Hermann Baumgarten

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Karl August Ludwig Hermann Baumgarten (* 28. April 1825 in Lesse, jetzt Stadtteil von Salzgitter; † 19. Juni 1893 in Straßburg) war ein deutscher Historiker.

Leben

Baumgarten, Sohn und Enkel von Pastoren, studierte ab 1842 Theologie in Jena, wechselte aber nach einem Jahr zu Philologie und Geschichte an der Universität Halle. Nach einer politisch bedingten Relegation setzte Baumgarten das Studium 1845 in Bonn fort und beendete es in Göttingen. In Jena schloss er sich 1842 der Burschenschaft auf dem Burgkeller, der heutigen Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller, in Halle 1843 der Burschenschaft Allemannia an. Nach einer Tätigkeit als Redakteur der Deutschen Reichs-Zeitung (Braunschweig) von der Revolution bis 1852 ging Baumgarten 1853 zu Georg Gottfried Gervinus, der wegen Hochverrats angeklagt worden war, nach Heidelberg. Er veröffentlichte eine Verteidigungsschrift für Gervinus und arbeitete mit an dessen Geschichte des 19. Jahrhunderts.

Von 1855 bis 1861 war Baumgarten als Publizist tätig und veröffentlichte ein Werk über die spanische Geschichte zur Zeit Kaiser Karls V. und zur Geschichte Spaniens von der Französischen Revolution bis zu seiner Gegenwart. Er folgte 1861 einem Ruf als ordentlicher Professor für Geschichte und Literatur an die Technische Hochschule Karlsruhe und wechselte 1872 als Professor für Geschichte und Literaturgeschichte an die Universität Straßburg.

Baumgarten verfasste ab 1882 eine unvollendet gebliebene Biographie Kaiser Karls V. Karl Brandi wollte sie ursprünglich mit den sich anschließenden Bänden fortsetzen, entschied sich aber zu einer gänzlichen Neugestaltung unter Verwendung der Baumgarten’schen Biographie.

Als Verfechter des Liberalismus stand Baumgarten immer wieder vor der Entscheidung, sich den Vorstellungen Bismarcks anzunähern und auf liberale Vorstellungen zu verzichten oder konsequent auf den ursprünglichen liberalen Grundsätzen zu beharren. Dieses wurde von Baumgarten in seinem Werk Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik verneint. Er nahm jedoch den 2. Band der Deutschen Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert von Heinrich von Treitschke zum Anlass, um auch die einseitige preußische Politik im Deutschen Reich zu kritisieren. In seiner Kritik beanstandete er sowohl Treitschkes dürftige Archivarbeit und die methodischen Schwächen seines Werkes, als auch die tönende Polemik seiner preußisch-nationalen Historiographie, die sich in ihrer Tendenz sowohl gegen Österreich, England, Judentum und Liberalismus richtete. Damit löste Baumgarten eine heftige publizistische Debatte aus, an der sich namhafte Historiker beteiligten und die unter dem Namen Treitschke-Baumgarten-Kontroverse (1882/83) bekannt ist. Baumgarten hatte u. a. für die Historische Zeitschrift (HZ) geschrieben, trennte sich jedoch von ihr, nachdem die HZ unter der Leitung Heinrich von Sybels in diesem Historikerstreit im Sinne Treitschkes entschieden hatte und die dort vertretenen Positionen, zu denen auch die Treitschkes gehörten, für ihn nicht mehr annehmbar waren. Baumgartens Niederlage war gleichzeitig eine Niederlage des deutschen Liberalismus.

Baumgarten war seit 1880 ordentliches Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften war er seit 1872.[1] Er war Lehrer seines Neffen Max Weber, der sich als einer der Begründer der Soziologie in Deutschland einen Namen machte.

Hermann Baumgarten war seit 1855 mit Ida Fallenstein (1837–1899) verheiratet, der Tochter des Geheimen Finanzrats Georg Friedrich Fallenstein (1790–1853). Das Paar bekam acht Kinder, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten: Fritz (1856–1913), Otto (1858–1934), Emmy (1865–1946) und Anna (1868–1943).

Werke

  • Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik. Berlin 1866.
  • Anmerkungen zu Treitschkes „Deutsche Geschichte“, 2. Band. Straßburg 1883.

Literatur

  • Andreas Biefang: Der Streit um Treitschkes „Deutsche Geschichte“ 1882/83. Zur Spaltung des Nationalliberalismus und der Etablierung eines national-konservativen Geschichtsbildes. In: Historische Zeitschrift. Band 262, 1996, S. 391–422.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 1: A–E. Winter, Heidelberg 1996, ISBN 3-8253-0339-X, S. 61–62.
  • Rudolf Haym: Hermann Baumgarten. Berlin 1894.
  • Harald Lönnecker (Bearb.): Die Mitglieder der Halleschen Burschenschaft 1814–ca. 1850. In: Günter Cerwinka, Peter Kaupp, Harald Lönnecker und Klaus Oldenhage (Hrsg.): 200 Jahre burschenschaftliche Geschichte. Von Friedrich Ludwig Jahn zum Linzer Burschenschafterturm. Ausgewählte Darstellungen und Quellen. Heidelberg 2008, S. 82–311, hier S. 94, Nr. 94 (Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Band 16).
  • Erich Marcks: Hermann Baumgarten. Ein Lebensbild. München 1893.
  • Wolfgang H. Stark: Hermann Baumgarten (1825–1893). Ein biographischer Beitrag zur Klärung der Ideenwelt des deutschen politischen Liberalismus im 19. Jahrhundert. Dissertation, Erlangen 1973.
  • Otto Graf zu Stolberg-WernigerodeBaumgarten, Carl August Ludwig Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 658 f. (Digitalisat).
  • Wilhelm WiegandBaumgarten, Hermann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 55, Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S. 437–451.

Weblinks

Wikisource: Hermann Baumgarten – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Mitgliedseintrag von Hermann Baumgarten (mit Link zu einem Nachruf) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 7. Januar 2017.

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