Gangliogliom

Klassifikation nach ICD-10
D33Entartung von Ganglienzellen im Gehirn
ICD-O 9505/1
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Klassifikation nach ICD-O-3
9505/1Gangliogliom o. n. A.
Glioneurom [obs.]
Neuroastrozytom [obs.]
9505/3Anaplastisches Gangliogliom
9412/1Infantiles desmoplastisches Astrozytom
Desmoplastisches infantiles Gangliogliom DIG
ICD-O-3 erste Revision online

Das Gangliogliom ist ein langsam wachsender hirneigener Tumor, der teils neuronale aber auch gliale Zellen beinhaltet und somit zu den gemischt neuronalen/glialen Tumoren gehört. Nach der WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems werden die Gangliogliome als Grad I oder auch Grad II[1][2] (histologisch gutartige Tumoren) eingeordnet.

Symptome

Aufgrund der kortikalen Lage verursachen Gangliogliome häufig Epilepsien und sind der häufigste mit einer chronischen Temporallappenepilepsie assoziierte Tumor. Allgemein ist das klinische Erscheinungsbild durch chronische, pharmakoresistente Anfälle geprägt, die oft erst spät als Tumorleiden diagnostiziert werden.[3]

Häufigkeit und Lokalisation

Gangliogliome sind sehr selten und machen weniger als 2 % der hirneigenen Tumoren aus. Sie können im Prinzip in jeder Altersgruppe auftreten, bevorzugt aber im jungen Erwachsenenalter (etwa zwischen 9 und 25 Jahren). Bei Patienten mit chronischen therapierefraktären fokalen Epilepsien ist es hingegen die häufigste Tumorart.[3]

Histologisch ist dieser gut differenzierte neuroepithale Tumor durch neoplastische Ganglienzellen und neoplastische Gliazellen charakterisiert – im Vergleich zum Gangliozytom haben sie einen höheren Anteil an Gliazellen. Sie können prinzipiell überall im Zentralnervensystem auftreten, wobei ca. zwei Drittel von ihnen aber im Bereich des Schläfenlappens lokalisiert werden.[4]

Differentialdiagnose

Differenzialdiagnosen beinhalten unter anderem den dysembryoplastischen neuroepithelialen Tumor (DNT), das pleomorphe Xanthoastrozytom, sowie das pilozytische Astrozytom, die ebenfalls bevorzugt im Jugendalter auftreten sowie ein Rosettenbildender glioneuronaler Tumor (RGNT).

Therapie

Therapeutischer Ansatz ist die chirurgische Resektion (Entfernung) des Tumors; symptomatische Gangliogliome werden extirpiert. Bei inkompletter Resektion sind jahrelange Verläufe nach der Operation möglich; Rezidive (Wiederauftreten) kommen vor.[5]

Eine regelmäßige klinisch epileptologische Nachsorge mit Dokumentation der Anfallssituation und regelmäßige kernspintomografische Kontrollen, sind erforderlich.[6]

Anaplastisches Gangliogliom

Das anaplastische Gangliogliom ist eine maligne (gliöse) Variante des Ganglioglioms und zeichnet sich durch fehlende Differenzierung aus. Diese entstehen in der Regel aus zuvor niedriggradigen Tumoren (WHO Grad III). Sie sind auch unter den Gangliogliomen sehr selten (etwa 3–5 % aller Gangliogliome).[7] Die Rezidivrate bei dieser Form ist wesentlich höher.[8]

Die schwerste Form, das entdifferenzierte Gangliogliom, hat den WHO-Grad IV.

Desmoplastisches infantiles Gangliogliom

Aufgrund seiner charakteristischen klinischen und neuropathologischen Merkmale wurde dieser seltene Tumor in die WHO-Liste aufgenommen (1993); Grad I.[9] Dieser Tumor tritt überwiegend in den ersten beiden Lebensjahren auf und ist in den Großhirnhemisphären lokalisiert. Im Säuglingsalter fällt es durch Makrozephalie und/oder komplex fokale Anfälle auf.[4] Weiteres siehe unter Desmoplastisches infantiles Gangliogliom.

Einzelnachweise

  1. Gliome. auf den Seiten der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Universitätsmedizin Greifswald
  2. Gangliogliom des Gehirns WHO Grad 1-2. (Memento des Originals vom 9. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.medrapid.info Definition bei medrapid.info
  3. a b Uwe Schlegel, Michael Weller, Manfred Westphal: Neuroonkologie. 2., überarb. u. erw. Auflage. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-109062-6, S. 28/29.
  4. a b Thomas J. Vogl, Wolfgang Reith, Ernst J. Rummeny: Diagnostische und interventionelle Radiologie. 1. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-87667-0, S. 166/167.
  5. Peter Berlit: Klinische Neurologie. 3., erw. und vollst. überarb. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-16919-9, S. 702.
  6. Peter Berlit: Therapielexikon Neurologie. 1. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg 2004, ISBN 3-540-67137-4, S. 482/483.
  7. Uwe Schlegel, Michael Weller, Manfred Westphal: Neuroonkologie. 2., überarb. u. erw. Auflage. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-109062-6, S. 226.
  8. Dieter-Karsten Böker, H.-D. Mennel, Paul Hermanek: Klassifikation maligner Tumoren des ZNS und der Augen. 1. Auflage. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-42620-5, S. 31/32.
  9. S. Hahn, W. Schmiegel, Detlev Ganten, Klaus Ruckpaul: Molekularmedizinische Grundlagen von nicht-hereditären Tumorerkrankungen. 1. Auflage. Springer, 2002, ISBN 3-540-41577-7, S. 16.

Literatur

  • Uwe Schlegel, Michael Weller, Manfred Westphal: Neuroonkologie. 2., überarb. u. erw. Auflage. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-109062-6, S. 28/29.

Weblinks