Grüß Gott

Ausbreitung von „Grüß Gott“
zu verschiedenen Zeitpunkten
Darstellungskarte mit den Mundarten vor dem 2. Weltkrieg
Das Verbreitungsgebiet des Grußes grüß Gott bzw. in der Schweiz grüezi / grüess-ech entspricht etwa dem des Oberdeutschen (in der Karte dunkelgelb; allerdings in Deutschland ohne das sächsische Vogtland und nur östlich der oberrheinischen Tiefebene).[1]
Das Verbreitungsgebiet der deutschen Sprache
Das Verbreitungsgebiet des Grußes grüß Gott bzw. in der Schweiz grüezi / grüess-ech entspricht etwa dem des Oberdeutschen (in der Karte grünbraun; allerdings in Deutschland ohne das sächsische Vogtland und nur östlich der oberrheinischen Tiefebene).[1]

Grüß Gott ist eine Begrüßung, seltener auch ein Abschiedsgruß im oberdeutschen Sprachraum, insbesondere in katholisch geprägten Ländern, aber auch im evangelischen Teil von Württemberg und Franken. Der Gruß ist, mit einigen Varianten, die häufigste Grußform in Teilen Süddeutschlands, Österreichs und Südtirols.[1] Eng verwandt ist das reformiert-schweizerische grüezi bzw. grüess-ech.[2]

Form und Herkunft

Grüß Gott ist eine Verkürzung aus grüß[e] dich Gott, man vergleiche etwa die Dialektvarianten griaß di (God) „grüße dich (Gott)“ oder griaß eich bzw. griaß enk (God) „grüße euch (Gott)“. Es liegt damit ein Konjunktiv Präsens (Optativ) vor. Semantisch wie formal kennt der gleiche Sprachraum zahlreiche Parallelkonstruktionen, beispielsweise behüte dich Gott (beim Abschied gesagt), helfe dir Gott (nach dem Niesen gesagt) oder vergelt’s Gott (danke).

Die ursprüngliche Bedeutung des Grußes ist „möge dir Gott freundlich begegnen“[3] oder „Gott segne dich“.[4] Menschen aus dem nördlicheren deutschen Sprachraum kennen meist nur die Form grüß Gott ohne dich und interpretieren den Gruß fälschlich als Aufforderung, Gott zu grüßen, weshalb sie manchmal mit sarkastischen Kommentaren antworten, z. B. Wenn ich ihn sehe; Hoffentlich nicht so bald oder Nee, das mach ich nicht.

Ludwig Zehetner äußerte die Theorie, dass eine Lehnübersetzung aus dem Irischen vorliegen könnte, da es auch in Irland Begrüßungen mit ähnlichem Inhalt und dieser Wortstellung gäbe. Nur in Irland und im süddeutschen Sprachraum im ehemaligen Missionsgebiet der irischen Mönche sei bei der Begrüßung „die Formel ‚Grüß Gott‘“ enthalten.[5] Hans Ulrich Schmid und andere Sprachforscher haben jedoch gezeigt, dass es auch in anderen Sprachen Segenswünsche als Grußformel gibt und dass die ersten erhaltenen schriftlichen Zeugnisse für grüß Gott erst viele Jahrhunderte nach der irischen Missionsarbeit in Bayern entstanden sind.[6][7]

Wortmarke

Die Dialektvariante griaß di wurde im Jahr 2011 von einer deutschen Firma als Wortmarke für bestimmte Warengruppen geschützt. Obwohl schon einmal in Deutschland versucht wurde, die Wortmarke zu schützen, was aber nicht genehmigt wurde, gelang es diesmal, den Ausdruck beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (kurz EUIPO) als EU-Marke zu schützen.[8] Diese Eintragung wurde jedoch auf Antrag Dritter gelöscht.

Rezeption

Für die Juden im oberdeutschen Sprachraum stand die Frage im Raum, ob die oft floskelhaft gebrauchte Grußformel „Grüß Gott“ ein Verstoß gegen das Gebot sei, „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“. Da die Grußformel jedoch auf Segenswünsche zurückgehe, mit denen bereits der biblische Boas und seine Schnitter einander auf dem Feld begrüßt hätten (Rut 2,4 : Boas „sprach zu den Schnittern: Der HERR sei mit euch! Sie antworteten: Der HERR segne dich!“), war das „Grüß Gott“ mit dem Jüdischen Recht vereinbar.[9]

Die Künstlerin Ursula Beiler gestaltete ein 5 bis 6 m langes schwarzes Schild mit der konturiert rot-weiß-roten Aufschrift GRÜSS GÖTTIN. Dieses wurde 2008 an der Autobahn bei Kufstein, in der Wiese, etwa 2,5 m hoch, sichtbar für Autofahrer, die von Deutschland nach Österreich fahren, aufgestellt und vor Ablauf der Bewilligung am Monatsende am Freitag, dem 29. Jänner 2016, abgebaut. Die Tafel löste inhaltliche Kontroversen aus, wurde zwischenzeitlich kurz entfernt, da die Künstlerin zwar die Zustimmung der Asfinag bekam, jedoch versäumt hatte, bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein eine erneute Bewilligung einzuholen. Einmal wurde die Tafel von unbekannt erweitert auf „GRÜSS GOTT IN TIROL“.[10][11][12]

Johanna Adorján erörtert die Gewissensfrage, wie Atheisten mit dieser Formel umgehen.[13]

Siehe auch

Literatur

Vgl. auch die Literaturangaben im Artikel Grüezi.

Weblinks

Commons: Grüß Gott – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: grüß Gott – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Fußnoten

  1. a b c vgl. Atlas zur deutschen Alltagssprache: Gruß.
  2. Grüezi ist eine Verkürzung von Gott grüez-i «Gott grüsse Euch», siehe Schweizerisches Idiotikon, Band II, Spalte 511/512, unter Gott (Digitalisat) und Spalte 812/813, unter grüessen (Digitalisat).
  3. Deutsches Wörterbuch, Band IV, I. Abteilung, 6. Teil, Spalte 1013 f., Artikel grüszen Bedeutung B5 (online)
  4. Vgl. im Mariengebet „Gegrüßet (= gesegnet) seist du, Maria, voll der Gnade“.
  5. Ludwig Zehetner: Basst scho! Wörter und Wendungen aus den Dialekten und der regionalen Hochsprache in Altbayern, Band 1. edition vulpes, Regensburg, 2009, S. 139 ff.
  6. Hans Ulrich Schmid: Bairisch: Das Wichtigste in Kürze.
  7. Wolfgang Näser: Warum sagt man in Bayern „Grüß Gott“?, Materialsammlung für eine Anfrage des BR, August 2000
  8. Deutsche Firma patentierte „Griaß di“ auf ORF vom 7. August 2012, abgerufen am 7. August 2012
  9. Gunda Trepp: Der letzte Rabbiner. Das unorthodoxe Leben des Leo Trepp. Darmstadt 2018, S. 84.
  10. http://tirol.orf.at/news/stories/2754928/ „Grüss Göttin“-Schild verlässt Kufstein, orf.at, 29. Jänner 2016, abgerufen am 29. Jänner 2016.
  11. http://tirol.orf.at/news/stories/2741189/ Umstrittenes Schild von Unbekannt „erweitert“ orf.at, 8. November 2015, abgerufen am 29. Jänner 2016.
  12. http://tirol.orf.at/news/stories/2662583/ Auf Wiedersehen für „Grüss Göttin“ orf.at vom 11. August 2014, abgerufen am 29. Jänner 2016.
  13. Unerwünschter Segen. In: SZ-Magazin, 18. März 2021, abgerufen am 18. März 2021.

Auf dieser Seite verwendete Medien

VerbreitungsgebietDeutscheMundarten.png
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Das Verbreitungsgebiet der deutschen Sprache.
  • Das deutsche Sprachgebiet (einschließlich der Mundarten an der Ostgrenze der niederländischen Provinz Limburg bei Kerkrade)
  • Gelb=Niederdeutsch, Blau=Mitteldeutsch, Braun=Oberdeutsch. Ausführliche Legende auf File:Deutsche Mundarten.png.
German dialect continuum in 1900 (according to Wiesinger, Heeroma & König).png
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Karte der wichtigsten Dialektgruppen des Deutschen Sprachraums um das Jahr 1900. Basierend auf:
  • P. Wiesinger: Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung, series: HSK 1.2, Berlin, New York, pp. 807-900
  • W. König: dtv-Altas Deutsche Sprache, 2019, Munich, pp. 230.
  • J. Goossens: Deutsche Dialektologie, Walter de Gruyter, 1977, pp. 48.
  • C. Giesbers: Dialecten op de grens van twee talen, Radboud Universiteit Nijmegen, 2008, pp. 233.
  • W. Heeringa: Measuring Dialect Pronunciation Differences using Levenshtein Distance, University of Groningen, 2009, pp. 232-234.

Anmerkung: Der Großteil der Karte basiert auf Wiesinger, die ehemals ostdeutschen Bereiche prinzipiell auf König. Im Zweifelsfall wurde Wiesinger präferiert.

Legende:

Linien

  • Die dünne schwarz-weiß-gestrichelte Linie zeigt das Gebiet mit zwei Dachsprachen: Luxemburgisch (neben Standarddeutsch) in Luxemburg.
  • gestreifte Linien zeigen Übergangsdialekte an.

Niederfränkisch / Niederländische Varietäten: (violett)

  1. Niederrheinisch

Friesische Varietäten: (orange)

  1. Saterländisch (letzte Überbleibsel des Ostfriesischen)
  2. Nordfriesisch

Niedersächsische / Niederdeutsche Varietäten: (blau)

  1. Westphälisch
  2. Nordniederdeutsch
  3. Ostphälisch (ein gelber Fleck im Inneren ist Erzgebirgisch/Harz)
  4. Mecklenburg-Vorpommerisch
  5. Brandenburgisch (der gelbe Fleck im Inneren ist Berlinerisch)
  6. Mittelpommerisch
  7. Hinterpommerisch
  8. Niederpreußisch

Mitteldeutsche Varietäten: (hellgelb)

  1. Ripuarisch
  2. Luxemburgisch (nahe verwandt mit Moselfränkisch, aber mit abweichender Schriftsprache)
  3. Moselfränkisch
  4. Rheinfränkisch
  5. Mittelhessisch
  6. Nordhessisch
  7. Osthessisch
  8. Thüringisch
  9. Nordobersächsisch
  10. Südmärkisch
  11. Obersächsisch
  12. Schlesisch
  13. Hochpreußsisch

Anmerkung 1: Der leere Bereich zwischen 20, 21, 22 und 23 ist Sorbisch, eine Slawische Varietät

Anmerkung 2: Das in Transylvanien (Rumänien) gesprochene Siebenbürger-Sächsisch gehlt auf der Karte

Hochdeutsche / Oberdeutsche Varietäten: (dunkelgelb)

  1. Ober- bzw. Ostfränkisch
  2. Nordbairisch
  3. Mittelbairisch
  4. Südbairisch
  5. Schwäbisch
  6. Niederalemannisch
  7. Mittelalemannisch
  8. Hochalemannisch
  9. Höchstalemannisch
Deutsche Sprachinseln in Ost- und Südeuropa: (lila)