Hella (Unternehmen)

HELLA GmbH & Co. KGaA

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RechtsformKommanditgesellschaft auf Aktien
ISINDE000A13SX22
Gründung1899
SitzLippstadt, Deutschland Deutschland
Leitung
  • Michel Favre (CEO)
  • Yves Andres
  • Jörg Weisgerber
  • Bernard Schäferbarthold
  • Stefan van Dalen
  • Andreas Renschler (Aufsichtsratsvorsitzender)
Mitarbeiterzahl38.154 (GJ 2021/22)
Umsatz6,33 Mrd. Euro (GJ 2021/22)
BrancheAutomobilzulieferer
Websitewww.hella.com
Stand: 31. Mai 2022

Die Hella GmbH & Co. KGaA ist ein börsennotierter deutscher Automobilzulieferer mit Sitz in Lippstadt; die Kerngeschäfte gliederten sich in drei Segmente: Automobilindustrie (Automotive), Aftermarket und besondere Anwendungsgebiete (Special Applications). Hella wurde 2021 mehrheitlich durch den französischen Zulieferer Faurecia übernommen, der sich seither in Forvia umbenannt hat.

Allgemein

Hella zählte vor der Übernahme durch Faurecia zu den Top 100 der weltweiten Automobilzulieferer sowie zu den 100 größten deutschen Industrieunternehmen; der Konzern verfügte über eine der größten Handelsorganisationen für Kfz-Teile, Zubehör, Diagnose und Serviceleistungen in Europa.[1]

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1899 von Sally Windmüller unter dem Namen „Westfälische Metall-Industrie Aktien-Gesellschaft (WMI)“ gegründet. Zu dieser Zeit bestand das Produktprogramm aus Ballhupen und Kerzen- und Petroleum-Lampen für Kutschen. Der Name Hella wurde erstmals 1908 als Warenzeichen für eine Karbidlampe für Fahrzeuge verwendet. 1923 übernahm die Lüdenscheider Fabrikantenfamilie Hueck die Aktienmehrheit. 1986 wurde der Name Hella schließlich in die Firmenbezeichnung aufgenommen. Die wahrscheinlichste Erklärung für den Markennamen wird Sally Windmüller persönlich zugeschrieben, der damit seine Frau Helene, in Kurzform Hella, ehren wollte, gleichzeitig aber die spielerische Assoziation zwischen dem Namen und dem Wort „heller“ nutzen wollte.

Während der NS-Herrschaft profitierte die damalige WMI von der staatlichen Förderung des PKW-Baus. So lieferte die Firma unter anderem Scheinwerfer, Leuchten und Signalhörner für den KdF-Wagen und erhielt 1936 einen großen Exklusivauftrag des US-Automobilherstellers Ford.[2]:31 Die Zahl der Beschäftigten stieg von 250 im Jahr 1933 auf 1700 im Jahr 1939. Ab Beginn des Zweiten Weltkriegs stellte WMI auch Produkte für die Rüstungsindustrie her. Dafür setzte das Unternehmen ab November 1944 auch KZ-Häftlinge, 335 jüdische Frauen, aus dem eigens dafür eingerichteten Außenlager Lippstadt II des KZ Buchenwald ein.[3]:261–263[4] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit der Erweiterung des Unternehmens begonnen, sodass im Jahr 1951 die erste deutsche Tochtergesellschaft in Todtnau als Metallwerke Todtnau gegründet wurde, die dann im Jahre 1976 in den heutigen Standort nach Wembach verlegt wurde. Heute verfügt das Unternehmen in Deutschland unter anderem über Standorte in Lippstadt, Bremen, Recklinghausen, Regensburg, Hamm (Bockum-Hövel), Nellingen und Wembach. Das seit 1973 bestehende Zentrallager in Erwitte firmierte als Hella Distribution. In den frühen 1960er-Jahren wurde ebenso mit der Internationalisierung des Unternehmens begonnen und im Jahr 1961 die erste ausländische Produktionsstätte in Mentone, Australien, gegründet.

Seit den 1990er Jahren war Hella zudem an mehreren Joint Ventures mit anderen Automobilzulieferern beteiligt, um über die Kerngeschäftsbereiche hinaus Kompetenzen in weiteren Bereichen aufzubauen. 2020 betrieb Hella verschiedene Kooperationen mit Behr, Plastic Omnium, Samlip, Leoni, Mando, TMD Friction und InnoSenT GmbH, Changchun FAWAY Automobile Components, BAIC, Faurecia und Oculii. Joint Ventures sind beispielsweise HBPO GmbH und BHTC GmbH in Lippstadt oder auch Intedis[5] in Würzburg. Die unterschiedlichen Joint Ventures beschäftigten sich auch mit der Architektur von Elektronik-Bordnetzen (Joint Venture Intedis) oder der Entwicklung von Diagnose-Hardware (Joint Venture Hella Gutmann Solutions, Ihringen). Des Weiteren wurde im Jahr 2002 die gemeinsame Holdinggesellschaft Hella Stanley mit Stanley Electric als Partner und mit Sitz in Melbourne gegründet.[6] Seit 2017 hat Hella brighter AI und Yptokey aus dem hauseigenen Inkubator ausgegründet.[7][8]

Übernahme durch Faurecia

Im Mai 2021 wurde bekannt, dass die Eigentümerfamilie Hueck/Röpke ihren 60-prozentigen Unternehmensanteil verkaufen will.[9] Neben mehreren Finanzinvestoren äußerten zunächst die Unternehmen Knorr-Bremse und Faurecia Interesse an einer Übernahme.[10] Während Knorr-Bremse seine Übernahmepläne wieder verwarf, stiegen zusätzlich zu Faurecia die Automobilzulieferer Plastic Omnium und Mahle in das Bieterverfahren ein.[11] Am 14. August 2021 wurde die Übernahme des 60-%-Aktienpakets durch Faurecia angekündigt. Kurz darauf entschied die Unternehmerfamilie Hueck/Röpke, dass sie dieses Paket an den technologisch komplementären Partner Faurecia verkaufen wird. Der Kaufpreis betrug rd. 3,4 Milliarden Euro und wurde auch durch Aktientausch und Rückbeteiligung des Hueck/Röpke Family Pools finanziert. Faurecia kündigte weiterhin ein Übernahmeangebot zum Erwerb der weiteren Hella-Aktien zum Preis von 60,00 EUR pro Aktie an. Der gesamte Transaktionswert belief sich Anfang 2022 auf 6,8 Milliarden Euro.[12] Durch die Übernahme ist der derzeit siebtgrößte Autozulieferer der Welt entstanden.[13] Das aus Faurecia und Hella entstandene gemeinsame Unternehmen firmiert seit Mai 2022 unter der neuen globalen Dachmarke FORVIA.

Aktionärsstruktur

(Stand: 4. Mai 2023)

  • Faurecia SE - 81,6 %
  • Elliott Investment Management LP (Paul Singer) - 9,91 %
  • Streubesitz - 8,49 %

Aufteilung

Das Segment Automotive setzt sich zusammen aus Entwicklung, Herstellung sowie Vermarktung von Komponenten und Systemen der Lichttechnik und Elektronik für Fahrzeughersteller und andere Zulieferer. Im Segment Aftermarket entwickelt, produziert und vermarktet Hella Produkte für den unabhängigen Teilehandel und für Werkstätten (Hella Service Partner). Das ehemals dazugehörige Handelsgeschäft wurde 2018 veräußert.[14] Das Segment Special Applications bedient Zielgruppen von Baumaschinen- und Bootsherstellern bis hin zu Kommunen und Energieversorgern mit Licht- und Elektronikprodukten. In Joint-Venture-Unternehmen werden zudem komplette Fahrzeugmodule und Bordnetze gefertigt.

Produkte

  • Im Geschäftsbereich Licht entwickelt und fertigt Hella Scheinwerfer, Leuchten und Innenbeleuchtung. Aktuelle Innovationen sind sensorengesteuerte Scheinwerfersysteme, die sich der jeweiligen Fahr- und Wettersituation anpassen, Blendfreies Fernlicht und „Solid State Lighting | High Definition“, bei dem bis zu 30.000 Pixel innerhalb des LED-Scheinwerfers einzeln intelligent angesteuert werden können.[15] Scheinwerfer mit LEDs als Lichtquellen für Abblendlicht und Fernlicht werden bereits in Serie produziert, ebenso für Positions- und Tagfahrlicht.
  • Kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme zur Optimierung der Lichtverteilung in Abhängigkeit von der jeweiligen Verkehrssituation wurden entwickelt. Dazu übernahm das Unternehmen 2006 den in Berlin ansässigen Spezialisten AGLAIA für visuelle Sensorsysteme.[16] Bereits zwei Jahre später ging das erste bei Hella entwickelte kamerabasierte Fahrerassistenzsystem in Serie.[17]
  • Systeme zur Effizienzsteigerung sowie Sicherheits- und Komfortsysteme prägen das Elektronik-Produktportfolio. Dazu gehören Datenbus-fähige elektronische Steuergeräte sowie Dachbedieneinheiten in Form von Licht-Elektronik-Modulen, aber auch Fahrzugangs- und Fahrberechtigungssysteme. Module für das Energiemanagement optimieren den Energiehaushalt des Bordnetzes und verbessern die Batterie-Ladebilanz. Weitere Produktfelder sind elektronische Fahrerassistenzsysteme, auch gestützt auf 24-GHz-Radarsensoren. Wichtige Produkte sind hier Spurwechselassistenten und Ausparkhilfen. Weitere wichtige Produktbereiche sind elektronische Komponenten wie Aktuatoren, Fahrpedalgeber, Lenksteuergeräte für EPS-Systeme, Ölsensoren, Positionssensoren, Regen/Lichtsensoren, Scheinwerferreinigungsanlagen und Vakuumpumpen.
Hella RTK 7-Sondersignalanlage
  • Neben Fahrzeugzubehör für zivile Pkw entwickelt und fertigt Hella auch Sondersignalanlagen für behördliche Einsatzfahrzeuge. Dazu gehören Rundumkennleuchten und Blitzkennleuchten (in blau und gelb), optische Warnsysteme (OWS) sowie Rundum-Ton-Kombinationen (RTK). Das sind kompakte Dachaufbauten, die zwei Blaulichter, Folgetonhorn und optional verschiedene Zusatzelemente vereinen. Sie werden beispielsweise von Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr und THW genutzt. Zur Produktpalette für Behörden gehören weiterhin Scheinwerfer, sog. Straßenräumer (Blitzleuchten am Stoßfänger) und einige weitere Produkte, beispielsweise verdeckte Sondersignalanlagen für zivile Einsatzfahrzeuge.
  • Durch strategische Partnerschaften mit Unternehmen wie Plastic Omnium und Behr ist Hella auch in anderen Bereichen etabliert, zum Beispiel Frontends (Joint Venture HBPO GmbH, Lippstadt) sowie Klimaregelsysteme und Sensoren (Joint Venture BHTC GmbH, Stuttgart).
  • Das neuseeländische Tochterunternehmen Hella-New Zealand Limited liefert mit dem Hella-Marine-Programm Leuchten für den Schiffseinsatz. Dazu gehören neben Mast- und Innenleuchten in LED-Technik auch Leuchtensysteme für Bootstrailer.
  • 2014 ging Hella mit dem chinesischen Automobilhersteller BAIC eine Kooperation ein, um speziell auf den chinesischen Markt zugeschnittene Lichtsysteme zu entwickeln und zu produzieren.[18]
  • 2020 ging Hella eine strategische Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Start-Up Oculii ein, um neue Radarsysteme für automatisiertes Fahren zu entwickeln.[19]

Produktentwicklung

JahrEntwicklung
1908Erste elektrische Scheinwerfer
1915Erstes Abblendlicht
1936Scheinwerfer für den Volkswagen-Prototyp
1957Asymmetrische Lichtverteilung
Erstes Blinkersteuergerät
1965Erster vollelektronischer Blinkgeber
1971H4-Halogenlicht
1976Elektropneumatisches Geschwindigkeitsregelungssystem
1983Erster DE-Projektionsscheinwerfer
1988Freiformreflektor
1992Gasentladungs-Xenon-Scheinwerfer der ersten Generation geht in Serie
1993Zulassung des ersten europäischen Hauptscheinwerfers mit Kunststoffstreuscheibe
1998Erster Funkschlüssel für Fahrzeugzugangssysteme
1999Erster Bi-Xenon-Scheinwerfer geht in Serie
Mit dem „Contactless Inductive Position Sensor“ (CIPOS) führt HELLA einen eigenen Positionssensor ein, der sich bis heute millionenfach bewährt hat.
Serieneinführung integrierte Regen-Licht-Sensoren
2002Erste spezielle Tagfahrleuchte
2003Weltweit erste Serienanwendung von weißen LEDs im Scheinwerfer (Tagfahrlicht)
Abbiegelicht und dynamisches Kurvenlicht
Einführung des intelligenten Batteriesensor (IBS)
2007Erste Front-Kamera mit Verkehrszeichen- und Spurerkennung[17] und erster Spannungsstabilisator für Start-Stopp Systeme
2008Hella stellt seinen ersten Voll-LED-Scheinwerfer vor, Markteinführung 2009.
Hella erhält weltweite Zulassung für den Spurwechselassistenten im neuen Audi A4.
2010Entwicklung eines Lenksteuergerätes für EPS-Systeme (elektrische Servolenkung)
Erster kamerabasierter Scheinwerfer mit adaptierter Hell-Dunkel-Grenze
2012Erster Scheinwerfer mit LED-Hauptlichtfunktionen für das Truck-Segment
Radar 2.0 für Anwendungen im Heckbereich[20]
2013Erster LED-Matrix-Scheinwerfer mit blendfreiem Fernlicht
2014Waste-Gate Aktuator für Benzin-Turbomotoren
2016Batterie Management System für Voll-Hybride und Elektrofahrzeuge[21]
2019Erster SSL HD LED-Scheinwerfer mit bis zu 15.000 individuell ansteuerbaren Pixeln[22]

Weblinks

Commons: Hella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Florian Langenscheidt, Bernd Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Die Königsklasse deutscher Unternehmen in Wort und Bild. Deutsche Standards Editionen, Köln 2010, ISBN 978-3-86936-221-2.
  2. John Bessant: Riding the innovation wave: Learning to create value from ideas. Emerald Group Publishing, Bingley, U.K. 2017, ISBN 978-1-78714-569-6, S. 296 (google.de [abgerufen am 12. Juni 2020]).
  3. Jan Erik Schulte: Konzentrationslager im Rheinland und in Westfalen 1933-1945: Zentrale Steuerung und regionale Initiative. F. Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 3-506-71743-X (google.de [abgerufen am 12. Juni 2020]).
  4. Nadja Thelen-Koder: Lippstadt, Hospitalstraße 46: „ein ausdruckstarkes Zeugnis der Industriegeschichte der Stadt“. (PDF) Abgerufen am 12. Juni 2020.
  5. Intedis Intedis GmbH Co. KG: Unternehmen (abgerufen am 14. Juli 2012)
  6. Hella und Stanley gründen Holding in Melbourne. Motor Talk, 1. März 2002, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Juni 2013; abgerufen am 12. September 2013.
  7. Automobilwoche: Deep Learning: Hella-Inkubator mit erstem Spin-off. Abgerufen am 20. April 2020.
  8. Madeline Sieland: Vordenker: Dr. Rainer Holve. 22. Februar 2019, abgerufen am 20. April 2020.
  9. Automobilwoche: Hella-Eigentümerfamilie könnte Mehrheitsanteil bald verkaufen. 20. Mai 2021, abgerufen am 24. Mai 2021.
  10. Handelsblatt: Knorr-Bremse greift nach Hella – Hella-Aktienkurs steigt kräftig. 29. Juni 2021, abgerufen am 30. Juni 2021.
  11. Manager Magazin: Poker um Hella vor der Entscheidung. 11. August 2021, abgerufen am 13. August 2021.
  12. HELLA und Faurecia vereinbaren Zusammenschluss: Partnerschaft eröffnet zusätzliches Wachstumspotenzial, Pressemitteilung von Hella, 14. August 2021, abgerufen am 15. August 2021 (pdf)
  13. Zwei, die sich brauchen, Süddeutsche Zeitung, 16. August 2021.
  14. Fokus auf Licht und Sensoren: Zurück zum Kerngeschäft – Hella stößt Autoteile-Handel ab. Abgerufen am 31. Januar 2020.
  15. Technik & Produkte / 19.11.2019 | HELLA. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  16. Automobilwoche: Hella übernimmt Aglaia. (automobilwoche.de [abgerufen am 24. November 2017]).
  17. a b Lars Kreye: Neue Technologie: Opel Insignia erkennt und liest Straßenschilder. In: DIE WELT. 19. Juni 2008 (welt.de [abgerufen am 24. November 2017]).
  18. Hella: China-Joint Venture für Lichtsysteme mit BAIC. In: k-online.de. 9. Mai 2014, abgerufen am 31. Januar 2020.
  19. Unternehmen / Technik & Produkte / 06.01.2020 | HELLA. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  20. Radarsensor – Unser Produktprogramm. Abgerufen am 31. Januar 2020.
  21. Batteriemanagement-Einheit | HELLA. Abgerufen am 31. Januar 2020.
  22. Hella bringt neues SSL-HD-Matrix-Lichtsystem auf den Markt. 18. September 2019, abgerufen am 31. Januar 2020.

Koordinaten: 51° 40′ 27,7″ N, 8° 21′ 24,5″ O

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