Hermann Lei (Politiker, 1972)

Hermann Lei (* 5. November 1972; heimatberechtigt in Berneck) ist ein Schweizer Rechtsanwalt und Politiker (SVP).

Biografie

Hermann Lei ist der Sohn des gleichnamigen FDP-Politikers Hermann Lei. Er wuchs in Weinfelden auf, besuchte die Kantonsschule in Frauenfeld sowie das Lehrerseminar Kreuzlingen und studierte Rechtswissenschaften, das Studium schloss er im Juli 2001 ab. Er betreibt seit 2005 in Weinfelden ein Advokaturbüro. Er ist Mitglied des thurgauischen sowie des schweizerischen Anwaltsverbandes.

Von Dezember 2009 bis März 2011 war er Präsident der Verwaltung der im Dokumentenmanagement tätigen Nationalen Archiv- und Backup Genossenschaft NABUG in Winterthur,[1] welche unter nabug.ch eine Plattform zur elektronischen Dokumentenablage für Geschäftsdokumente betrieben hatte.[2] Ebenfalls seit Dezember 2009 ist er Mitglied des Verwaltungsrats der Genossenschaft Messen Weinfelden, welche unter anderem die für die Region wichtige Herbstmesse WEGA organisiert.[3][4] Lei war im März 2010 Gründer und bis zu seinem Ausschied im September 2010 einziger Verwaltungsrat der Schlagwort AG, deren Zweck das «Erbringen von Marketingdienstleistungen, schwerpunktmässig aber nicht ausschliesslich im Bereich des Internetmarketing» ist.[5]

Lei ist Präsident der Offiziersgesellschaft Frauenfeld. Er lebt in Frauenfeld, ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

Politik

Bereits sein gleichnamiger Vater war Politiker. Dieser gehörte der FDP an und war von 1992 bis 2002 Regierungsrat des Kantons Thurgau und trat 2002 als einer der Hauptverantwortlichen beim Konkurs der Mittelthurgaubahn als Verwaltungsratspräsident zurück.

Hermann Lei war 2007/08 Mitglied des Gemeinderats von Frauenfeld und sitzt seit 2007 für die SVP im Grossen Rat des Kantons Thurgau.[6] Er war erster Präsident der Einbürgerungskommission von Frauenfeld, aus der er Ende Mai 2015 zurücktrat.[7] Lei kämpfte 2009 gegen die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit, setzte sich an vorderster Front ein für die Minarett-Initiative und ist Gegner der Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro durch die Schweizerische Nationalbank.[8]

Affäre Hildebrand

Lei spielte eine zentrale Rolle in der Affäre Hildebrand um den damaligen Präsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank Philipp Hildebrand. Gemäss dem Bankratspräsidenten Hansueli Raggenbass nahm Lei gestohlene Kundendaten der Bank Sarasin zu einem Konto von Hildebrand entgegen und leitete sie an Christoph Blocher weiter.[8] Dieser legte sie Bundespräsidentin Calmy-Rey vor.[9] Lei, der sich durch Rechtsanwalt Valentin Landmann vertreten lässt,[10] leitete die Unterlagen auch an Weltwoche-Journalisten Urs Paul Engeler weiter.[11] Im Zuge dieser Affäre trat Hildebrand zurück.[12] Lei erhielt vom Vorstand des Thurgauischen Anwaltsverbands (TVA) eine formelle Ermahnung wegen seiner in den Medien in rüden Worten gezeigte Freude über Hildebrands Rücktritts.[13][14] Am 13. Januar 2012 wurde eine Strafuntersuchung gegen Lei und den Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid (inzwischen eingestellt[15]) wegen Widerhandlung gegen das Bankengesetz (Art. 47 BankG) bzw. eine Teilnahme daran eingeleitet. Lei wird zusätzlich die Verletzung des Berufsgeheimnisses vorgeworfen. Es fanden diverse Hausdurchsuchungen und Befragungen statt.[16][17] Am 25. Januar 2012 trat Lei aus der Justizkommission des Thurgauer Grossen Rats zurück.[18] Die Staatsanwaltschaft erliess 2013 einen Strafbefehl gegen Lei wegen versuchter Anstiftung und Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses sowie mehrfacher Verletzung des Schriftgeheimnisses. Das Verfahren wegen der Verletzung des Geschäfts- und Berufsgeheimnisses wurde eingestellt. Lei erhob Einsprache gegen den Strafbefehl,[19] so dass es am 30. März 2016 zum Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich kam. Im Berufungsprozess sprach das Obergericht am 23. August 2017 Lei wegen Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses schuldig.[20][21] Allerdings sei der Gang an die Medien gerechtfertigt gewesen, weil angesichts der Devisentransaktionen des Nationalbankpräsidenten zumindest der Verdacht bestanden habe, dass ein «moralisch höchst verwerfliches Handeln» und damit ein «skandalöses Verhalten» bei Philipp Hildebrand vorgelegen habe.[22]

Kontroversen

2012 schrieb die Wochenzeitung (WOZ), dass Lei bis vor Kurzen als Halter der Internetadresse adolf-hitler.ch mit Schlagwort AG, Hermann Lei und der Adresse seines Advokaturbüros eingetragen war. Laut Lei soll es sich um einen Fehler handeln, er sei nie Halter der Internetadresse gewesen, sie gehöre einem seiner Kunden. Bei der Internetseite soll es sich um eine Aufklärungsseite handeln, die auf die Gräuel des Nationalsozialismus hinweise.[23][24][25] Lei ging gerichtlich gegen die Berichterstattung der WOZ vor. Der verantwortliche Journalist Carlos Hanimann wurde erstinstanzlich vom Bezirksgericht Zürich vom Vorwurf der Ehrverletzung freigesprochen, es liege aber eine Persönlichkeitsverletzung vor. Lei und Hanimann beendeten danach das Verfahren durch Vergleich, nachdem Hanimann sein Bedauern ausgesprochen und Lei eine Entschädigung bezahlt hatte.[26] Die Zeitung Tageswoche entschädigte Lei wegen ähnlichen Aussagen mit Fr. 5000 und sprach ebenfalls ihr Bedauern aus.[27]

Im Zuge der «Hildebrand-Affäre» bezeichnete ein Mann Hermann Lei auf Facebook als «Dreckslügner», «Dummkopf» und «Krimineller». Der Mann wurde wegen mehrfacher Beschimpfung angeklagt und in letzter Instanz freigesprochen.[28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nationale Archiv- und Backup Genossenschaft in Liquidation@1@2Vorlage:Toter Link/zh.powernet.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Internet-Auszug, Handelsregister des Kantons Zürich, abgerufen am 7. Januar 2011.
  2. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.nabug.ch Startseite Nationale Archiv- und Backup Genossenschaft
  3. Genossenschaft Messen Weinfelden@1@2Vorlage:Toter Link/tg.powernet.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Internet-Auszug, Handelsregister des Kantons Thurgau, abgerufen am 7. Januar 2011.
  4. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.messen-weinfelden.ch Verwaltungsrat Messen Weinfelden, Website der Messen Weinfelden, abgerufen am 7. Januar 2012.
  5. Schlagwort AG (Memento des Originals vom 19. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tg.powernet.ch, Internet-Auszug, Handelsregister des Kantons Thurgau, abgerufen am 7. Januar 2011.
  6. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.parlament.tg.ch Die Kantonsräte der Legislatur 2008–2012, Website des Kantons Thurgau, abgerufen am 7. Januar 2012.
  7. Ein strenger Mahner tritt ab. In: St. Galler Tagblatt online, 19. Mai 2015
  8. a b Das Bindeglied zwischen Sarasin und Blocher. In: NZZ Online. 5. Januar 2012, abgerufen am 7. Dezember 2012.
  9. Bundesrat widerspricht Blocher. In: NZZ Online. 6. Januar 2012, abgerufen am 7. Januar 2012.
  10. Valentin Landmann vertritt Lei. In: Tages-Anzeiger/Newsnet. Aktualisiert am 6. Januar 2012, abgerufen am 7. Januar 2012.
  11. «Ich schickte Blocher Hildebrands Konto-Unterlagen». (Memento des Originals vom 10. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.blick.ch Interview in: Blick vom 9. Januar 2012
  12. Im Zweifelsfall gegen den Angeklagten
  13. Anwaltsverband ermahnt Hermann Lei. In: nzz.ch. 2. März 2012, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  14. http://www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/fall-lei-bei-verurteilung-droht-berufsverbot
  15. http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/30016698
  16. Weitergabe vertraulicher Bankdaten: Ausweitung des Strafverfahrens. Medienmitteilung in: Staatsanwaltschaft des Kanton Zürichs vom 13. Januar 2012
  17. Affäre Hildebrand: Hausdurchsuchung bei Hermann Lei. In: Schweizer Fernsehen vom 13. Januar 2012
  18. Hermann Lei wurde zur Belastung. In: Tages-Anzeiger/Newsnet vom 25. Januar 2012
  19. Strafbefehl gegen Lei. In: nzz.ch. 1. Oktober 2013, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  20. https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/zuercher-obergericht-verurteilt-svppolitiker/story/20269212
  21. https://www.nzz.ch/zuerich/affaere-hildebrand-zuercher-obergericht-verurteilt-svp-politiker-hermann-lei-ld.1312194
  22. https://www.nzz.ch/zuerich/affaere-hildebrand-zuercher-obergericht-verurteilt-svp-politiker-hermann-lei-ld.1312194
  23. WOZ: Hermann Lei: «Ein anständiger Patriot» WOZ Nr. 24/2012, 14. Juni 2012
  24. WOZ: www.adolf-hitler.ch: Späte Aufklärung WOZ Nr. 26/2012, 28. Juni 2012
  25. Aargauer Zeitung: Lei zum Hitler-Vorwurf: «Grenze des Unappetitlichen erreicht» 14. Juni 2012
  26. Tages Anzeiger: Streit um «Dölf»-Tweet mit Vergleich beendet, 11. Oktober 2016
  27. „Tageswoche“ entschädigt Hermann Lei wegen falscher Behauptung
  28. "Dreckslügner": Facebook-Post gegen Hermann Lei bleibt straflos