Hebammenwissenschaft

Die Hebammenwissenschaft ist ein neues Teilgebiet der medizinischen Versorgungsforschung. Sie beschäftigt sich mit der Tätigkeit von professionellen Hebammen bei der Geburtshilfe. Forschungsfelder sind z. B. medizinische Eingriffen in den normalen, physiologischen Vorgang der Geburt, Wirksamkeit und Nutzen des Hebammenhandelns, und die gesellschaftliche Beurteilung des Gebärens. Wie bei anderen angewandten Gesundheitswissenschaften auch steht die Gesunderhaltung der Patienten, bzw. von Mutter und Kind, im Zentrum des Interesses.[1]

Die Hebammenwissenschaft hat einen primär berufspolitischen Ursprung: Hervorgegangen aus dem Hebammenwesen, betont sie die von den Akteuren gewünschte Akademisierung und Professionalisierung dieses Berufsstandes, ähnlich wie sie in der Krankenpflege schon erfolgt ist.[2] Es soll ein "hebammenorientiertes, frauenzentriertes Betreuungsparadigma" (Bohle 2004) aufgebaut werden[3]. Während die Ausbildung der Hebammen bisher in Fachschulen erfolgte, hat die Medizinische Hochschule Hannover 2011 erstmals einen Masterstudiengang für Hebammenwissenschaft eingerichtet.[4] Bachelor-Ausbildungen können an einigen Fachhochschulen erworben werden (z. B. Bachelor of Science in Midwifery an der Hochschule Osnabrück[5]).

In Österreich gibt es z. B. einen dedizierten Fachbereich mit Bachelor-Studiengang an der privaten Fachhochschule Krems. Die von den Berufsgesetzen geforderte praktische Ausbildung kann auf den Hochschulen allerdings nicht erlangt werden.[6]

In der Schweiz hat die Hebammenwissenschaft einen schweren Stand.[7] Die erste Frau, welche in diesem Gebiet doktorierte, war 2007 Eva Cignacco. Seit 2008 gibt es ein Fachhochschulstudium für Hebammen.

Frauen haben in Deutschland auf Hebammenhilfe während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit gesetzlichen Anspruch zu Lasten der Krankenversicherung. Aufgabe der Forschungen wird es sein, die Wirksamkeit und den Nutzen der selbstverantwortlichen (Arzt- und Pflege-unabhängigen) Arbeit der Hebammen nach den Kriterien der medizinischen Evidenz nachzuweisen, nicht nur bei der eigentlichen Geburt, sondern auch in deren Vorbereitung und in der emotional und sozial schwierigen ersten Phase junger Eltern, etwa die Förderung des Stillens. Als Fachgesellschaft hat sich 2008 die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft gegründet.

Einzelnachweise

  1. Doris Schaeffer: Handbuch Pflegewissenschaft. Juventa, October 2010, ISBN 9783779907947, S. 297– (Abgerufen am 23 April 2011).
  2. Adler G, Knesebeck, J-H.: Gesundheitsfachberufe: Auf akademischen Wegen. Dtsch Arztebl 2010; 107(9): A-386 / B-340 / C-330
  3. Bohle S: Frau Magister statt Schwester... Österreichische Hebammenzeitung 2/04 (Memento vom 12. Juni 2013 im Internet Archive)
  4. Mechthild Gross: Erste habilitierte Hebamme in Deutschland. Dtsch Arztebl 2011; 108(5): A-225 / B-179 / C-179
  5. Hochschule Osnabrück: Studienprogramm Midwifery B.Sc., abgerufen am 2. Januar 2011.
  6. Billig M: Akademisierung der Gesundheitsberufe: Hebamme mit Bachelor. Frankfurter Rundschau 19. Oktober 2010
  7. Kampf um Akademisierung - Die Hebamme – ein unterschätzter Beruf. In: srf.ch. 26. Mai 2019, abgerufen am 14. Mai 2021.

Weblinks