Gustav Felix Flatow

Gustav Felix Flatow
Gedenktafel in Berlin-Kreuzberg für Alfred und Gustav Felix Flatow

Gustav Felix Flatow (* 7. Januar 1875 in Berent, Westpreußen; † 29. Januar 1945 im KZ Theresienstadt) war ein deutscher Gerätturner und Olympiasieger.

Leben

Flatow absolvierte nach dem Schulbesuch zwischen 1890 und 1893 eine kaufmännische Ausbildung in Berlin. Anschließend war er bis 1899 kaufmännisch tätig.

Flatow war dort ab 1893 Mitglied des Turnvereins 1850. Bei den Olympischen Sommerspielen 1896 in Athen nahm er als einer von zehn deutschen Turnern ebenso wie sein Cousin Alfred Flatow teil und siegte im Mannschaftswettbewerb (dafür erhielt er die Silber-Medaille, Gold gab es erst ab 1904) am Barren und am Reck. Flatow konnte diesen Erfolg bei den Olympischen Sommerspielen 1900 in Paris jedoch nicht wiederholen und zog sich völlig aus dem Sport zurück, um sich der Leitung der 1899 durch ihn übernommenen Textilfirma Edmond Leon zu widmen. Zudem war er ab 1925 an der holländischen Textilfirma „Brandel“ in Rotterdam beteiligt und begründete im Verlauf der späteren 1930er Jahre eine eigene Textilfirma.

Infolge der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 emigrierte Flatow, der Jude war, in die Niederlande. Dort konnte er sich nach der deutschen Besetzung 1940 zunächst vor den Nationalsozialisten verbergen. Zu Silvester 1943 wurden er, seine Frau und sein Sohn jedoch verhaftet und im Februar 1944 in das KZ Theresienstadt deportiert,[1] in dem sein Cousin Alfred Flatow bereits 1942 ums Leben gekommen war. Wegen seiner sportlichen Erfolge und Bekanntheit wurde Flatow in Theresienstadt als „Prominenter“ geführt,[2] der unter anderem zusätzliche Lebensmittelrationen erhielt.[3] Trotz dieser in Theresienstadt vergleichsweise bevorzugten Versorgung[4] magerte Gustav Flatow um 20 kg ab und starb im Januar 1945.

Bei der Verhaftung der Familie gelang es der Tochter Anni (Amalie Beatrice Sara) Flatow, zu entkommen und in Bennekom unterzutauchen. Dort verliert sich ihre Spur. Da sie sich mehrfach aus dem Versteck entfernt hatte, wird vermutet, dass sie entweder von Angehörigen des Widerstandes umgebracht und ihr Leichnam an unbekannter Stelle vergraben wurde, da sie die zahlreichen anderen Untergetauchten in Bennekom durch ihr Verhalten in Gefahr brachte, oder dass sie von Angehörigen des SD auf der Flucht erschossen wurde. Ihre Mutter Margarete und ihr Bruder Stefan, die den Holocaust überlebt hatten, setzten nach dem Krieg vergeblich alle Hebel in Bewegung, um Informationen über ihr Schicksal zu erhalten.[5]

Erinnerung an Gustav Flatow

Die Urne von Gustav Flatow wurde 1986 von Journalisten entdeckt und im heutigen Terezín beigesetzt.

Alfred und Gustav Felix Flatow auf einer bundesdeutschen Briefmarke

1997 ehrte die Stadt Berlin Alfred und Gustav Flatow, indem sie die Reichssportfeldstraße in der Nähe des Olympiastadions in Flatowallee umbenannte. Dieser Umbenennung waren jahrelange Auseinandersetzungen vorausgegangen.[6] Auf der Lohmühleninsel am Landwehrkanal im Ortsteil Kreuzberg erinnert ferner die Flatow-Sporthalle mit ihrem Namen und mit einer Gedenktafel an die beiden Flatows. Die Deutsche Post AG gab zum 100-jährigen Jubiläum der Olympischen Spiele eine Serie mit vier Briefmarken heraus; eine davon zeigt Gustav und Alfred Flatow.

In Berlin-Köpenick trägt die sportbetonte Flatow-Oberschule den Namen der beiden Cousins. Im Jahr 1989 wurde er in die International Jewish Sports Hall of Fame aufgenommen.[7]

Vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Berlin-Charlottenburg, Schlüterstraße 49, wurden am 24. Juli 2012, Stolpersteine für ihn und seine Familie verlegt. Auch ein Stein für die Tochter Anni Flatow wurde dort verlegt.[8]

Gedenken an der Schlüterstr. 49

Literatur

  • Lorenz Peiffer: Von Olympiasiegern zu „Reichsfeinden“ – Die Cousins Alfred und Gustav Felix Flatow, in: Diethelm Blecking, Lorenz Peiffer (Hrsg.) Sportler im „Jahrhundert der Lager“. Profiteure, Widerständler und Opfer. Göttingen : Die Werkstatt, 2012, S. 255–261

Weblinks

Commons: Gustav Felix Flatow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ad Nooij: Een ondergedoken Jodin verdwijnt spoorloos in Bennekom. (Nicht mehr online verfügbar.) Historische Vereniging Oud-Bennekom, S. 13, archiviert vom Original am 6. Oktober 2016; abgerufen am 6. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oudbennekom.nl
  2. Axel Feuß: Das Theresienstadt-Konvolut, 2002 Hamburg, S. 27.
  3. https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/stolpersteine/artikel.179295.php
  4. cf. Anna Hájková: The Last Ghetto. An Everyday History of Theresienstadt, 2020 Oxford, S. 100 ff.
  5. Ad Nooij: Een ondergedoken Jodin verdwijnt spoorloos in Bennekom. (Nicht mehr online verfügbar.) Historische Vereniging Oud-Bennekom, S. 13–20, archiviert vom Original am 6. Oktober 2016; abgerufen am 6. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oudbennekom.nl
  6. Reichssportfeldstraße heißt ab heute Flatowallee: Charlottenburg erinnert an zwei Olympiasieger. In: berliner-zeitung.de. 6. Oktober 2016, abgerufen am 6. Oktober 2016.
  7. Gustav Flatow in der International Sports Hall of Fame
  8. Stolpersteine in Berlin – Orte & Biografien der Stolpersteine in Berlin. In: stolpersteine-berlin.de. 13. September 2012, abgerufen am 6. Oktober 2016.

Auf dieser Seite verwendete Medien

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Briefmarke der Deutschen Post AG von 1995 (Michel-Nr.1864). Auflage:2.925.000
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Autor/Urheber: Georg Slickers, Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Berlin-Kreuzberg, Deutschland – Alfred- und Gustav-Felix-Flatow-Gedenktafel an der Flatow-Sporthalle auf der Lohmühleninsel; platziert im Rahmen des Kreuzberger Antifaschistischen Gedenktafelprogramms (Bild bearbeitet: gedreht)