Gáspár Károlyi

Denkmal von Gáspár Károlyi in Gönc

Gáspár Károlyi (* um 1529 in Großkarol (ung. Nagykároly, rum. Carei), Komitat Szathmar, Königreich Ungarn; † 3. Januar 1592 in Gönc, Königreich Ungarn) war ein ungarischer protestantischer Theologe und Bibelübersetzer.

Leben

Herkunft und Werdegang

Gáspár Károlyi[1] hieß ursprünglich Radics[2], da seine Eltern vor den Bedrohung durch das Osmanische Reich aus den (ehemaligen) südlichen Komitaten Ungarns[3] in das Komitat Sathmar flüchteten. Dem Namen nach handelte es sich bei den Eltern um eine serbische Familie, die während der Reformation zum Protestantismus konvertierte. Die Grundschule besuchte er in seiner Geburtsstadt sowie in siebenbürgischen Kronstadt. 1556 immatrikulierte er sich unter dem Namen Caspar Carolus Pannonius an der theologischen Fakultät der Universität Wittenberg. Nach seiner Rückkehr nach Ungarn stand er unter dem Patronat von Dominik (ung.Domokos) Dobó, dem Bruder des bekannten Burghauptmanns István Dobó. Durch dessen Protektion erhielt er die Predigerstelle in Gönc. Wie die Mehrheit der ungarischen Protestanten schloss er sich der Reformierten Kirche an und wurde 1564 Dekan des nordöstlichen Kirchendistrikts, später Superintendent. In dieser Zeit musste er, gemeinsam mit dem Bischof der Péter Méliusz (* 1532, † 1572) schwere Glaubenskämpfe mit den Vertretern des ungarischen Unitarismus, der hauptsächlich von den Theologen Ferenc Dávid (* 1510, † 1579) Lukács Egri († 1574) vertreten wurde, ausfechten.[4] Am 22. Januar 1566 berief er eine Synode nach Gönc ein, welche die Stärkung des reformierten Glaubens zu Ziele hatte. Eine weitere Synode berief er am 24. Februar 1567 nach Debrczin ein.[5]

Károlyi musste auch mehrere schwere persönliche Schicksalsschläge erdulden. 1586 verlor er während eine Epidemie seine (zweite) Ehefrau samt seinen drei Kindern.

Titelseite der Erstausgabe (1590)

Gáspár Károlyi starb am 3. Januar 1592 in Gönc und wurde am dortigen Pfarrfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Seine Grabinschrift lautete:

Ein Sproß der Károlyis, eine Herberge bot ihm Wittenberg, die Kanzel und das Grab bot ihm Gönc, dem Einmaligen.

Der Bibelübersetzer

Neben zahlreichen theologischen Schriften gilt seine Bibelübersetzung – nach dem Muster der von deutschen Reformatoren übersetzten Lutherbibel – in die ungarische Sprache als Károlyis Hauptwerk. Martin Luther galt zeitlebens als sein Vorbild. Im Jahre 1586 begann er – mit zwei gleichgesinnten ungarischen protestantischen Theologen – mit den drei Jahre dauernden Übersetzungsarbeiten, die von den damaligen Hauptmann der Burg Erlau Sigismund Rákóczi und dem Obersten Landesrichter Ungarns Stephan (István) Báthori (* 1555, † 25. Juli 1605) unterstützt und gefördert wurden. Es war die erste vollständige Übersetzung der Bibel in die ungarische Sprache. Den Buchdruck besorgte Bálint Mantskovits der in Vizsoly eine Offizin betrieb.[6] Im Juli 1590 erschien die gesamte Bibel (mit Apokryphen) in einer Gesamtauflage von 700 Exemplaren.[7]

Eine zweite und dritte Auflage[8] wurde von Albert Molnár von Szenc (dt. Wartberg) in Hanau (1608)[9] und Oppenheim (1612) herausgegeben.[10]

Eine weitere Redaktion der Bibel nahm der Siebenbürger Miklós Misztótfalusi Kis in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor. Im Jahre 1685 gab er die Károly Bibel in seiner eigenen Druckerei in Amsterdam heraus. Die Auflage betrug 3500 Exemplare, die er auf eigene Kosten druckte.

Von der Erstauflage sind gegenwärtig noch 51 Exemplare bekannt: 20 befinden sich in Ungarn, 14 in Siebenbürgen, 1 Exemplar in Wien.[11] Bei den noch heute existierenden Exemplaren handelt es sich um Raritäten, die bei Buchauktionen Rekordpreise erzielen. 2001 erzielte ein Exemplar bei einer Aktion in London einen Höchstpreis von 26 Millionen Forint.

Seither hat diese Bibel – die unter den Namen „Károli-Bibel“ (ung. Károli-Biblia) im gesamten ungarischen Sprachraum bekannt wurde – über 100 Auflagen erreicht. Ähnlich wie in Deutschland die Lutherbibel übte die Bibel von Vizsoly einen maßgebenden Einfluss auf die Entwicklung der Ungarischen Schriftsprache und Literatur aus. Zahlreiche bedeutende Literaten (z. B. János Arany, Endre Ady etc.) schöpften sprachlich aus dem Reichtum dieser Bibelübersetzung.[10]

Ein Exemplar der Erstausgabe befindet sich in der Reformierten Kirche zu Vizsoly, die nach 1960 renoviert wurde und an die auch ein kleines Bibelmuseum angeschlossen ist.[12]

Nachwelt

Diese revolutionäre Bibelübersetzung Károlyis wird auch heute noch hoch geschätzt. Károly zu Ehren schuf der ungarische Bildhauer Lajos György Mátrai (* 6. März 1850 in Pest, † 15. Oktober 1906 in Budapest) eine Skulptur des ungarischen Reformators, die im Jahre 1890 in Gönc enthüllt wurde. Zahlreiche Schulen, Straßen und Plätze wurden nach Károlyi benannt. Auch die heutige Evangelisch-Reformierte theologische Universität von Budapest (ung. Károli Gáspár Református Egyetem) trägt seinen Namen. Sie wurde 1855 gegründet, erhielt 1900 den Status einer Universität und wurde 1993 in mehrere Fakultäten aufgeteilt.[13]

Ein Asteroid wurde 2023 nach ihm benannt: (547612) Károligáspár.

Literatur

  • András Szabó: Die Bibel von Vizsoly. In: Joachim Bahlcke, Stefan Rohdewald, Thomas Wünsch: Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa: Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, Walter de Gruyter, 2013, ISBN 978-3-050-09343-7, S. 372–376
  • Pál Ács: Studium und Übersetzung der Bibel in Ungarn zur Zeit der Reformation (1540–1640). In: Alberto Melloni (Hrsg.): Martin Luther: Christ Zwischen Reformen und Moderne (1517-2017), Walter de Gruyter, 2017, ISBN 978-3-11049825-7 (PDF)
  • Magyar Életrajzi Lexikon (MEL), Budapest 1981, ISBN 963 05 2498 8, Bd. 1, S. 868 (ungarisch).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Von manchen Historikern wird sein Name auch Karoli geschrieben
  2. anderen Quellen zufolge: Radicsics
  3. Es handelt sich um das Gebiet der heutigen Vojvodina in Serbien.
  4. Im 16. Jahrhundert breitete sich der Unitarismus infolge der Verbreitung der radikalen Reformation in ganz Europa aus. Es handelt sich hierbei um eine theologische Auffassung, welche die Trinitätslehre ablehnt.
  5. zit. nach Szinnyei Életrajzi Lexikon (siehe Weblinks)
  6. Die Ortschaft gehörte Stephan Báthori und seiner Frau Euphrosina Homonnay – Drugeth. 1588 wurde hier eine der ältesten Druckereien des Königreich Ungarns gegründet, um diese neue Bibelübersetzung drucken zu können. Deshalb wurde die protestantische Bibel unter den Namen „Bibel aus Vizsoly“ (ung. Vizsolyi biblia) bekannt. Seither wurden zahlreiche Neuauflagen gedruckt; noch heute gilt sie als die maßgebende Bibel der Reformierten sowie Evangelisch-Lutherischen Kirche Ungarns.
  7. Pál Ács: Studium und Übersetzung der Bibel in Ungarn zur Zeit der Reformation (1540–1640); in: Alberto Melloni: Martin Luther: Christ Zwischen Reformen und Moderne (1517-2017), Walter de Gruyter, 2017, ISBN 978-3-11049825-7
  8. Bei diesen Auflagen handelte es sich um von Albert Molnár verbesserte und teilweise überarbeitete Auflagen.
  9. Anderen Angaben zufolge soll die zweite Auflage in Marburg an der Lahn erschienen sein, wo sich Albert Molnár auf Einladung des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel zwischen 1607 und 1611 aufhielt.
  10. a b MEL, S. 868 (siehe Literatur)
  11. Österreichische Nationalbibliothek; Signatur: Nat 3 Olim: Debrecen, ref.coll.
  12. András Szabó: Die Bibel von Vizsoly, in: Joachim Bahlcke, Stefan Rohdewald, Thomas Wünsch: Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa: Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, Walter de Gruyter, 2013, ISBN 978-3-050-09343-7, S. 372–376
  13. Geschichte der KER Károli Gáspár University of the Reformed Church in Hungary (englisch)

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Károli szobra 1890-38.JPG
Statue of Gáspár Károli in Gönc
Vizsolyi biblia.jpg

A Biblia első teljes magyar nyelvű fordítása - a Vizsolyi Biblia. Fordították: Károlyi Gáspár és társai. Vizsoly, 1590.

SZENT Biblia, az az Istennec O es Wy testamentvmanac prophétác es apostoloc által meg iratott szent könyuei. Magyar nyelwre fordittatott [Károlyi Gáspár és mások által] egészben és wijonnan az Istennec Magyar országban való anya szent egyházánac épülésére. Visolban MDXC Mantskovit