Garlieb Helwig Merkel

Garlieb Merkel

Garlieb Helwig Merkel (* 21. Oktoberjul. / 1. November 1769greg. in Loddiger, (Lēdurga), Gouvernement Livland, heute im Landkreis Limbaži, Lettland; † 27. Apriljul. / 9. Mai 1850greg. Depkinshof bei Riga, heute: Rāmavas muiža, Ķekavas novads) war ein deutsch-baltischer Publizist und Schriftsteller.

Leben

Da sein Vater, wegen seiner aufklärerischen Haltung als Landpastor amtsenthoben, früh starb, musste Garlieb Merkel sich sein Wissen autodidaktisch erarbeiten. Er arbeitete zunächst als Hauslehrer auf Gütern des baltischen Adels.

Früh mit dem Elend der Landbevölkerung konfrontiert, schrieb er das Buch Die Letten, vorzüglich in Liefland, am Ende des philosophischen Jahrhunderts, das 1796 in Leipzig erschien. Dieses Buch ist eine der Grundlagen der estnischen und lettischen Geschichtsschreibung.

Merkel studierte ab 1796 an der Universität Leipzig und an der Universität Jena und wandte sich 1797 nach Weimar. Er ging dann nach Frankfurt (Oder), wo er promovierte.

Er lebte von 1799 bis 1806 in Berlin; gab dort gemeinsam mit August von Kotzebue den Freimüthigen heraus, zerstritt sich allerdings mit jenem, so dass er bald der Hauptautor wurde. Mit der napoleonischen Besetzung musste er Berlin verlassen. Er ging nach Riga, von wo aus er seine antinapoleonischen Schriften weiterführte. Er war ein entschiedener Gegner der Leibeigenschaft. Seine Werke beeinflussten später die lettische nationale Bewegung. Seit 1808 besaß er den Depkinshof bei Riga.

Gegen die Restauration, die nach den Befreiungskriegen alle demokratischen Ansätze erstickte, schrieb er Über Deutschland, wie ich es nach einer zehnjährigen Entfernung wiederfand, das er als Buch erst 1818 in Riga veröffentlichen konnte, da es in Deutschland verboten wurde.

1838 gab er wegen Schwierigkeiten mit der Zensur alle journalistische Tätigkeit auf.

Ehrungen

Seit 1923 ist eine Straße in Riga, die Merķeļa iela (Merkelstraße), nach Garlieb Merkel benannt.

Schriften

  • Die Letten. 1796 in Leipzig erschienen; neu herausgegeben und kommentiert von Thomas Taterka, Verlag Harro von Hirschheydt, Wedemark 1998, ISBN 3-7777-0007-X.
  • Hume’s und Rousseau’s Abhandlungen über den Urvertrag nebst einem Versuch über Leibeigenschaft. Gräff, Leipzig 1797.
  • Sammlung von Völker-Gemälden nebst einem Versuche über die Geschichte der Menschheit. Bohn, Lübeck 1800.
  • Briefe über Hamburg und Lübeck. Hartknoch, Leipzig 1801.
  • Ist das stete Fortschreiten der Menschheit ein Wahn? 2. Aufl. Deubner und Treuy, Riga 1811.
  • Skizzen aus meinem Erinnerungsbuch. / Darstellungen und Charakteristiken. Erstmals erschienen 1812 in Riga; neu herausgegeben und kommentiert von Uwe Hentschel, Bernstein-Verlag, Bonn 2010, ISBN 978-3-939431-06-0.
  • Briefwechsel I. edition lumière, Bremen 2019. ISBN 978-3-948077-05-1.

Literatur

  • Jürgen Heeg: Garlieb Merkel als Kritiker der livländischen Ständegesellschaft. Zur politischen Publizistik der napoleonischen Zeit in den Ostseeprovinzen Rußlands. 1996.
  • Deniss Hanovs: The National Movement in Latvia in the 19th Century. The Nation as a Quasi-Religion. 2003.
  • Roger Bartlett: Nation, Revolution und Religion in der Gesellschaftskonzeption von Garlieb Merkel. In: Norbert Angermann, Michael Garleff, Wilhelm Lenz (Hg.): Ostseeprovinzen, baltische Staaten und das Nationale. Festschrift für Gert von Pistohlkors. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-9086-4, S. 147–163.
  • Aija Taimiņa (Hrsg.): Garlibs Merkelis. Handschriften, alte Drucke, grafische Werke. Lettische Nationalbibliothek, Riga 2021, ISBN 978-9934-610-09-7.
  • Michael Schwidtal: „Voll Zuversicht auf seine Kraft schwingt der König der Lüfte sich empor zu Kampf und Sieg.“ Das Schiller-Bild in Garlieb Merkels literarischer Publizistik. In: Liina Lukas (Hrsg.): Literatur in baltischen Bezügen. Jakob Michael Reinhold Lenz und Kristian Jaak Petersen. Universität, Riga / DAAD, Bonn 2007 (= Triangulum 12.2006 = Sonderheft), S. 189–212.
  • Jörg Drews (Hrsg.): „Ich werde gewiß große Energie zeigen“. Garlieb Merkel (1769–1850) als Kämpfer, Kritiker und Projektemacher in Berlin und Riga. Aisthesis, Bielefeld 2000, ISBN 3-89528-281-2.
  • Heinrich Bosse: Vom Schreiben leben. Garlieb Merkel als Zeitschriftsteller. In: Otto-Heinrich Elias (Hrsg.): Zwischen Aufklärung und Biedermeier. Elf Beiträge zum 14. Baltischen Seminar 2002. Carl-Schirren-Gesellschaft, Lüneburg 2007 (= Baltische Seminare 12), ISBN 978-3-923149-46-9, S. 211–255.
  • Jānis Stradiņš: Garlība Merķeļa „Latvieši“ un mēs. 1996.
  • Ina Ulrike Paul: Merkel, Garlieb. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 149–151 (Digitalisat).
  • Karl August Varnhagen von Ense: Testimonia auctorum de Merkelio, das ist: Paradiesgärtlein für Garlieb [Helwig] Merkel. Kölln : Hammer 1806
  • Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019338-1, S. 909–916.
  • Māra Grudule (Hrsg.): Garlieb Merkel. Mensch, Denker, Mythos (= Proceedings of the National Library of Latvia, Bd. 8). Lettische Nationalbibliothek, Riga 2021.
  • Jürgen Heeg: Die letzte Bastion politischer Publizistik im Kampf gegen Napoleon. Die Zeitschriften des Journalisten Garlieb Merkel aus Livland. 1996.
  • Biographische Skizze in: York und Paulucci. Aktenstücke und Beiträge zur Geschichte der Convention von Tauroggen. (18./30. December 1812.) Aus dem Nachlaß Garlieb Merkel’s herausgegeben von Julius Eckardt. Veit & Co., Leipzig 1865, S. 15–21 (Digitalisat im Internet Archive).
Digitalisat, Universitätsbibliothek Tartu
  • Vita Valdmane: „Die Letten“ von Garlieb Merkel. Ein Vergleich der ersten lettischen und der ersten russischen Übersetzung mit den ersten beiden deutschen Ausgaben. In: Gisela Brandt (Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im Baltikum, Bd. 3. Akademischer Verlag Hans-Dieter Heinz, Stuttgart 2003, S. 95–102.

Weblinks

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