Georg I. (Griechenland)

Georg I., König der Hellenen

Georg I. von Griechenland (griechisch Γεώργιος Α΄ τῆς ἘλλάδοςGeórgios Α tîs Helládos, geboren als Prinz Christian Vilhelm Ferdinand Adolf Georg von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg; * 24. Dezember 1845 im Gelben Palais, Kopenhagen; † 5. Märzjul. / 18. März 1913greg. in Thessaloniki) aus dem dänisch-deutschen Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg war von 1863 bis zu seiner Ermordung 1913 König der Hellenen.

Herkunft

Prinz Wilhelm mit seinen Eltern und Geschwistern 1862: (hinten von links) Friedrich, Christian, Wilhelm; (vorne von links) Dagmar, Waldemar, Louise, Thyra, Alexandra.

Prinz Wilhelm wurde am 24. Dezember 1845 als dritter Nachkomme und zweiter Sohn des Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und dessen Gemahlin Louise von Hessen in Kopenhagen geboren. Prinz Wilhelm wurde als Mitglied des herzoglichen Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, einer entfernten und unbedeutenden Nebenlinie des Hauses Oldenburg, die von König Christian III. von Dänemark und Norwegen abstammte, geboren. Gemäß den Beschlüssen des Londoner Protokolls wurde sein Vater 1853 aber zum präsumtiven Thronfolger des kinderlosen dänischen Königs Friedrichs VII. bestimmt. Folglich erhielten Wilhelm und seine Geschwister den Titel „Prinz von Dänemark“ sowie die Anrede „Königliche Hoheit“. Gemessen an damaligen Verhältnissen führten die Nachkommen des Prinzen Christian ein einfaches Leben. An der Seite seines älteren Bruders, des Prinzen Friedrich, begann Wilhelm eine Offizierslaufbahn in der Königlich Dänischen Marine.

Thronübernahme (1863)

Georg I. (1864)

Nach der Absetzung des griechischen Königs Otto aus dem Haus Wittelsbach im Jahre 1862 suchte die griechische Nationalversammlung in Europa nach einem geeigneten Nachfolger. In Übereinstimmung mit den europäischen Großmächten wählte die Nationalversammlung den damals siebzehnjährigen Prinzen Wilhelm am 18. Märzjul. / 30. März 1863greg. zum neuen König und verlieh ihm den Herrschernamen Geórgios A' (Georg I.). Angeführt von Premierminister Benizelos Rouphos und Konstantinos Kanaris trug eine griechische Delegation Wilhelm am 6. Juni 1863 die Königswürde an, wodurch die eigentümliche Situation entstand, dass dieser sein Königsamt kurz vor seinem Vater antrat, der erst am 15. November 1863 als Christian IX. dänischer König wurde.

Nach Besuchen an den Höfen in Sankt Petersburg, London und Paris, die seine Kandidatur massiv unterstützt hatten, reiste Georg am 22. Oktober 1863 an Bord des Flaggschiffs Hellas vom französischen Mittelmeerhafen Toulon nach Griechenland und zog am 30. Oktober feierlich in Athen ein.

Ehe und Nachkommen

Königin Olga und Georg

Am 15. Oktoberjul. / 27. Oktober 1867greg. heiratete Georg in der Hofkapelle des Sankt Petersburger Winterpalasts Großfürstin Olga Konstantinowna aus dem Haus Romanow-Holstein-Gottorp, eine Enkelin des russischen Zaren Nikolaus I. Sie war die Tochter des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch Romanow und dessen Gemahlin Alexandra von Sachsen-Altenburg.

Aus der Ehe gingen acht Nachkommen hervor:

⚭ 1920 Nonnie May „Nancy“ Stewart Worthington Leeds
⚭ 1929 Prinzessin Françoise Isabelle von Orléans

Enkel Georgs I. waren unter anderen die Könige Georg II. (1890–1947), Alexander I. (1893–1920) und Paul I. (1901–1964) sowie Philip, Duke of Edinburgh (1921–2021), der Ehemann der britischen Königin Elisabeth II. Urenkel Georgs I. sind unter anderen die Könige Charles III. von Großbritannien und Nordirland und Konstantin II. von Griechenland sowie Edward, 2. Duke of Kent und Prinzessin Sophia von Griechenland und Dänemark, die Ehefrau des früheren spanischen Königs Juan Carlos I.

Als König

Königliches Wappen Georgs I.
Georgs Monogramm
Georg I. auf einer späten Photographie
20 Drachmen Goldmünze von 1884 mit dem Konterfei Georg I.

In Griechenland stand zunächst die Ausarbeitung einer neuen Verfassung im Vordergrund. Als Berater und Privatsekretär hatte Georg den Dänen Wilhelm Graf Sponneck berufen, der die Verhandlungen um die Machtverteilung zwischen Parlament und Krone führte. Sponneck stieß jedoch auf den Widerstand der noch unter König Otto eingesetzten Beamten, die ihn mit der Begründung ablehnten, er sei weder Bürger noch Angestellter des Staates. Nachdem Sponneck eingebürgert und als Abgeordneter ins Parlament gewählt worden war, brachten ihm seine Offenheit und Direktheit große Popularität ein, die es ihm ermöglichte, in der neuen Verfassung große Befugnisse zulasten des Parlaments zu erwirken. Am 28. November 1864 leistete Georg den Eid auf die Verfassung, die für damalige Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf das Wahlrecht, moderne demokratische Elemente enthielt. Um seine Rolle als konstitutioneller Monarch zu betonen, wählte Georg den Titel „König der Hellenen“ anstelle von „König von Griechenland“.

Georg war entschlossen, die Fehler seines unbeliebten Vorgängers nicht zu wiederholen. Er erlernte die griechische Sprache und zeigte sich bei Spaziergängen in Athen ohne jegliches Zeremoniell äußerst volksnah. Um das ihm bisher unbekannte Land kennenzulernen, unternahm er ausgedehnte Besichtigungsreisen. Die Ehe mit einer orthodoxen russischen Großfürstin sowie die Erziehung der Nachkommen im selben Glauben stärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerung mit der neuen Dynastie.

Trotz der Verabschiedung einer neuen Verfassung blieb Griechenland innenpolitisch äußerst unruhig. Zwischen 1864 und 1910 gab es 21 Parlamentswahlen und insgesamt 70 meist kurzlebige Regierungen. Die anhaltend instabilen innenpolitischen Verhältnisse, ein korrupter Beamtenapparat und die schlechte wirtschaftliche Lage führten zum Staatsbankrott von 1893, weshalb die staatlichen Einnahmen einer internationalen Finanzkontrolle unterstellt werden mussten.

Außenpolitisch verfolgte Griechenland die Vereinigung sämtlicher von Griechen besiedelter Territorien in einem Staat (Megali Idea), was die natürliche Gegnerschaft zum Osmanischen Reich zur Folge hatte. Ein erster Erfolg war der Beitritt der bisher unter britischem Protektorat stehenden Ionischen Inseln, die 1864 an Griechenland angeschlossen wurden, wodurch die Enosis-Bewegung neuen Zulauf gewann. Als Ergebnis des Russisch-Osmanischen Krieges von 1877/78 wurden Griechenland im Vertrag von Berlin (1881) Thessalien sowie Teile des Epirus zugeschlagen. Als Georg 1885 Pläne vorantrieb, den Epirus militärisch zu erobern, sah er sich der geschlossenen Opposition der europäischen Großmächte gegenüber, worauf der geplante Feldzug abgebrochen wurde. Nach dem Ausbruch eines Aufstands der griechischen Bevölkerungsmehrheit gegen die osmanische Herrschaft auf Kreta unterstützte König Georg die Aufständischen, weshalb es 1897 zum Türkisch-Griechischen Krieg kam, in dessen Verlauf die schlecht ausgerüstete griechische Armee eine vernichtende Niederlage erlitt. Im Vertrag von Konstantinopel wurde Kreta unter internationale Kontrolle gestellt und Griechenland musste hohe Reparationszahlungen leisten.

Während der Regierungszeit Georgs wurden 1896 die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen veranstaltet, deren Schirmherr er war. Die Eröffnung fand im Athener Panathinaiko-Stadion statt, das Georg durch den Architekten Ernst Ziller, seinen Baumeister des Königs, ausgraben und später rekonstruieren ließ.

1909 zwangen aufständische Offiziere den König zu weitreichenden Reformen (Aufstand von Goudi) und zur Entlassung seiner Söhne aus der Armeespitze. Daneben gab Georg dem Druck der Offiziere nach und ernannte Eleftherios Venizelos zum neuen Premierminister. Dieser sollte in den nächsten Jahren eine dominierende Rolle in der griechischen Politik einnehmen. Venizelos schmiedete den Balkanbund als Gegengewicht zum Osmanischen Reich und zwang diesem im Oktober 1912 den Ersten Balkankrieg auf. In dessen Verlauf gelangen der von Kronprinz Konstantin befehligten griechischen Armee große militärische Erfolge. Im November 1912 zog Georg gemeinsam mit Konstantin und Venizelos feierlich im eroberten Thessaloniki ein.

Lithographie der Ermordung Georgs I.

Ermordung

Am Nachmittag des 18. März 1913 spazierte Georg wie gewöhnlich ohne nennenswerte Schutzmaßnahmen durch Thessaloniki. In Höhe des Weißen Turms schoss ihm aus später ungeklärten Gründen der Attentäter Alexander Schinas aus kurzer Distanz in den Rücken. Georg erlag unmittelbar seinen Schussverletzungen. An Bord der königlichen Jacht Amphitrite wurde der Leichnam Georgs nach Athen überführt und in der Kathedrale Mariä Verkündigung eingesegnet.

Beigesetzt wurde er auf dem Königlichen Friedhof im Park des Schlosses Tatoi. Sein ältester Sohn folgte ihm als Konstantin I. auf den Thron. Mit einer Regierungszeit von fast 50 Jahren war König Georg der am längsten amtierende griechische Monarch der Neuzeit.

Vorfahren

 
 
 
 
 
Friedrich Karl Ludwig von Schleswig-Holstein (1757–1816)
 
 
 
 
Friedrich Wilhelm von Schleswig-Holstein (1785–1831)
 
 
 
 
 
Friederike von Schlieben (1757–1827)
 
 
 
Christian IX. König von Dänemark (1818–1906)
 
 
 
 
 
 
Karl von Hessen-Kassel (1744–1836)
 
 
 
Luise Karoline von Hessen-Kassel (1789–1867)
 
 
 
 
 
Louise von Dänemark (1750–1831)
 
 
 
Georg I. von Griechenland
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Friedrich von Hessen-Kassel (Rumpenheim)(1747–1837)
 
 
 
Wilhelm von Hessen (Rumpenheim) (1787–1867)
 
 
 
 
 
Karoline Polyxena von Nassau-Usingen (1762–1823)
 
 
 
Louise von Hessen (1817–1898)
 
 
 
 
 
 
 
 
Friedrich Erbprinz von Dänemark (1753–1805)
 
 
 
Louise Charlotte von Dänemark (1789–1864)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Sophie Friederike von Mecklenburg (1758–1794)
 
 

Verschiedenes

In Frederiksberg bei Kopenhagen wurde die Straße Kong Georgs Vej nach ihm benannt.

Literatur

  • T. E. Evangelidou: Nachfolger von Otto: Geschichte des Interregnums und der Herrschaft von Georg I. (1862–1898) (Τα μετά τον Όθωνα : ήτοι ιστορία της μεσοβασιλείας και της βασιλείας Γεωργίου του Α'. (1862–1898)), Athen 1898, Seite 205 (griechisch)
  • Peter Mario Kreuter: The Flâneur of Salonica. The First Balkan War in the Private Correspondence of King George I of Greece with Fritz Peter Uldall (1847–1931), in: Romanica et Balcanica. Wolfgang Dahmen zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Thede Kahl, Johannes Kramer und Elton Prifti. München 2015, S. 761–778.
  • Gunnar Hering: Georg I. (Georgios I.), in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. München 1976, S. 26–28
  • Historical Newspaper Library, Hufvudstadsbladet, 13. November 1867, Seite 1, Spalten 2–4 (schwedisch)

Weblinks

Commons: Georg I. (Griechenland) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
Otto I.König von Griechenland
1863–1913
Konstantin I.

Auf dieser Seite verwendete Medien

King George I of Greece 1864 small.jpg
king of Hellenes George I. in 1864
George of Greece V.jpg
Georgios I, King of Greece (b.1845-d.1913)
Georgeofgreece.JPG
King George I of the Hellenes
Jorge e olga da grécia.jpg
Rei Jorge I da Grécia com a sua esposa, a Grã-duquesa Olga Constantinovna da Rússia
Christian IX of Denmark and family 1862.jpg
Christian IX of Denmark with his wife and children
1884 Griechenland Georg I..png
Autor/Urheber: D.j.mueller, Lizenz: CC BY-SA 4.0
20 Drachmen 1884 Griechenland
Assassination of George I of Greece, 1913.png
Greek lithograph depicting the assassination of King George I of Greece at Thessaloniki on 5/18 March 1913
Royal Monogram of King George I of Greece.svg
Autor/Urheber: Diese W3C-unbestimmte Vektorgrafik wurde mit Inkscape erstellt ., Lizenz: CC BY-SA 3.0
Royal Monogram of King George I of Greece
Royal Coat of Arms of Greece (1863-1936).svg
Autor/Urheber: Sodacan, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Coat of arms of the Kingdom of Greece from 1863- 1936
  • Royal Coat of Arms of Greece under the Glücksburg dynasty, created in 1863 for the new Glücksburg monarchy of Greece under King George I (Prince William of Denmark), used until 1924 when the King George II was exiled, until 1936 when the arms was replaced by a New version.
  • The Escutcheon features the white cross couped on a light blue field of Greece. The Inescutcheon features the simplified Arms of the House of Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. The shield is then topped with a golden Royal Crown.
  • It features an escutcheon divided by the red and white cross of the Order of the Danneborg, the first quarter features the arms of Denmark (three crowned blue lions and nine hearts in yellow field). The second of Schleswig (two blue lions passant in yellow field). The third of Holstein (a silver nettle leaf). The fourth of Lauenburg (a golden horse's head). Upon it is an inescutcheon divided into two, the first features the red and yellow bars of Oldenburg, the second a golden cross on a blue field of Delmenhorst.
  • The escutcheon rests on a golden pedestal and supported by two human figures representing the Greek mythological hero Herakles (Hercules), holding a wooden club and wearing the skin of the Nemean lion.
  • The escutcheon is surrounded by the ribbon and cross of the Order of the Redeemer, the cross depicts Christ Pantocrator, surrounded by the order's motto:"Η ΔΕΞΙΑ ΣΟΥ ΧΕΙΡ, ΚΥΡΙΕ, ΔΕΔΟΞΑΣΤΑΙ ΕΝ ΙΣΧΥΙ" or "Thy right hand, O Lord, is become glorious in power" from Genesis, 15:6.
  • The motto of the Coat of arms and of the dynasty, depicted on a golden ribbon below the pedestal reads: "Ἰσχύς μου ἡ ἀγάπη τοῦ λαοῦ" or "The people's love, my strength"
  • The coat of arms is then surrounded by a dark blue mantle and topped with another royal crown.