McDonnell Douglas AV-8

McDonnell Douglas AV-8B Harrier II

AV-8B Harrier II auf der Cavour
TypVTOL-Erdkampfflugzeug
Entwurfsland
Hersteller
Erstflug9. November 1978
Indienststellung12. Januar 1985
Produktionszeit

1981 bis 2003

Stückzahl323

Die McDonnell Douglas AV-8B Harrier II ist ein senkrechtstartendes Kampfflugzeug und stellt die zweite Generation der britischen Hawker Siddeley Harrier dar.

Entwicklung und Geschichte

McDonnell Douglas begann mit der Entwicklung der AV-8 „Harrier II“ Ende der 1970er Jahre, nachdem das United States Marine Corps (USMC) eine kampfstärkere Version gefordert hatte. So sollte ein größeres Arsenal an Waffen einsetzbar sein und besonders die Überlebensfähigkeit im Luftkampf verbessert werden. Des Weiteren wurden allgemeine Verbesserungen bei den Flugleistungen, besonders bei der Einsatzreichweite, sowie modernere Avionik gefordert. Es wurden zwei AV-8A umgebaut und als YAV-8B bezeichnet. Der Erstflug erfolgte am 9. November 1978. Da British Aerospace bereits im Jahr 1976 begonnene eigene Weiterentwicklungen sowie zwei im Jahr 1979 umgerüstete GR.3 „Harrier“ nicht finanzieren konnte, schloss man sich ein Jahr später der „Harrier II“ von McDonnell Douglas an. Nach den Erfahrungen mit den Sea Harriers im Falklandkrieg wurden weitere Modifikationen an der Avionik, den Triebwerken und den Waffensystemen vorgenommen. Die stärkeren Triebwerke ermöglichen eine größere Abflugmasse und eine größere Anzahl von verfügbaren Waffen. Die neuere Avionik und ein modernes Glas-Cockpit vereinfachten die Arbeiten des Piloten. So konnte das USMC die erste „Harrier II“ am 12. Januar 1985 in Dienst stellen. Die von BAE Systems hergestellte britischen Version des Harrier II, der Harrier GR.5, absolvierte am 30. April 1985 ihren Erstflug und wurde im Juli 1987 in Dienst gestellt. Neben dem USMC wird die Harrier II auch von der spanischen und italienischen Marine eingesetzt. Die britische Royal Navy (RN) verwendet eine weiterentwickelte Variante der Hawker Siddeley „Sea Harrier“, die FA.2. Die britische Royal Air Force (RAF) hingegen setzt auf eine landgestützte weiterentwickelte Variante der Hawker Siddeley Harrier GR.3, den nun von BAe gebauten Harrier GR.5.

Erfahrungen der RAF und der RN im Falklandkrieg flossen in die Entwicklung der AV-8B Harrier II Plus ein. In diesem hatte der Harrier seine grundsätzliche Eignung für den Luftkampf unter Beweis gestellt. Daher forderte das USMC, dass der Harrier II auch neue Langstrecken-Luft-Luft-Lenkwaffen einsetzen können sollte. Dafür musste das Raytheon-AN/APG-65-Radar eingebaut werden, was nur mit einer Vergrößerung des Bugs möglich war. Damit ist der Einsatz der Raytheon AIM-120B „AMRAAM“ möglich, womit der Harrier erstmals BVR-Fähigkeiten besitzt. Des Weiteren wurde das Northrop Grumman Litening II „targeting and reconnaissance pod“ eingebaut, das auch den Einsatz von lasergelenkten Bomben ermöglicht. Das USMC stellte den ersten Harrier II Plus im Juni 1993 in Dienst. Der Harrier GR.9 ist mit dem Harrier II Plus vergleichbar.

Der Harrier II durchlief während seiner Dienstzeit mehrere erhebliche Kampfwertsteigerungen. Er soll in seiner neuesten Version in einigen Ländern noch bis etwa 2020 im Einsatz bleiben. Danach wird die F-35B Lightning II den Harrier in den USA und Italien ersetzen. In Großbritannien wurde im Dezember 2010 aus Kostengründen beschlossen, alle Harrier II der RAF und RN stillzulegen; lange vor dem Zulauf der F-35C. Im November 2011 kaufte das US Marine Corps daraufhin fast alle außer Dienst gestellten britischen Harrier, insgesamt 72 Flugzeuge, als Ersatzteilspender.[1][2]

Mediale Rezeption

Im Film True Lies – Wahre Lügen (1994) rettet Arnold Schwarzenegger als Geheimagent mit einer Harrier II seine Tochter aus der Gewalt von Terroristen. Dieselbe Maschine ist auch in einer Szene von Marvel’s The Avengers (2012) zu sehen.

Lieferungen

Lieferungen der AV-8B Harrier II:[3]

VersionHerstellerBenutzer19841985198619871988198919901991199219931994199519961997199819992000200120022003SUMMEBemerkung
AV-8B/TAV-8B DayMcDonnell DouglasUSMC1224303040395             180davon 18 TAV-8B
EAV-8BSpanien   ca. 6ca. 6               12
TAV-8BItalien       2            2
AV-8B NightUSMC      18201816          72
AV-8B Harrier II plus         8136        27
Italien           3        3
McDonnell Douglas/Alenia            58      13
TEAV-8BCASASpanien            1       1
EAV-8B Harrier II plus            ca. 4ca. 4      8
AV-8B Day RemanMcDonnell DouglasUSMC            448111312121074Umbau auf Harrier II plus
SUMME12243036463923221824139141681113121210392

Varianten

US-Varianten

Prototyp YAV-8B im Juli 1979
AV-8B beim Landen

YAV-8B Prototyp der Harrier II. Zwei AV-8A wurden für Flugerprobungen umgebaut.

AV-8B „Harrier II“ Initialversion der Harrier II. Vom US Marine Corps und der italienischen Marine eingesetzt, die 16 Stück erhielt.

AV-8B „Night Attack Harrier II“ Aufgerüstete Version mit Wärmebildsichtgerät (FLIR), die 1991 in Dienst gestellt wurde (entspricht in etwa der britischen GR.7-Variante).

AV-8B „Harrier II Plus“ Diese modernisierten AV-8B Harrier II sind mit Raytheon-APG-65-Radar und Northrop Grumman Litening II „targeting and reconnaissance pod“ ausgestattet. Es wurden alle AV-8B Italiens und Spaniens umgerüstet.

EAV-8B Harrier II Variante der AV-8B Harrier II für die spanische Marine, die 20 Maschinen erhielt.

EAV-8B Matador II Doppelsitzige Trainervariante der TAV-8B Harrier II für die spanische Marine.

TAV-8B Harrier II Doppelsitzige Trainervariante der AV-8B für das US Marine Corps (22 Stück) und die italienische Marine (2 Stück).

Britische Varianten

Harrier GR.5 Die GR.5 war die erste Version der zweiten Generation des Harriers für die Royal Air Force (RAF). Die erste Serienmaschine von BAE hatte am 30. April 1985 ihren Erstflug und wurde im Juli 1987 in Dienst gestellt. Die GR.5 unterschied sich von der AV-8B in einigen Punkten, so zum Beispiel bei der Avionik, der Bewaffnung und der Ausrüstung für elektronische Gegenmaßnahmen. Es wurden 41 GR.5 gebaut.

Harrier GR.5A Diese leicht verbesserte Variante der GR.5 erhielt bereits Teile des GR.7-Upgrades. Hiervon wurden 21 Stück gebaut.

Harrier GR.7 Die GR.7 ist eine weiter verbesserte Variante der Harrier. Ihr Erstflug fand im Mai 1990 statt, sie kam ab 1997 (Test ab 1994) auf den Flugzeugträgern der Invincible-Klasse zum Einsatz. 34 Stück wurden von 1990 bis 1992 neu gebaut, die letzten einsitzigen gebauten Harrier aus britischer Produktion. Hinzu kamen die modernisierten GR.5 und GR.5A.

Harrier GR.7A Als GR7A wurde die erste Stufe der Umrüstung auf den Standard der GR9 bezeichnet. Sie erhielt das leistungsfähigere Rolls-Royce-Pegasus-Mk-107-Triebwerk. Das neue Triebwerk lieferte etwa 13 kN mehr Schub, was die Zuladung vor allem unter extremen klimatischen Bedingungen, wie sie zum Beispiel in Afghanistan vorherrschen, erhöhte und die Kosten für die Einsätze reduzierte (geringere Wartung, Landung ohne Abwurf nicht benutzter Waffen). 40 GR.7 wurden derart umgebaut.

Harrier GR.9 Beim GR.9-Standard wurde die Avionik verbessert und es konnten neue Waffen benutzt werden. Dieses Upgrade (auch als Integrated Weapons Programme, IWP bezeichnet) erlaubte den Harriern den Einsatz von präzisionsgelenkter Munition und Avionik mit neuer Trägheits- und GPS-Navigation (INS/GPS) und Nutzung des Sniper-Zielbehälters.

Harrier GR.9A Ehemalige GR.7A mit dem Mk-107-Triebwerk, die später in Bezug auf Avionik und Waffeneinsetzbarkeit auf den GR.9-Standard gebracht wurden, behielten dabei den Buchstaben A und wurden als GR.9A bezeichnet.

Harrier T.10 Auf Basis der TAV-8B 1994/1995 neu gebaute zweisitzige Trainerversion für die RAF, die jedoch im Gegensatz zur TAV-8B voll kampftauglich ist. 14 Stück wurden neu gebaut, die letzten überhaupt neu gebauten Harrier aus britischer Produktion.

Harrier T.12 Modernisierte T.10, die auf den GR.9-Standard gebracht wurden.

Technische Daten

Dreiseitenriss
Eine AV-8B Harrier II+ des US-Marine Corps beim Landen auf der USS Nassau (LHA-4)
KenngrößeDaten der AV-8B Harrier II+
Besatzung1
Länge14,55 m
Spannweite9,25 m
Höhe3,56 m
Flügelfläche22,18 m²
Flügelstreckung3,78
Leermasse6.764 kg
normale Startmasse
  • VTO: k. A.
  • STO: 10.728 kg
max. Startmasse
  • VTO: 9.415 kg
  • STO: 14.061 kg
Tragflächenbelastung
  • minimal (Leermasse): 305 kg/m²
  • nominal (normale Startmasse): 484 kg/m² (STO)
  • maximal (maximale Startmasse): 634 kg/m² (STO)
Tankkapazität3.430 kg bzw. 4.320 l (intern)
Kraftstoffverhältnis0,32
Antriebein Mantelstromtriebwerk Rolls-Royce Pegasus-F402-RR-408/Mk-107 mit 105,87 kN Schub
Schub-Gewicht-Verhältnis
  • maximal (Leermasse): 1,60
  • nominal (normale Startmasse): 1,01 (STO)
  • minimal (maximale Startmasse): 0,77 (STO)
Höchstgeschwindigkeit
  • Mach 0,91 auf optimaler Flughöhe
  • Mach 0,86 auf Meereshöhe
Dienstgipfelhöhe15.240 m
Einsatzradius556 km
Reichweite1.780 km

Bewaffnung

In Unterrumpfbehältern montierbare Rohrwaffen

Abwerfbare Waffen an Außenlaststationen

Bewaffnung bis zu 7000 kg an sieben Außenlaststationen unter den beiden Tragflächen und dem Rumpf

Luft-Luft-Lenkflugkörper

Luft-Boden-Lenkflugkörper

Ungelenkte Luft-Boden-Raketen

  • 4 × Raketenwerfer BAe LAU-5003 für je 19 × ungelenkte CRV-7-Luft-Boden-Raketen; Kaliber 70 mm (nur Harrier Gr.5/7/9)
  • 6 × Raketenwerfer LAU-68/69 für je 7 × ungelenkte FFAR-Luft-Boden-Raketen; Kaliber 70 mm
  • 6 × Raketenwerfer LAU-10/A für je 4 × ungelenkte Zuni-Luft-Boden-Raketen; Kaliber 127 mm

Gelenkte Bomben

  • 4 × GBU-12 Paveway II (lasergelenkte Bombe; 227 kg)
  • 4 × Raytheon „Paveway IV“ (laser-, GPS- und INS-gelenkte 227-kg-/611-lb-Gleitbombe, basierend auf einer Mk.82-Sprengbombe mit Steuerung vorn und einem Lenksatz am Heck) (nur Harrier Gr.7/9)
  • 2 × Raytheon „Paveway II+“ (laser-, GPS-gelenkte 454-kg-/1000-lb-Gleitbombe, basierend auf einer Sprengbombe Royal Ordnance MC/GP Mk.10) (nur Harrier Gr.7/9)
  • 4 × GBU-32(V)2/B „Joint Direct Attack Munitions“ (JDAM, satellitennavigationsgelenkte 454-kg-Bombe) (nur AV-8B+)
  • 4 × GBU-38/B Joint Direct Attack Munitions (JDAM, satellitennavigationsgelenkte 227-kg-Bombe) (nur AV-8B+)
  • 4 × GBU-54 Joint Direct Attack Munitions (JDAM, laser- und satellitennavigationsgelenkte 227-kg-Bombe) (nur AV-8B+)

Ungelenkte Bomben

  • 16 × Mark 82 LDGP (227-kg-/500-lb-Freifallbombe)
  • 7 × Royal Ordnance MC/GP Mk.20 (540-lb-/245-kg-Freifallbombe mit Airburst-Zünder) (nur Harrier Gr.5/7/9)
  • 6 × Mk 83 LDGP (454-kg-/1000-lb-Freifallbombe)
  • 6 × Royal Ordnance MC/GP Mk.10 (454-kg-/1000-lb-Freifallbombe) (nur Harrier Gr.5/7/9)
  • 10 × Mk.77 Mod 2 (230-kg-/500-lb-Napalm-Brandbombe)
  • 10 × Mark 20 „Rockeye II“ (CBU-100, 222-kg-/490-lb-Anti-Panzer-Streubombe mit 247 Mk.118-Bomblets)
  • 6 × Hunting Engineering BL755 (264-kg-Panzerbekämpfungs-Streubombe mit 7 × 21 Bomblets)

Zusatzbehälter

Nutzer

Nutzerstaaten

Spanische Harrier II
Italien Italien
Marina Militare
16 AV-8B+ / 2 TAV-8B Harrier II
Spanien Spanien
Armada Española
20 EAV-8B+ / EAV-8B Night Attack / 1 TAV-8B Matador
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
United States Marine Corps
161 AV-8B Day Attack
66 AV-8B Night Attack
116 AV-8B+ (42 neue und 74 modifizierte Day-Attack-Maschinen)
22 TAV-8B Harrier II

Frühere Nutzer waren:

Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Royal Air Force (plus Royal Navy)
Details zu den beschafften Luftfahrzeugen siehe im Abschnitt zu den britischen Varianten weiter oben, die Flugzeuge wurden zunächst von der RAF beschafft und betrieben sowie später „gepoolt“.

Stationierungsorte in Deutschland

Anmerkung: Mit der Umrüstung auf die zweite Harrier-Generation wurde die Staffelstärke der Harrier Force von nominal 18 auf 12 Luftfahrzeuge reduziert.

Weblinks

Commons: AV-8B Harrier II – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christopher P. Cavas: U.S. To Buy Decommissioned British Harrier Jets (Memento vom 29. Juli 2012 im Webarchiv archive.today). Defense News, 13. November 2011.
  2. Dominic Perry: UK Harrier fleet sold as £115 million worth of spare parts. Flightglobal, 24. November 2011.
  3. Aerospace Industries Association: 1985/86 bis 1998/99 Aerospace Facts and Figures; United States General Accounting Office: GAO Report to the Secretary of Defense, February 1996: NAVY AVIATION AV-8B Harrier Remanufacture Strategy Is Not the Most Cost-Effective Option; DEPARTMENT OF THE NAVY FISCAL YEAR (FY) 1995-2003 AMENDED BUDGET SUBMISSION: Aircraft Procurement; http://www.joebaugher.com/navy_serials/thirdseries20.html; https://armada.defensa.gob.es/ArmadaPortal/page/Portal/ArmadaEspannola/buquesaeronaves/prefLang-en/01flotilla-aeronaves-aviones--029-escuadrilla-aeronaves-av-8-b-harrier-ii-plus

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of the United Kingdom.svg
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Flag of the United Kingdom (3-5).svg
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
McDONNELL DOUGLAS, BAe AV-8B HARRIER II.png
A 3-view illusation of a McDonnell Douglas/BAe AV-8B Harrrier II
YAV-8B Harrier testing a ski jump.jpg
NAS Patuxent River, Maryland: Operation Ski Jump was the test taking off of a Marine Corps YAV-8B Harrier aircraft, from a specially built ramp constructed by the Bridge Co., 8th Engineer Support Bn., 2nd Mar. Div., Fleet Marine Force, Camp Lejeune, N.C.
McDonnell Douglas EAV-8B+ Harrier II (VA.1B-27 01-917) de la 9ª Escuadrilla de la Flotilla de Aeronaves en la rampa de despegue del L-61 (34292836963).jpg
Autor/Urheber: Contando Estrelas from Vigo, España / Spain, Lizenz: CC BY-SA 2.0

El portaaeronaves "Juan Carlos I" L-61 en Vigo El portaaeronaves "Juan Carlos I" L-61, buque insignia de la Armada Española, en su visita a Vigo el 3 de junio de 2017, con ocasión del tercer centenario de la Real Compañía de Guardiamarinas.

"Juan Carlos I" L-61 aircraft carrier in Vigo

"Juan Carlos I" L-61 aircraft carrier, flagship of the Spanish Navy, in its visit to Vigo on June 3, 2017, on the occasion of the third centenary of the Royal Company of Guardiamarinas.
AV-8B Harrier on the flight deck of USS Peleliu.jpg
U.S. Marine Corps Maj. M. J. Shulte lands an AV-8B Harrier aircraft on the flight deck of the amphibious assault ship USS Peleliu (LHA 5), while under way in the Pacific Ocean.