Geschoss

Geschoss & Kartusche, deutsches 80-cm-Eisenbahngeschütz Schwerer Gustav

Ein Geschoss (in Österreich Geschoß[1]) ist Sammelbezeichnung für alle Arten von Wurfkörpern, mit denen geschossen werden kann, im engeren Sinne waffentechnische Bezeichnung für einen festen Körper, der von einer Fernwaffe verschossen wird und sich auf einer ballistischen Geschossbahn ohne Eigenenergie oder Steuerung fortbewegt.

Die Bundeswehr definiert Geschoss als einen Wirkungsträger, der aus einer Rohrwaffe verschossen wird und seine Beschleunigung durch eine von außen wirkende Kraft erhält.[2] Demgegenüber ist eine Granate ein Wirkungsträger, der mit der Hand geworfen oder mittels einer Vorrichtung oder Waffe, jedoch nicht aus dieser, verschossen wird.[3]

Etymologie

Geschoss bezeichnet im weitesten Sinne „das was geschossen wird“. (auch Geschoß, ehemals Geschosz, ahd. giscoʒ, mittelhochdeutsch geschōʒ, aengl. gescot , in Österreich und teils in Süddeutschland Geschoß mit langem Vokal, in der Schweiz Geschoss mit langem Vokal)[4][5][6][7]

Den Geschossen werden je nach deren Beschaffenheit etliche weitere Begriffe, wie Artilleriegeschoss, Base-Bleed-Geschoss, Bolzen, Brennecke-Geschoss, Chapelgeschoss, Discoidal-Geschosse, DU-Geschoss, Dum-Dum-Geschoss, Einheitsgeschoss, Extended-Range-Full-Bore-Geschoss, Flachkopfgeschoss, Flintenlaufgeschoss, Gummigeschoss, Hartkerngeschoss, HE-Geschoss, Hohlladungsgeschoss, Hohlspitzgeschoss, Karkasse, Langgeschoss, Mantelgeschoss, Minié-Geschoss, Pfeil, Sprenggeschoss, Vollmantelgeschoss oder Wuchtgeschoss zugeordnet. Der Begriff Projektil wird ebenfalls für Geschosse und Munition genutzt.[8][9][10][11]

Geschoss wird als Begriff in waffenrechtlichen Verordnungen und in der Forensik genutzt.[12][13]

Grundlagen

Die charakterisierenden Eigenschaften des Geschosses sind:

  • es hat keinen eigenen Antrieb, sondern wird von außen beschleunigt. Dabei wird dem Körper eine Initialenergie zugeführt;
  • es benötigt eine Abwurf- beziehungsweise Abschusseinrichtung, die nicht mit auf die Flugbahn geht;
  • es hat nach Verlassen dieser Einrichtung eine ballistische Flugbahn, auf der es dann wie ein geworfenes Objekt fliegt.

Damit steht das Geschoss im Gegensatz zur Rakete: Während das Geschoss von einer Treibladung beschleunigt wird und dann in einer ballistischen Kurve fällt, wird die Rakete von der Treibladung beschleunigt und fliegt dadurch. Sobald die Treibladung ausgebrannt ist, verhält sich auch die Rakete ab diesem Moment wie ein Geschoss und fällt in einer ballistischen Kurve. Allerdings wird diese Abgrenzung durch Base-Bleed-Geschosse zunehmend unscharf. Diese Geschosse enthalten einen gaserzeugenden pyrotechnischen Satz, der durch Verringerung der Heckverwirbelung die ballistischen Eigenschaften verbessert. Je nach Stärke der Gaserzeugung ist eine klare Unterscheidung schwierig. Die Treibladung des Geschosses ist in den allermeisten Fällen ein pyrotechnischer Satz. Geschossen werden kann aber auch mit Druckluft, mittels elektromagnetischer Schussanlagen (z. B. Railgun), rein mechanisch über Federn und elastische Materialien oder mit anderen Energieerzeugern.

Physikalische Eigenschaften

Der Abschuss selbst ist in den Grundlagen eine Frage der Energiebilanz (Thermodynamik) und Reibung (Mechanik). Mit den speziellen Problemstellungen von aus Rohren geschossenen Objekten beschäftigt sich die Innenballistik.

Charakteristische Kenngrößen für das Geschoss sind:

Konstruktion eines Geschosses

Die äußere Form eines Geschosses soll möglichst wenig Luftwiderstand bieten. Der innere Aufbau richtet sich nach der beabsichtigten Wirkung.

In der Waffentechnik ist das etwa die Wirkung beim Aufschlag im Treffpunkt. Sie werden dafür als massive Geschosse, Zerlegungsgeschosse, Sprenggeschosse oder als Trägergeschosse für den Transport zum Beispiel chemischer Waffen ausgeführt.

Beispiele

  • bei Feuerwaffen und Geschützen: das Projektil, beispielsweise eine Granate – die Ausstoßladung sitzt dabei hinter dem Projektil in der Patrone, wovon die Patronenhülse zurückbleibt
  • bei einem Bogen: der Pfeil
  • bei einer Armbrust: der Bolzen
  • bei der Schleuder und der Zwille (Steinschleuder): der Stein (bzw. ein anderes Geschoss, etwa Metallkugeln)
  • beim Feuerwerk: die Bomben und Bombetten, die – im Gegensatz zu den beim Laien beliebten Feuerwerksraketen – aus Mörsern geschossen werden.

Literatur

  • Beat P. Kneubuehl: Ballistik, Theorie und Praxis. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-58299-2.
  • Beat Kneubuehl: Geschosse. Band 1: Ballistik, Treffsicherheit, Wirkungsweise. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 978-3-7276-7119-7.
  • Herman Frobenius: Militärlexikon. (Handwörterbuch der Militärwissenschaften), Verlag Martin Oldenburg, 1901.
  • Beat Kneubuehl: Geschosse Gesamtausgabe. Ballistik, Messtechnik, Wirksamkeit, Treffsicherheit. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-613-30666-0.
  • Wilhelm Rüstow: Militärisches Hand-Wörterbuch. Nach dem Standpunkte der neuesten Litteratur und mit Unterstützung von Fachmännern bearb. und redigirt, Band 1 A – K. F. Schulthess, 1858, S. 257 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Beat Kneubuehl: Das Abprallen von Geschossen aus forensischer Sicht. 1999, ISBN 978-2-940098-15-6.
  • Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. Band 4, Bielefeld, Velhagen & Klasing, 1877, Nachdruck Europäischer Geschichtsverlag, Paderborn, 2015, ISBN 978-3-86382-520-1.
  • Beat Kneubuehl: Geschosse. Band 2: Ballistik, Wirksamkeit, Messtechnik. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7276-7145-9.

Weblinks

Commons: Geschoss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Geschoss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Österreichisches Wörterbuch, 43. aktualisierte Auflage (2018), S. 285.
  2. Bundesministerium der Verteidigung, Streitkräfteunterstützungskommando (Hrsg.): Zentrale Dienstvorschrift 30/41. Bonn 1999, S. 128.
  3. Bundesministerium der Verteidigung, Streitkräfteunterstützungskommando (Hrsg.): Zentrale Dienstvorschrift 30/41. Bonn 1999, S. 132.
  4. Duden-Redaktion: Das Herkunftswörterbuch (= Deutsche Sprache in 12 Bänden. Band 7). 5. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, S. 333 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Geschosz, n.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden, 1854–1960. S. Hirzel, Leipzig (woerterbuchnetz.de).
  6. Geschoss. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache.
  7. Schweiz: Geschoss mit langem Vokal "o"; Österreich: ebenfalls mit langem Vokal "o", geschrieben "Geschoß".
  8. Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. Seite 90, Eintrag: Geschoss
  9. Herman Frobenius, Militärlexikon. Seite 277, Eintrag: Geschosse
  10. Wilhelm Rüstow: Militärisches Hand-Wörterbuch. Seite 277, Eintrag: Geschoß
  11. Beat P. Kneubuehl: Ballistik, Theorie und Praxis. (Digitalisat online)
  12. Volltextsuche im Waffengesetz bei buzzer.de
  13. Universität Bern, Institut für Rechtsmedizin Zentrum für Forensische Physik/Ballistik.

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Schwerer Gustav projectile. Picture taken at the United States Army Ordnance Museum (Aberdeen Proving Ground, MD).