Gewissenruh

Gewissenruh
Gemeinde Wesertal
Koordinaten: 51° 37′ 35″ N, 9° 32′ 8″ O
Höhe: 117 m ü. NHN
Fläche:1,1 km²[1]
Einwohner:120 ca.[1]
Bevölkerungsdichte:109 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Februar 1971
Eingemeindet nach:Oberweser
Postleitzahl:34399
Vorwahl:05572
Blick über die Weser auf Gewissenruh

Gewissenruh ist ein Ortsteil der Gemeinde Wesertal im nordhessischen Landkreis Kassel.

Geographie

Blick von der Weserfähre bei Gewissenruh

Das Dorf Gewissenruh befindet sich im äußersten Norden von Nordhessen zwischen den Südausläufern des in Südniedersachsen gelegenen Sollings im Norden und der Nordabdachung des hessischen Reinhardswalds im Süden. Es liegt am linken bzw. westlichen Ufer der Weser, die hier die Grenze zu Niedersachsen bildet. Am gegenüber liegenden Ufer erstreckt sich das niedersächsische Bodenfelde, östlich von Gewissenruh liegt Lippoldsberg, hinter dem sich südöstlich der Höhenzug Kiffing erhebt, und westlich befindet sich Wahmbeck (Gemeindeteil von Bodenfelde).

Gieselwerder, der Verwaltungssitz der Gemeinde Wesertal, liegt 3,5 km südlich, Bad Karlshafen 6 km nordwestlich, die Kleinstadt Uslar rund 8 km nordöstlich, Hann. Münden 25 km und Kassel 36 km südlich.

Gewissenruh liegt rund 40 m über dem hiesigen Weserpegel. Zu den Bergen nahe der Ortschaft gehören der Kuhläger Kopf (290,5 m) im Reinhardswald und jenseits bzw. nördlich der Weser der Kahlberg (224,7 m) im Solling.

Geschichte

Ortsgeschichte

Gewissenruh wurde im Jahr 1722 für waldensische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich durch Landgraf Karl von Hessen-Kassel als „Kolonie“ gegründet, ebenso wie das nahe gelegene Dorf Gottstreu. Die religiös geprägten Namen beider Orte wählte der Landgraf persönlich aus. Die Kolonien wurden als Straßendörfer mit jeweils 12 Parzellen angelegt. Die Neusiedler lebten von Landwirtschaft und Waldarbeit. Bis 1825 wurde im Gottesdienst und im Schulunterricht Französisch gesprochen. Französische Inschriften auf Hausbalken und französische Familiennamen zeugen noch heute von der Vergangenheit der im Volksmund als Franzosendörfer bezeichneten Orte.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten zum 1. Februar 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Arenborn, Gewissenruh, Gieselwerder, Gottstreu und Oedelsheim freiwillig zur neuen Gemeinde Oberweser. Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Gieselwerder.[2] Am 1. August 1972 kam noch kraft Landesgesetz Heisebeck hinzu.[3] Zum 1. Januar 2020 fusionierten die Gemeinden Oberweser und Wahlsburg zur neuen Gemeinde Oberweser. Der Ortsbezirk Gewissenruh mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung blieb weiter bestehen.[4]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, in denen Gewissenruh lag:[5][6]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Gewissenruh 117 Einwohner. Darunter waren keine Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 30 Einwohner unter 18 Jahren, 42 zwischen 18 und 49, 21 zwischen 50 und 64 und 24 Einwohner waren älter.[9] Die Einwohner lebten in 54 Haushalten. Davon waren 21 Singlehaushalte, 12 Paare ohne Kinder und 12 Paare mit Kindern, sowie 6 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 12 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 36 Haushaltungen lebten keine Senioren.[9]

Einwohnerentwicklung

  • 1722: Kolonie mit 12 Familien[5]
  • 1747: 11 Haushaltungen[5]
Gewissenruh: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011
Jahr  Einwohner
1834
  
125
1840
  
135
1846
  
131
1852
  
120
1858
  
132
1864
  
124
1871
  
118
1875
  
124
1885
  
122
1895
  
134
1905
  
124
1910
  
110
1925
  
126
1939
  
113
1946
  
187
1950
  
158
1956
  
145
1961
  
147
1967
  
130
1970
  
119
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
117
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [5]; Zensus 2011[9]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1885:116 evangelische (= 99,15 %), kein katholischer, ein anderer christlicher (= 0,85 %) Einwohner[5]
• 1961:115 evangelische (= 78,23 %), 25 katholische (= 14,01 %) Einwohner[5]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Für die unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmäler des Ortes siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Gewissenruh.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Land- und Forstwirtschaft spielt in Gewissenruh, ebenso wie in den anderen Orten der Region, kaum noch eine Rolle, nennenswerte Industriebetriebe sind nicht vorhanden.

Tourismus

Es gibt eine touristische Infrastruktur. Der Ort ist ein staatlich anerkannter Erholungsort[10]. Gewissenruh liegt am Weserradweg. Reinhardswald und Wesertal bieten gute Wander- und Reitmöglichkeiten, zum Beispiel durch die Franzosenwiesen. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in Gasthäusern, Wanderreitstation und Pensionen im Ort. In der Nachbarschaft gibt es Frei- und Hallenbäder, Campingplätze und Orte mit alten Fachwerkhäusern, wie z. B. Uslar oder Höxter. Sehenswert sind der Mühlenplatz und die Burgen bzw. Burgruinen Sababurg (mit Wildpark), Trendel-, Bram- und Krukenburg.

Verkehr

Am Ortsrand verläuft die Bundesstraße 80. Bei Gieselwerder befindet sich eine Weserbrücke; in unmittelbarer Nähe gibt es zwei Gierseilfähren über die Weser zu den Orten Wahmbeck und Lippoldsberg. Bei Hann. Münden und Göttingen befinden sich die nächsten Autobahnausfahrten an der A 7 bzw. bei und Warburg jene der A 44.

Regionalbahnhöfe befinden sich in Hann. Münden, Hofgeismar und Bodenfelde; ICE/IC-Züge halten in Kassel, Göttingen und Warburg.

Überregional bedeutende Flughäfen befinden sich bei Hannover und Paderborn.

Ehrenbürger

Einzelnachweise

  1. a b Gewissenruh In: Webauftritt der Gemeinde Oberweser. Abgerufen im August 2016.
  2. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 29. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 7, S. 286, Punkt 362, Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,1 MB]).
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 398 und 399.
  4. Vorläufige Gemeindevertretung und Ausschüsse der Gemeinde Wesertal. (PDF; 72 lB) In: Webauftritt. Gemeinde Oberweser, abgerufen im November 2020.
  5. a b c d e f Gewissenruh, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  7. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 49 f. (online bei Google Books).
  8. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 70 f.
  9. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 84, archiviert vom Original am 27. Oktober 2020;.
  10. 77. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 17. November 2011. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr. 7, 2012, ISSN 0724-7885, S. 221.

Weblinks

Commons: Gewissenruh – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Blick von der gegenüberliegenden Weserseite auf Gewissenruh, Gemeinde Oberweser, Landkreis Kassel, Hessen