Jiříkov

Jiříkov
Wappen von Jiríkov
Jiříkov (Tschechien)
Basisdaten
Staat:Tschechien Tschechien
Region:Ústecký kraj
Bezirk:Děčín
Fläche:1331,0296[1] ha
Geographische Lage:51° 0′ N, 14° 34′ O
Höhe:368 m n.m.
Einwohner:3.589 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl:407 53
Kfz-Kennzeichen:U
Verkehr
Bahnanschluss:Bakov nad Jizerou–Ebersbach
Struktur
Status:Stadt
Ortsteile:4
Verwaltung
Bürgermeisterin:Barbora Šišková[3] (Stand: 2025)
Adresse:Náměstí 464
407 53 Jiříkov
Gemeindenummer:562581
Website:www.jirikov.cz
Lage von Jiříkov im Bezirk Děčín

Jiříkov (deutsch Georgswalde) ist eine Stadt im Okres Děčín in Tschechien.

Geographie

Geographische Lage

Die Stadt liegt im nördlichen Böhmen in einem von Hügeln umgebenen flachen Tal auf 368 m n.m. in der Nähe der Grenze zu Sachsen, 5 km nördlich von Rumburk (Rumburg). Sie erstreckt sich entlang des Ritterbaches (Jiříkovský potok) im Böhmischen Niederland und dehnt sich nach Nordosten bis an die Spree aus, die gleichzeitig die Staatsgrenze bildet. Die Katasterfläche beträgt 1331 ha.

Östlich erhebt der 485 m hohe Schlechteberg, nördlich – ebenfalls auf deutschem Gebiet – der Hainberg (400 m).

Gemeindegliederung

Die Stadt Jiříkov gliedert sich in die Ortsteile Filipov (Philippsdorf), Loučné (Wiesenthal), Nový Jiříkov (Neu Georgswalde) und Starý Jiříkov (Alt Georgswalde).[4] Grundsiedlungseinheiten sind Filipov, Jiříkov und Pod Vyhlídkou (Am Butterberg).[5]

Das Gemeindegebiet besteht aus den Katastralbezirken Filipov u Jiříkova und Jiříkov.[6]

Nachbarorte

Neusalza-Spremberg
Šluknov (Schluckenau)Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigtEbersbach-Neugersdorf
Rumburk (Rumburg)

Direkte Nachbarorte sind Haine im Norden, Spreedorf im Osten, Filipov und Neugersdorf im Südosten, Rumburk im Süden und Království im Westen.

Geschichte

Stadtzentrum
Ritterbach (2010)

Die erste urkundliche Erwähnung von Georgswalde erfolgte 1346 in Matrikeln des Bistums Meißen.

1524 hielt die Reformation in dem zur Grundherrschaft Schluckenau gehörigen Dorfe Einzug. Das Dorf wächst im 16. Jahrhundert stark, vor dem Dreißigjährigen Krieg zählt es 113 Häuser, die Hälfte machten Gemeinschaftshäuser der örtlichen Weber aus.[7] Die Protestanten hatten hier ein hölzernes Bethaus[8], 1598 wird eine Pfarrkirche erwähnt. Als Folge der Rekatholisierung wanderten ab 1620 viele Familien in die umliegenden Dörfer der Oberlausitz aus. 1725 erbaute Gräfin Ernestine von Harrach die schöne Pfarrkirche St. Georg.[8] Neben der Landwirtschaft ernährte die Leinenweberei die Bewohner des Dorfes, das 1756 durch Kaiserin Maria Theresia zum Marktflecken erhoben wurde.[8] Ende des 18. Jahrhunderts machen Weberhäuser ca. 75 % der bebauten Fläche aus. Die Bevölkerung wird sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts verdreifachen, von 1300 in 1707 auf über 5000 Einwohner.[9]

Im 19. Jahrhundert wandelte sich mit dem Beginn der Industrialisierung das Ortsbild. 1807 entstand die erste Baumwollspinnerei, der später noch zwei weitere, eine Webstuhlfabrik und Holzwarenfabriken folgten. Zusammen mit Rumburg wurde Georgswalde zum Zentrum der nordböhmischen Textilindustrie, eine neue Straße verband beide ab 1828. Trotzdem stagnierte die Gemeindeentwicklung zur Jahrhundertmitte. 1873 wurde der Eisenbahnverkehr von Rumburg nach Ebersbach/Sa. durch die Böhmische Nordbahn aufgenommen. Mit dieser nun durchgehenden Verbindung von Prag, welche die einzige Bahnlinie nach Sachsen über das Lausitzer Gebirge darstellt, bot der Marktflecken an der Grenze ideale Voraussetzungen für weitere Industrieansiedlungen. Es entstand eine Eisengießerei, Maschinenbaufabrik und auch der sächsische Klavierhersteller August Förster errichtete 1900 ein Zweigwerk. 1890 lebten in Alt Georgswalde 5.808 Einwohner, zusammen mit den Ortsteilen Neu Georgswalde, Philippsdorf und Wiesenthal waren es insgesamt 8.754. 1897 wurde Philippsdorf eine selbstständige Gemeinde im Gerichtsbezirk Schluckenau.

1914 wurden Georgswalde, dessen Einwohnerzahl auf 10.084 angewachsen war, durch Franz Joseph I. die Stadtrechte verliehen.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Georgswalde Teil der neu geschaffenen Tschechoslowakei. Nach dem Münchner Abkommen gehörte Georgswalde von 1938 bis 1945 zum Landkreis Rumburg, Regierungsbezirk Aussig, im Reichsgau Sudetenland des Deutschen Reichs.

Vertreibung der deutschsprachigen Einwohner: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die deutschsprachige Bevölkerung von Georgswalde vertrieben. Ihr Vermögen durch das Beneš-Dekret 108 konfisziert und die katholischen Kirchen in der Tschechoslowakei enteignet. Seitens der Tschechischen Republik erfolgte keine Abgeltung für das eingezogene Vermögen.

Nach der Samtenen Revolution erfolgte ein Wandel in der ökonomischen Struktur, und es siedelten sich Dienstleistungs- und Handelsunternehmen an. Heute lebt in der Stadt eine große Bevölkerungsgruppe der Roma, deren Anteil im Vergleich zur übrigen Bevölkerung wächst. Hierbei kam es wiederholt zu Konflikten.[10]

In der Stadt besteht ein Eisenbahngrenzübergang nach Ebersbach an der Strecke Bakov nad Jizerou–Ebersbach, dieser wurde auch zu DDR-Zeiten als Grenzübergang im Güterverkehr genutzt. Für Pkw besitzt der Ort zwei Grenzübergänge nach Neugersdorf (Hauptstraße und Rudolf-Breitscheid-Straße) sowie einen nach Ebersbach (Bahnhofstraße).

Einwohnerentwicklung

Bis 1945 war Georgswalde überwiegend von Deutschböhmen besiedelt, die vertrieben wurden.

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
JahrEinwohnerAnmerkungen
17071300[11]
18304499in 605 Häusern[8][12]
18905808
19007900davon 7890 (99 %) Deutsche und zehn Tschechen,[13] nach anderen Angaben 8132 deutsche Einwohner[14], davon 7942 Kath., 184 ev. und 6 alt-kath.[15]
19118836davon 4207 Männer und 4629 Frauen. Die Volkszählung ergibt weiter 6900 Deutsche, 18 Tschechen, 12 Ungarn und 321 Äusländer, davon 6963 kath., 212 ev., 7 alt-kath., 5 Israeliten, 3 ohne Religion.[16]
19217482davon 7095 (95 %) Deutsche[17]. Die Volkszählung am 16.2.1921 ergibt: „3.419 Männer, 4.063 Frauen, davon 7.357 Deutsche, 118 Tschechen, 7.201 Katholiken, 249 Protestanten, 22 Konfessionslose, 5 Altkatholiken.“ Außerdem gab es: „1 Kroaten, 2 Juden, 1 Ungarn, 2 Polen und 1 Russe.“[18]
19307970davon 257 (3 %) Tschechen[19][20]
19397683[20]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs[21]
Jahr19701980199120012003
Einwohner39453905363839203926

Städtepartnerschaften

  • Deutschland Ebersbach/Sa., Deutschland
  • Jiřikov (Georgswalde) ist zugleich Mitglied des grenzüberschreitenden kommunalen Verbundes Fünfgemeinde, der durch die Bürgermeister von fünf Städten und Gemeinden beiderseits der deutsch-tschechischen Grenze am 19. Oktober 2000 in Šluknov (Schluckenau) ins Leben gerufen wurde. Im Verbund der Kommunen in der Grenzregion Südliche Oberlausitz/Schluckenauer Zipfel vereinigten sich seinerzeit Neusalza-Spremberg, das damals noch selbständige Friedersdorf und Oppach von deutscher sowie Šluknov und Jiříkov von tschechischer Seite. Am 10. Mai 2008 fand die Gemeinde Sohland (Spree) Aufnahme in die Fünfgemeinde und am 4. November 2011 die Doppelstadt Ebersbach-Neugersdorf.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Altböhmischer Jahrmarkt
  • Kirmes in Filipov

Persönlichkeiten

  • Eduard Kindermann (1870–1945), Krippenbauer und Kirchenmaler
  • Adalbert Bitterlich (1895–1972), deutscher katholischer Theologe und Hochschullehrer
  • Joseph A. Ruprecht (1895–1971), Komponist und Kirchenmusiker
  • Karl Holfeld (1921–2009), deutscher Maler und Graphiker
  • Hans Donat (1928–2023), deutscher Sozialpädagoge
  • Kordula Karolina Ulbrich, zwischen 1874 und 1882 Äbtissin in St. Marienstern
Commons: Jiříkov (Děčín District) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Obec Jiříkov: podrobné informace. In: Územně identifikační registr ČR. Abgerufen am 1. September 2014 (tschechisch).
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. https://www.obecjirikov.cz/popis-uradu
  4. Části obcí. In: Územně identifikační registr ČR. Abgerufen am 1. September 2014 (tschechisch).
  5. Základní sídelní jednotky. In: Územně identifikační registr ČR. Abgerufen am 1. September 2014 (tschechisch).
  6. Katastrální území. In: Územně identifikační registr ČR. Abgerufen am 1. September 2014 (tschechisch).
  7. Jiříkov – Stadtentwicklung. Angaben aus dem Tschechischen übersetzt.
  8. a b c d Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 1: Leitmeritzer Kreis, Prag 1833, S. 274–275, Ziffer 14).
  9. Jiříkov – Stadtentwicklung. Angaben aus dem Tschechischen übersetzt.
  10. Karl-Peter Schwarz: Roma in Tschechien: Zwist im Zipfel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. September 2011.
  11. Gemäß der Chronik des Pfarrers Ant. Friese [1].
  12. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 197, Ziffer 5) unten.
  13. Gemeindelexikon der im Reichsrate vertretenen Königreich und Länder. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900. IX Böhmen (Wien 1904) S. 754.
  14. Meyers Großes Konversations-Lexikon 6. Auflage, Band, Leipzig und Wien 1909, Seite 617, ebenso Pfarrer Ant. Frieses Chronik.
  15. Gemäß der Chronik des Pfarrers Ant. Friese [2].
  16. Gemäß der Chronik des Pfarrers Ant. Friese [3].
  17. Ernst Pfohl: Ortslexikon Sudetenland. Seite 142. Helmut Preußler Verlag-Nürnberg.1987. ISBN 3-925362-47-9
  18. Gemäß der Chronik des Pfarrers Ant. Friese [4].
  19. Rudolf Hemmerle: Sudetenland Lexikon Band 4, Seite 163. Adam Kraft Verlag, 1985. ISBN 3-8083-1163-0.
  20. a b Michael Rademacher: Landkreis Rumburg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  21. Czeski Urząd Statystyczny

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(c) Karte: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de
Positionskarte von Tschechien
Jirikov DC CZ.png
Location of Jiříkov town within Děčín District and administrative area of Rumburk as a Municipality with Extended Competence.
Jiríkov Zentrum Mike Krüger 080817 1.JPG
Autor/Urheber: Mike Krüger, Lizenz: CC BY 2.5
Zentrum von Jiříkov
Povodne-jirikov-srpen-2010-18.jpg
Autor/Urheber: Michal Gavlík, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bleskové povodně v Jiříkově - náměstí - srpen 2011