Hans-Rosbaud-Studio

Das Hans-Rosbaud-Studio (2022)
Rückseite, links das Kammermusikstudio

Das Hans-Rosbaud-Studio ist ein nach dem Dirigenten Hans Rosbaud benanntes Gebäude auf dem Gelände des ehemaligen Südwestfunks (heute Südwestrundfunks) in Baden-Baden, das für Musikproduktionen im Hörfunkkontext sowie für öffentliche Konzerte ausgelegt ist. Es war ab 1950 die Heimstätte des SWF-Sinfonieorchesters.

Bau- und Nutzungsgeschichte

Das Sinfonieorchester des 1946 durch die französische Besatzungsmacht gegründeten Südwestfunks in Baden-Baden hatte bis 1950 seine Heimstätte im Baden-Badener Kurhaus, wo es hauptsächlich im großen Bühnensaal, gelegentlich auch im Roten Saal, spielte.[1] Anfang der 1950er Jahre erhielt der Südwestfunk auf der so genannten „Funkhöhe“ in Baden-Baden ein neues Produktions- und Sendezentrum. Zu den ersten fertiggestellten Gebäuden gehörte das im November 1950 in Betrieb genommene und am 26. November 1950 offiziell eingeweihte „Musikstudio“, in welchem fortan in zwei Studios (Studio 5 für Orchestermusik und Studio 6 für Kammermusik)[1] die Produktion und Sendung von Aufnahmen unter besten Bedingungen möglich war. Die Baukosten beliefen sich auf 500.000 Mark.[2] Das Studio 5 konnte auch für öffentliche Konzerte genutzt werden und bot Platz für 360 Personen.[1]

Unter seinen Chefdirigenten Hans Rosbaud, Ernest Bour und Kazimierz Kord produzierte das Sinfonieorchester des Südwestfunks im Studio 5 zahlreiche Aufnahmen und gab auch regelmäßig öffentliche Konzerte. Führende Vertreter der Neuen Musik wie Igor Strawinsky, Paul Hindemith, Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono präsentierten dort eigene Werke. Nach Hans Rosbauds Tod im Jahre 1962 wurde das „Musikstudio“ in „Hans-Rosbaud-Studio“ umbenannt. Mit zahlreichen Einbauten, die meist der Verbesserung der Akustik dienten, versuchte der Südwestfunk, das Studio an die sich verändernden Anforderungen großer Sinfonieorchester anzupassen. Unter seinem Chefdirigenten Michael Gielen zog das Orchester 1996 ins Konzerthaus Freiburg um. Die Räume in Baden-Baden wurden weiterhin für Aufnahmen mit Kammermusikformationen und kleineren Ensembles genutzt. Im Hans-Rosbaud-Studio wurde nicht nur klassische Musik gespielt, auch Unterhaltungsmusik wurde hier aufgenommen. Der Südwestfunk-Jazzredakteur Joachim-Ernst Berendt nutzte das Studio seit den 1950er Jahren für seine Sendereihe „Jazztime Baden-Baden“.[2] Aufgrund der leichten Holzkonstruktion des Daches war der Sendesaal nur unzureichend vor Außengeräuschen etwa durch Flugzeuge geschützt. In den letzten Jahren konnte das Hans-Rosbaud-Studio aus brandschutztechnischen Gründen nicht mehr als Versammlungsstätte genutzt werden. Wegen der verschiedenen Um- und Einbauten lehnte die Denkmalbehörde die Einstufung des Studios als Kulturdenkmal trotz seiner musikgeschichtlichen Bedeutung ab.[3]

Da der Südwestrundfunk auf der „Funkhöhe“ ein neues Medienzentrum baut, werden die in den 1950er Jahren in Pavillonstruktur erbauten alten Gebäude nach und nach abgerissen. Das Hans-Rosbaud-Studio wird bis zum Umzug ins neue Medienzentrum für Musikproduktionen genutzt. Der Abriss des Hans-Rosbaud-Studios ist für das Jahr 2024 vorgesehen.[2]

Die SWR-„Funkhöhe“ in Baden-Baden mit dem Hans-Rosbaud-Studio rechts unten (2008)

Orgel

1969 wurde im Studio 5 eine Orgel der Speyerer Orgelbauwerkstätte Wolfgang Scherpf eingebaut und in der Folge für zahlreiche Studioproduktionen genutzt, unter anderem mit Theo Brandmüller, Ludwig Doerr, Heidi Emmert, Hans-Ola Ericsson, Edgar Krapp, Odile Pierre, Helmuth Rilling, Almut Rößler, Gisbert Schneider, Franz Lehrndorfer und Gerhard Weinberger. Im Herbst 2020 wurde das Instrument abgebaut und nach Schüttdorf im österreichischen Pinzgau verbracht,[4] wo es in der Pfarrkirche St. Pius wieder aufgebaut wurde, um 500 der einst 1700 Pfeifen reduziert.[5]

Die Disposition lautete wie folgt:

I Hauptwerk
Principal8′
Rohrflöte8′
Oktave4′
Waldflöte2′
Oktave1′
Mixtur 5fach2′
Trompete8′
II Schwellwerk
Gedackt8′
Quintade8′
Quintade4′
Quintade2′
Prinzipal2′
Sesquialtera 2fach223
Quinte223
Terz135
Sifflöte1′
Zimbel 2fach1′
Krummhorn16’
Krummhorn8′
Krummhorn4′
Tremulant
III Positivwerk
Metallgedackt8′
Italienisches Prinzipal4′
Holzflöte4′
Blockflöte2′
Kleinquinte113
Tremulant
Pedal
Subbass16′
Oktavbass8′
Gedackt8′
Nachthorn4′
Fagott16′

Koppeln: II-I, II-I, III-II, I-P, II-P, III-P Schleifladen, elektrische Traktur. Spieltisch: fahrbar, drei freie Kombinationen, Pedalklaviatur parallel, Traktur- und Gebläseschaltung separat

Literatur

  • Peter Kohlbecker: Das Hans-Rosbaud-Studio. In: Arbeitskreis für Stadtgeschichte Baden-Baden (Hrsg.): Aquae. Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Kurortes Baden-Baden. Ausgabe 49, Baden-Baden 2016, ISSN 0175-4858, S. 89–114.

Weblinks

Commons: Hans-Rosbaud-Studio – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Diethelm Paulussen: Strawinsky-Interpretationen 1946–1985. Ein Verzeichnis (west-)deutscher Rundfunkaufnahmen, Frankfurt am Main (Selbstverlag), S. 103.
  2. a b c Diemut Roether: 'Der Klang der Moderne. Das Hans-Rosbaud-Studio in Baden-Baden epd medien 49/20 vom 4. Dezember 2020. Abgerufen am 5. Februar 2021.
  3. Bernd Kappler: Rosbaud-Studio des SWR in Baden-Baden wird abgerissen. In: Badische Neueste Nachrichten. 21. März 2021, abgerufen am 26. Januar 2022.
  4. SWR-Rundfunkorgel übersiedelt in den Pinzgau Website des ORF vom 19. Oktober 2020. Abgerufen am 5. Februar 2021
  5. Franziska Kiedaisch: Vor dem Vergessen gerettet. In: Badisches Tagblatt, 25. Januar 2022.

Koordinaten: 48° 44′ 54,9″ N, 8° 13′ 23,5″ O

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Autor/Urheber: Rainer Lück http://1RL.de, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Gebäude des Südwestrundfunks in Baden-Baden vom Fremersberg gesehen. Links das Haus des Fernsehens (teilweise hinter dem Hügel verdeckt), in der Mitte das Haus des Hörfunks, ganz rechts das Hans-Rosbaud-Studio.
Hans-Rosbaud-Studio-20220218 124910.jpg
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Das Hans-Rosbaud-Studio in Baden-Baden, Rückseite
Hans-Rosbaud-Studio-20220218 124424.jpg
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Das Hans-Rosbaud-Studio in Baden-Baden