Herkunft des irdischen Wassers

Wasser bedeckt ca. 71 % der Erdoberfläche

Die Herkunft des irdischen Wassers ist nicht vollständig geklärt:

Dabei deuten Messungen des Wasserstoffisotopen-Verhältnisses von Deuterium und Protium (H-1) (D/H-Verhältnis) eher auf Asteroiden hin, da in Wassereinschlüssen in kohligen Chondriten ähnliche Isotopen-Verhältnisse gefunden wurden wie in Ozean-Wasser. Dagegen stimmt das D/H-Verhältnis von Kometen und transneptunischen Objekten nach bisherigen Messungen nur schlecht mit dem von irdischem Wasser überein.

Für die derzeitigen Wasservorkommen im Sonnensystem und speziell auf der Erde siehe Wasservorkommen im Universum#Sonnensystem.

Erdentstehung: Trockene oder nasse Akkretion?

Eines der Hauptprobleme beim Versuch, die Herkunft des irdischen Wassers zu klären, bildet die Frage nach dem Wassergehalt der Planetesimale, welche die Erde bildeten. Hier gibt es zwei Modelle:

  • das Modell der nassen Akkretion (engl. wet accretion), dem zufolge genügend Wasser in den Planetesimalen vorhanden war;[1]
  • das Modell der trockenen Akkretion (engl. dry accretion), dem zufolge der Wassergehalt zu niedrig war, um die heutige Wassermenge auf der Erde zu erklären.[2]

Je nachdem, welches Modell man annimmt,

  • kann die Herkunft entweder durch reines vulkanisches Ausgasen aus dem Erdinneren erklärt werden (bei nasser Akkretion) oder
  • man benötigt extraterrestrische Quellen (bei trockener Akkretion).

Heutige Vulkane emittieren zwar Wasserdampf, jedoch stammt dieser überwiegend nicht aus dem Erdinnern, sondern von der Erdoberfläche. So konnte man z. B. an Vulkanen in Hawaii zeigen, dass der Wasserdampf größtenteils aus dem Grundwasserreservoir stammt.[3]

Eine weitere wichtige Frage ist, ob vulkanische Transportmechanismen effektiv genug sind, um eventuell vorhandenes Wasser im Erdinnern an die Oberfläche zu transportieren.

Herkunft aus dem Erdinneren über Ausgasen

Ein Vertreter einer Herkunft des Wassers aus dem Erdinneren über Ausgasen war Michael Julian Drake (1946–2011).[4] Er begründet die irdische Herkunft des Wassers mit Isotopenuntersuchungen von Meteoriten und Material aus dem oberen Mantel der Erde. Demnach kann kein später großer Einschlag eines Körpers aus Material, wie es durch heutige Meteoriten repräsentiert wird, wesentlich zur Zusammensetzung des oberen Mantels der Erde beigetragen haben. Andererseits räumt Drake ein, dass ein großer „nasser“ Planetenembryo aus dem Asteroidengürtel oder auch ein Komet mit entsprechender Element- und Isotopenzusammensetzung letztlich nicht auszuschließen seien.

Das Problem der nassen Akkretion, welche bei den Temperaturen in der Erdumlaufbahn nicht einfach zu erklären ist, versucht Drake damit zu erklären, dass die Staubkörner in der Akkretionsscheibe, welche sich zu den Planetesimalen zusammenballten, fraktaler Natur waren. Wegen der daraus resultierenden, großen Oberfläche konnte demnach genügend Wasser adsorbiert werden.

Gemäß der nassen Akkretion war genügend Wasser in den Planetesimalen vorhanden. Dieses Wasser und andere leicht flüchtige Stoffe wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Stickstoff (N2) gasten aus der größtenteils aus flüssigem Magma bestehenden Ur-Erde aus und bildeten eine frühe, wasserdampfreiche Uratmosphäre. Diese wurde nach heutigen Modellvorstellungen durch einen Sonnenwind, der zur Zeit der Erdentstehung sehr viel heftiger war als heute, mitgerissen und entwich somit von der Erde.

Durch Vulkanismus kam es später zur Bildung einer neuen Atmosphäre, die auch aus dem Erdinnern ausgegasten Wasserdampf enthalten haben dürfte. Mit der Bildung einer festen Erdkruste und der weiteren Abkühlung kam es demnach zur Kondensation von Wasserdampf und zur Bildung erster Ozeane.

Extraterrestrische Quellen

gewöhnlicher Chondrit

Die in diesem Modell angenommene trockene Akkretion wird dadurch begründet, dass die Planetesimale in einem Bereich des früheren Sonnensystems entstanden, in dem relativ wenig Wasser vorhanden war. Je kleiner der Abstand zur Sonne war, desto höher die Temperaturen, und desto weniger Wasser war vorhanden. Erst außerhalb der solaren Schneegrenze, welche etwa inmitten des heutigen Asteroidengürtels lag, war Wasser in größerer Menge vorhanden. So zeigen kohlige Chondrite, von denen angenommen wird, dass sie in den äußeren Bereichen des Asteroidengürtels entstanden sind, einen Wassergehalt von manchmal mehr als 10 % ihrer Masse, während gewöhnliche Chondrite oder gar Enstatit-Chondrite vom inneren Rand des Asteroidengürtels weniger als 0,1 % ihrer Masse an Wasser enthalten. Die Planetesimale sollten dementsprechend noch weniger Wasser enthalten haben.

Zudem wird angenommen, dass bei der Akkretion der Planetesimale zu den Planeten und dem Verlust der Uratmosphäre nochmals große Mengen des ursprünglich vorhandenen Wassers verloren gingen. Deswegen wird heute von vielen Planetologen angenommen, dass der überwiegende Teil des heutigen irdischen Wassers aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems stammt.

Ein rein kometarer Ursprung des Wassers wurde nach Messung des Isotopenverhältnisses von Wasserstoff in den drei Kometen Halley, Hyakutake und Hale-Bopp durch Forscher wie David Jewitt für unwahrscheinlich gehalten, da dort das Verhältnis von Deuterium zu Protium (D/H-Verhältnis) etwa doppelt so hoch ist wie in ozeanischem Wasser.[5] Im Dezember 2014 analysierte die Raumsonde Rosetta den Wasserdampf in der Nähe des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko; auch diese Messungen ergaben, dass das irdische Wasser höchstwahrscheinlich nicht von Kometen stammt.[6]

Alternativ wurde der Asteroidengürtel als Quelle des Wassers vorgeschlagen, denn Wassereinschlüsse in kohligen Chondriten zeigen ein ähnliches D/H-Verhältnis wie ozeanisches Wasser. Nach A. Morbidelli et al.[7] kommt der größte Teil des heutigen Wassers von einigen im äußeren Asteroidengürtel geformten Protoplaneten, die auf die Erde stürzten. Inzwischen wurde eine Klasse von Kometen ausgemacht, die aus dieser Region stammen könnten.[8] Zwei dieser Kometen konnten bisher auf ihr D/H-Verhältnis hin untersucht werden: sowohl C/1999 S4 LINEAR[9] als auch Hartley 2[10] tragen ‘irdisches’ Wasser.

Nach einer 2019 publizierten Studie[11] kann anhand des Isotopenverhältnisses des Molybdäns der Erde belegt werden, dass der Körper (Theia), der beim Aufprall auf die Erde vor 4 Milliarden Jahren den Mond entstehen ließ, aus dem äußeren Sonnensystem stammte und somit einen Großteil des Wassers auf die Erde gebracht haben könnte.

Rolle der Lebewesen

In den Urozeanen vorkommender Schwefelwasserstoff und in der Uratmosphäre vorhandenes Kohlendioxid wurde von autotrophen Schwefelbakterien (Prokaryoten) unter Zufuhr von Lichtenergie zum Aufbau organischer Verbindungen genutzt, wobei Methan, Wasser und Schwefel entstanden:

(Photosystem I).

Literatur

  • Jörn Müller, Harald Lesch (2003): Woher kommt das Wasser der Erde? – Urgaswolke oder Meteoriten. In: Chemie in unserer Zeit. Band 37, Nr. 4, ISSN 0009-2851, S. 242–246.
  • Arnold Hanslmeier: Water in the Universe. Springer, Dordrecht 2011, ISBN 978-90-481-9984-6.
  • Thérèse Encrenaz: Searching for water in the universe. Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-34174-9.

Weblinks

  • Vom Ursprung des Wassers. Auf: planeterde.de – Herausgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Referat „System Erde“

Einzelnachweise

  1. M.J. Drake, K. Righter: Determining the composition of the Earth. In: Nature. Band 416, 2002, S. 39–44.
  2. A. P. Boss: Temperatures in protoplanetary disks. In: Ann. Rev. Earth Planet. Sci. Band 26, 1998, S. 26–53.
  3. AN ISOTOPE HYDROLOGY STUDY OF THE KILAUEA VOLCANO AREA, HAWAII. U.S. GEOLOGICAL SURVEY, Water-Resources Investigations Report 95-4213 (PDF)
  4. Michael J. Drake: Origin of water in the terrestrial planets. In: Meteoritics & Planetary Science. Band 40, Nr. 4, S. 1–9, 2005, Volltext (PDF)
  5. Roland Meier et al.: A Determination of the HDO/H2O Ratio in Comet C/1995 O1 (Hale-Bopp), Science, Band 279, 1998, S. 842–844, doi:10.1126/science.279.5352.842, Volltext (Memento vom 19. September 2009 im Internet Archive) (PDF; 319 kB).
  6. K. Altwegg et al.: 67P/Churyumov-Gerasimenko, a Jupiter family comet with a high D/H Ratio. In: Science. Online-Vorabveröffentlichung vom 10. Dezember 2014, doi:10.1126/science.1261952
    Irdisches Wasser stammt wohl nicht von Kometen. Auf: zeit.de vom 10. Dezember 2014
  7. A. Morbidelli, et al.: Source regions and timescales for the delivery of water to the Earth, Meteoritics & Planetary Science, Band 35, 2000, S. 1309–1329.
  8. Henry H. Hsieh und David Jewitt: A Population of Comets in the Main Asteroid Belt. In: Science. Band 312, 2006, S. 561–563, doi:10.1126/science.1125150, Volltext (Memento vom 6. September 2008 im Internet Archive) (PDF; 1,6 MB).
  9. NASA: A Taste for Comet Water, 18. Mai 2001.
  10. ESA: Did Earth's oceans come from comets?, 5. Oktober 2011.
  11. Gerrit Budde, Christoph Burkhardt und Thorsten Kleine: Molybdenum isotopic evidence for the late accretion of outer Solar System material to Earth. In: Nature Astronomy. Online-Veröffentlichung vom 20. Mai 2019, doi:10.1038/s41550-019-0779-y

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A 700g individual of the NWA 869 meteorite. Chondrules and metal flakes can be seen on the cut and polished face of this specimen. NWA 869 is a ordinary chondrite (L4-6).
BlueMarble-2001-2002.jpg
NASA created these two images to exhibit high-resolution global composites of Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) data. The land surface data were acquired from June through September of 2001. The clouds were acquired on two separate days--July 29, 2001, for the northern hemisphere and November 16, 2001 for the southern hemisphere. The images were rendered in Electric Image and composited in Adobe Photoshop in late January, 2002.

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Eastern Hemisphere (2048 by 2048 JPEG) Originally uploaded to english wikipedia 14 March 2004 by Seth Ilys.

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