Geldmarktpapier

Geldmarktpapiere sind Wertpapiere, die ihrem Emittenten zur Beschaffung kurzfristiger Liquidität dienen und auf dem Geldmarkt gehandelt werden. Pendant sind die Kapitalmarktpapiere.

Allgemeines

Es handelt sich um Finanzinstrumente, die kurzfristig in Zentralbankgeld liquidisiert werden können, hohe Fungibilität besitzen, und ihr Emittent muss höchste Bonität aufweisen (Triple A-Rating), so dass ihr Adressenausfallrisiko vernachlässigbar ist.[1] Da die Geldmarktpapiere technisch zur Geldmenge gerechnet werden, beträgt ihre Laufzeit maximal 2 Jahre.[2][3] Bis Juni 1971 verkaufte die Deutsche Bundesbank Geldmarktpapiere mit Laufzeiten von 6–24 Monaten nur an Kreditinstitute und Sozialversicherungsträger, seitdem an alle inländischen Kaufinteressenten.[4]

Handelsobjekte

Handelsobjekte, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind Staatsanleihen wie unverzinsliche Bundesschatzanweisungen der Bundesrepublik Deutschland („Bubills“, „U-Schätze“, Laufzeit maximal 1 Jahr) als Bundeswertpapiere seit 2004 mit einer Mindeststückelung von 0,01 Euro ausgestattet. Sie weisen Laufzeiten von sechs oder zwölf Monaten auf.[5] Weitere Geldmarktpapiere sind die Geldmarktbuchforderungen der Schweiz, US-Treasury Bills, britische short-term gilts und Unternehmensanleihen aus dem Nichtbankensektor wie Einlagenzertifikate (oder Depositenzertifikate; englisch certificates of deposit, abgekürzt CD) oder Commercial Papers.[6]

Geldmarktbuchforderungen (GMBF)

werden von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und anderen öffentlichen Gebietskörperschaften in der Schweiz ausgegeben. Sie wurden erstmals 1979 emittiert und nehmen seither einen festen Platz am Schweizer Geldmarkt ein. GMBF weisen in der Regel eine Laufzeit zwischen drei und zwölf Monaten auf und werden abgezinst. Als Ergänzung zu ihrem geldpolitischen Instrumentarium führte die Schweizerische Nationalbank 2008 eigene Geldmarktbuchforderungen, sogenannte SNB Bills, ein. Diese haben eine Laufzeit zwischen einer Woche und einem Monat.

US Treasury Bills

(deutsch „US-Schatzwechsel“) werden seit dem 7. April 2008 mit einer Mindeststückelung von 100 US-Dollar[7] (davor 1.000 US-Dollar) abgezinst mit einem Disagio durch die US-Regierung ausgegeben. Sie werden vom Federal Open Market Committee auf dem Geldmarkt platziert.[8]

Einlagenzertifikate

gehören zum Passivgeschäft der Kreditinstitute und sind verbriefte Termingelder in Form eines kurz- bis mittelfristigen Wertpapiers, das als Inhaberpapier ausgestaltet ist.[9] Sie entstanden in den USA und England, können dort mit einem Festzins oder variablen Zins ausgestattet sein und sind auf dem Sekundärmarkt handelbar.[10]

Commercial Paper

sind kurzfristige unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen des US-amerikanischen Geldmarkts, die von erstklassigen Industrie- und Handelsunternehmen herausgegeben werden und Laufzeiten von bis zu 270 Tagen aufweisen dürfen.[11] Es gibt auch besicherte Geldmarktpapiere (englisch asset-backed commercial paper, Abkürzung ABCP), die durch spezielle Emissionsgesellschaften (Conduits) begeben werden. In der Regel ist ein ausgezeichnetes Rating des Emittenten Voraussetzung für die Platzierung und den Handel. Commercial Papers werden zur Deckung eines kurzfristigen Kapitalbedarfs ausgegeben.

Handelbarkeit

Sämtliche Handelsobjekte werden außerhalb der Börse gehandelt, wobei große Handelsvolumina umgesetzt werden. Deshalb kommen als Anleger lediglich institutionelle Anleger in Frage. Um die Handelsobjekte auch für Privatanleger zu erschließen, spezialisieren sich Geldmarktfonds auch auf diese Handelsobjekte. Technisch werden unverzinsliche Schatzanweisungen durch Eintragung in das Bundesschuldbuch als Wertrechte handelbar, wobei der Anleger gemäß § 6 Abs. 1 DepG einen Miteigentumsanteil am Wertpapiersammelbestand erhält.

Unter dem Sammelbegriff Short Term European Paper (STEP) wurden im Juli 2006 einheitliche Standards für europäische Geldmarktpapiere unter Aufsicht der EZB veröffentlicht, welche die Handelbarkeit vereinheitlichen sollen und dazu führen, dass die unter diesem Standard anerkannten Geldmarktpapiere Notenbankfähigkeit erlangen.

Rechtsfragen

Bei der Bilanzierung durch Kreditinstitute gelten als Geldmarktpapiere gemäß § 16 Abs. 2a RechKredV alle Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere unabhängig von ihrer Bezeichnung, sofern ihre ursprüngliche Laufzeit ein Jahr nicht überschreitet. Damit legt des Bilanzrecht engere Maßstäbe an die Laufzeit an als das mikroökonomische Aggregat der Geldmenge . Hierzu rechnen auch ausländische Geldmarktpapiere, die zwar auf den Namen lauten, aber wie Inhaberpapiere gehandelt werden (§ 7 RechKredV).

Das Bundesministerium der Finanzen wird in § 6 Abs. 3 StabG ermächtigt, Kredite über die im Haushaltsgesetz erteilten Kreditermächtigungen hinaus bis zur Höhe von fünf Milliarden Deutsche Mark, gegebenenfalls mit Hilfe von Geldmarktpapieren aufzunehmen, wenn die Erfüllung Stabilitätsziele (Magisches Viereck) gefährdet ist.

Wertermittlung

In aller Regel handelt es sich bei Geldmarktpapieren um abgezinste Schuldverschreibungen. Der Kauf- bzw. Verkaufspreis ergibt sich aus dem Nominalwert abzüglich der für die Laufzeit insgesamt anfallenden Zinsen. Er ist folgendermaßen zu berechnen:[12]

.

Der Formel liegt die Zinskonvention von 360 Tagen für das Jahr nach der deutschen Methode zugrunde; für Euromethode oder US-Methode je nach Geschäftssitz des Emittenten ist die Formel entsprechend anzupassen. Aus der Formel ergibt sich der innere Wert eines Geldmarktpapiers; sein tatsächlicher Kurswert hängt von der Marktliquidität und dem bonitätsabhängigen Credit Spread ab.[13]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hans E. Büschgen, Das kleine Börsen-Lexikon, 2012, S. 447
  2. Europäische Zentralbank, Monatsbericht 12/1999, 1999, S. 14
  3. Dirk Piekenbrock, Gabler Kompakt-Lexikon Volkswirtschaftslehre, 2009, S. 368
  4. Hubert Straub, Optimale Finanzdisposition, 1974, S. 69
  5. Unverzinsliche Schatzanweisungen ("Bubills"). Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, abgerufen am 21. Oktober 2015.
  6. Rolf Beike/Johannes Schlütz, Finanznachrichten lesen - verstehen – nutzen, 2015, S. 190
  7. Sarah Siddons: How Treasury Bills Work. In: HowStuffWorks.com. 16. Juli 2008, abgerufen am 27. Juni 2013 (englisch).
  8. Wolfgang Filc, Zinsarbitrage und Währungsspekulation, 1975, S. 88
  9. Hans E. Büschgen, Das kleine Börsen-Lexikon, 2012, S. 336
  10. Dirk Farkas-Richling/Thomas R. Fischer/Andreas Richter (Hrsg.), Private Banking und Family Office, 2012, S. 227
  11. Wolfgang Grill (Hrsg.), Gabler Bank Lexikon, 1995, S. 360
  12. Johannes Müller, Wirtschaft und Finanzmärkte, 2000, S. 105
  13. Johannes Müller, Wirtschaft und Finanzmärkte, 2000, S. 106