Heliozentrisches Weltbild

Schematischer Vergleich: Geozentrisches (a) und heliozentrisches Weltbild (b)
  • Erde
  • Mond
  • Merkur
  • Venus
  • Sonne
  • Mars
  • Jupiter
  • Saturn
  • Das heliozentrische Weltbild (altgriechisch ἥλιοςhelios, deutsch ‚Sonne‘ und κέντρον kentron Zentrum), auch kopernikanisches Weltbild genannt, ist ein Weltbild, in dem die Sonne das ruhende Zentrum des Universums darstellt. Die Erde gilt als ein Planet unter anderen und bewegt sich wie diese um die Sonne herum. Dabei dreht sich die Erde täglich einmal um sich selbst und wird ungefähr jeden Monat einmal von einem Mond umkreist. Die Fixsterne sind an einer ruhenden äußeren Kugelschale angeheftet.

    In seinen Anfängen geht das heliozentrische Weltbild auf die griechischen Astronomen Aristarchos von Samos und Seleukos von Seleukia zurück. Archimedes verwendete es in seinem Werk Der Sandrechner, allerdings nur für die Abschätzung der Anzahl der Sandkörner im Universum. Erst im 16. Jahrhundert wurde das heliozentrische Weltbild von Nikolaus Kopernikus zu einer astronomischen Theorie ausgearbeitet, mit der die Positionen der Himmelskörper auf der Grundlage der Eigenbewegung der Erde berechnet werden konnten. Johannes Kepler und dann vor allem Isaac Newton entwickelten diese Theorie im 17. Jahrhundert entscheidend weiter.

    Im strengen Sinn trifft die übliche Bezeichnung als heliozentrisches System nur auf den von Kepler erreichten Entwicklungsstand zu, denn Kopernikus (70 Jahre vor Kepler) musste die Planeten und sogar auch die Sonne selbst noch um einen gedachten Punkt etwas außerhalb der Sonne, genannt die „mittlere Sonne“, kreisen lassen, um die gewünschte Genauigkeit zu erreichen, und bei Newton (60 Jahre nach Kepler) kreisten alle Körper des Sonnensystems schon um dessen Baryzentrum, das bei bestimmter Position von Jupiter und Saturn ebenfalls außerhalb der Sonne liegt. Gleichzeitig reifte die moderne Vorstellung, dass das Weltall als Ganzes überhaupt keinen Mittelpunkt besitzt.[1]

    Bahnen von Sonne (gestrichelter Kreis), Merkur und Venus (unperiodische Rosettenbahnen) für 7 Jahre nach dem geozentrischen System von Ptolemäus.

    Gegenüber dem geozentrischen Weltbild ist das heliozentrische Weltbild nach geometrischen Aspekten einfacher (vgl. in der nebenstehenden Abb. die Bahnen, die den inneren Planeten in dem ausgearbeiteten Ptolemäischen Weltbild zugeschrieben werden). Es entspricht jedoch nicht der unmittelbaren alltäglichen Beobachtung von Ruhe und Bewegung und stand auch schon bei seiner Entstehung im Konflikt mit vielen religiösen Vorstellungen von der Rolle des Menschen und seinem Ort im Universum. Dass die Erde nicht im Zentrum stehe und darüber hinaus selbst in Bewegung sei, erschien lange Zeit nicht annehmbar. Das heliozentrische Weltbild traf auf heftige Gegenwehr seitens der christlichen Kirchen (siehe z. B. Galileiprozess), fand aber durch genauere astronomische Messungen und Beobachtungen – besonders mittels Teleskopen seit dem beginnenden 17. Jahrhundert - zunehmende Bestätigung. Die Entstehung und Verbreitung des heliozentrischen Weltbilds sind eng verbunden mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaften und werden daher auch als kopernikanische Wende bezeichnet.[2]

    Vorläufer

    Antikes Griechenland

    Aristarch (3. Jahrhundert v. Chr.): Berechnungen der Größen von Erde, Sonne und Mond (Abschrift aus dem 10. Jahrhundert)

    Heliozentrische Entwürfe

    Nur wenig ist darüber bekannt, was im alten Griechenland über ein Weltbild, in dem nicht die Erde im Zentrum steht, gedacht wurde. Für die pythagoräische Schule ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. war das Feuer das wichtigste Element. So nahm etwa Philolaos (5. Jahrhundert v. Chr.) an, dass Sonne, Erde und die anderen Himmelskörper ein unter der Erde befindliches und daher unsichtbares Zentralfeuer umkreisen. Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.) berichtet davon: „Im Zentrum, sagen sie (die Pythagoräer), ist Feuer und die Erde ist einer der Sterne und erzeugt Nacht und Tag, indem sie sich kreisförmig um das Zentrum bewegt.[3] Er lehnte dieses Weltbild aber ab und gab Gründe für ein geozentrisches Weltbild an, wie es bis ins 17. Jahrhundert n. Chr. bestimmend blieb.

    Aristarchos von Samos (3. Jahrhundert v. Chr.), von dem ein Buch mit einem geozentrischen Weltbild erhalten ist, soll auch ein Buch mit einem heliozentrischen Weltbild verfasst haben. Darin soll erstmals die Bahnbewegung der Erde als natürliche Erklärung der zeitweise rückläufigen Bewegung der Planeten genannt worden sein.[4] Aristarch wusste auch, dass die Sterne dann eine Parallaxe zeigen müssten. Diese wurde aber damals nicht beobachtet, was er mit der Annahme einer sehr großen Entfernung der Sterne erklärte.[5] Aristarch schätzte auch die Größe des Mondes und den Abstand der Erde zum Mond und zur Sonne. Das Ergebnis für den Mond war akzeptabel, bei der Sonne verschätzte er sich aber aufgrund von Messungenauigkeiten um mehr als eine Größenordnung.

    Seleukos von Seleukia (2. Jahrhundert v. Chr.) soll auch ein heliozentrisches Weltbild vertreten haben, Genaueres ist aber nicht bekannt.

    Geozentrisches System von Ptolemäus

    Stattdessen wurde im zweiten Jahrhundert n. Chr. durch Claudius Ptolemäus eine geozentrische Theorie ausgearbeitet, in der die Erde stillsteht und von Sonne, Mond und den anderen Planeten umrundet wird. Dieses ptolemäische System wurde im christlichen Abendland durch die folgenden mehr als tausend Jahre fast unverändert zur Berechnung der Bewegungen von Sonne, Mond, und Planeten benutzt. Um aber die variierenden Geschwindigkeiten der Himmelskörper auch nur annähernd wiederzugeben, musste Ptolemäus komplizierte Konstruktionen von je einem Hauptkreis (Deferent) und zusammengenommen bis zu 80 zusätzlichen Kreisbewegungen auf Epizykeln vorsehen. Wegen des aristotelischen Prinzips, wonach Himmelskörper ausschließlich gleichförmige Kreisbewegungen ausführen, musste Ptolemäus des Weiteren den Mittelpunkt des Deferenten in gewisser Entfernung von der Erde ansetzen und zudem annehmen, dass die Bewegung auf dem Deferenten nur dann gleichförmig erschiene, wenn man sie von einem Punkt aus betrachten würde, der doppelt so weit von der Erde entfernt ist (Äquant). Damit erschien das ptolemäische System einerseits kaum noch verträglich mit den aristotelischen Geboten und ließ andererseits an Genauigkeit doch immer noch viel zu wünschen übrig.

    Indien

    Der indische Astronom und Mathematiker Aryabhata (476–550) nahm an, dass die Erde sich um ihre eigene Achse dreht, und entdeckte, dass Mond und Planeten das Licht der Sonne reflektieren. Es wird vermutet, dass er ein heliozentrisches Weltbild vertrat, denn in seinem Modell zur Berechnung der Planetenpositionen gab er für Venus und Merkur die Umlaufzeiten um die Sonne an, nicht um die Erde.[6]

    Islamische Astronomie im Mittelalter

    Tusi-Paar (Cardanische Kreise) in einem Manuskript von Nasir ad-Din at-Tusi (13. Jahrhundert)

    Die islamischen Astronomen blieben im Mittelalter beim geozentrischen Weltbild, bemerkten aber die mangelnde Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Als eine Schwachstelle in der Epizykeltheorie von Ptolemäus erkannten sie die Einführung von Äquanten. Das ist für jeden der Planeten ein fiktiver Punkt abseits des Weltmittelpunkts, von dem aus gesehen der Planet eine gleichförmige Kreisbewegung ausführt, damit seine Bewegung von der Erde aus gesehen so ungleichförmig wird, wie sie tatsächlich zu beobachten war. Die Annahme eines Äquanten stand damit in gewissem Widerspruch zum Prinzip der gleichmäßigen Kreisbewegung um den Weltmittelpunkt.[7]

    Der persische Wissenschaftler Nasir ad-Din at-Tusi (1201–1274) löste dieses und andere Probleme des ptolemäischen Systems mithilfe der Tusi-Paare, bei denen ein Punkt auf einem Kreis liegt, der auf oder in einem anderen Kreis abrollt. At-Tusi zeigte, dass der Punkt bei einem bestimmten Verhältnis der Kreisradien eine lineare Bewegung ausführt, womit er nebenher die aristotelische Lehre von dem unüberbrückbaren Unterschied zwischen den irdischen linearen und den himmlischen kreisförmigen Bewegungen widerlegte.

    Der Wissenschaftler Mu’ayyad ad-Din al-Urdi (ca. 1250) entwickelte das Urdi-Lemma, mit dessen Hilfe eine reine Kreisbewegung durch einen Epizykel zu einer exzentrischen Kreisbewegung gemacht werden kann. Urdi-Lemma und Tusi-Paar wurden später auch von Kopernikus genutzt, allerdings ohne Hinweis auf ihre Entdecker.

    Ibn asch-Schatir (1304–1375) machte in seiner Abhandlung Kitab Nihayat as-Sulfi Tashih al-Usul den Äquanten überflüssig, indem er in das ptolemäische System für jeden Himmelskörper je einen zusätzlichen Epizykel einführte. Damit kam er Kopernikus, der selber die Abschaffung der Äquanten für seinen größten Erfolg hielt,[8] um zwei Jahrhunderte zuvor. Ansonsten blieb Ibn asch-Schatir aber beim geozentrischen System.

    Aufstellung

    Vergleich des geozentrischen mit dem heliozentrischen Weltbild nach Aristarchos gemäß Darstellung von Johann Christoph Sturm, 1667

    Die Unzulänglichkeiten des ptolemäischen Systems wurden auch in Europa zunehmend erkannt. Georg von Peuerbach und Regiomontanus äußerten im 15. Jahrhundert vorsichtige Zweifel an seiner Richtigkeit und fanden einige Verbesserungen.[9]

    Der Durchbruch zum heliozentrischen Weltbild erfolgte hauptsächlich in drei Entwicklungsstadien:

    • Anfang des 16. Jahrhunderts untersuchte Nikolaus Kopernikus erstmals eine astronomische Theorie,[10] in der die Erde nicht mehr das Zentrum des Universums ist. Als gemeinsamen Bewegungsmittelpunkt aller noch als kreisförmig angenommenen Planetenbahnen, einschließlich der Erde, bestimmte er die Sonne. In Bezug auf die Erdbahn wurden Merkur und Venus zu unteren Planeten, Mars, Jupiter und Saturn zu oberen. Wegen der mangelhaften Genauigkeit, mit der auf diese Weise die Planetenpositionen berechnet werden konnten, musste er später etliche zusätzliche Kreisbewegungen (Epizykel) überlagern.
    • Anfang des 17. Jahrhunderts setzte sich Johannes Kepler über den Lehrsatz von der gleichförmigen Bewegung der himmlischen Körper auf mehreren miteinander kombinierten Kreisbahnen hinweg. Er ging für jeden Planeten von einer einzigen elliptischen Bahn aus, bei der die Sonne in einem Brennpunkt steht und die Geschwindigkeit des Planeten durch den direkten Einfluss der Sonne ständig verändert wird. Zur physikalischen Erklärung der Ellipsenbahnen wurde erstmals eine Zentralkraftwirkung erwogen.[11]
    • Ende des 17. Jahrhunderts beendete Isaac Newton endgültig die Trennung zwischen himmlischer und irdischer Mechanik und begründete die heutige Klassische Mechanik, in der die Planetenbahnen am Himmel und die Wurfbewegung auf der Erde auf der gleichen Grundlage berechnet werden können. Newton fand eine einheitliche Formulierung mittels neugefasster Begriffe von Masse und Kraft.[12]

    Kopernikanisches System

    Überblick

    500 Jahre Kopernikus (1973): Deutsche Würdigung des heliozentrischen Systems (mit zwei Planeten auf der Erdbahn)
    Kopernikanisches System (aus De Revolutionibus). Die Planetenbahnen sind fast kreisförmig, aber hier nicht maßstäblich gezeichnet.

    Nikolaus Kopernikus vertraute dem aristotelischen Lehrsatz, dass es am Himmel nur die vollkommenste Bewegung geben könne, die gleichförmige Kreisbewegung. Die Verletzung dieses antiken Dogmas, die im Ptolemäischen Modell mit der Einführung des Ausgleichspunktes (Äquant) begangen wird, wollte er nicht hinnehmen. Auf der Suche nach Vereinfachung oder Verbesserung stieß auf das heliozentrische Modell, das er von altgriechischen Quellen her kannte. Er skizzierte es erstmals in seinem etwa um 1510 geschriebenen Commentariolus, der ungedruckt blieb, aber vermutlich durch Abschriften den Astronomen bekannt wurde.[13] In seinem 1543 im Druck erschienenen Hauptwerk De revolutionibus orbium coelestium (dt.: Über die Umschwünge der himmlischen Kreise) führte er es dann detailliert aus. Als Erster arbeitete Kopernikus eine grundsätzliche Änderung im heliozentrischen Modell gegenüber dem geozentrischen heraus: Das heliozentrische System braucht für die Erklärung der Richtungsumkehr der Planetenbewegungen nicht die Überlagerung des Deferenten mit Epizykeln. Stattdessen ergibt sich dies für die unteren Planeten (Merkur, Venus), die immer in der Nähe der Sonne bleiben, einfach dadurch, dass ihre Bahnen kleineren Radius haben als die Erdbahn und um die Sonne herum führen; für die oberen Planeten (Mars, Jupiter Saturn) ergibt es sich dadurch, dass sie von der Erde aus gesehen immer dann zeitweilig rückwärts laufen, wenn sie von der schnelleren Erde sozusagen „auf der Innenbahn überholt“ werden, indem diese zwischen dem Planeten und der Sonne vorbeizieht.[14]

    Zusammensetzung des Kopernikanischen Systems

    G. Peurbach, Theoricae Novae Planetarum (1472), hier aus einem Neudruck von 1557. Veranschaulicht wird ein „Ausgleichspunkt“ (punctum aequans, hier centrum equantis genannt), den Kopernikus anzweifelte, darunter der Weltmittelpunkt (Erde) und das Deferentenzentrum der Sonne in der Mitte.

    In der Art, die Probleme zu stellen, und der Methode, sie zu lösen, verblieb Kopernikus im traditionellen Stil der griechischen Astronomie.[15] Er stützte sich auch ausschließlich auf die antiken Beobachtungsdaten, auf denen schon Ptolemäus sein Modell errichtet hatte, denn sein oberstes Ziel war es zu zeigen, dass der von Ptolemäus erfundene Äquant eine überflüssige Zutat war.

    Um eine annähernde Übereinstimmung mit den Beobachtungsdaten zu erreichen, musste Kopernikus genau wie Ptolemäus annehmen, dass die Bewegungen der Planeten auf Epizykeln erfolgen, d. h. auf Kreisen, deren Mittelpunkte sich auf anderen Kreisen bewegen. Selbst die Sonne sollte den ansonsten leeren Mittelpunkt der Erdbahn, der von Kopernikus als „mittlere Sonne“ bezeichnet und auch zum Mittelpunkt aller anderen Planetenbahnen gemacht wurde, auf zwei zusammengesetzten Kreisbewegungen umlaufen. Im Commentariolus, der Vorankündigung seines Systems noch ohne die Einzelheiten, gibt Kopernikus an, er benötige nicht 80 Kreisbewegungen wie Ptolemäus, sondern nur 34. Tatsächlich benötigte Kopernikus bei insgesamt gleicher Genauigkeit aber nicht weniger Kreisbewegungen als Ptolemäus, sondern mehr.[16][17][18]

    Qualitative Einfachheit des kopernikanischen Systems

    Hinsichtlich der Quantität der verwendeten Bewegungsgrößen ist Kopernikus’ System weder „einfacher“ noch „genauer“ als das Ptolemäische Vorgängermodell, obwohl Kopernikus genau dies im Vorwort seines Werks De Revolutionibus (1534) angekündigt hatte.[19] Einfacher als das Ptolemäische ist Kopernikus’ System dagegen hinsichtlich seiner „geometrischen Eleganz“:[20] Zum Erhalt der «tatsächlichen Symmetrie» des Universums, um «die Harmonie der ganzen Welt» einzusehen,[21] ist anzunehmen, dass die Planetenbahnen geschlossene und kreisförmige Kurven bilden statt der komplizierten und zum Teil nicht-periodischen, exzentrischen, retrograden und in der Geschwindigkeit ungleichförmigen Bahnen im Epizykelmodell. Diese Vereinfachung ist eine qualitative.[22][23][24]

    Kopernikus selbst sah seinen größten Beitrag zur Astronomie in dem mathematischen Erfolg, die „Gleichförmigkeit“ der Kreisbewegungen gerettet zu haben,[25] und zwar in Bezug auf die Kreismittelpunkte, wie es nach Aristoteles sein müsste, und nicht auf den von Ptolemäus eingeführten Äquanten als Bezugspunkt.[26] Sein System führte, genau wie das ptolemäische, zu Positionsfehlern von bis zu 10 Bogenminuten (1/3 Monddurchmesser). Das war nicht unbedeutend in der damaligen noch sehr von Astrologie geprägten Zeit, denn es kann in der Vorhersage des Zeitpunkts bestimmter astronomischer Ereignisse einen Fehler von einigen Tagen bedeuten. So z. B. beim Zusammentreffen zweier Planeten oder eines Planeten mit einem Fixstern[27.1], oder bei der Vorhersage eines Zusammentreffens aller Planeten im Sternbild Waage im Jahr 1432, das ebenso wenig stattfand wie die dazu prophezeite Weltkatastrophe.[28.1]

    Physikalische Hintergrundannahmen

    Obwohl Kopernikus seinem Weltmodell keine physikalische Grundlegung gab, stellte er sich in drei wesentlichen Punkten in Gegensatz zur bis dahin vertretenen antiken Naturphilosophie.

    1. Während Aristoteles die Kreisbewegung der Himmelskörper als natürliche, eigene Bewegung einer Himmelsmaterie (Äther oder quinta essentia) ansah, war nach Kopernikus die Kreisbewegung die unmittelbare Folge der Kugelgestalt der Weltkörper, so dass er als Begründung weder – wie Aristoteles – eine besondere Art himmlischer Materie postulieren noch – wie in voraristotelischer Zeit – eine göttliche Ursache heranziehen musste.[29]
    2. Während in der aristotelisch-ptolemäischen Denkweise Körper deshalb auf die Erde fallen, weil sie nach dem Weltzentrum streben, das im Erdzentrum liegend gedacht wird, fallen Körper bei Kopernikus auf die Erde, um sich mit ihrer Materie wieder zu vereinigen; somit wird es gleichgültig, ob die Erde im Weltzentrum steht oder nicht.[30]
    3. Während Ptolemäus eine tägliche Drehung der Erde mit dem Argument ablehnte, ein vertikal hoch geworfener Stein müsse weiter westlich landen und Vögel sowie Wolken müssten nach Westen abdriften, weil sich die Erde unter ihnen wegdrehe, ging Kopernikus von einer Mitdrehung der Atmosphäre und der in ihr enthaltenen Objekte aus.[31]

    Mit den letzten beiden Punkten eröffnete Kopernikus einen Weg in Richtung auf die späteren newtonschen Begriffe von Gravitation und Trägheit.

    Weitere Bewertungen des kopernikanischen Systems

    Der Erstausgabe von De revolutionibus orbium coelestium war eine Einleitung von Andreas Osiander beigefügt, in der Kopernikus’ Vorgehen als eine rein mathematische Hypothese vorgestellt wurde, die nicht der Wirklichkeit entspräche. Zu dieser Zeit verstand man unter „Hypothese“ eine bloße Rechenmethode.[32] Es gab noch keine eigenständige Naturwissenschaft, die mit ihren Erklärungsmustern Unabhängigkeit von philosophisch-theologischen Wertungen beanspruchen durfte. In der Astronomie gab es rezeptartige Anleitungen zur praktischen Berechnung von Positionen der Sterne und Planeten, bei denen es hauptsächlich auf die erreichte Genauigkeit ankam.[33] Zur Beurteilung der Güte eines astronomischen Modells wurde es wie nach Art eines Instrumentes behandelt: ob es möglichst viele der Phänomene am Himmel „retten“ könne.[34]

    Im Jahr 1600 vertrat William Gilbert in seinem Werk De magnete, magnetisque corporibus, et de magno magnete tellure (Über den Magneten, Magnetische Körper und den großen Magneten Erde) ebenfalls ausführlich die Hypothese der täglichen und jährlichen Rotation der Erde und widerlegte viele Gegenargumente des Aristotelismus. Allerdings vermutete er eine „magnetische Energie und eine Verbindung der Körper“ als Ursache für die Bewegungen der Erde und der Planeten, womit aber damals allgemein eine über Distanz wirksame Kraft verstanden wurde.[35.1]

    Die ersten Beobachtungen, die dem geozentrischen Weltbild direkt widersprachen, gelangen Galileo Galilei 1609/1610 mit seinem Fernrohr, das so kurz nach seiner Erfindung noch sehr einfach war. Er machte zwei entscheidende Entdeckungen: die Jupitermonde, also nach damaligem Verständnis Gestirne, die nicht um die Erde kreisen, sondern um einen Planeten, und die Phasen der Venus, die anders verlaufen, als mit einer Umlaufbahn um die Erde verträglich gewesen wäre.

    Das kopernikanische System bedeutete eine qualitative Vereinfachung des ptolemäischen Systems. Da das kopernikanische System weiterhin von Kreisbahnen ausging, konnte es die mangelhafte Genauigkeit des ptolemäischen Systems nicht merklich verbessern. Doch es widersprach offen dem herrschenden Paradigma, die Erde als Mittelpunkt der Welt anzusehen. Mit diesem Ideenwandel löste Kopernikus die kopernikanische Wende aus und gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter des Übergangs vom mittelalterlichen zum neuzeitlichen Denken.[36]

    Mathematische Präzisierung durch Johannes Kepler

    Die Bahn des Planeten Mars im geozentrischen System, nach Tychos Beobachtungen von 1580 bis 1596 (aus Johannes Kepler, Astronomia Nova von 1609). Die Bahn steht nicht fest im Raum.
    Alternative Beschreibung einer elliptischen Bahn durch eine epizyklische Bewegung

    Kopernikus hatte sein heliozentrisches Modell fast ausschließlich an dasselbe über tausend Jahre alte Beobachtungsmaterial angepasst, das auch schon vorher Ptolemäus für sein geozentrisches Modell benutzt hatte, denn er wollte die Gleichwertigkeit seines Systems nachweisen, und anderes Material gab es auch nicht in nennenswertem Umfang. Um zwischen beiden Modellen eine Entscheidung treffen zu können, wurden genauere Messungen benötigt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gelangen Tycho Brahe über zwei Jahrzehnte hinweg Positionsbestimmungen an den Planeten und fast 1000 Sternen, die erstmals größere Teile der Planetenbahnen abdeckten und deren Genauigkeit von 1 bis 2 Bogenminuten weit über die der alten Daten hinausging.

    Johannes Kepler, dem Tycho seine Daten übergeben hatte, stellte in jahrelangen erfolglosen Bemühungen fest, dass sie mit keinem der beiden Systeme zu erklären waren. So ließ sich die maximale Abweichung der berechneten Position des Mars von der beobachteten Bahn nicht unter acht Bogenminuten drücken. Kepler untersuchte die veränderliche Bahngeschwindigkeit der Planeten genauer und fand heraus, dass sie im Epizykelmodell mit kombinierten, aber gleichförmigen Kreisbewegungen nicht darstellbar ist. Er fand heraus, dass die Geschwindigkeit vom aktuellen Abstand des Planeten von der (wahren) Sonne abhängt statt von dem Abstand zur mittleren Sonne. Daher sah er in der Sonne das physikalisch wirksame Zentrum des Planetensystems und interpretierte alle Beobachtungsdaten neu. Er berechnete Abstände und Winkel in Bezug auf die wahre statt auf die mittlere Sonne. Insbesondere suchte er nach einer mathematisch genauen Beschreibung der Bewegung des Mars und erkannte schließlich die Notwendigkeit, die berechneten Werte durch eine besser modellierte Erdbahn zu verbessern. Daher musste er diese zuerst genauer erfassen. Das gelang ihm mithilfe ausgewählter Beobachtungsdaten, bei denen der Mars an derselben Stelle seiner Bahn stand, die Erde aber an verschiedenen. Das ist im Effekt das gleiche, als hätte er den Mars festgehalten und von dort aus die Bewegung der Erde ausgemessen. Die Idee zu diesem Vorgehen konnte nur auf Grundlage des kopernikanischen Modells entstehen. Auf der Grundlage der nun genauer bekannten Erdbahn wertete er die Marsbeobachtungen neu aus und fand, dass weitaus am besten eine elliptische Bahn passt (Astronomia Nova, 1609, mit dem 1. und 2. der drei Keplerschen Gesetze).[37][38][39] Dies überprüfte er an den übrigen Planeten, einschließlich der Erde selbst, und dem Mond (bei dem die Erde im Brennpunkt der Ellipse steht). Dabei entdeckte er als 3. Keplersches Gesetz den Zusammenhang zwischen der Größe der Bahn und der Umlaufzeit des Himmelskörpers (Harmonices mundi libri V, 1619). Damit konnte Kepler die umfassende Beschreibung des Sonnensystems in drei Keplerschen Gesetzen der Planetenbewegung zusammenfassen, mit denen sich gegenüber Kopernikus und Ptolemäus eine etwa zehnfach verbesserte Genauigkeit für die Berechnung der Planetenpositionen ergab.

    Den Durchbruch verdankte Kepler seinem wichtigen neuen Leitgedanken: Da die Planeten nicht unbeeinflusst und mit gleichförmiger Geschwindigkeit ihre vorbestimmten Kreisbahnen vollziehen (wie es ihrer angenommenen himmlischen Natur entsprochen hätte), braucht es für die Abweichungen eine ständig wirksame Ursache, die nicht in einem bloßen mathematischen Punkt wie der mittleren Sonne, sondern nur in der wahren Sonne liegen kann. In Keplers heliozentrischem System ist die Sonne nicht mehr nur der zentralste Körper im Planetensystem, sondern auch der, der als einziger auf alle anderen eine Wirkung ausübt. Obwohl Kepler von dieser „Kraft“ und ihrer Wirkungsweise falsche Vorstellungen hatte, fügte er dem heliozentrischen Weltbild damit ein entscheidendes Element hinzu und bereitete die Entwicklung der späteren Himmelsmechanik vor.

    Physikalische Begründung durch Isaac Newton

    Foucaultsches Pendel im Panthéon de Paris

    Isaac Newton fand in seinem 1687 erschienenen Hauptwerk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica eine Formulierung der Mechanik, die zur Grundlage der heutigen Klassischen Mechanik wurde. Geleitet von den drei Keplerschen Gesetzen und der Idee, Gesetze der irdischen Mechanik auch auf das Geschehen im Kosmos anwenden zu können, entdeckte er das allgemeine Gravitationsgesetz und konnte daraus die Keplerschen Gesetze herleiten. Damit war erstmals ein astronomisches Weltbild auf eine feste physikalische Grundlage gestellt.

    Im Rahmen der Newtonschen Physik steht allerdings nicht die Sonne selbst im gemeinsamen Brennpunkt aller elliptischen Bahnen der Planeten, sondern der Schwerpunkt (Baryzentrum) des gesamten Sonnensystems. Aufgrund der starken Gravitationswirkung massereicher Planeten – insbesondere Jupiter, aber auch Saturn – befindet sich dieser gemeinsame Schwerpunkt meist innerhalb, gelegentlich jedoch deutlich außerhalb des Sonnenradius, wodurch strenggenommen auch das heliozentrische System nicht exakt zutrifft. Die Sonne führt deshalb ihrerseits eine Bewegung um diesen Schwerpunkt aus, der sich zeitweise um bis zu zwei Sonnenradien vom Sonnenmittelpunkt entfernt befinden kann.[40]

    Zudem erkannte Newton, dass Keplers Ellipsen auch nur Näherungen an die wirklichen Planetenbahnen sind. Die elliptische Form stimmt nur dann exakt, wenn man die Anziehungskräfte der Planeten untereinander vernachlässigt. Diese verursachen kleine Abweichungen, die Bahnstörungen genannt werden. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die mathematischen Methoden entwickelt, mit denen die Bahnstörungen berechnet werden konnten. Dadurch stieg die Genauigkeit der Vorhersagen noch einmal um etwa das Fünfzigfache.

    Mit genaueren astronomischen Instrumenten als zu Galileis Zeiten konnte die Richtigkeit des heliozentrischen Systems, insbesondere die jährliche und die tägliche Bewegung der Erde, durch Messungen belegt werden. Die Bahnbewegung der Erde wurde 1725 von James Bradley durch die Entdeckung der Aberration und 1838 von Friedrich Wilhelm Bessel durch die Entdeckung der jährlichen Parallaxe der Sterne nachgewiesen. Fallexperimente zum Nachweis der Erdrotation wurden ab 1800 durchgeführt. Der direkte Beweis der Erdrotation gelang 1851 mithilfe des Foucaultschen Pendels.

    Rezeption

    Weltsystem von Tycho Brahe: Im Zentrum der Welt steht die Erde, jedoch bewegen sich die anderen Planeten um die Sonne
    Galileo Galilei (Porträt von Justus Sustermans 1636)
    Durch Nahrungsmittel symbolisiertes geozentrisches und heliozentrisches System in der Diskussion (Gemälde von Cornelis Troost, 1741)

    In der mitteleuropäischen Geistesgeschichte wird die Ausarbeitung und Verbreitung des heliozentrischen Weltbilds als Kopernikanische Wende bezeichnet und als Angelpunkt beim Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit angesehen.[41]

    Schon bei Aristarch im 3. Jahrhundert v. Chr. wurde das heliozentrische Weltbild als „antireligiös“ eingestuft. Das galt auch im christlichen Europa, weshalb dieses Weltbild bis ins 16. Jahrhundert n. Chr. ohne Bedeutung blieb.

    Nach dem 11. Jahrhundert wurden arabische Texte zunehmend in der Übersetzerschule von Toledo ins Lateinische übertragen. Der Franziskaner Bonaventura von Bagnoregio referierte über ein darin enthaltenes heliozentrisches Weltbild in seinen Collationes in Hexaemeron 1273 und deutete es theologisch auf Christus als die Mitte der Schöpfung. Ihm folgten in der Diskussion Nikolaus von Oresme und Nicolaus Cusanus. Die meisten Gelehrten jedoch sahen in dem Weltbild mit einer rotierenden oder gar um die Sonne kreisenden Erde das Problem, dass Menschen und Gegenstände schräg fallen oder sogar in den Weltraum hinausfliegen sollten; ein vom Turm fallender Gegenstand sollte aufgrund der nach Osten gerichteten Erdrotation nicht genau senkrecht auf dem Boden auftreffen, sondern nach Westen abgelenkt werden. Auch schien die Bibel dem heliozentrischen Weltbild zu widersprechen, indem sie berichtet, Gott habe im Kampf der Israeliten gegen die Amoriter einmal dem Mond und der Sonne befohlen stillzustehen Jos 10,12-13 , nicht der Erde.

    Gegen das heliozentrische Weltbild forderte der katholische Mönchsorden der Dominikaner ein Lehrverbot, das sich aber zunächst nicht durchsetzte. Auch Protestanten äußerten sich im 16. Jahrhundert entschieden gegen das kopernikanische Weltbild. Vielfach wird dargestellt, dass Martin Luther selbst sich in einem Tischgespräch (1539) mit deutlichen Worten dagegen gewandt habe: „Dieser Dummkopf möchte die gesamte Kunst der Astronomie verdrehen.“[42] Hierbei handelt es sich jedoch wahrscheinlich um eine nachträgliche Verschärfung, denn die ursprünglichste Quelle für dies Zitat sagt hier nur: „Wie es derjenige macht, der die gesamte Astronomie umkehren will“.[43] Weiter ist von Luther keine einzige Stellungnahme zum heliozentrischen Weltbild bekannt.

    Als Kompromiss entwickelte Tycho ein System, in dem die Erde stillsteht und von der Sonne und dem Mond umkreist wird, während die übrigen Planeten – wie im kopernikanischen System – die Sonne umkreisen. Die Astronomen der Jesuiten in Rom standen diesem System anfangs skeptisch gegenüber wie zum Beispiel Christophorus Clavius, der kommentierte, dass Tycho Brahe „die ganze Astronomie verwirrte, weil er den Mars näher als die Sonne haben möchte.“ Als die Kirche nach 1616 härter gegen kopernikanische Ideen vorging, wechselten die Jesuiten zu Brahes System. Ab 1633 war der Gebrauch dieses Systems verbindlich.

    Tycho bestärkte aber auch die Zweifel am herrschenden Weltbild, weil er weder bei der Supernova von 1572 noch am Kometen von 1577 eine messbare Parallaxe feststellen konnte und daraus folgerte, dass beide sich weit außerhalb der Mondbahn befinden müssten. Dort sollte nach damaliger, von Aristoteles geprägter Lehre aber himmlische Perfektion herrschen, so dass es insbesondere keine Vorgänge von Entstehen und Vergehen geben dürfe.

    Zu dieser Zeit wurden die physikalischen Auffassungen des Aristoteles und damit das von der Kirche vertretene Weltbild durch die ersten Ergebnisse der beginnenden Naturwissenschaft im heutigen Sinne in Zweifel gezogen oder sogar widerlegt. Zu nennen ist insbesondere Galileo Galilei mit seinen Experimenten zum freien Fall und zum schiefen Wurf und seinen Entdeckungen der Venusphasen und der Monde des Jupiter. Die katholische Kirche begann, das geozentrische Weltbild streng zu verteidigen. Papst Urban VIII. hatte 1624 die Galileis Arbeit Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme (d. h. des geo- und des heliozentrischen Weltbilds) als Hypothese zwar initiiert, stellte sich aber nach ihrer Veröffentlichung 1632 dagegen.

    In einem viel beachteten Inquisitionsverfahren wurde Galilei beschuldigt, „…eine falsche Lehre, die durch viele unterrichtet wurde, nämlich, dass die Sonne in der Mitte der Welt unbeweglich ist und dass die Erde sich bewegt“ zu vertreten. Der abschließende Urteilsspruch war, er habe sich der „Ketzerei“ schuldig gemacht. Mit dem Fall Galilei wurde der Konflikt zwischen kirchlichem Autoritätsanspruch und freier Wissenschaft zum ersten Mal über die Kirche hinaus ins gesellschaftliche Bewusstsein gehoben.

    Ausgelöst durch die allgemeine Anerkennung, die Newton mit seinen Ergebnissen in der wissenschaftlichen Welt fand, hob Papst Benedikt XIV. am 17. April 1757 den Bann gegen die Werke auf, die das heliozentrische Weltbild vertraten. Am 11. September 1822 entschied die Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition, dass der Druck und die Publikation von Werken, die die Bewegung von Planeten und Sonne in Übereinstimmung mit der Auffassung der modernen Astronomen darstellten, erlaubt sei.

    Nachdem schon in der Antike der Gedanke eines unbegrenzten Weltalls ausgesprochen worden war (Leukipp, Demokrit, Lukrez), zeigte Nikolaus von Kues im 15. Jahrhundert, dass in einem unendlichen Weltall die Erde kein Mittelpunkt sein kann, genau so wenig wie irgendein anderer Himmelskörper, womit er sowohl ein geozentrisches wie ein heliozentrisches Weltbild ausschloss.[44] Diese Ansichten wurden später auch von Thomas Digges und Giordano Bruno vertreten und setzten sich im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts als Lehrmeinung durch, schon bevor im 20. Jahrhundert Galaxien außerhalb der Milchstraße entdeckt wurden. Das heliozentrische Weltbild wurde ab etwa 1930 durch das kosmologische Prinzip allmählich ersetzt.

    Das kosmologische Prinzip besagt, dass es prinzipiell keinen Ort gibt, der vor einem anderen ausgezeichnet ist, also auch kein Zentrum. Weltbilder, die einen bestimmten Ort im Universum hervorheben, gelten als überholt. Zusammen mit der Isotropie des Universums, also dass keine Richtung ausgezeichnet ist, bildet das kosmologische Prinzip den Grundpfeiler des Standardmodells der Kosmologie, das durch Beobachtung des beobachtbaren Universums gestützt wird.

    Allerdings ist das kosmologische Prinzip nur auf großen Skalen, die Millionen Lichtjahre umfassen, anwendbar. In kleineren Systemen wie z. B. einer Galaxie (typischerweise einige 100.000 Lichtjahre groß) oder unserem Sonnensystem (weniger als 1/1000 Lichtjahr groß) lassen sich ausgezeichnete Punkte angeben. Somit ist zwar die Sonne nicht das Zentrum des Universums, bildet aber die Mitte des Sonnensystems, da dessen Schwerpunkt sich niemals weiter als etwa einen Sonnenradius von der Sonnenoberfläche entfernt und oft sogar innerhalb liegt.

    Ebenso ist physikalisch betrachtet nach der Allgemeinen Relativitätstheorie jedes frei fallende System gleichberechtigt. Abgesehen von der Eigenrotation der Erde ist daher, genau wie in der Newtonschen Mechanik, ein Wechsel vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild nur eine Koordinatentransformation. Da die Sonne dem Schwerpunkt des Sonnensystems am nächsten kommt, ist das heliozentrische Bezugssystem fast identisch mit dem Schwerpunktsystem und dient daher oft als einfaches Bezugssystem für die Darstellung von Vorgängen im Sonnensystem.

    Literatur

    • Martin Carrier, Nikolaus Kopernikus. (C.H. Beck) München 2001.
    • Eduard Jan Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1956. (Reprint 1983 (mit einem Geleitwort von Heinz Maier-Leibnitz), ISBN 3-540-02003-9)
    • Jürgen Hamel: Astronomiegeschichte in Quellentexten. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996, ISBN 3-8274-0072-4.
    • Dieter B. Herrmann: Entdecker des Himmels. Pahl-Rugenstein Verlag, Köln 1979, ISBN 3-7609-0454-8.
    • Martin Holder: Die Kepler-Ellipse: Eine alte Geschichte neu erzählt. (PDF; 22,2 MB) Uni Siegen, 2015, abgerufen am 20. Juni 2025 (ein detaillierter Bericht über Keplers Vorgehen beim Auffinden der Planetengesetze).
    • Arthur Koestler: Die Nachtwandler. Das Bild des Universums im Wandel der Zeit. Scherz, Bern / Stuttgart / Wien 1959, ISBN 3-518-37079-0 (560 S., englisch: The Sleepwalkers. A History of Man's Changing Vision of the Universe. 1959. Übersetzt von Wilhelm Michael Treichlinger).
    • Thomas S. Kuhn: Die kopernikanische Revolution. Deutsche Übersetzung von H. Kühnelt des englischen Originals The Copernican Revolution von 1957. (Springer Fachmedien) Wiesbaden 1981.
    • Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes (= Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und Technik). 2. Auflage, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1985, ISBN 3-499-17721-8.
    • Ernst Zinner: Entstehung und Ausbreitung der copernicanischen Lehre. 2. Auflage. durchgesehen und ergänzt von Heribert M. Nobis und Felix Schmeidler. C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32049-X.
    Commons: Heliozentrisches Weltbild – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Eduard Jan Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1956, ISBN 3-540-02003-9. Dijksterhuis (IV—12) argumentiert, dass der gewöhnlich verwendete Name „heliozentrisch“ noch weniger die Natur des kopernikanischen Systems ausdrückt als der von „geozentrisch“ das System von Ptolemäus.
    2. Diese einleitende Skizze folgt u. a. Kuhn (1981), hier in der Literatur angegeben: Kap. 6 (Die Assimilation der kopernikanischen Astronomie); sowie Dijksterhuis (1983), Die Mechanisierung des Weltbildes, hier in der Literatur angegeben: Teil 4 (Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft).
    3. Aristoteles: De Caelo, Buch 2, Kapitel 13
    4. Jeffrey O. Bennett, Harald Lesch: Astronomie: die kosmische Perspektive. Addison-Wesley in Pearson Education Deutschland, 2010, ISBN 978-3-8273-7360-1, S. 68.
    5. Bartel Leendert van der Waerden: The Heliocentric System in Greek, Hindu and Persian Astronomy. In: Annals of the New York Academy of Sciences. Band 500, 1987, S. 525–545.
    6. Hugh Thurston: Early Astronomy. Springer-Verlag, New York 1993, ISBN 0-387-94107-X.
    7. Dijksterhuis (1983), hier in der Literatur, S. 67, 73.
    8. Dijksterhuis 1983, hier in der Literatur angegeben: S. 321.
    9. Herrmann 1979, S. 54.
    10. Theorie meint hier die Gesamtheit von Hypothesen samt Beobachtungsdaten, die zu einem mathematischen Modell der Astronomie ausgearbeitet wurde und die Kopernikus in seinen Schriften vorrangig für Fachleute vorgestellt hat. Siehe dazu etwa T. Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. V u.134; A. Koestler (1959), hier in der Literatur: S. 147.
    11. T. Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 250–253.
    12. T. Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 258–260.
    13. Jürgen Hamel: Geschichte der Astronomie. 2. Auflage. Kosmos-Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-09168-6, S. 123, 128.
    14. M. Carrier (2001), hier unter Literatur, Seite 90 f.
    15. Dijksterhuis 1983, hier in der Literatur, S. 320.
    16. Arthur Koestler: Die Nachtwandler – Die Entstehungsgeschichte unserer Welterkenntnis. 3. Auflage. Suhrkamp Taschenbuch, Band 579, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-518-37079-0, S. 190 ff. Die genaue Anzahl der Kreisbewegungen beträgt im Hauptwerk aber nach Koestlers Zählung 48. Dagegen brauchte das ptolemäische System nicht 80 Epizyklen, wie von Kopernikus behauptet, sondern in seiner zuletzt 1453 durch Peurbach aktualisierten Fassung nur 40. Dijksterhuis (1983), hier in der Literatur, IV—9, S. 327, hingegen argumentiert, dass das kopernikanische System es erlaubte, die Anzahl der Epizyklen um fünf Einheiten zu reduzieren.
    17. Jürgen Hamel: Astronomiegeschichte in Quellentexten. Spektrum Akad. Verlag, Heidelberg 1996, ISBN 3-8274-0072-4, S. 30 ff.
    18. M. Carrier (2001), hier in der Literatur: S. 94–97; sowie Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 176. Der Wortlaut Kopernikus' findet sich ebd., S. 182.
    19. Siehe dazu etwa Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 175. Das Vorwort Kopernikus’ kann dort S. 137–139 nachgesehen werden. Ebenso hier online (An den Heiligsten Herrn Papst Paul III.): wikisource
    20. A. Koestler, Die Nachtwandler, hier in der Literatur angegeben. S. S. 194 f. in der Ausgabe A. Scherz-Verlag, Bern, Stuttgart, Wien 1959.
    21. So Kopenikus' Wortlaute aus Kapitel 9 und 10 des 1. Buches in De Revolutionibus; wiedergegeben in Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 139, S. 158 u. 185.
    22. Kuhn (1981), hier in der Literatur: S. 173, daraus der Wortlaut.
    23. Dijksterhuis (1983), hier in der Literatur, Teil 4: S. 325 und S. 327. Dort wird entsprechend von einer «besseren Qualität der Detailstruktur des neuen Systems» gesprochen.
    24. M. Carrier (2001), hier in der Literatur: S. 98.
    25. M. Carrier, hier unter Literatur: S. 71. Darin wird auch vom Erhalt des antiken »Gleichförmigkeitsprinzips« nach Platon und Aristoteles gesprochen (S. 34–37).
    26. Dijksterhuis 1983, hier in der Literatur angegeben: S. 321.
    27. Robert Wilson: Astronomy through the Ages. Taylor and Francis, London 1997, ISBN 0-7484-0748-0.
      1. Wilson(1997) S. 58
    28. Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harri Deutsch, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-8171-1651-5.
      1. Simonyi(2012) S. 167
    29. Dijksterhuis 1983, S. 36, 322.
    30. Dijksterhuis 1983, S. 323.
    31. Dijksterhuis 1983, S. 72, 322.
    32. Eduard Jan Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Heidelberg 1966, S. 330 ff.
    33. Dijksterhuis (1983), hier in der Literatur, S. 357 f., mit Blick auf die Neuerungen nach Kepler.
    34. M. Carrier (2001), hier in der Literatur. Darin wird das instrumentalistische Bekenntnis aus Alessandro Piccolominis Planetentheorie (1558) eingebracht, um stellvertretend die damalige Denkweise zu erläutern: es ging darum, «...so weit wie möglich die Erscheinungen der Planeten zu retten». Den Einzelheiten der mathematischen Konstruktion durfte der Realitätsgehalt durchaus fehlen, lediglich die Verpflichtung zur Gleichförmigkeit der geometrischen Objekte und Bewegungen gilt als Vorgabe der Natur (s. ebd., S. 52 f.).
    35. William Gilbert: On the Loadstone and Magnetic Bodies, and on the Great Magnet the Earth: A New Physiology, Demonstrated with many Arguments and Experiments. London 1893 (englisch, archive.org [PDF; abgerufen am 4. Oktober 2025] Latein: De magnete, magnetisque corporibus, et de magno magnete tellure: Physiologia noua, plurimis & argumentis, & experimentis demonstrata. 1600. Übersetzt von P. Fleury Mottelay).
      1. S. 327–352
    36. Dijksterhuis (1983), hier in der Literatur, S. 332 f.
    37. Hugh Thurston: Early Astronomy. Springer Verlag, New York [u. a.] 1994, ISBN 0-387-94107-X, S. 220 ff.
    38. Bruce Stephenson: Kepler’s Physical Astronomy. Springer, New York 1987, ISBN 1-4613-8739-6, doi:10.1007/978-1-4613-8737-4.
    39. Martin Holder: Die Kepler-Ellipse. Universitätsverlag Siegen, Siegen 2015, ISBN 978-3-936533-64-4 (online [abgerufen am 18. Dezember 2017]).
    40. Jean Meeus: Mathematical astronomy morsels. Richmond, Va. 2009, ISBN 978-0-943396-92-7, S. 165.
    41. Kuhn (1981), hier in der Literatur
    42. Nicolaus-Copernicus-Edition, Band VI,2: Documenta Copernicana. Urkunden, Akten und Nachrichten. Texte und Übersetzungen. Bearb. von Andreas Kühne und Stefan Kirschner. Akademie Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-05-003009-7, S. 372.
    43. Andreas Kleinert: Eine handgreifliche Geschichtslüge. Wie Martin Luther zum Gegner des copernicanischen Weltsystems gemacht wurde. In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte. 26/2003, S. 101–111.
    44. Herrmann 1979, S. 36, 55.

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    Der "Punctum aequans" nach G. Peurbach (1472).png
    Die Abbildung ist der Neuausgabe von Georg Peuerbachs "Theoricae novae planetarum" (Original 1472, hier aus einem Neudruck von 1557, S. 41 f.) entnommen. Sie zeigt exemplarisch die drei der "obersten Punkte" im geozentrischen Weltbild anhand der Sonnen- und Venusumdrehung. Besonders ist die Veranschaulichung des "Äquantenpunktes" H: Zwischen "Weltzentrum" D (die Erde) und H befindet sich das Deferentenzentrum C der Sonne oder der Venus.
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    Demonstrates that an ellips can be made by adding two circles
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    Weltbilder

    • a) Geozentrisches Weltbild
    • b) Heliozentrisches Weltbild

     
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    Representation of the apparent motion of the Sun, Mercury, and Venus from the Earth. Taken from the "Astronomy" article in the first edition of wikipedia:Encyclopædia Britannica (1771). This geocentric diagram shows, from the location of the earth, the sun's apparent annual orbit, the orbit of Mercury for 7 years, and the orbit of Venus for 8 years, after which Venus returns to almost the same apparent position in relation to the earth and sun.
    Tusi couple.jpg
    Tusi couple - 13th century CE sketch by Nasir al-Din Tusi. Generates a linear motion as a sum of two circular motions. Invented for Tusi's planetary model.
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    Vergleich des veralteten geozentrischen Weltbilds mit dem heliozentrischen Weltbild nach Aristarchos auf dem Titelblatt der deutschen Übersetzung "Archimedis Sand-Rechnung" von Johann Christoph Sturm aus dem Jahr 1667
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    De wiskunstenaars of 't gevluchte juffertje: Het dispuut van de doktoren Raasbollius en Urinaal. 1741. Pastel en penseel in kleur op papier. Höhe: 64 cm; Breite: 83,5 cm
    dimensions QS:P2048,64U174728
    dimensions QS:P2049,83.5U174728
    . Den Haag, Mauritshuis.
    Tychonian system.svg
    Diagram depicting the basics of the Tychonian geocentric system. Basically, the objects on blue orbits (the Moon and the Sun and the fixed stars) revolve around the Earth. The objects on orange orbits (Mercury, Venus, Mars, Jupiter, and Saturn) revolve around the Sun. All is surrounded by a sphere of fixed stars (though they are fixed only with respect to each other, for the sphere revolves around the earth). The system is essentially geocentric, though everything except for the moon and the fixed stars and the earth centre itself revolves around the Sun.
    Distances are of course just generalized, though it is important that the minor planets are always "tied" to the Sun while the major planets can be on either side of the Earth. This is a superior diagram of Tycho's system to most that you will find: the path of the sun's orbit intersects with the path of Mars' orbit, causing a problem for any astronomer thinking of the mechanism as incorporating nested physical "spheres".
    Aristarchus working.jpg
    10th century CE Greek copy of Aristarchus of Samos's 2nd century BCE calculations of the relative sizes of the Sun, Moon and the Earth.
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