Heribert Sturm

Kartenbeilage der Buchveröffentlichung Districtus Egranus

Heribert Sturm (* 22. Juli 1904 in Chodau; † 28. Oktober 1981 in Amberg) war ein tschechoslowakisch-deutscher Stadtarchivar und Museumsleiter in Eger (Tschechoslowakei), Archivdirektor in Amberg sowie Gründungs- und Vorstandsmitglied des Collegium Carolinum in München.

Leben

Heribert Sturm schloss das Realgymnasium in Kaaden mit einer Prädikatsmatura ab, studierte Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte an der Karls-Universität Prag und promovierte im Jahre 1927 zum Doktor der Philosophie. In den Jahren 1928 bis 1934 war er Stadtarchivar in Sankt Joachimsthal im Erzgebirge und wurde im Jahre 1934 in Eger in Westböhmen Nachfolger des Archivdirektors und Museumsleiters Karl Siegl. Heribert Sturm war 1938 bis 1945 Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Prag. Im März 1939 trat er der NSDAP bei.[1]

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er – 1946 vertrieben aus Eger – im Jahre 1947 Staatsarchivrat in Neuburg an der Donau und von 1953 bis 1973 Archivdirektor und Vorstand des bayerischen Staatsarchivs Amberg in der Oberpfalz, Gründungs- und Vorstandsmitglied des Collegium Carolinum e.V. in München, Forschungsstelle für die böhmischen Länder und Mitglied der historischen Kommission für die böhmischen Länder e.V.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, am 27. April 1945, übergab der Oberbürgermeister Emil Janka die unter Luftangriffen stehende Stadt Eger, um sie vor weiterer Zerstörung zu bewahren, an Truppenverbände der 3. amerikanischen Armee. Eger und das westliche Böhmen kamen bis zur Linie KarlsbadPilsenBudweis bis Mitte November 1945 unter die Verwaltung der amerikanischen Militärregierung. Seit Mai 1945 begannen tschechischsprachige Personengruppen mit einer wilden Enteignung und Vertreibung der Haus-, Grund- und Firmenbesitzer der deutschsprachigen Bevölkerung der Stadt Eger. In dieser Situation versuchte der Museumsleiter Heribert Sturm mit Hilfe amerikanischer Armeeangehöriger Bestände des Museums, entstanden aus volkskundlichen und stadtgeschichtlichen Stiftungen, und des Archivs der Stadt Eger mit Urkundenbeständen bis in das Jahr 1280 im ehemaligen Pachelbelhaus am Marktplatz der Stadt, dem späteren Stadthaus, vor Plünderung und Zerstörung in Sicherheit zu bringen.[2] Im Juli 1945 übernahm in Eger eine tschechoslowakische Kommission die Stadtverwaltung und setzte den Tischler Jan Kubin (1900–2000) als Verwalter des von Heribert Sturm geleiteten Stadtmuseums und Archivs ein. Es kam zu einer kurzfristigen Zusammenarbeit zur Sicherung der Bestände, die weitgehend erhalten geblieben sind. Als Heribert Sturm auf Grund der Beneš-Dekrete als Sudetendeutscher 1946 gezwungen wurde, Eger zu verlassen, und als Heimatvertriebener nach Bayern ging, übernahm Jan Kubin mit einem Kollektiv von Museumsarbeitern das Museum und Archiv der Stadt Eger und übergab die Leitung im Jahre 1954 an die Kunsthistorikerin Mira Mladějovská (1895–1969).[2]

Der Nachlass von Heribert Sturm wird im Staatsarchiv Amberg aufbewahrt.[3]

Ehrungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Das Werden von Stadt und Bezirk Sankt Joachimsthal. Verlag der Buchhandlung Weis, Sankt Joachimsthal 1932.
  • Eine Sankt Joachimsthaler Privatbücherei aus dem 16. Jahrhundert. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 68. Jahrgang, 1930, S. 3–9.
  • Das Archiv der Stadt Eger. 1936.
  • Eger – Geschichte einer Reichsstadt. Augsburg 1951.
  • Unsere Schrift – Eine Einführung in die Schriftkunde. München-Pasing 1955.
    • Zweite Auflage: Unsere Schrift – Einführung in die Entwicklung ihrer Stilformen. Neustadt an der Aisch 1961 u.ö.
  • Egerer Reliefintarsien. Verlag Robert Lerche, München 1962.
  • Bayerische Archivinventare. Heft 24, Stadtarchiv Weiden, Verlag Karl Zink, München 1964.
  • Die Sankt Joachimsthaler Lateinschulbibliothek aus dem 16. Jahrhundert (= Forschungen zur Geschichte der Sudetenländer. Band 4). Verlag Kohlhammer, Stuttgart 1964.
  • Städte im Sudetenland – Geschichtlicher Beitrag von 250 Stadtgeschichten. Mitherausgeber Rudolf Hemmerle, Direktor des Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München. Verlag Adam Kraft, Augsburg 1965.
  • Skizzen zur Geschichte des Obererzgebirges im 16. Jahrhundert (= Forschungen zur Geschichte und Landeskunde der Sudetenländer. Band 5). Verlag Kohlhammer, Stuttgart 1965.
  • Historischer Atlas von Bayern. Teil Altbayern, Band 21, 1970 und Band 40, Verlag Michael Laßleben, Kallmünz 1975.
  • Ortslexikon der böhmischen Länder (1910–1965). im Auftrag des Collegium Carolinum München. 2. Auflage, Oldenbourg Verlag, München/ Wien 1995, ISBN 3-486-51762-7.
  • Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Band I: A–H. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum. Oldenbourg Verlag, München/ Wien 1979 und ebenda, Band II: I–M. 1984.
  • Districtus Egranus, eine ursprünglich Bayerische Region (= Historischer Atlas von Bayern. Teil: Altbayern, Reihe 2, Band 2). München 1981, ISBN 3-7696-9930-0, mit Kartenbeilage.
  • Nordgau Egerland Oberpfalz. Studien zu einer historischen Landschaft. Enthält ein Verzeichnis der egrischen Pfarreien der Diözese Regensburg. Oldenbourg Verlag, München/ Wien 1984.
  • Stift und Stadt Waldsassen. In: Festschrift 23 / 1980: Waldsassen – „Stiftland. Land – Leute – Kultur“ Festschriften der Nordgautage, S. 23–26.

Literatur

  • Das Egerland und das westliche Sudetenland im Sommer 1945. In: Egerer Landtag (Hrsg.): Heimatkreis Eger – Geschichte einer deutschen Landschaft in Dokumentationen und Erinnerungen. Amberg 1981, S. 145.
  • Museum von Cheb, Tschechoslowakei, herausgegeben vom Kollektiv der Museumsarbeiter (in deutscher Sprache), mit Mitteilungen zur Geschichte der Stadt und des Museums, Cheb/Eger 1979.
  • Jaromír Boháč: Zehn Bilder aus der Geschichte des Egerer Museums. Cheb/Eger 2003, ISBN 80-85018-35-7, S. 170–171 (tschechisch, deutsch).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Biogramme der Mitglieder der Historischen Kommission der Sudetenländer im Gründungsjahr 1954 (PDF, abgerufen am 24. Januar 2021).
  2. a b kurze Geschichte des Státní okresní archiv Cheb bei: porta fontium. Bayerisch-tschechisches Netzwerk digitaler Geschichtsquellen.
  3. StAAm, Nachlass Dr. Heribert Sturm.
  4. Festschrift 23. Bayerischer Nordgautag Waldsassen, Kallmünz o. J., S. 179.
  5. Die Aventinus-Medaille. Verband bayerischer Geschichtsvereine, abgerufen am 11. Dezember 2022.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Districtus Egranus, per J. C. Mullerum.djvu
Karte des Egerlandes, 1945 zur Tschechoslowakei, 1993 zu Tschechien
auch veröffentlicht als Kartenbeilage von: Heribert Sturm: Districtus Egranus, Eine ursprünglich Bayerische Region, in: Historischer Atlas von Bayern, München 1981, ISBN 3 7696 9930 0



Erläuterungen zur Karte (S. 324):
Kartenbeilage: In dem 1720 in 25 Blättern veröffentlichten Kartenwerk
über das Königreich Böhmen war auch das Egerer Gebiet eingeplant. Am
9. November 1713 erhielt der Rat der Stadt Eger durch kaiserliches Reskript
den Auftrag, dem zur enetwerfung der landcharten übeer das königreich Böheimb
und die demselben incorporirten ländern beordneten ingenieur Müller alle
gute nachrichten und vorschub zukommen zu lassen. Dies wiesen aber Bürger-
meister und Rat der Stadt Eger zurück, weil hießige stadt und gezürk nur als
ein pfandtschilling der höchläblichen cron Böheimb dependiret, mit nichten
aber, wie etwan vielleicht supponiret werden möchte, dahin incorporirt ist.
In gleichem Sinn wandte sich die Stadt an Johann Christoph Müller unmittel-
bar und erklärte, weil hießige auf des heyligen römischen reiches grundt und
poden liegende stadt kein Böheimb incorporirtes pertinenz, sondern anders
nicht als ein pfandtschilling von der hochlöblichen cron Böheimb seine depen-
denz hat, daß wir uns in eine öffentliche neue böhmische landtcharten ohne
präjudiz unserer uralten bis dahero unturbirt exercirten deutschen freiheiten
und so theuer erworbenen privilegien und begnadungen nicht so, wie man
vermeinet, ziehen lassen können. Nach speziellen Verhandlungen insbeson-
dere mit der kaiserlichen Kanzlei in Wien einigte man sich in der Weise, daß
Eger der Landesvermessung in seinem Gebiet zustimmte, wenn im Karten-
werk über das Königreich Böhmen der Egerer Distrikt durch gesonderte
Markierung als ein nichct zu Böhmen gehöriges Gebieet deutliche gemacht und
für dieses außerdem ein gesondertes Kartenblatt angefertigt wird.
Gegen Ende des Jahres 1714 war die Landesvermessung im Egerer Gebiet
durch Joh. Chr. Müller abgeschlossen. Daraufhin ließ der Rat der Stadt mit
Zugabe einer von Johann Nikolaus Haberstumpf entworfenen Stadtansicht
den „Districtus Egranus“ 1715 von Joh. Chr. Weigel in Kupfer stechen (Abb.
bei H. Sturm, Eger II. 316) und 1719 eine nochmalige Ausfertigung in etwas
verändertem Maßstab, der ungefähr 1 : 89 500 entspricht, vom gleichen
Kupferstecher in einer Auflage von 500 Stück anfertigen. Dieses Kartenblatt


ist nach einem Original im Privatbesitz von H. Sturm im Anhang beigefügt.