Großer Preis von Italien 1924

Das Autodromo di Milano in seiner befahrenen Version.
Ein Alfa Romeo P2 im Originalzustand, hier beim Goodwood Festival of Speed 2009. 1924 feierte Alfa Romeo mit dem P2 beim Großen Preis von Italien einen Vierfachsieg

Der IV. Große Preis von Italien fand am 19. Oktober 1924 auf dem Autodromo di Milano in Monza statt. Das Rennen wurde über 80 Runden à 10,0 km ausgetragen, was der in der Internationalen Grand-Prix-Formel festgelegten Mindestdistanz für Grand-Prix-Rennen von 800,0 km entsprach. Teilnahmeberechtigt waren Werksmannschaften mit Rennwagen bis 2 Liter Hubraum und einem Mindestgewicht von 650 kg.

Sieger wurde Antonio Ascari auf einem Alfa Romeo P2.

Rennen

Ursprünglicher Termin für den Großen Preis von Italien war der 7. September, aber nachdem sowohl Fiat (wegen Verletzungen der Fahrer Bordino und Salamano) als auch Mercedes während des bereits laufenden Trainings seine Wagen zurückzog, wurde das Rennen auf den 19. Oktober verschoben. Dennoch blieb Fiat dem Rennen fern, nachdem in der Zwischenzeit Firmeninhaber Giovanni Agnelli als Konsequenz des enttäuschenden Abschneidens im französischen Grand Prix und des ständigen Personalabgangs zu anderen Herstellern den Rückzug verordnet hatte. Hauptärgernis war insbesondere der Wechsel der beiden Ingenieure Vittorio Jano und Gioacchino Colombo zu Alfa Romeo, die dort mit dem kompressorgeladenen Alfa Romeo P2 prompt ein absolutes Siegermoell auf die Räder gestellt hatten. Das Mailänder Werk schickte vier Wagen mit Antonio Ascari, Giuseppe Campari, Louis Wagner und Ferdinando Minoia als Fahrer zu seinem Heimrennen an den Start.

Mit Delage und Bugatti hatten auch die beiden führenden französischen Teams wieder einmal auf die Anreise nach Italien verzichtet, dagegen war Deutschland mit der Traditionsmarke Mercedes zum ersten Mal nach dem Ersten Weltkrieg wieder bei einem Grand-Prix-Rennen vertreten. Ferdinand Porsche hatte mit dem Mercedes M218 einen ebenfalls aufgeladenen Reihenachtzylinder entwickelt, der den Alfa Romeo in der Motorleistung und Drehzahlfestigkeit sogar übertraf. Dagegen erwies sich sein Bestreben, beim Chassisbau die Fahrzeugmasse möglichst innerhalb des Radstands zu konzentrieren, als problematisch. Auch nach längerer Entwicklungszeit – die Teilnahme am Rennen war überhaupt nur durch die Terminverschiebung möglich geworden – war das Fahrverhalten nach wie vor nicht optimal. Die Mercedes-Fahrer waren Christian Werner, Alfred Neubauer, Giulio Masetti und Louis Zborowski. Aufgefüllt wurde das 12 Teilnehmer starke Feld schließlich durch je zwei Wagen von Chiribiri und des Schweizer Motorenherstellers Schmid, letztere mit ventillosen Sechszylindern eigener Konstruktion, die in Rolland-Pilain-Chassis aus dem Vorjahr eingebaut worden waren. Ohne Kompressoraufladung konnten beide Hersteller im Rennen aber keine Rolle spielen.

Nach dem Start, für den die Positionen wie üblich zuvor ausgelost worden waren – übernahm Ascari auf Alfa Romeo sofort die Führung, die er bis zum Rennende nicht mehr abgab. Hinter ihm hatte sich zunächst Mercedes-Fahrer Masetti eingereiht, wurde jedoch nach und nach von den drei weiteren Alfa Romeos überholt, bevor er zur Rennmitte sogar noch mit leerem Tank aussteigen musste. Kurze Zeit später würde das Rennen für Mercedes endgültig zur Tragödie, weil Zborowski beim Versuch, auf die Alfa Romeos Boden gut zu machen, wegen der schlechten Straßenlage seines Wagens in der Lesmo-Kurve von der Strecke abkam und beim Aufprall gegen einen Baum tödlich verunglückte. Aus Respekt vor dem Verunglückten zog Mercedes daraufhin wenig später die verbliebenen zwei Wagen von Werner und Neubauer ebenfalls noch aus dem Rennen zurück, so dass Alfa Romeo zu einem absolut ungefährdeten Vierfachsieg für Ascari, Wagner, Cesare Pastore – der als Ersatzfahrer Campari zwischenzeitlich am Steuer abgelöst hatte – und Minoia kam. Der Vorsprung des Siegers auf Jules Goux auf dem Schmid, dem ersten Fahrer eines anderen Fabrikats, betrug unglaubliche 68 Minuten – mehr als jemals zuvor oder danach wieder bei einem Grand-Prix-Rennen erzielt wurde. Mit Goux’ Stallgefährten Giulio Foresti und einem Chiribiri mussten schließlich zwei Wagen noch weitere 30 Minuten einsam ihre Runden drehen – das Feld wurde bei der Zieldurchfahrt des Siegers damals häufig noch nicht direkt abgewunken, sondern die Teilnehmer mussten die volle Rundenzahl komplettieren, um gewertet zu werden.

Ergebnisse

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Italien 1861 SA Ital. Ing. Nicola Romeo01Italien 1861 Antonio AscariAlfa Romeo P2 8C/2000Alfa Romeo 2.0L I8 KompressorP
05Italien 1861 Giuseppe Camparia
09Frankreich Louis Wagner
11Italien 1861 Ferdinando Minoia
Italien 1861 Bruno PresentiRES
Deutsches Reich Daimler-Motoren-Gesellschaft02Deutsches Reich Christian WernerbMercedes 2-l-8-Zylinder-RennwagenMercedes M218 2.0L I8 KompressorC
06Deutsches Reich Alfred Neubauerc
10Italien 1861 Giulio Masetti
12Vereinigtes Konigreich Louis Zborowski
Deutsches Reich Richard SailerRESdMercedes Modell Targa Florio 1924Mercedes 2.0L I4 Kompressor
Deutsches Reich Otto MerzRES
Deutsches Reich Rudolf CaracciolaRES
Schweiz Schmid Automobiles03Frankreich Jules GouxRolland-Pilain A22 Grand PrixSchmid 2.0L I6M
07Italien 1861 Giulio Foresti
Italien 1861 Fabbrica Torinese Velivoli Chiribiri & C.04Italien 1861 Alete MarconciniChiribiri 12/16 GP „Monza“Chiribiri 1.5L I4
08Italien 1861 Giovanni Cirio („Nino“)
a Während des Rennens vorübergehend durch Presenti am Steuer abgelöst.
b Während des Rennens durch Sailer am Steuer abgelöst.
c Während des Rennens vorübergehend durch Merz am Steuer abgelöst.
d Auto nur im Training eingesetzt; nicht offiziell zum Rennen gemeldet.

Startaufstellung

Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der Startnummern besetzt.

Dritte Französische Republik GouxDeutsches Reich WernerItalien 1861 Ascari
Deutsches Reich NeubauerItalien 1861 CampariItalien 1861 Marconcini
Dritte Französische Republik WagnerItalien 1861 „Nino“Italien 1861 Foresti
Vereinigtes Konigreich ZborowskiItalien 1861 MinoiaItalien 1861 Masetti

Rennergebnis

Pos.FahrerKonstrukteurRundenStoppsZeitStartSchnellste RundeAusfallgrund
01Italien 1861 Antonio AscariItalien 1861 Alfa Romeo8025:02:05,0 h13:43,6 min
02Dritte Französische Republik Louis WagnerItalien 1861 Alfa Romeo802+ 16:00,0 min9
03Italien 1861 Giuseppe Campari
Italien 1861 Bruno Presenti
Italien 1861 Alfa Romeo802+ 19:54,0 min5
04Italien 1861 Ferdinando MinoiaItalien 1861 Alfa Romeo802+ 20:38,0 min11
Dritte Französische Republik Jules GouxDritte Französische Republik Schmid782NC3wegen Zeitüberschreitung abgewinkt
Italien 1861 Giulio ForestiDritte Französische Republik Schmid742NC7wegen Zeitüberschreitung abgewinkt
Italien 1861 Giovanni Cirio („Nino“)Italien 1861 Chiribiri70NC8wegen Zeitüberschreitung abgewinkt
Deutsches Reich Christian Werner
Deutsches Reich Richard Sailer
Deutsches Reich Mercedes58DNF2zurückgezogen
Deutsches Reich Alfred Neubauer
Deutsches Reich Otto Merz
Deutsches Reich Mercedes57DNF6zurückgezogen
Italien 1861 Giulio MasettiDeutsches Reich Mercedes38DNF10kein Treibstoff mehr
Vereinigtes Konigreich Louis ZborowskiDeutsches Reich Mercedes44DNF12tödlicher Unfall
Italien 1861 Alete MarconciniItalien 1861 Chiribiri22DNF4Mechanik

Literatur

  • Adriano Cimarosti: Autorennen – Die Grossen Preise der Welt – Wagen, Strecken und Piloten von 1894 bis heute, Hallwag Verlag, Bern, 1986, ISBN 3-444-10326-3
  • Paul Sheldon: A Record of Grand Prix and Voiturette Racing, Vol. 1–13, St. Leonards Press, Bradford, 1987–2002

Weblinks

Commons: Großer Preis von Italien 1924 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of Italy (1861-1946).svg
Autor/Urheber: F l a n k e r, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Flagge des Königreich Italiens (1861-1946) In einem staatlichem oder militärischem Kontext ist die Version mit der Krone zu verwenden.
Flag of Italy (1861–1946).svg
Autor/Urheber: F l a n k e r, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Flagge des Königreich Italiens (1861-1946) In einem staatlichem oder militärischem Kontext ist die Version mit der Krone zu verwenden.
Flag of Germany (3-2 aspect ratio).svg
Flagge Deutschlands mit einem Seitenverhältnis von 3:2, anstelle von 3:5. Die 3:2-Version wurde vom Deutschen Bund und der Weimarer Republik verwandt.
Flag of the United Kingdom.svg
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Flag of Switzerland within 2to3.svg
Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
Circuit Monza 1922.svg
Autor/Urheber: Readro, Lizenz: CC BY 2.5
1922 Monza track map. Modifications to original released into public domain.
1924 Alfa Romeo P2.jpg
Autor/Urheber: Brian Snelson, Lizenz: CC BY 2.0
Goodwood 2009