Gunter Schoß

Gunter Schoß (* 2. Dezember 1940 in Berlin) ist ein deutscher Schauspieler, Moderator, Synchron- und Hörspielsprecher.

Leben

Gunter Schoß, Sohn eines Kaufmanns und einer Kontoristin, wuchs mit seinem älteren Bruder in Berlin-Köpenick auf.[1] 1958 schloss er sein Abitur ab, bevor er von 1959 bis 1961 zunächst eine Lehre als Werkzeugmacher im VEB Schnitt- und Formenbau Köpenick.[1] Im Anschluss begann er ein Studium im Flugzeugbau an der TU Dresden, das wenige Monate später aufgrund der Auflösung der Dresdner Fakultät Flugzeugbau endete.[1] 1962 flüchtete sein Bruder nach West-Berlin.[1] 1962 übte er eine Tätigkeit als Werkzeugmacher im VEB Schreibfedernfabrik Berlin aus.[1] Parallel war er als Schauspieler im Arbeitertheater für deutsch-sowjetische Freundschaft tätig, was in ihm den Berufswunsch des Schauspielers erweckte.[1] Von 1962 bis 1965 absolvierte er seine Schauspielausbildung im Nachwuchsstudio des Deutschen Fernsehfunks, die er mit der staatlichen Bühnenreifeprüfung abschloss.[2][3]

Seit 1987 ist er mit der Szenenbildnerin Gabriele Schoß-Jansen (* 1951)[4] verheiratet und hat mit ihr zwei Töchter. Schoss lebt in Berlin-Niederschönhausen.

Karriere

Film und Fernsehen

Sein Filmdebüt gab Schoss 1964 unter der Regie von Christian Steinke in der Titelrolle des Egon Brümmer in dem DEFA-Liebesfilm Egon und das achte Weltwunder, der auf dem gleichnamigen Jugendbuch von Joachim Wohlgemuth basiert. Steinke besetzte ihn 1966 neben Ursula Staack mit Oben fährt der große Wagen in einem weiteren Liebesfilm in der Hauptrolle. Es folgten mehrere Film- und Fernsehproduktionen bei der DEFA und des DFF, in denen er sich zu einem gefragten Charakterdarsteller etablierte. 1967 agierte er in der Hauptrolle in dem Experimentalfilm DEFA 70 in 70-mm-Technik von Werner Bergmann. Horst Zaeske besetzte ihn 1968 in dem Science-Fiction-Dreiteiler Stunde des Skorpions neben Otto Mellies in der Hauptrolle des IKOM-Mitarbeiter Pit Wendel. 1971 spielte Schoß in der dreiteiligen Filmbiografie Artur Becker, welche die Lebensgeschichte des titelgebenden Kommunisten und Widerstandskämpfers Artur Becker thematisierte, den Faschisten Ingo Pahl. In Kurt Jung-Alsens vierteiliger Literaturverfilmung Die Bilder des Zeugen Schattmann, die auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Peter Edel basiert, übernahm er 1972, an der Seite von Renate Blume, die Hauptrolle des Geltungsjuden Frank Schattmann. In dem sechsteiligen Fernsehfilm Sachsens Glanz und Preußens Gloria verkörperte er 1985 die Rolle des sächsisch-polnischen Ministers Aleksander Józef Sułkowski. Zwischen 1977 und 1987 übernahm er zudem mehrfach Gastrollen in der Fernsehreihe Der Staatsanwalt hat das Wort.

Im wiedervereinigten Deutschland konnte Schoß nahtlos an seine Laufbahn in der DDR anknüpfen. Von 1994 bis 2013 zählte er als Kriminalinspektor Günther Zorn zur Stammbesetzung der ZDF-Samstagskrimireihe Rosa Roth mit Iris Berben in der Titelrolle. Eine weitere feste Serienrolle neben Robert Atzorn als Herr Fink hatte er von 1995 bis 1996 in der ZDF-Familienserie Unser Lehrer Doktor Specht. In dem dokumentarischen Fernsehfilm Abgehauen, der nach den Tagebüchern des Schauspielers Manfred Krug tatsächliche Ereignisse schildert, die auf die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR folgten, spielte er 1998 die Rolle des Regisseur und späteren DEFA-Generaldirektor Hans Dieter Mäde. Von 1998 bis 1999 hatte er in der Sat.1-Fernsehserie Fieber – Ärzte für das Leben die Rolle des Professor Mannhardt inne. In der ersten und zweiten Staffel der ARD-Krankenhausserie In aller Freundschaft war Schoß im Jahr 1999 als Gynäkologie-Chefarzt Dr. Thomas Straub in einer der Hauptrollen zu sehen. Seit 2006 verkörpert er als ehemaliger Zoodirektor und Kurator Georg Baumgart, zusammen mit Ursela Monn, die Eltern der von Elisabeth Lanz gespielten Titelrolle in der Fernsehserie Tierärztin Dr. Mertens. Bereits 2002 spielte er im gleichnamigen Film von Karola Hattop den Vorgänger der Tierärztin beziehungsweise Vorgesetzten, den Zootierarzt Dr. Vogel. In der ZDF-Familienserie Der Landarzt übernahm er neben Wayne Carpendale von 2009 bis 2013 die Rolle des Professor Dr. Heinrich Bergmann.

Neben festen Serienrollen übernahm Schoß wiederholt Gastauftritte in verschiedenen Fernsehserien und -reihen, u. a. in Tatort, Polizeiruf 110, Ein Fall für zwei, Derrick, Edel & Starck und Der letzte Zeuge an der Seite von Ulrich Mühe.

Von 2007 bis 2011 moderierte Schoß das MDR-Geschichtsmagazin Barbarossa und von 1999 bis 2015 die Dokumentationsreihe Geschichte Mitteldeutschlands.[5][3]

Synchronisation und Sprechertätigkeit

Gunter Schoß betätigt sich umfangreich als Sprecher von Hörspielen und Hörbüchern und im Bereich der Synchronisation. Im Jahr 1995 erhielt er für seine Sprecherrolle in der Dokumentation Drei Stunden Güstrow den Adolf-Grimme-Preis (zusammen mit Michael Krull). Nach dem Tod von Joachim Nottke im Jahr 1998 übernahm Schoß dessen Part als Erzähler in Kinderhörspielen, unter anderem in Benjamin Blümchen, Bibi und Tina und Bibi Blocksberg.

Als Synchronsprecher lieh Schoß mit seiner markanten Bassstimme unter anderem Donald Sutherland (Stolz und Vorurteil), F. Murray Abraham (Star Trek: Der Aufstand), Sam Elliott (The Big Lebowski), Robert Forster (Jackie Brown), Steven Williams (Akte X) und Frank Langella (Die Bibel – Moses) seine Stimme. Er ersetzte im ersten deutschen Trailer für Der Hobbit: Eine unerwartete Reise den 2006 verstorbenen Synchronsprecher von Gandalf, Joachim Höppner.[6]

Darüber hinaus tritt Schoß regelmäßig als Off-Sprecher in Fernsehdokumentationen und Reportagen in Erscheinung, darunter zahlreiche Dokumentarfilme der öffentlich-rechtlichen Sender zur Aufarbeitung deutscher Geschichte wie Ilse Koch – Die Hexe von Buchenwald (MDR, 2012).

Filmografie

Spielfilme

  • 1964: Egon und das achte Weltwunder
  • 1965: Abgelegt unter M
  • 1965: Ballade vom roten Mohn
  • 1966: Der arme Konrad
  • 1966: Geheimkommando Bumerang (Dreiteiler)
  • 1966: Oben fährt der große Wagen
  • 1967: DEFA 70
  • 1967: Die Räuber
  • 1967: Zwei Engel steigen aus
  • 1968: Treffpunkt Genf
  • 1968: Geheimkommando Ciupaga (Dreiteiler)
  • 1968: Geheimkommando Spree (Zweiteiler)
  • 1968: Die Toten bleiben jung
  • 1968: Nebeští jezdci (CSSR, erst 1990 dort unaufgeführt)
  • 1968: Stunde des Skorpions (Dreiteiler)
  • 1969: Nebelnacht
  • 1969: Geheime Spuren (Dreiteiler)
  • 1969: Genosse Vater
  • 1969: Sankt Urban (Vierteiler)
  • 1970: Heiner Fink
  • 1971: Artur Becker (Dreiteiler)
  • 1972: Die Bilder des Zeugen Schattmann (Vierteiler)
  • 1972: Aller Liebe Anfang (Dreiteiler)
  • 1974: Ein Freudenfeuer für den Bischof
  • 1974: Somow und andere
  • 1977: Goldene Zeiten – feine Leute (Zweiteiler)
  • 1978: Clavigo
  • 1978: Caballero in geborgtem Frack
  • 1979: Das Friedensfest
  • 1980: Die Heimkehr des Joachim Ott
  • 1981: Suturp – Eine Liebesgeschichte
  • 1981: Morgen werde ich einen Sombrero tragen
  • 1982: Sternengucker und Fransenprofessor
  • 1983: So wie du lebst
  • 1984: Bockshorn
  • 1984: Die Witwe Capet
  • 1985: Das zweite Leben des Dr. Gundlach
  • 1985: Sachsens Glanz und Preußens Gloria (Sechsteiler)
  • 1987: Märztage in Berlin
  • 1987: Die Alleinseglerin
  • 1987: Berlin – Brüderstraße 13 (Sprecher)
  • 1987: Im Auftrag des Königs – Zwei Bildhauer in Berlin (Sprecher)
  • 1988: Ein besserer Herr
  • 1988: Eine Magdeburger Geschichte
  • 1989: Die Beteiligten
  • 1990: Alter schützt vor Liebe nicht
  • 1990: Der zerbrochne Krug
  • 1991: Der Tangospieler
  • 1991: Willkommen im Paradies
  • 1994: Das gläserne Haus
  • 1994: Liebe am Abgrund
  • 1994: Imken, Anna und Maria oder Besuch aus der Zone (Dreiteiler)
  • 1995: Mutter mit 18
  • 1995: Tödliches Leben
  • 1996: Schuldig auf Verdacht
  • 1996: Tödliches Schweigen
  • 1996: Ein tödliches Vergehen
  • 1997: Der Doppelgänger
  • 1997: Ein Vater unter Verdacht
  • 1997: Der Kindermord
  • 1998: Der Todesbus
  • 1998: Abgehauen
  • 1998: Annas Fluch – Tödliche Gedanken
  • 1998: Freiwild
  • 1998: Natalie: Babystrich Online
  • 1999: Gefährliche Wahrheit
  • 1999: Lautloser Schrei – Eine Frau in Gefahr
  • 2000: Mutter wider Willen
  • 2000: Schwindelnde Höhe
  • 2003: Tierärztin Dr. Mertens (Film)
  • 2004: Liebe süß-sauer: Die Verlobte aus Shanghai
  • 2004: Finanzbeamte küsst man nicht
  • 2005: Liebes Spiel
  • 2006: Wir Weltmeister – ein Fußballmärchen

Fernsehserien und -reihen

Hörspiele und Hörbücher

Literatur

  • F.-B. Habel, Volker Wachter: Lexikon der DDR-Stars. Schauspieler aus Film und Fernsehen. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1999, ISBN 3-89602-304-7.
  • F.-B. Habel, Volker Wachter: Das große Lexikon der DDR-Stars. Die Schauspieler aus Film und Fernsehen. Erweiterte Neuausgabe. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-391-8.
  • F.-B. Habel: Lexikon. Schauspieler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2009, ISBN 978-3-355-01760-2.
  • Ingrid Kirschey-FeixSchoß, Gunter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Gunter Schoß (Hrsg.): Theodor Fontane. Ein Lebensbild in Anekdoten. Eulenspiegel Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-359-01397-6.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Schoß, Gunter | Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. In: bundesstiftung-aufarbeitung.de. 24. Februar 2022, abgerufen am 24. Februar 2022.
  2. Gunter Schoß – deutscher Schauspieler, Moderator und Rundfunk- und Synchronsprecher - DDR Personen. Abgerufen am 20. Juli 2024.
  3. a b Filmsterne – DEFA Sternstunden (Memento vom 12. April 2012 im Internet Archive)
  4. Gabriele Schoss-Jansen (1951–). In: berlin.museum-digital.de. 24. Februar 2024, abgerufen am 24. Februar 2024.
  5. imfernsehen GmbH & Co KG: Filmografie Gunter Schoß. 24. Februar 2024, abgerufen am 24. Februar 2024.
  6. Deutsche Synchronkartei | Sprecher | Gunter Schoß. Abgerufen am 20. Juli 2024.