur der Forschungsinstitutionen der angeschlossenen ehemaligen DDR, sondern der ganzen neuen Bundesrepublik diskutiert.

1992 testierte die Ehrenkommission der Universität Rostock Klinkmann „mangelnde persönliche Eignung“ und empfahl seine Entlassung als Professor wegen seiner politischen Aktivitäten in der DDR. Die genauen Verfehlungen Klinkmanns wurden nicht öffentlich, eine arbeitsrechtliche Vereinbarung zwischen Universität und Angeklagtem sah vor, dass die Erkenntnisse der Ehrenkommission vertraulich behandelt werden.[1][2]

Seit 1992 ist Klinkmann Dekan der Internationalen Fakultät für Künstliche Organe (INFA) mit Sitz an der Universität Bologna in Italien sowie Direktor und Professor ehrenhalber des Nationalinstitutes für Medizinische Materialien an der Nanjing-Universität in der VR China. Er ist Ehrendoktor an 13 und Ehrenprofessor an 3 internationalen Universitäten. 1977 erhielt er den Nationalpreis der DDR II. Klasse für Wissenschaft und Technik und 1985 I. Klasse im Kollektiv. Horst Klinkmann ist seit dem 27. Juni 1985 der fünfte Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Teterow.

Klinkmann heiratete die promovierte Fachärztin für Orthopädie Hannelore Klinkmann, geb. Kruse; das Ehepaar hat einen Sohn.

Mitgliedschaften, Funktionen, Auszeichnungen (Auswahl)

Mitglied in Wissenschaftsakademien

Ehrenmitgliedschaften in Medizinischen Gesellschaften

Klinkmann gehörte 17 nationalen und internationalen Medizinischen Gesellschaften an (Auswahl):

  • Italienische Gesellschaft für Nephrologie
  • Afrikanische Gesellschaft für Nephrologie
  • Ungarische Gesellschaft für Nephrologie
  • Österreichische Gesellschaft für Künstliche Organe
  • Polnische Gesellschaft für Innere Medizin
  • European Dialysis and Transplant Nurses Association.

Funktionen in nationalen und internationalen Wissenschaftsorganisationen

  • Präsident BioCon Valley MV e. V.
  • Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender von BioCon Valley® GmbH
  • Ehrenpräsident der Internationalen und Europäischen Gesellschaft für Künstliche Organe
  • Präsident der Weltgesellschaft Apherese
  • Vorsitzender des Kuratoriums Gesundheitswirtschaft Mecklenburg-Vorpommern (2004–2015), danach Ehrenpräsident.

Sonstige Mitgliedschaften und Funktionen

  • Mitglied im Gesprächskreis Ost der Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder
  • Vorsitzender des Aufsichtsrates des Fußballclubs Hansa Rostock (1996–2008), danach Ehrenvorsitzender
  • Vorsitzender der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Rostock, Ehrenpräsident seit 2006
  • Aufsichtsratsvorsitzender Festspiele Mecklenburg-Vorpommern seit 2010.
  • wissenschaftlicher Berater der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns bei der Einführung und Umsetzung von Kur- und Heilwäldern seit 2011.[5]

Akademische Ehrengrade

Ehrendoktor (Dr. h. c.) an 13 internationalen Universitäten (Auswahl):

  • Marseille, Frankreich (1985)
  • Debrecen, Ungarn (1986)
  • Glasgow, U. K. (1988)
  • Nankai-Universität, Tianjin, VR China (1992)
  • Skopje, Mazedonien (1997)
  • Silesian University, Katowice, Polen (1997)
  • Universität J. P. Safarik, Kosice, Slowakia (1997)
  • Bologna, Italien (2010),

Ehrenprofessor (Prof. h. c.) an 3 internationalen Universitäten:

  • Nankai-Universität, Tianjin, VR China (1991)
  • International Medical Association, Bulgarien (1995)
  • Universität Skopje, Mazedonien (1997).

Nationale und internationale Auszeichnungen

Klinkmann hat mehr als 50 Auszeichnungen auf nationaler und internationaler Ebene erhalten (Auswahl):

  • Nationalpreis für Wissenschaft und Technik der DDR (1977, 1985)
  • Purkinje Medaille, Tschechoslowakei (1982)
  • Pro Universitate National Award, Ungarn (1984)
  • Ehrenbürgerschaft der Stadt Teterow (1985)
  • Cleveland Distinguished Research Award, Cleveland, USA (1987)
  • Vanguard In Dialysis Medal, USA (1995)
  • Dr. Barney Clark Preis, ASAIO & Medforte Research Found, USA (1995)
  • Ehrengoldmedaille, University J. P. Safarik, Kosice, Slowakia (1997)
  • Italienischer Nationalpreis, Accademia Nazionale di Medicina, Italy (2002)
  • Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern (2002)
  • ESAO – Bücherl Preis für sein Lebenswerk (2007)
  • Sportplakette des Landes Mecklenburg-Vorpommern (2009)
  • Freundschaftsmedaille der Regierung von Vietnam (2022)

Publikationen (Überblick)

  • Mehr als 500 Veröffentlichungen einschließlich Bücher und Buchkapitel
  • 38 Patente im Bereich Medizintechnik/ Blutreinigung
  • Mitglied im Editorial Board von 10 internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften
  • Herausgeber/ Mitherausgeber von wissenschaftlichen Zeitschriften (Auswahl):
    • Artifical Organs, Cleveland, USA, seit 1979
    • International Journal of Artifical Organs, Milano, Italien, von 1992 bis 2010
    • Transfusion and Apheresis Science, Amsterdam – London, seit 2000
    • Nephrology, Dialysis and Transplantation, London, U. K., bis 1993
    • Zeitschrift für die Gesamte Innere Medizin und ihre Grenzgebiete, Leipzig, bis 1991
    • Zeitschrift für Urologie und Nephrologie, Berlin, bis 1990
    • Zeitschrift für Klinische Medizin, Berlin, bis 1990
    • Medizin aktuell, Berlin, bis 1991
    • Spectrum, Berlin, bis 1992
    • Wissenschaft und Fortschritt, Berlin, bis 1992.

Literatur

  • Rainer Erices: Arzt, Akademiepräsident, Aufsichtsrat. Der DDR-Mediziner Horst Klinkmann im Dienst des Staates In: Andreas Frewer, Rainer Erices (Hrsg.): Medizinethik in der DDR. Moralische und menschenrechtliche Fragen im Gesundheitswesen Geschichte und Philosophie der Medizin, Band 13, S. 185–196. Franz Steiner, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-515-11175-1.
  • Klinkmann, Horst. In: Kersten Krüger (Hrsg.): Die Universität Rostock zwischen Sozialismus und Hochschulerneuerung. Zeitzeugen berichten. Teil 2, Rostock 2008, S. 223–253, doi:10.18453/rosdok id00002129.
  • Jochen RichterKlinkmann, Horst. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Karriere mit Niederlagen, Neues Deutschland, 22. Mai 2010.
  • Curriculum Vitae Professor Dr. med. Dr. h.c. (mult.) Horst Klinkmann, F.R.C.P. In: Herbert Wöltke (Hrsg.): Kolloquium „Kooperieren, Vernetzen, Umsetzen“ am 14. Juli 2015 in Rostock-Warnemünde, Schirmherrschaft Erwin Sellering, Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern; Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, zu Ehren von Horst Klinkmann aus Anlass seines 80. Geburtstages. Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 127, Jg. 2016, S. 139–144. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2016, ISBN 978-3-86464-133-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karsten Deventer: Keine Frage der Ehre. In: welt.de. 13. Januar 2002, abgerufen am 8. November 2022.
  2. Gunther Latsch: Eifrig zu Diensten. In: Der Spiegel. 25. April 2004, abgerufen am 8. November 2022.
  3. Akademiehistorisches: Akademiepräsident Professor Dr. Horst Klinkmann im Gespräch, aufgezeichnet am 4. und 12. Juni 1991 von Herbert Wöltge. In: Herbert Wöltke (Hrsg.): Kolloquium „Kooperieren, Vernetzen, Umsetzen“ am 14. Juli 2015 in Rostock-Warnemünde, Schirmherrschaft Erwin Sellering, Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern; Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, zu Ehren von Horst Klinkmann aus Anlass seines 80. Geburtstages. Sitzungsberichte Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Band 127, Jg. 2016, S. 139–144. trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2016, S. 111–137, ISBN 978-3-86464-133-6.
  4. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Horst Klinkmann bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 19. Februar 2018.
  5. kur-und-heilwaelder.de Wald-Kongress-2017 (abgerufen am 17. September 2018)

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Rostock, Klinik für Innere Medizin, Arztvisite ADN-ZB Sindermann 9.8.88 Rostock: Krankenhausbehandlung. Die medizinische Betreuung an der Klinik für Innere Medizin (KIM) der Wilhelm-Pieck-Universität erfolgt in hoher Qualität und Wirksamkeit. OMR Prof. Dr. sc. med. Dr. h. c. mult. Horst Klinkmann (2.v.r.), Direktor dieser Klinik, leitet, koordiniert und kontrolliert die daignostische, therapeutische und pflegerische Arbeit. Das abgestimmte Zusammenwirken berät er mit den Leitern von zehn Abteilungen. Dem dienen auch regelmäßige Visiten mit ihm und Dozent Dr. Sc. med. Diplom-Physiker Dieter Falkenhagen (links), Dr. Eberhard Schmitt (2.v.l.) und Stationsarzt Dr. Wolfgang Ramlow (rechts). Prof. Klinkmann ist Präsident des Rates für Medizinische Wissenschaften der DDR, Leiter der Hauptforschungsrichtung "Künstlicher Organersatz und Biomaterialien" der Republik und gleichzeitig Präsident der Europäischen Gesellschaft für Dialyse und Transplantation und der Europäischen Gesellschaft für Künstliche Organe.