Friedrich Gollert

Friedrich Gollert (* 2. Dezember 1904 in Neuruppin; † 7. Januar 1960 in Berlin) war deutscher Rechtsanwalt und Verwaltungsjurist. Als SS-Offizier war er im deutsch besetzten Polen ab August 1944 Amtsleiter des Distrikts Warschau.

Werdegang

Gollerts Vater war Fabrikant und Stadtrat in Neuruppin. Nach dem Abitur studierte er an der Philipps-Universität Marburg Rechtswissenschaft. Am 26. Januar 1924 wurde er im Corps Teutonia zu Marburg recipiert.[1][2] Als Inaktiver wechselte er an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Er bestand 1927 das Referendarexamen und wurde im selben Jahr zum Dr. iur. promoviert.[3] Nach Studienende wurde er als Rechtsanwalt tätig. 1930–1933 war er Mitglied der Deutschen Volkspartei. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten trat er zum 1. November 1933 der SS bei (SS-Nummer 204.302), in der er SS-Untersturmführer wurde.[4] 1935 vertrat er trotz Pressionen von führenden NS-Funktionären vor dem Amtsgericht Neuruppin den Generalsuperintendenten Otto Dibelius in einem Zivilprozess im Zuge einer Verleumdungsklage gegen einen Pfarrer und SA-Standartenführer Falkenberg.[5]

Nach dem Überfall auf Polen wurde er als Angehöriger eines Polizeiregiments in Warschau stationiert. Er wurde 1940 zur Justizabteilung des Distrikts Warschau im Generalgouvernement versetzt, wo er als Referent tätig wurde. Zudem wurde er 1941 persönlicher Referent des Distriktgouverneurs Ludwig Fischer. Der NSDAP trat er zum 1. Januar 1941 bei (Mitgliedsnummer 8.691.812).[6] Ab Frühjahr 1942 leitete er das Amt für Raumordnung bei der Verwaltung des Distrikts Warschau.[4] Gollert äußerte sich Ende März 1943 im nationalsozialistischen Sinne über das künftige Schicksal von Polen und u. a. „Radikalmittel“ zu deren Beseitigung: „Das sind nicht nur die polnischen Fanatiker, die natürlich restlos ausgemerzt werden müssen, sondern weiterhin alle asozialen Elemente, alle Kranken und sonstigen Personen, die auch arbeitsmäßig für unsere Interessen nicht in Frage kommen“.[7] Er folgte im August 1944 dem während des Warschauer Aufstandes umgekommenen Herbert Hummel als Amtschef im Distrikt Warschau nach und bekleidete dieses Amt bis zum kriegsbedingten Rückzug der deutschen Besatzer Anfang 1945.[4] 1945–1955 war er in Haft der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik. Danach war er wieder als Jurist im noch ungeteilten Berlin tätig.[8]

Schriften

  • Zwei Jahre Aufbauarbeit im Distrikt Warschau / Friedrich Gollert. Im Auftr. d. Gouverneurs d. Distrikts Warschau Ludwig Fischer nach amtl. Unterlagen zsgest. u. bearb., Deutsche Buchh., Warschau 1941
  • Warschau unter deutscher Herrschaft : Dt. Aufbauarbeit im Distrikt Warschau / Friedrich Gollert. Im Auftr. d. Gouverneurs d. Distrikts Warschau Ludwig Fischer, unter Benutzg amtl. Unterlagen bearb., Burgverl. Krakau, Krakau 1942
  • Dibelius vor Gericht. Beck, München 1959

Siehe auch

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Stephan Lehnstaedt: Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk. 1939-1944, ISBN 978-3-486-59592-5, Oldenbourg, München 2010

Einzelnachweise

  1. 1156 Gollert, Friedrich, Blaubuch des Corps Teutonia zu Marburg 1825 bis 2000, S. 297
  2. Kösener Corpslisten 1996, 171/1162.
  3. Dissertation: Art. 119 Ziff. 1 EGBGB und die Landesgesetzgebung.
  4. a b c Stephan Lehnstaedt: Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk. 1939-1944, ISBN 978-3-486-59592-5, Oldenbourg, München 2010, S. 64
  5. Friedrich Zipfel: Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945: Religionsverfolgung und Selbstbehauptung der Kirchen in der nationalsozialistischen Zeit. De Gruyter, Berlin 1965, S. 98
  6. Bundesarchiv R 9361-III/526826
  7. Zitiert nach Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2007, S. 192.
  8. Johann Friedrich Geist: Planung in Polen im Nationalsozialismus, Hochschule der Künste Berlin 1996, S. 70