Haus der Sünde

Film
Deutscher TitelHaus der Sünde
OriginaltitelL’Apollonide (Souvenirs de la maison close)
ProduktionslandFrankreich
OriginalspracheFranzösisch
Erscheinungsjahr2011
Länge122 Minuten
AltersfreigabeFSK 16[1]
Stab
RegieBertrand Bonello
DrehbuchBertrand Bonello
ProduktionBertrand Bonello
Kristina Larsen
MusikBertrand Bonello
KameraJosée Deshaies
SchnittFabrice Rouaud
Besetzung

Haus der Sünde (Originaltitel: L’Apollonide (Souvenirs de la maison close)) ist ein französisches Filmdrama aus dem Jahre 2011 unter der Regie von Bertrand Bonello. Der Film startete am 19. April 2012 in Deutschland. Er lief im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes 2011. Die deutsche Fassung wurde von TV+Synchron erstellt.

Handlung

Bereits in den ersten Bildern stößt der Film zum Kern seiner Handlung vor, zu jenem Moment, in dem einer ihrer Freier, François, die Prostituierte Madeleine mit einem Messer verstümmeln wird. Noch ist die Vorwegnahme verschleiert, erscheint der Täter hinter einer Maske in einem Traum, den Madeleine ihrem Freier kurz darauf noch vertrauensvoll berichtet. Doch nur wenige Szenen später wird die Begegnung real, geht das brutale Ereignis seinen Gang, und Madeleine wird sich von diesem Moment an nicht mehr davon befreien können, schrecklich und visionär zieht er sich in ihren immer wieder fiebrig dargelegten Erinnerungen durch den ganzen Film, Zuschauer und Opfer nicht mehr freigebend.

Wir befinden uns im „Apollonide“, einem Edelbordell im Paris des Jahres 1900, in welchem die Freier kommen und gehen, die Huren hingegen zu chancenlosem Bleiben verurteilt sind. Über sie, die Spielregeln und die Finanzen, um die es nicht gut bestellt ist, wacht die Betreiberin des Bordells, deren Kinder fröhlich mitleben zwischen Nutten und Freiern. Dem edlen Hause droht indes aufgrund gnadenloser Mieterhöhungen die baldige Schließung, weswegen Madame sich hilfesuchend in einem Brief an den Präfekten der Stadt Paris wendet.

Und noch weitere Gäste kennt das Haus: Einer der Freier bringt einen schwarzen Panther mit, auf den die Kamera im Verlaufe des Filmes immer wieder motivisch zurückschwenken wird. Erst ganz zum Schluss des Filmes jedoch kommt diesem Tier die nur angedeutete Schlüsselrolle in der Rache für das Madeleine Zugestoßene zu.

Einstweilen jedoch läuft das Leben im Apollonide in geordneten Bahnen. Die Huren pflegen Gesellschaft mit ihren Freiern, geben sich Spielen hin, legen Orakel, lassen durch Reiben Gläser melodisch erklingen, baden übermütig in einem Teich, beraten sich bei wichtigen Verrichtungen im Intimbereich und kuscheln in ausladenden Betten liebevoll zusammen.

Und ihre Zahl ist im Steigen begriffen: Mittels eines Briefes, in dem sie ihre Vorzüge preist, kündigt sich die 15-jährige Pauline im Haus der Freuden an. Sie wird es später sein, die das Haus fast symbolisch vor dessen endgültigem Niedergang wieder verlässt. Bei ihrer alsbald folgenden Vorstellung fragt die Betreiberin des Hauses sie, ob sie je heiraten wolle, und fügt hinzu, dass keine Prostituierte je eine Chance habe, von einem ihrer Freier wirklich in ein bürgerliches Leben hinübergerettet zu werden. Pauline hingegen betont, dass es ihr um ihre persönliche Freiheit gehe. Damit schlägt der Film eine Brücke zu dem Traum Madeleines am Anfang, ihre Vision von dem jungen Mann, der sie aufgesucht hat, und zu dem der Traum ihr eine Liebesverbindung verheißen hatte, an deren Stelle indes brutale Verstümmelung trat.

Während die Frauen die neu angekommene Pauline in die Geheimnisse des Geschäftes einweihen, gibt sich Clotilde dem Opium hin und machen die Freier große Bögen um die immer noch im Bordell lebende Madeleine, deren Gesicht inzwischen durch das Messer des Freiers entstellt ist. Einzig ein Mann namens Jaques zeigt Interesse an ihr und entführt sie zu einem burlesk-irrationalen Fest, wo sie für Stunden zum begafften Objekt grausam-lüsterner und kleinwüchsiger Menschen wird.

Aber auch die neu angekommene Pauline macht verstörende Erfahrungen mit einem Freier, der mit ihr gemeinsam in einer Wanne voller Sekt baden will, während ein anderer sie in die Rolle einer Geisha zwingt. Ihre Gefährtin Léa ist zugleich einem anderen Freier zu Diensten, indem sie eine leblose, sich nur mechanisch bewegende Puppe mimt, die von dem Mann vergewaltigt wird, während ihr Blick starr auf einem Käfer an der Zimmerdecke weilt.

Doch gehen die lustvollen Interaktionen auch an den Gefühlen der Freier nicht spurlos vorbei, einige von ihnen verlieben sich in die Huren und machen ihnen Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft. Und dann liegt es wiederum in den Händen der Frauen, einem Freier, den sie nicht mehr sehen möchten, durch das Übersenden eines Bündels Schamhaare zu bedeuten, dass er nicht mehr erwünscht sei.

Während Pauline den Brief des Präfekten liest, in dem dieser der Madame mitteilt, dass er ihr nicht helfen könne, und daraufhin ihren Abschied aus dem Freudenhaus nimmt, wird bei Julie Syphilis diagnostiziert. Maurice, ihr Verehrer, wendet sich daraufhin von ihr ab; Julie stirbt, einen Reigen im Salon des Apollonide trauervoll tanzender Freundinnen zurücklassend.

Kurz vor seiner endgültigen Auflösung ergießt sich das Freudenhaus noch einmal in die Pracht eines Maskenballs zum Nationalfeiertag (14. Juli): Draußen knallen Feuerwerkskörper, Madeleine hat wieder einen Liebhaber, und François findet sich plötzlich in einem Raum mit seinem Richter…

Kritiken

„Bonellos Film verfolgt kein moralisches Ziel, ja nicht einmal ein narratives. Seine seltsame Schönheit zieht er aus der Gegenwärtigkeit, die er dem Alltag der Huren verleiht. […] In einer hypnotischen Szene tanzen sie selbstversunken zu Nights in White Satin. Es ist ein großartiger Moment, in dem es dem Kinobild gelingt, den Figuren jene Freiheit zu geben, die ihnen ihre Wirklichkeit verwehrt.“

Zeit online[2]

„So ganz wird nicht klar, was Bonello sagen will. Sein Blick durchs Schlüsselloch bringt keine neuen Erkenntnisse, der Einbruch blutiger Gewalt, die sich in ständig wiederholenden Bildern eines messerwetzenden Freiers wie ein Leitfaden durch den Film zieht und die Verachtung der Männer beweisen soll, wirkt seltsam deplatziert.“

„Ein opulentes Sittengemälde als Abgesang auf die Belle Epoque, der mit dem Métro-Bau die Modernisierung der Metropole und mit dem Kino einen neuen Weg der Wunsch-Ökonomie andeutet.“

Auszeichnungen

César 2012
  • Beste Kostüme – Anaïs Romand
  • Nominierung Beste Nebendarstellerin – Noémie Lvovsky
  • Nominierung Beste Nachwuchsdarstellerin – Adèle Haenel
  • Nominierung Beste Nachwuchsdarstellerin – Céline Sallette
  • Nominierung Beste Kamera – Josée Deshaies
  • Nominierung Beste Filmmusik – Bertrand Bonello
  • Nominierung Bester Ton – Jean-Pierre Duret, Nicolas Moreau und Jean-Pierre Laforce
  • Nominierung Bestes Szenenbild – Alain Guffroy

Deutsche Produktion

Die deutsche Fassung wurde von TV+Synchron Berlin produziert.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Haus der Sünde. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, April 2012 (PDF; Prüf­nummer: 132 567 K).
  2. Das Ende der Party von Anke Leweke auf Zeit online vom 19. April 2012, abgerufen am 23. April 2012.
  3. „Haus der Sünde“: Blick durchs Schlüsselloch vom 19. April 2012 auf abendblatt.de, abgerufen am 23. April 2012.
  4. Haus der Sünde. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.Vorlage:LdiF/Wartung/Zugriff verwendet 
  5. Haus der Sünde. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 2. März 2017.