Georg Schmückle

Georg Schmückle (* 18. August 1880 in Esslingen am Neckar; † 8. September 1948 in Stötten am Auerberg) war ein deutscher Jurist und Schriftsteller. Der Staatsanwalt schrieb in der Zeit des Nationalsozialismus historische Romane, Schauspiele und Lyrik, in denen er das Führerprinzip idealisierte.

Leben

Seine Kindheit verbrachte Schmückle abwechselnd in San Remo, Silvaplana und Backnang, zog dann nach dem Tod des Vaters nach Esslingen zurück, wo er das Gymnasium (das heutige Georgii-Gymnasium) besuchte und dort 1900 das Abitur ablegte.[1] Schmückle studierte Jura in Tübingen und Heidelberg, wo er 1907 promovierte und schlug danach eine juristische Laufbahn im Staatsdienst ein.[2] Während seines Studiums wurde er im Wintersemester 1901/1902 Mitglied der Burschenschaft Germania Tübingen, aus der er 1940 austrat.

Als Hauptmann der Reserve kämpfte er im Ersten Weltkrieg, wurde aber wegen psychischer Störungen Ende 1917 ins Kriegsarchiv versetzt. Finanziell unabhängig durch die Heirat mit einer Cannstatter Fabrikantentochter im Jahre 1915, verließ er 1920 den Justizdienst und widmete sich seinem Schriftstellerdasein.

Von 1919 bis 1921 gab er gemeinsam mit Hermann Missenharter die Monatsschrift Der schwäbische Bund heraus. 1921 erschien auch nach eigenen Aussagen sein erstes Werk Lichter überm Weg.[3]

Für Aufsehen sorgte er 1924 mit einem reichsweiten Skandal, als er den Intendanten des Stuttgarter Landestheater wegen des Singens der Marseillaise bei einer Aufführung von Büchners Dantons Tod angesichts der Besetzung des Ruhrgebietes schriftlich wegen „Verletzung der nationalen Ehre“ kritisierte.[4] Dieses Vorgehen, dem ein Beleidigungsprozess bis vor das Reichsgericht folgte, bei dem Schmückle freigesprochen wurde, verschaffte ihm Ansehen in den nationalsozialistischen Kreisen.

Mit seinem größten literarischen Erfolg, Engel Hiltensperger von 1930, erwies sich Schmückle als ein Schriftsteller, der in Form des Historienromans das gesamte Arsenal nationalsozialistischer Ideologie transportierte: Endzeitstimmung, völkische Ideologie, Sozialdarwinismus, Führerkult und -erwartung.

Seit 1931 war Schmückle NSDAP-Mitglied und Landesvorsitzender des völkisch gesinnten, antisemitischen Kampfbunds für deutsche Kultur.[5] Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er Landesleiter der Reichsschrifttumskammer Württemberg-Hohenzollern und Vertreter Württembergs im Landesverband Deutscher Schriftsteller. Als Kulturreferent beim Reichsstatthalter von Württemberg, Wilhelm Murr, wurde Schmückle auf dessen Betreiben mit der Führung des 1938 gegründeten Schwäbischen Dichterkreises betraut und 1939 zum Direktor des Schiller-Nationalmuseums in Marbach am Neckar[6] sowie – ebenfalls bis 1945 – zum Vorsitzenden des Schwäbischen Schillervereins, der nach dem Krieg offiziell in Deutsche Schillergesellschaft umbenannt wurde, gemacht.

Insgesamt hat Schmückle über 20 Bücher verfasst, die in nationalsozialistischen Kreisen sehr erfolgreich waren, viel gelesen und geehrt wurden. Diese behandelten vorwiegend „Antiindividualismus, Volksgemeinschaftsdenken, Antiintellektualismus, Heroisierung des deutschen Wesens, Mythisierung von Mittelalter und Bauerntum“.[7]

Nach Kriegsende wurde er wegen seiner Position als Gaukulturwart im Zuge der Entnazifizierungspolitik in der amerikanischen Besatzungszone im Lager Moosburg in Bayern inhaftiert. Am 1. April 1947 wurde er wegen Haftunfähigkeit entlassen[8] und starb am 8. September 1948 unweit seines Hofgutes Schmalzgrub bei Stötten am Auerberg mit 68 Jahren.

In der Sowjetischen Besatzungszone wurden seine Schriften Mein Leben (1936), Zeitliches und Ewiges. Die schaffende Freud, das schaffende Leid (1940), Gesammelte Werke (nur Band 6, 1940) und Die rote Maske (1944) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[9][10][11] In der Deutschen Demokratischen Republik kamen dazu noch seine Werke An der goldenen Schnur (1935) und O du Lieb in allen Winden (1940).[12]

Georg Schmückle war der Vater des Bundeswehr-Generals Gerd Schmückle und des Bühnenbildners Hans-Ulrich Schmückle.

Ehrungen

Werke

  • Haubitzen vor! (1923)
  • Die Muschel des großen Pan (1923)
  • Die schaffende Freud (1925)
  • Lichter überm Weg (1929)
  • Engel Hiltensperger. Der Roman eines deutschen Aufrührers (Historischer Roman aus der Zeit der Bauernkriege, 1930)
  • Die rote Maske (1933)
  • Karl IX. von Frankreich (1933)
  • Dämonen über uns (Schauspiel, 1934)
  • An der goldenen Schnur. Lieder von Gestern und Heute (1935)
  • Engel Hiltensperger. Schauspiel (1935)
  • Mein Leben. Plauderei vom Werdegang eines Dichters (1936)
  • Hyazinth Bißwurm oder Das Spiel vom Schwaben, der das Leberlein gefressen (1937)
  • Vittoria Accorombona (1938)
  • Zeitliches und Ewiges (1939)
  • Das Rätsel des Anton Brück und andere Geschichten (1940)
  • O du Lieb in allen Winden (1940)
  • Gesammelte Werke, Bd. 1–6 (1940)
  • Das Wunder. Legendenspiel (1940)
  • Das singende Land. Ein Lied um Ellen (1940)
  • Nero und Agrippina (1941)
  • Heinrich, König und Kaiser (Historischer Roman über Kaiser Heinrich IV., 1942)
  • Heinrich IV. (1943)

Literatur

  • Jürgen Hillesheim, Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Biographien – Analysen – Bibliographien. Königshausen und Neumann, Würzburg 1993, ISBN 3-88479-511-2.
  • Helmut Vallery: Führer, Volk und Charisma. Der nationalsozialistische historische Roman. Pahl-Rugenstein, Köln 1980, ISBN 3-7609-5055-8
  • Frank Westenfelder: Genese, Problematik und Wirkung nationalsozialistischer Literatur am Beispiel des historischen Romans zwischen 1890 und 1945. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1989, ISBN 3-631-40732-7
  • Georgia Hauber: Art. Georg Schmückle. In: Von Weimar bis Bonn. Esslingen 1919–1949. Begleitband zur Ausstellung im Alten Rathaus und an elf Stellen in der Stadt vom 15. Mai bis 18. August 1991. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1991, S. 475–477.
  • Anja Heuß: Georg Schmückle (1880–1948). In: Stadtarchiv Stuttgart (Hrsg.): Digitales Stadtlexikon, publiziert am 23. Juni 2021.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 617–618.
  • Verena Mack: Georg Schmückle (1880–1948). Jurist, Dichter, Gaukulturwart. In: Stephan Molitor (Hrsg.): Der „Schwäbische Dichterkreis“ von 1938 und seine Entnazifizierung. Begleitpublikation zu der Ausstellung des Staatsarchivs Ludwigsburg vom 5. Juni bis 6. September 2019. Kohlhammer, Stuttgart 2019, ISBN 9783170365278, S. 92–95.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Museen in Esslingen am Neckar: 52x-Archiv. Abgerufen am 14. Dezember 2018.
  2. Georgie Hauber: Georg Schmückle. In: Von Weimar bis Bonn. Esslingen 1919–1949. Esslingen 1991, S. 475–477.
  3. Georg Schmückle: Meine Jugendzeit. In: Georg Schmückle (Hrsg.): Gesammelte Werke. Band 6. Stuttgart 1944.
  4. Wien, Mittwoch den 26. März. Abendblatt. In: Neue Freie Presse. Nr. 21387, 26. März 1924, S. 2.
  5. a b Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 534.
  6. Zum Hintergrund dieser mit „üppigem Gehalt und Pensionsanspruch“ versehenen, nach außen aber als Ehrenamt deklarierten Ernennung s. Michael Ruck: Korpsgeist und Staatsbewußtsein. Beamte im deutschen Südwesten 1928–1972. R. Oldenbourg Verlag München 1996, ISBN 3-486-56197-9, S. 116 f. (online)
  7. Michael Kienzle, Dirk Mende: Anmerkungen zur Stuttgarter Theaterszene nach 1933. In: Projekt Zeitgeschichte (Hrsg.): Stuttgart im Dritten Reich. Anpassung, Widerstand, Verfolgung. Die Jahre 1933–1945. Ausstellungskatalog. Stuttgart 1984, S. 171.
  8. StAL EL 904/5, Bd. 13, Bl. 2531v–2532r.
  9. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-s.html
  10. http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-s.html
  11. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-s.html
  12. http://www.polunbi.de/bibliothek/1953-nslit-s.html
  13. Schwäbisches Heimatbuch 26 (1940), S. 120.
  14. Vom Bund für Heimatschutz zum Schwäbischen Heimatbund: Ein Neubeginn? Abgerufen am 7. März 2021.