Heilig-Geist-Kirche (Magdeburg)

Blick auf die Heilig-Geist-Kirche vom Annenstift aus, 1902 oder früher
(c) Bundesarchiv, Bild 183-11019-0013 / Biscan / CC-BY-SA 3.0
Innenraum der Heilig-Geist-Kirche nach ihrem Wiederaufbau 1951
(c) Bundesarchiv, Bild 183-08191-0002 / CC-BY-SA 3.0
Ruine der Heilig-Geist-Kirche im Oktober 1950
(c) Bundesarchiv, Bild 183-19234-0005 / Biscan / CC-BY-SA 3.0
Heilig-Geist-Kirche, links im Bild, Blick von Nordosten, 1953

Die Heilig-Geist-Kirche (Kirche Sankt Spiritus) war eine Kirche im Magdeburger Stadtteil Altstadt.

Geschichte

Die Grundsteinlegung für den Bau einer Heilig-Geist-Kapelle erfolgte um 1214 als Kapelle des von der vermögenden Magdeburger Gewandschneiderinnung gestifteten gleichnamigen späteren Hospitals St. Annen.

1288 wurde südlich dieses Baus eine weitere Kapelle mit dem Patrozinium der heiligen Anna errichtet, finanziert durch fünf Gewandschneider. Es erfolgten mehrere Erweiterungen, in deren Folge 1490 erstmals die Heilig-Geist-Kirche erwähnt wurde.

Ab dem Jahr 1524 wurde diese Kirche der Ausgangspunkt der Reformation in Magdeburg, als der Franziskanermönch Johannes Fritzhans dort lutherisch predigte.[1] Noch im selben Jahr wurde sie Pfarrkirche für eine neu gebildete lutherische Gemeinde.

Bei der Erstürmung Magdeburgs durch kaiserliche Truppen unter Tilly am 10. Maijul. / 20. Mai 1631greg. brannte die Kirche nieder. Nach Um- und Wiederaufbau wurde sie ab 1693 wieder genutzt. 1752 wurde das Epitaph des Magdeburger Unternehmers und Regierungsrats Gottlieb von Haeseler in der Heilig-Geist-Kirche errichtet. In der Kirche wurde der Komponist Georg Philipp Telemann getauft. 1778 wurde Georg Heinrich Berkhan Diakon an der Heilig-Geist-Kirche. Von 1786 bis 1800 war Konrad Gottlieb Ribbeck, späterer erster Ehrenbürger Berlins, Pastor der Kirche. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Komponist Rudolph Palme als Organist in der Kirche tätig.

Die von Jacob Wenzel 1683 gegossene Telemannglocke trägt auf ihrer Inschrift unter anderem den Namen von Georg Philipp Telemanns Vater Heinrich. Sie sollte im Zweiten Weltkrieg für Rüstungszwecke eingeschmolzen werden, überstand den Krieg jedoch auf dem Hamburger Glockenfriedhof und gelangte Anfang der 1950er Jahre in die Glockengießerei Schilling in Apolda. 1983 wurde sie nach Magdeburg zurückgebracht und steht jetzt in der Wallonerkirche.[2]

Bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche 1945 stark beschädigt. Die Kirchenausstattung ging verloren. Nach dem ab 1948 erfolgten Wiederaufbau fanden ab 1950 wieder Gottesdienste statt. Ende Mai 1959 teilte sie jedoch das Schicksal mehrerer anderer Magdeburger Kirchen und wurde gesprengt.

Orgel

Die Firma Orgelbau A. Schuster & Sohn (Zittau) fertigte 1957 eine zweimanualige Orgel mit 27 Registern und elektropneumatischer Traktur für die Heilig-Geist-Kirche an. Die Kirche stand dann jedoch vermeintlich dem sozialistischen Wiederaufbau der Stadt im Wege. Nach einem letzten Gottesdienst am 30. März 1959 erfolgte Ende Mai 1959 die Sprengung der Kirche. Die neue Schuster-Orgel wurde aufgrund der geplanten Sprengung demontiert und im – für diese Orgel viel zu großen – Dom aufgestellt, weil dessen Orgel 1945 zerstört worden war. Nachdem dort 1970 eine Schuke-Orgel mit 37 Registern eingeweiht werden konnte, stellte man die Schuster-Orgel im Jahr 1975 unter Verzicht auf das Register „Offenbaß 16′“ und die großen Oktaven der Hauptwerksprincipale 4′ und 8′ sowie ohne Prospekt in St. Nicolai in der Neuen Neustadt dauerhaft auf.[3]

Gegenwart

An der Stelle der Heilig-Geist-Kirche (heutige Goldschmiedebrücke Höhe Regierungsstraße) steht heute zur Erinnerung ein kleines Modell der Kirche.

Gestaltung

Auf der Westseite befand sich ein kleiner Turm, mit einem schlanken in Zwiebelspitzform versehenen Turmhelm. Das Mittelschiff wies ein nach dem Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs eingezogenes gotisches Gewölbe auf, welches mit einem Sternenmuster verziert war.

In der Kirche befand sich die Erbgruft einer bürgerlichen Familie, die zu den Magdeburger Sehenswürdigkeiten gehörte und besichtigt werden konnte. Es handelte sich um die älteste und größte erhaltene Gruft dieser Art. Bei der Sprengung der Kirche ging auch sie verloren.

Persönlichkeiten

An der Kirche waren eine Vielzahl bekannter Theologen tätig:

Im 17. Jahrhundert war zeitweise Peter Schrader Kirchvater der Gemeinde. Ab etwa 1862 war Rudolph Palme Organist an der Kirche.

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Joachim Krenzke: Kirchen und Klöster zu Magdeburg. Magdeburg 2000, S. 56–58 (magdeburg.de [PDF; abgerufen am 11. April 2022]).

Weblinks

Commons: Heilig-Geist-Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Verlorene Kirchen. Pfarrkirche Heilig-Geist. In: ek-md.de. Abgerufen am 11. April 2022.
  2. Kindheit und Jugend - Telemann in Magdeburg. Abgerufen am 14. August 2023.
  3. www.orgelbau-welde.de

Koordinaten: 52° 7′ 45,8″ N, 11° 38′ 15,4″ O

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Bundesarchiv Bild 183-11019-0013, Magdeburg, Heilig-Geist-Kirche, Restaurierung.jpg
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Illus-Biscan Leu-Be. 18.6.51 Wiederaufbau der Heilig-Geist-Kirche in Magdeburg. Die durch den II. Weltkrieg zerstörte Heilig-Geist-Kirche in Magdeburg wurde in jahrelanger Arbeit wieder aufgebaut. UBz, Das Kirchenschiff nach dem Wiederaufbau. (Siehe Bild 12 N)
Heiligegeistkirche Blick auf die Heilige Geistkirche mit Annenkapelle von Annenstift aus.jpg
Originale Bildunterschrift: Blick auf die Heilige Geistkirche mit Annenkapelle von Annenstift aus
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Magdeburg, Heilig-Geist-Kirche, Ruine Illus Biscan Oktober 50 Die Tatsachen widerlegen ein Gerücht! Wiederaufbau der von anglo-amerikanischen Bomben zerstörten Heilige-Geist-Kirche in Magdeburg 1948 begann man, bei der von anglo-amerikanischen Bomben schwer beschädigten Heilige-Geist-Kirche die Trümmer zu beseitigen und überhängendes und baufälliges Mauerwerk zu sprengen. Gerüchtemacher behaupteten dagegen, die Kirche würde abgetragen. In Wahrheit wurde ihr Wiederaufbau betrieben. UBz: Aufnahme vor etwa 2 Jahren. Leihweise ILLUS Berlin W8
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Zentralbild-Biscan 17.4.1953

Am 1. Mai Grundsteinlegung Beginn des Nationalen Aufbauwerks in Magdeburg
Der Architekturbeirat der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat den für den Bau des Zentralen Platzes und der Ost-West-Strasse in Magdeburg vorgelegten Plänen grundsätzlich zugestimmt und damit den Weg zum Beginn des Nationalen Aufbauwerkes in Magdeburg freigegeben. Der Rat der Stadt hat nun beschlossen, die Grundsteinlegung am 1. Mai vorzunehmen.- In diesen Tagen zeigt sich auf der zukünftigen Grossbaustelle bereits ein reges Leben. Die Vorbereitungen für den Beginn der Bauarbeiten sind in vollem Gange.
UBz: Neben dem ältesten Teil Magdeburgs entsteht der jüngste. Blick auf die südliche Hälfte des Zentralen Platzes, wo für die 300 Arbeiter der Baustelle ein Kulturraum, Waschräume und Verkaufsstellen der HO und des Konsums errichtet werden. Der steil in den Himmel ragende Ruinenrest in der linken unteren Ecke des Bildes ist ein Rest der frühesten Stadtbefestigung Magdeburgs und steht unter Denkmalschutz. Dieser Teil der Stadtbefestigung ist im 13. Jahrhundert in einen Wohnturm umgebaut worden.

Links im Hintergrund die zweitürmige Sebastianskirche, in der Mitte das Volksstimme-Hochhaus, rechts der zweistöckige Bau des Hauptbahnhofs.