Frühe Schriften der Reformationsbewegung

Als Frühe Schriften der Reformationsbewegung initiiert von Martin Luther wird eine Gruppe von 14 Manuskripten und Originaldrucken aus dem 16. Jahrhundert bezeichnet, die 2015 gemeinsam in das Weltdokumentenerbe in Deutschland aufgenommen wurden.

Die ausgewählten Schriften sollen auf exemplarische Weise veranschaulichen, wie ein religiöser, kirchenkritischer Impuls sich weiterentwickelte und zu politischen und sozialen Veränderungen führte. Zugleich stehen sie auch für den Übergang vom Manuskript zu Printmedien, einem technischen Fortschritt, der zur Ausbreitung der Reformation wesentlich beitrug. Sie illustrieren die verschiedenen Wege, auf denen Martin Luther seine Anliegen in der Öffentlichkeit bekannt machte (Martin Luther und die Druckmedien). Mit der Reformation entstanden neue Formen der Volksfrömmigkeit, die Bildung wurde modernisiert, und die Volkssprache gewann an Bedeutung.

Das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz wählte in Kooperation mit Luther- und Reformationsforschern aus der ganzen Welt die nominierten Dokumente aus.

BildOrtBibliothek oder ArchivSignaturDokumentBeschreibung
WolfenbüttelHerzog-August-BibliothekCodex Guelferbytanus 71.4 Theol. 4°Wolfenbütteler PsalterZusammen mit dem Scholienheft steht der Wolfenbütteler Psalter für den Beginn von Luthers Tätigkeit als Professor.[1]
DresdenSächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekMscr.Dresd.A.138Commentarius in psalmos DavidisAutograph, von Luther zum Druck ausgearbeitet, der aber nicht zustande kam.[2]
DessauAnhaltische LandesbüchereiGeorg 1049aMitschrift des Studenten Sigismund Reichenbach von Luthers Vorlesung über den Römerbrief 1515/16Dass eine studentische Mitschrift erhalten blieb, zeigt, dass die Römerbriefvorlesung Aufsehen erregte.[3]
BerlinStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer KulturbesitzInc. 2840Luthers Handexemplar der gedruckten hebräischen Bibelausgabe Brescia 1494Dieses Buch aus Luthers Privatbibliothek steht für Luthers Interesse an der hebräischen Sprache und seine philologische Arbeitsweise.
BerlinStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitzgr. 2° Luth. 54Plakatdruck von Luthers 95 Thesen (Hieronymus Höltzel, Nürnberg 1517)Mit den 95 Thesen wandte sich Luther an die gelehrte Öffentlichkeit.
WeimarHerzogin Anna Amalia BibliothekAuth. Luth. 1518 (9)„Eynn Sermon von dem Ablasz vnnd gnade“ (Johann Grunenberg, Wittenberg 1518)Dieser volkssprachliche Sermon war Luthers erster großer publizistischer Erfolg. Er enthält bereits Luthers Rechtfertigungslehre in einfacher Form.
GothaForschungsbibliothek GothaTheol. 4° 00224/08 (08)Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (Johann Grunenberg, Wittenberg 1520)Das Dokument steht stellvertretend für Luthers Schriften des Jahres 1520. „Mit der Freiheitsschrift erzielte er einen ungeheuren publizistischen Erfolg weit über die damaligen Territorial- und Reichsgrenzen hinaus.“[4]
WeimarThüringisches Hauptstaatsarchiv, Ernestinisches GesamtarchivReg. E 81Eigenhändiger Entwurf Luthers für seine Rede am 18. April 1521 vor dem Reichstag in WormsDas Manuskript geriet in das kurfürstliche Archiv in Torgau und wurde nach der Schlacht bei Mühlberg nach Weimar überführt, wo es vom Archivar August Hugo Burkhardt entdeckt und 1866 publiziert wurde.[5]
Lutherstadt WittenbergLutherhaus, Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-AnhaltI 5/1387Eigenhändiger Brief Luthers an Kaiser Karl V. (28. April 1521)In diesem Brief blickte Luther auf seine Anhörung auf dem Wormser Reichstag zurück.
WolfenbüttelHerzog-August-BibliothekBibel-S. 4° 257Das Newe Testament Deutzsch“ (Melchior Lotter, Wittenberg 1522)Das Septembertestament war die durchkorrigierte Fassung der Übersetzung des Neuen Testaments, die Luther auf der Wartburg angefertigt hatte.
WeimarHerzogin Anna Amalia BibliothekCl I: 58 (b) und (c)Weimarer Lutherbibel von 1534: „Biblia das ist die gantze Heilige Schrifft Deudsch. Mart. Luth., Wittenberg“ (Hans Lufft, Wittenberg 1534)
HeidelbergUniversitätsbibliothek HeidelbergCod. Pal. Germ. 793Lied-Einblattdruck „Nun freut euch, lieben Christen gmein“ (Philipp Ulhart, Augsburg 1524)Das Singen von Reformationsliedern war eine Praxis, mit der reformatorische Inhalte angeeignet wurden.
WormsStadtbibliothek WormsMag-LB 181„An die Radherrn aller stedte deutsches lands: das sie Christliche schulen auffrichten vnd hallten sollen“ (Lukas Cranach, Christian Döring, Wittenberg 1524)Mit der Ratsherrenschrift forderte Luther die politische Obrigkeit auf, Verantwortung für die Bildung der Jugend wahrzunehmen.
JenaThüringer Universitäts- und Landesbibliothek4 Bud. Var. 635 (8)„Deudsche Messe vnd ordnung Gottis diensts“ (Melchior Lotter, Wittenberg 1526)Luthers relativ spät entstandene Deutsche Messe sollte der aktiven, verstehenden Teilnahme der Gemeinde am Gottesdienst dienen.

Weblinks

Literatur

  • Irene Dingel, Henning P. Jürgens: Meilensteine der Reformation. Schlüsseldokumente der frühen Wirksamkeit Martin Luthers. Gütersloh 2014, ISBN 978-3-579-08170-0.

Einzelnachweise

  1. Irene Dingel, Henning P. Jürgens: Meilensteine der Reformation, Gütersloh 2014, S. 14.
  2. Frank Aurich, Thomas Haffner: UNESCO kürt frühe Lutherquellen. In: BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O15] Nr. 3. Abgerufen am 25. Juni 2019.
  3. Irene Dingel, Henning P. Jürgens: Meilensteine der Reformation, Gütersloh 2014, S. 14 f.
  4. Irene Dingel, Henning P. Jürgens: Meilensteine der Reformation, Gütersloh 2014, S. 15.
  5. Irene Dingel, Henning P. Jürgens: Meilensteine der Reformation, Gütersloh 2014, S. 143.

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Martin Luther’s Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum of 1517, commonly known as the Ninety-Five Theses, is considered the central document of the Protestant Reformation. Its complete title reads: “Out of love and zeal for clarifying the truth, these items written below will be debated at Wittenberg. Reverend Father Martin Luther, Master of Arts and of Sacred Theology and an official professor at Wittenberg, will speak in their defense. He asks this in the matter: That those who are unable to be present to debate with us in speech should, though absent from the scene, treat the matter by correspondence. In the Name of Our Lord Jesus Christ. Amen.” The document went on to list 95 clerical abuses, chiefly relating to the sale of indulgences (payment for remission of earthly punishment of sins) by the Roman Catholic Church. Luther (1483–1546), a German priest and professor of theology, became the most important figure in the great religious revolt against the Catholic Church known as the Reformation. While he intended to use the 95 theses as the basis for an academic dispute, his indictment of church practices rapidly spread, thanks to the then still-new art of printing. By the end of 1517, three editions of the theses were published in Germany, in Leipzig, Nuremberg, and Basel, by printers who did not supply their names. It is estimated that each of these early editions was of about 300 copies, of which very few survived. This copy in the collections of the Berlin State Library was printed in Nuremberg by Hieronymus Höltzel. It was discovered in a London bookshop in 1891 by the director of the Berlin Kupferstichkabinett (Museum of Prints and Drawings) and presented to the Royal Library by the Prussian Ministry for Education and Culture.
Luther Römerbriefvorlesung Mitschrift Reichenbach 01.jpg
Luther Römerbriefvorlesung Mitschrift Reichenbach
Luther, Commentarius in psalmos Davidis, ps. 54. Obscurus.jpg
Eigenhändige Niederschrift seiner ersten Vorlesung als Professor der Theologie in Wittenberg
Wolfenbuetteler Psalter Auslegung zu Psalm 6 von Martin Luther (Herzog August Bibliothek).jpg
Wolfenbütteler Psalter von 1513 mit handschriftlichen Notizen Martin Luthers. Deutsches UNESCO-Weltdokumentenerbe. Aufbewahrungsort ist die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.
Luther 1534, Genesis I.jpg
The opening page of the Book of Genesis in Martin Luther's Bible translation of 1534, published by Hans Luft