Francesco Erizzo

Porträt des Dogen Francesco Erizzo von Bernardo Strozzi, um 1635

Francesco Erizzo (* 18. Februar 1566 in Venedig; † 3. Januar 1646 ebenda) war, folgt man der staatlich gesteuerten Geschichtsschreibung der Republik Venedig, ihr 98. Doge. Er regierte von 1631 bis 1646.

Bei seinem Amtsantritt wütete die letzte der großen Pestepidemien, die die Stadt seit dem 14. Jahrhundert immer wieder heimgesucht hatten. Die Stadt verlor durch die Seuche, die 1630 ausgebrochen war und bis zum Herbst 1631 dauerte, fast ein Drittel ihrer Bevölkerung.

1645 begannen die Auseinandersetzungen Venedigs mit den Osmanen um Kreta und um die grundsätzliche Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer, die unter Domenico II. Contarini mit dem endgültigen Verlust der Insel endeten. Erfolgreicher für die Republik ging der erste Castrokrieg aus, in dem eine Koalition von Florenz, Modena und Venedig die päpstlichen Bestrebungen, das Territorium des Kirchenstaates zu erweitern, verhindern konnte.

Familie

Die Erizzo waren ursprünglich in Istrien ansässig und sind erst seit dem 13. Jahrhundert in Venedig nachgewiesen. Sie waren anlässlich der serrata von 1297 in den Kreis der Patrizier aufgenommen worden, gehörten also zu den case nuove.

Erizzo war der zweite der vier Söhne des Benedetto di Giovanni und der Marina Contarini di Nicolò di Alessandro. Der Familiensitz befand sich in der Gemeinde S. Martino di Castello. Zwar galt die Familie als überaus alt, doch war sie nicht besonders vermögend oder besonders angesehen. Erst gegen Ende der Republik kam sie zu beachtlichem Vermögen. Francesco Erizzo blieb das einzige Familienmitglied, das zu den höchsten Ämtern der Republik Venedig aufstieg.

Leben

Er hatte eine diplomatische Karriere im Dienst der Republik durchlaufen und war Botschafter beim Deutschen Kaiser Ferdinand II. und bei Papst Urban VIII. Er bekleidete zum Zeitpunkt seiner Wahl hohe Ämter, war Proveditor da mar und Proveditor da terra ferma, als er in Vicenza die Nachricht von seiner Wahl erhielt.

Das Dogenamt

In einem kurzen Konklave war er in Abwesenheit im ersten Wahlgang mit 44 Stimmen zum Dogen gewählt worden. Nach der eiligen Wahl fielen die üblichen Feiern zur Investitur des Dogen aus, da die Stadt nur mit der Pest und ihren Folgen beschäftigt war. Die ersten Monate seiner Amtszeit waren vollständig durch die Seuche bestimmt, der so zahlreiche Venezianer zum Opfer fielen, dass die Bestattung der Leichen kaum zu bewältigen war. Die erste große Feier fand nach Abflauen der Pest mit einer Prozession über eine Schiffsbrücke zu einer provisorischen Kapelle statt, die am Platz der geplanten Votivkirche Santa Maria della Salute gegenüber dem Dogenpalast errichtet worden war.

Der Castrokrieg

Die seit langer Zeit, wenn auch oft latenten Spannungen mit dem Kirchenstaat entluden sich im ersten Castrokrieg, den Papst Urban VIII. auf Betreiben seines Neffen Taddeo Barberini angezettelt hatte. Venedig ergriff zusammen mit Modena und Florenz die Partei des angegriffenen Odoardo I. Farnese, Herzog von Parma, zu dessen Territorium Castro in Latium gehörte. Die spanischen Habsburger, der stete Bündnispartner des Papstes, war durch seine Verwicklung in den Dreißigjährigen Krieg gebunden. Nach einer schweren Niederlage der päpstlichen Truppen in der Schlacht von Lagoscuro kam es zu Friedensverhandlungen und unter Mitwirkung Jules Mazarins 1644 zu einem Friedensvertrag, der für die Kurie wenig ehrenhaft war und ihr Ansehen schädigte. Venedig dagegen hatte Hegemoniebestrebungen Roms erfolgreich abgewehrt.

Kampf um Kreta

Außenpolitisch geriet die Republik nach der Verhaftung des venezianischen Gesandten in Konstantinopel im Jahre 1645 und der Landung türkischer Truppen auf Kreta (Candia) unter schweren Druck. Diplomatie als Venedigs bevorzugtes Mittel der Konfliktbewältigung griff nicht mehr, und es kam zu erbitterten Kampfhandlungen mit den osmanischen Truppen, die sich von Dalmatien bis zu den Dardanellen erstreckten.

Im Sommer 1645 ankerte die osmanische Flotte in der Bucht vor der Festung Canea (Kreta), die nach einer längeren Belagerung in die Luft gesprengt wurde. Der venezianische Flottenkommandant, allein auf sich gestellt und ohne Hilfe von Koalitionstruppen, wurde zu einem blutigen Rückzug gezwungen. In einem Akt der Verzweiflung und entgegen lange geübter Tradition übergab der Senat am 8. Oktober 1645 das Kommando dem mittlerweile 78-jährigen Dogen. Doch dieser starb bereits wenig später.

Grabmal

Grabmal für Erizzo in der Kirche San Martino in Venedig

Erizzo wurde in der Kirche San Martino im Stadtteil Castello begraben, während sein Herz – gemäß einer bei Herrscherhäusern Europas nicht ungewöhnlichen Sitte – im Markusdom beigesetzt wurde. Das monumentale Marmordenkmal (1633) und die Skulptur des Dogen stammen von dem Trientiner Architekten und Bildhauer Matteo Carmero.

Literatur

  • Giuseppe Gullino: Erizzo, Francesco, in: Dizionario Biografico degli Italiani 43 (1993) 162–167.

Weblinks

Commons: Francesco Erizzo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
Nicolò ContariniDoge von Venedig
1631–1646
Francesco Molin

Auf dieser Seite verwendete Medien