Fritz Streletz
Fritz Streletz (* 28. September 1926 in Friedrichsgrätz, Kreis Oppeln, Regierungsbezirk Oppeln, Provinz Oberschlesien) ist ein ehemaliger deutscher Generaloberst. Er war stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung, Chef des Hauptstabes der Nationalen Volksarmee und Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates. Als Mitverantwortlicher für die Todesopfer an der Berliner Mauer wurde er wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Leben
Fritz Streletz besuchte von 1933 bis 1941 die Volksschule in Friedrichsgrätz und Eschenrode. Er absolvierte von 1941 bis 1943 die Unteroffiziervorschule in Deggendorf und diente seit 1944 bis 1945 als Unteroffizier in der Wehrmacht. Von Februar 1945 bis Oktober 1948 war Streletz in sowjetischer Gefangenschaft.
Im Oktober 1948 trat er in die Deutsche Volkspolizei (DVP) ein, begann seinen Dienst als Wachtmeister in der VP-Bereitschaft in Zerbst, schlug die Offizierslaufbahn ein und brachte es bis 1956 zum Oberst der Kasernierten Volkspolizei.[1]
Ab 1948 war er Mitglied der SED. 1951/1952 absolvierte er einen Lehrgang für Regimentskommandeure in der UdSSR. Von 1959 bis 1961 studierte er an der Generalstabsakademie in der UdSSR, danach war er von 1961 bis 1964 Chef des Stabes im Militärbezirk III (Leipzig).
Streletz wurde 1964 zum Generalmajor ernannt und war von 1964 bis 1978 Stellvertreter des Chefs des Hauptstabes der NVA und Chef der operativen Verwaltung. 1969 erfolgte seine Beförderung zum Generalleutnant. Von 1971 bis 1989 war er als Nachfolger von Erich Honecker Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates. Am 1. Januar 1979 wurde er zum Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und Chef des Hauptstabes berufen und am 7. Oktober 1979 zum Generaloberst befördert.
Von 1979 bis zum 31. Dezember 1989 diente er auch als Stellvertreter des Oberkommandierenden der Streitkräfte des Warschauer Paktes.
Streletz gehörte von 1981 bis 1989 als Mitglied dem ZK der SED an. Er verteidigte die gewaltsame Abgrenzung der DDR gegenüber dem Westen bis ins hohe Alter.
Verurteilung wegen Totschlags
Am 20. Mai 1991 wurde Streletz im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin verhaftet. Er verbrachte daraufhin insgesamt 28 Monate in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit und wurde erstmals am 2. Februar 1992 angeklagt. Der Prozess vor dem Landgericht Berlin begann am 12. November 1992. Streletz wurde vom Landgericht Berlin als Mitverantwortlicher des Grenzregimes an der Berliner Mauer in den Mauerschützenprozessen der Anstiftung zum Totschlag für schuldig befunden und am 16. September 1993 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.[2] Die Revision der Staatsanwaltschaft führte zu einer Verurteilung durch den Bundesgerichtshof wegen Totschlags bei unverändertem Strafmaß. Im März 2001 wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Beschwerde von Streletz zurück.[3] Am 25. Oktober 1997 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen.
Privates
Fritz Streletz war verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Seine Ehefrau starb im Jahr 2013.[4]
Orden, Ehrenzeichen und Auszeichnungen
Deutsche Demokratische Republik
- Karl-Marx-Orden
- Vaterländischer Verdienstorden in Bronze, Silber, Gold und Ehrenspange zu Gold
- Scharnhorst-Orden (zweimal verliehen)
- Kampforden „Für Verdienste um Volk und Vaterland“ in Bronze
- Held der Arbeit
- Verdienter Angehöriger der Nationalen Volksarmee
- Verdienter Volkspolizist der Deutschen Demokratischen Republik
- Verdienstmedaille der DDR
- Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Gold (viermal verliehen)
- Verdienstmedaille der Organe des Ministeriums des Innern in Gold
- Verdienstmedaille der Kampfgruppen der Arbeiterklasse in Gold
- Verdienstmedaille der Deutschen Reichsbahn Stufe III
- Ehrenzeichen der Deutschen Volkspolizei
- Medaille für vorbildlichen Grenzdienst
- Medaille der Waffenbrüderschaft in Gold (zweimal verliehen)
- Medaille 30. Jahrestag der Gründung der DDR
- Medaille für treue Dienste in der Nationalen Volksarmee in Bronze, Silber, Gold und Sonderstufe
- Medaille für treue Dienste in der Kasernierten Volkspolizei
Übrige
- Rotbannerorden der UdSSR
- Orden der Völkerfreundschaft
- Orden der Wiedergeburt Polens 4. Klasse
- Orden Roter Stern ČSSR
- Orden für militärische Verdienste 1. Klasse der SFR Jugoslawien
- Rafidain-Orden 3. Klasse der Republik Irak
- Verdienstorden der Arabischen Republik 1. Klasse
- Polnische Medaille der Waffenbrüderschaft Volksrepublik Polen
- Medaille „Für die Festigung der Waffenbrüderschaft“ 2. Klasse ČSSR
- Medaille „Für die Festigung der Waffenbrüderschaft“ (Volksrepublik Bulgarien)
- Ungarische Medaille der Waffenbrüderschaft in Gold (Volksrepublik Ungarn)
- Medaille „30. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945“
- Medaille „60 Jahre Streitkräfte der UdSSR“
- Medaille „30. Jahrestag des Slowakischen Aufstandes“
- Medaille „30. Jahre Bulgarische Volksarmee“
- Medaille „50. Jahrestag der Mongolischen Volksarmee“
Schriften
- mit Heinz Keßler: Die Verbrechen der NATO. Spotless-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-933544-29-7.
- mit Heinz Keßler: Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben. Zwei Zeitzeugen erinnern sich. Edition Ost, Berlin 2011, ISBN 978-3-360-01825-0.
Literatur
- Roman Grafe: Deutsche Gerechtigkeit. Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlsgeber. Siedler, München 2004, ISBN 3-88680-819-X.
- Klaus Froh, Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA. Ein biographisches Handbuch. 4. Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3.
- Helmut Müller-Enbergs: Streletz, Fritz. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Armin Wagner: Fritz Streletz – Die Graue Eminenz im Strausberger Verteidigungsministerium. In: Hans Ehlert, ders. (Hrsg.): Genosse General! Die Militärelite der DDR in biografischen Skizzen (= Militärgeschichte der DDR, Band 7). Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Ch. Links, Berlin 2003, ISBN 3-86153-312-X, S. 553–588.
Weblinks
- Literatur von und über Fritz Streletz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Fritz Streletz auf ddr-wissen.de
- Fritz Streletz Internationales Biographisches Archiv 27/2001 vom 25. Juni 2001 (lm). Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 19/2011, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Einzelnachweise
- ↑ Armin Wagner: Fritz Streletz – Die Graue Eminenz im Strausberger Verteidigungsministerium. In: Hans Ehlert, ders. (Hrsg.): Genosse General! Die Militärelite der DDR in biografischen Skizzen (= Militärgeschichte der DDR, Band 7). Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Ch. Links, Berlin 2003, ISBN 3-86153-312-X, S. 553–588, hier S. 560.
- ↑ Bundesverfassungsgericht - Presse - Informationen über das Verfassungsbeschwerde-Verfahren „Strafgerichtliche Verurteilungen im Zusammenhang mit der Tötung von DDR-Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze”. Abgerufen am 15. September 2023.
- ↑ Klaus Marxen: Strafjustiz und DDR-Unrecht: Amtsmissbrauch und Korruption. Walter de Gruyter, 2002, ISBN 9783110174403, S. 366. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Traueranzeige. In: Märkische Onlinezeitung, 20. April 2013, abgerufen am 27. August 2024.
Personendaten | |
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NAME | Streletz, Fritz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Militär, Stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung, Chef des Hauptstabes der NVA und Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates |
GEBURTSDATUM | 28. September 1926 |
GEBURTSORT | Friedrichsgrätz, Landkreis Oppeln |
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-1982-0212-302 / CC-BY-SA 3.0
ADN-ZB/Brüggmann/12.2.82 [Herausgabedatum] Generaloberst Fritz Streletz, Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung der DDR und Chef des Hauptstabes.
[Porträt Fritz Streletz]
Abgebildete Personen:
- Streletz, Fritz: Generaloberst, stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung, DDR (GND 123442362)