Guodezi

Guodezi (GVODEZI) ist ein in einem Diplom von König Heinrich III. vom 22. September 1045 erwähnter Burgward.[1]

Mit dieser in Quedlinburg[2] ausgestellten Urkunde[3] wurden durch Fürsprache des Markgrafen Ekkehard II. von Meißen dessen Dienstmann, dem „miles“ Jarmir (IARMIR), drei königliche Güter in oder um Scutropei (SCVTROPEI) im Burgward Guodezi (in burchwardo GVODEZI) übereignet.[4]

Am wahrscheinlichsten war Guodezi der Burgward Chutizi, in der Grafschaft Ekkehards“. Weniger wahrscheinlich sind die Identifizierungen mit dem Burgward Woz im Gau Nisan (Niederwartha), mit dem Burgward Chotiza (Schkeuditz) und dem Burgward Großenhain. Möglicherweise ist Guodezi mit keinem der vier vorgeschlagenen Burgwarde identisch.

Identifizierungen

Burgward Chutizi

Der Codex diplomaticus Saxoniae regiae identifiziert Guodezi mit dem Burgward „Chutizi, in der Grafschaft Ekkehards“[5]. Zur gleichen Ansicht gelangte auch Leo Bönhoff[6]. Ekkehard II. von Meißen war vor seinem Markgrafenamt, welches er ab 1038 bekleidete, lange Zeit Graf im Gau Chutizi und im Burgward Teuchern. Im Gau Chutizi (auch: Gudici) ist er bereits im Jahre 1009 als Graf nachgewiesen.

Burgward Woz

Andere Historiker[7] setzen Guodezi mit dem Burgward Woz (Wosice) gleich, der jetzt überwiegend bei den teilweise noch slawischen Wallanlagen auf dem Burgberg Niederwartha lokalisiert wird. Allerdings setzt die übrige urkundliche deutsche Überlieferung in diesem Raum erst rund hundert Jahre später mit einem Fälschungskomplex zu 1139/1143 (F 1071 A und B[8], F 1091[9]), einer (ebenfalls zweifelhaften) Papsturkunde von 1140[10] und einer Königsurkunde von 1144[11] ein. In der modernen Forschung wird Woz oft mit der böhmischen Burg Gvozdec (nahe Meißen) identifiziert. Noch Ende des 11. Jahrhunderts und auch 1123 befand sich nach dem Chronisten Cosmas von Prag die Burg Gvozdec in böhmischer Hand.[12] Ein Übergang des Burgberges Niederwartha in deutsche Herrschaft ist erst nach der böhmischen Abtretung des Gaues Nisan durch Herzog Vladislav II. an den deutschen König Konrad III. im Jahre 1142 denkbar.[13] Eine deutsche Vergabe von Gütern im Raum Niederwartha im Jahre 1045 ist daher sehr unwahrscheinlich und deutet auf eine Lokalisierung von Guodezi erheblich weiter westlich hin, wie die anderen Autoren auch annehmen (Chutizi, Schkeuditz, Großenhain).

Burgward Schkeuditz

Gustav Hey[14] identifizierte den Burgward Guodezi mit dem Burgward Schkeuditz, 1028 Chotiza[15] (bei Thietmar Scudici)[16].

Scutropei identifizierte Gustav Hey mit dem an Schkeuditz grenzenden Altscherbitz (alte Schreibweise [1322] Scerwiz[17] aus Scerobec[18]).

Burgward Großenhain

Gustav Hey widerlegte in seiner Arbeit die Ansicht des Lokalpatrioten Schuberth aus Großenhain, der Guodezi mit Großenhain und Scutropei mit Skaup bei Großenhain (heute eingemeindet) identifiziert hatte. Schuberth nahm einen Schreibfehler an und verbesserte in Scuptropei in burgwardo Guozdezi (Skaup-tropp oder Skaupdorf, kurz Skaup bei Guozdec-Großenhain)[19].

Letztlich kann eine Identifizierung anhand der einen Urkunde von 1045 nicht schlüssig genug erfolgen, so dass auch diese eher unwahrscheinliche Lokalisierung im Rahmen des Möglichen liegt.

Literatur

  • Leo Bönhoff: Der Gau Nisan in politischer und kirchlicher Beziehung. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte. Bd. 36, 1915, S. 177–211.
  • Reinhard Spehr, Herbert Boswank: Dresden. Stadtgründung im Dunkel der Geschichte. Verlag D. J. M., o. O. [Dresden] 2000, ISBN 3-9803091-1-8.
  • Manfred Kobuch, André Thieme: Die Landschaft Nisan vom 10. bis 12. Jahrhundert – Siedlung, Herrschaft, Kirche. In: Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hrsg. v. Karlheinz Blaschke. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1906-0, S. 63–87.
  • Karlheinz Hengst: Plädoyer für eine gesamtinhaltliche Auswertung von bestimmten Urkunden durch die Namenforschung – Zwei Urkunden aus dem 11./12. Jahrhundert und ihre Aussagen zu Namen und Geschichte in der Mark Meißen. In: Deutsche Gesellschaft für Namenforschung (GfN). Philologische Fakultät der Universität Leipzig: Susanne Baudisch, Angelika Bergien, Albrecht Greule, Karlheinz Hengst, Dieter Kremer, Dietlind Kremer, Steffen Patzold (Hrsg.): Namenkundliche Informationen. (NI) 109/110 Schwerpunktthema Namen in Europa. Onomastische Beiträge aus Geschichte und Gegenwart im kulturellen Kontext. (= Festgabe für Dieter Kremer und Albrecht Greule. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Namenforschung e.V.), Leipziger Universitätsverlag 2017, ISBN 978-3-96023-186-8, S. 325–351.

Anmerkungen

  1. CDS I A 1, Nr. 99: Omnium dei: nostrique fidelium tam futurorum quam presentium sollers industria noverit, qualiter nos ob amorem et peticionem ECHEHARDI marchionis nostri fidelis cuidam militi suo scilicet IARMIR dicto in villa SCVTROPEI, si inibi fieri possit, sin autem in proximis locis tres regales mansos in burchwardo GVODEZI nec non in comitatu prenominati marchionis sitos in proprium tradidimus.
  2. Heinrichs Tochter Beatrix I. war seit 1044 Äbtissin der Stifte Gandersheim und Quedlinburg.
  3. [RIplus] Regg. Heinrich III. n. 146, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/cdedf645-bf14-4556-958f-2508f7efd8ea (Abgerufen am 18. Oktober 2018).
  4. MGH DH III. n. 146
  5. CDS I A 1, S. 397.
  6. Bönhoff: Der Gau Nisan in politischer und kirchlicher Beziehung., 1915, S. 182f, 194f.
  7. u. a. Spehr, Dresden. Stadtgründung im Dunkel der Geschichte. 2000, S. 173 und Anm. 36, S. 173.; Kobuch/Thieme: Die Landschaft Nisan vom 10. bis 12. Jahrhundert, 2005, S. 80; Hengst: Plädoyer für eine gesamtinhaltliche Auswertung von bestimmten Urkunden durch die Namenforschung, 2017, S. 329.
  8. Haec Benno decimus Misinensis ecclesiae episcopus scripsit et sigilli sui impressione signatum corroboravit. Ista sunt nomina villarum, quas Bor et filii eius in concambium dederunt Wighardus et Liuthegerus Misinensis ecclesiae sine werra et omni contradictione: Gozebudi, Oicice, Grodice, Cinici, Luderuwice. CDS II 1, Nr. 32, S. 37; Luderuwice fehlt in Nr. 32 B.
  9. sex villas, unam in provincia Nisani in burgwardo Wosice, que vocatur Mocozice, quinque in regione Milce, quatuor ex his in burgwardo Schizani, quintam Posarice vocitatam Misinensi aecclesiae in proprium tradidimus. In: CDS I A 1, Nr. 166, angeblich am 17. Mai 1091 in Mantua (Italien) ausgestellt.
  10. Ernst Gotthelf Gersdorf: Urkundenbuch des Hochstifts Meißen Teilband 1: 962–1356 (= Codex diplomaticus Saxoniae regiae. 2. Hauptteil / 1), Giesecke & Devrient, Leipzig 1864, S. 49: P. Innocenz II. bestätigt der Stiftskirche alle Rechte und Besitzungen, namentlich die Erwerbungen von fünf Dörfern in der Provinz Nisanen durch Schenkung eines slawischen Edlen Namens Bor.
  11. CDS II 1, Nr. 48.
  12. zu 1087 [um 1125]: Gvozdek (Cosmas II 39); zu 1088 [um 1125]: Gvozdec (Cosmas II 40); 1123 (ad a. 1123): Guozdec (Cosmas III 53)
  13. Neben der Zahlung einer versprochenen Geldsumme trat Herzog Vladislav damals als Dank für die erhaltene Unterstützung auch einige aus dem Erbe des 1135 verstorbenen Heinrich von Groitzsch (wieder) an die Přemysliden gelangte Güter … wie den Gau Nisan und die Landschaft um Bautzen an Konrad ab. vgl. RI IV,1,2 n. 250, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1142-06-07_4_0_4_1_2_251_250 (Abgerufen am 2. Januar 2019).
  14. Oberlehrer Dr. (Karl Friedrich) Gustav Hey in Döbeln (* 2. Januar 1847 in Penig; † 15. August 1916 in Döbeln).
  15. CDS I, 1, 290.
  16. Gustav Hey: Die Feste Gvozdec bei Meißen. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde. Elfter Band. Dresden 1890. S. 11: [...] bei Thietmar Scudici, 1028 Chotiza [...] ; auch der hiernach benannte Gau heißt Scuntiza, Schutizi, Scudizi u. s. w.
  17. Scherbitz, Alt- im Historischen Ortsverzeichnis Sachsen.
  18. Gustav Hey: Die Feste Gvozdec bei Meißen. S. 12: Scutropei aber lautet pol. Szczodroby, olw. Scedroby (Personenname. 'Freigebig'), und ist, verwandelt in Scedrobec, Scerobec, das heutige an Schkeuditz grenzende Alt-Scherbitz.
  19. Gustav Hey: Die Feste Gvozdec bei Meißen. S. 11.