Francesco della Torre

Haus der Fam. Torre, Prager Altstadt, Zur schwarzen Kugel

Francesco della Torre (* 1627 in Ramponio am Luganersee, Diözese Como; † 28. September 1687 in Prag) war königlich Prager Hofsteinmetzmeister unter König Leopold I. von Böhmen, und Bildhauer des Barock.

Leben

Die Della Torres waren ein italienisches Patriziergeschlecht und im 13. Jahrhundert Herren von Mailand. Ob eine verwandtschaftliche Verbindung zu diesen besteht, ist freilich zweifelhaft.

Francesco della Torre war der Sohn des Baumeisters Bartolomeo della Torre, der ab 1636 die früheste Barockkirche Ungarns, die St.-Ignatius-Kirche zu Raab (Győr) errichtete. Ihre Grundrissanordnung und Innengestaltung folgte der Wiener Norm. Ein älterer Bruder Francescos, Giacomo, wurde Steinmetzmeister und arbeitete dort mit dem Vater.

Lehre in Kaisersteinbruch

Die Brüder erlernten das Steinmetzhandwerk beim Meister Hieronymus Bregno. Ihr Lehrherr war sowohl Bruder der Wiener Steinmetzhütte als auch Mitglied der Bruderschaft im kaiserlichen Steinbruch am Leithaberg, einer italienisch, schweizerischen Künstlerkolonie. Francesco wurde am 24. September 1641 Lehrling, Bürgen waren die Meister Giacomo Bonade und Giacomo Orsolino. Beide kamen auch aus Ramponio/Verna, Bonade entstammte einer Baumeister-, Maurer- und Steinmetzfamilie. Sie arbeiteten viel in Prag, Orsolino als Steinmetz beim Palais Waldstein nahe der Prager Burg, so wurden sie Wegweiser für Francescos beruflichen Weg. Am 10. Juni 1646 erfolgte seine Freisprechung zum Gesellen.

Die Jesuiten vom Kollegium in Raab (Győr) erwähnten 1646 in ihren Aufzeichnungen das Haus, in dem der Erbauer ihrer Kirche, der Baumeister Bartolomeo della Torre, wohnte. Die Arbeiten wurden mit dem Ordenshaus fortgesetzt. Im frühest erhaltenen Vertrag von 1652 beauftragte der Rektor des Jesuitenkollegs den Baumeister und Sohn Giacomo mit dem Bau des ersten Stockes des Gebäudes.

Francesco war mit Francisca Carlonin, Tochter des Wiener Stadtbaumeisters Silvestro Carlone, verheiratete, wobei das genaue Datum unbekannt ist, es muss wohl um 1653 geschehen sein, da Torre erstmals als Meister bezeichnet wird. Der 1671 verstorbene Schwiegervater arbeitete bei der Schotten- und Michaelerkirche.

Bunt gemischt war in den Jahren 1650 bis 1680 die Zusammensetzung des Prager Bauhandwerkerstandes. Italiener, Deutsche aller Staaten, Niederländer, Tschechen, Polen, teilten sich den immer anspruchsvoller werdenden Markt untereinander auf. Das stärkste Kontingent stellten natürlich die Welschen. Einige als Architekten, Baumeister und Steinmetzen ansässige Italiener waren: Dionysios Miseroni, Santino Bussi, Carlo Lurago, Dominico Rossi, Francesco Caratti.

Prager Hofsteinmetzmeister

Francesco della Torre und sein befreundeter Mitmeister Giovanni Battista Passerini hatten 1653, spätestens nach Pietro Maino Madernos Ableben den Kaisersteinbruch verlassen. Dort beantwortete das Stift Heiligenkreuz als Obrigkeit die Freiheitsbestrebungen der Steinmetzbruderschaft mit einer „adeligen Kommission“, die sämtliche Forderungen von Abt Michael Schnabel sanktionierte. Bereits im selben Jahr arbeiteten beide Meister als wichtige Mitarbeiter in der Prager Baugesellschaft des Carlo Lurago beim Großauftrag der Jesuiten in Prag, dem Clementinum.

Gemeinsam erhielten sie am 30. Oktober 1663 die Prager Bürgerurkunde. Zeugen waren Dominico Rossi, Architekt beim Czernin-Palast und Orsi de Orsini, Architekt beim Clementinum usw.

In den folgenden Jahren kaufte Meister Francesco in der Prager Altstadt das Haus Zur schwarzen Kugel, wurden die Kinder in der Teynkirche getauft. Mit Lurago waren sie bei verschiedenen Baustellen tätig, sie wissen aber die Orth eigentlich nicht mehr alle zu nennen, sey es zu Komotau, Jesuitenkirche, bey dem Herrn Grafen Czernin zu Prag, bey denen Jesuiten, im Clementinum ... Torre wurde 1667 königlicher Prager Hofsteinmetzmeister.

Passauer Dom

Im Jahr darauf übertrug ihm Fürsterzbischof Wenzeslaus Graf Thun unter Carlo Luragos Gesamtleitung sämtliche Steinmetzarbeiten beim barocken Wiederaufbau des Passauer Domes. Die endgültige Verrechnung beim Dom zu Passau gestaltete sich schwierig, erfolgte erst am 11. Februar 1688, also nach seinem Ableben, mit seinen Söhnen. Viele seiner Kollegen waren bereits vorher verstorben, zum Beispiel Passerini († 1678) und Lurago († 1684).

Der Brunnen im 2. Hof der Prager Burg war seine letzte große Arbeit. Die Figuren wurden vom Bildhauer Hieronymus Kohl gestaltet. Der Steintransport erfolgte durch das königliche Hofgespann. Torre erhielt 1.800 Gulden + Lieferung. Die erste Wasserfüllung und Inbetriebnahme fand am 4. Juli 1686 statt.

Sein Sohn Giovanni Pietro della Torre übernahm das Amt des königlichen Hofsteinmetzen am Prager Hof und legte das Jurament am 3. November 1688 ab.

Sein Name ist auf der Schriftrolle des Kaisersteinbrucher Sonnenuhr-Pfeilers von Bildhauer Alexandru Ciutureanu eingemeisselt.

Werke

  • um 1647: Jesuiten-Ordenshaus in Raab/Győr
  • 1653: Prager Clementinum, Jesuitenkolleg
  • 1662–1663: Hradschin, Adlerbrunnen im 3. Hof der Prager Burg (Standort mehrmals verändert) Plan Francesco Caratti
  • 1668–1688: Passauer Dom, Architekt Carlo Lurago, sämtliche Steinmetzarbeiten
  • 1669: letzte Arbeiten bei der St. Ignatius-Kirche und Ordenshaus in Raab/Győr, nach dem Tod des Bruders Giacomo am 29. September 1669, mit Architekt Christian Fahrnleitner
  • 1675–1679: Hradschin, Erzbischöfliche Residenz in Prag, Architekt Jean Baptiste Mathey
  • 1675: Jesuitenschule mit Theatersaal in Raab/Győr
  • 1676: Brunnen im Rebenhof des Clementinums, mit Passerini sen.
  • Juli 1680: Brand in Passau, neuerlich Steinmetzarbeiten am Dom
  • 1685/1686: Brunnen im 2. Hof der Prager Burg

Archivalien

Literatur

  • Johann Joseph Morper: Der Prager Architekt Jean Baptiste Mathey (Matthaeus Burgundus). Studien zur Geschichte des Prager Barock. In: Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst. N. F. Band 4, 1927, S. 99–228. (auch separat, (Digitalisat))
  • Erich Hubala, Die Kunst des 17. Jahrhunderts, Renate Wagner-Rieger, Architektur und Plastik in Zentraleuropa, Prag, Kreuzherrenkirche S. 286, Prag, Clementinum S. 295, Propyläen Kunstgeschichte Bd. 9, 1984
  • Pavel Preiss: Italsti umelci v Praze. (Italienische Künstler in Prag). 1986, DNB 997780339.
  • Petr Voit: Prazské Klementinum. Prag 1990, ISBN 80-901092-4-1.
  • Pavla Vlcka und Autorenteam: Umelecké památky Prahy, Staré mesto, Josefov. Academia Prag, 1996, isbn ISBN 80-200-0563-3.
  • Franco Cavarocchi: Die Passauer Domkünstler aus dem Intelvi-Tal. In: August Leidl (Hrsg.): Der Passauer Dom : Festschrift zur Vollendung der ersten Gesamtinnenrenovierung seit dem barocken Wiederaufbau. Passau 1980, OCLC 604267084, S. 135–165.
  • Ludger Drost: Der Passauerdom des Carlo Lurago. Magisterarbeit. 1992.
  • Andrásne Kászony: Bartolomeo della Torre Baumeister des Jesuitenkollegs in Raab. Deutsche Übersetzung Maria Sándor. 1963.
  • Pál Voit: Der Barock in Ungarn. Budapest 1971.
  • Otto E. Plettenbacher: Geschichte der Steinmetze von Wien im 17. Jahrhundert. Eine wirtschafts- und kulturhistorische, als auch soziologische Untersuchung. Preisliste von 1688, Satzordnung der Steinmetzarbeiten. Dissertation. Universität Wien 1960.
  • Alexander Hajdecki: Die Dynastien-Familien der italienischen Bau- und Maurermeister der Barocke in Wien. In: Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines zu Wien. Band 39, 1906, S. 52. (Digitalisat)
  • Heimatort Ramponio d´Intelvi, Familien Passerini und della Torre. In: Helmuth Furch: Mitteilungen des Museums- und Kulturvereines Kaisersteinbruch. Nr. 47, 1997, S. 13–64.
  • Der Adlerbrunnen im 3. Hof der Prager Burg, Architekt Francesco Caratti, Steinmetz Francesco della Torre. In: Helmuth Furch: Mitteilungen des Museums- und Kulturvereines Kaisersteinbruch. Nr. 52, 1998, S. 55–66.
  • Max Pfister, B. Anderes: Repertorium Tessiner Künstler. Der vergessene grösste Kulturbeitrag der Schweiz an Europa. 2 Bände. 1994, OCLC 636448161.
  • Torre della Francesco. In: Helmuth Furch: Historisches Lexikon Kaisersteinbruch. Band 2, 2004, ISBN 3-9504555-8-2. (Digitalisat)
  • Helmuth Furch: Die Bruderschaft der Kaisersteinbrucher Steinmetzmeister. Kaisersteinbruch 2007.

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