Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung

Die Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV) ist ein rechtsextremer eingetragener Verein mit Sitz in Ellerau.

Geschichte

Gegründet wurde der Verein 1962 von Wilhelm Weis (1892–1980) als Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege e.V. in Hamburg. Weis war seit 1918 Anhänger der Deutschgläubigen Gemeinschaft und blieb bis zu seinem Tod dieser Überzeugung treu.[1] Von 1962 bis 1972 war er Vorsitzender der Gesellschaft, die ab 1964 als Organ die Zeitschrift Erbe und Verantwortung – Eugenische Rundschau herausgab. Weis war Schriftleiter der Zeitschrift.[2] Als er 1972 sein 80. Lebensjahr vollendete, gab er den Vorsitz an Jürgen Rieger weiter. Der Wechsel zu Rieger hatte auch eine Umbenennung der Gesellschaft und ihrer Zeitschrift zur Folge. Ab 1972 hieß der Verein Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung. Die Zeitschrift wurde in Neue Anthropologie – Erbe und Verantwortung umbenannt. Von 1972 bis 1978 blieb Weis zweiter Vorsitzender des Vereins. Die Gesellschaft wurde von August 1971 bis 1974 als Arbeitskreis Humangenetik des Weltbundes zum Schutz des Lebens geführt.[3] Dies erfolgte während der Präsidentschaft von Max Otto Bruker im Weltbund zum Schutz des Lebens. Bruker firmierte gleichzeitig als Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft.

Ziele

Die Forderungen der GfbAEV orientieren sich an der nationalsozialistischen Rassenideologie und Rassenhygiene. Folgende Ziele wurden 1965 formuliert[4]:

1. Allseitige Förderung der Fortpflanzung erbgesunder, begabter und schöpferischer Menschen. 2. Weitgehende Einschränkung der Vermehrung Schwachsinniger und Asozialer. 3. Gänzliche Verhinderung der Fortpflanzung minderwertig Erbkranker und rückfälliger Schwerverbrecher

Ideologisch bezieht sie sich auf die Werke von Hans F. K. Günther wie auf Jürgen Riegers Buch Rasse: Ein Problem auch für uns! Bekämpft wird die „Rassenmischung“, die die „nordische Rasse“ schwäche und dem Untergang weihe. Sie fordert eugenische Praktiken wie die Sterilisation Schwerkrimineller oder Erbkranker. In der ersten Ausgabe der Zeitschrift Neue Anthropologie 1972 erfolgte eine Würdigung von Fritz Lenz zum 85. Geburtstag. 1975 folgte eine Würdigung von Erwin Baur.[5]

Die Gesellschaft hat einen Wissenschaftlichen Beirat, in den Rechtsextreme wie Rolf Kosiek, Hans Georg Amsel, Hans-W. Hammerbacher, Alain de Benoist und Günther Schwab berufen wurden. Weitere Mitglieder des Beirats in der Zeit von 1972 bis 1981 waren unter anderem Karl Thums, Wolfgang Gröbner, Max Otto Bruker und Friedrich Ritter.

Die Gesellschaft wurde in verschiedenen Landes-Verfassungsschutzberichten als rechtsextreme Organisation aufgeführt[6] und vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet.[7]

Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation

Nach dem Tod Riegers erbte die rassistische Gesellschaft[8] die von Rieger erworbenen Immobilien in Thüringen und Niedersachsen. Das „Schützenhaus“ und der „Heisenhof“ gehörten nicht Rieger, sondern der „Wilhelm Tietjen Stiftung Ltd“ und waren von ihm nur treuhänderisch verwaltet worden. Wilhelm Tietjen hatte Rieger den Auftrag erteilt, eine Stiftung bzw. britische Gesellschaft seines Namens zu gründen. Als Tietjen 2002 starb, hinterließ er ein Testament, das 2010 unter Riegers Papieren gefunden wurde. Jürgen Rieger war demzufolge erst „Testamentsvollstrecker“, dann Verwalter von Tietjens Vermögen. Diese Aufgaben erfüllte er zum einen als Geschäftsführer der britischen „Wilhelm Tietjen Stiftung Ltd“ sowie als Vorstandsmitglied der einzigen Erbin, der „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.“[8]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedrich-Wilhelm Haack, Wotans Wiederkehr: Blut-, Boden- und Rasse-Religion, Claudius Verlag München 1981, S. 168
  2. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag, 2003, S. 366
  3. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag, 2003, S. 366–368.
  4. Aus Erbe und Verantwortung - Eugenische Rundschau, Heft 1/2, 1. Mai 1965, S. 2
  5. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag, 2003, S. 284
  6. z. B. im Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 1995, S. 36 oder in Rechtsextremismus in Stichworten: Ideologien, Organisationen, Aktivitäten, Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg 2001, S. 53
  7. Deutscher Bundestag: Drucksache 13/5434 vom 21. August 1996
  8. a b Testamentsvollstreckung: Die rassistische „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“ tritt das Erbe Jürgen Riegers an. In: Blick nach rechts. Ausgabe 4/2010.