Fast gleichmäßige Konvergenz

Die fast gleichmäßige Konvergenz ist ein Konvergenzbegriff der Maßtheorie für Funktionenfolgen, der auf der gleichmäßigen Konvergenz aufbaut. Die fast gleichmäßige Konvergenz wurde von Hermann Weyl erstmals eingeführt, damals noch unter dem Namen wesentlich-gleichmäßige Konvergenz. Die fast gleichmäßige Konvergenz sollte nicht mit der gleichmäßigen Konvergenz μ-fast überall verwechselt werden, diese entspricht der Konvergenz im und ist ein stärkerer Konvergenzbegriff.

Definition

Gegeben sei ein Maßraum und messbare Funktionen , wobei oder ist. Dann heißt die Funktionenfolge fast gleichmäßig konvergent, wenn für jedes ein existiert, so dass ist und die Funktionenfolge auf dem Komplement von gleichmäßig konvergiert. Es gilt also

Beziehung zu anderen Konvergenzbegriffen

Gleichmäßige Konvergenz μ-fast überall

Aus der gleichmäßigen Konvergenz μ-fast überall folgt direkt die fast gleichmäßige Konvergenz. Denn konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig auf dem Komplement einer Nullmenge , so ist für alle , daraus folgt direkt die Behauptung. Die Umkehrung gilt jedoch im Allgemeinen nicht. Betrachtet man beispielsweise den Maßraum und die Funktionenfolge , so konvergiert diese Folge für beliebiges kleines auf den Intervall gleichmäßig gegen 0 und damit auch fast gleichmäßig gegen 0 auf den Intervall . Jedoch ist die Funktionenfolge nicht μ-fast überall gleichmäßig konvergent.

Punktweise Konvergenz μ-fast überall

Aus der fast gleichmäßigen Konvergenz folgt die punktweise Konvergenz μ-fast überall. Denn per Definition gibt es für jede Nullfolge eine Menge , so dass und dass auf gleichmäßig konvergiert. Dann ist aber eine Nullmenge und die Funktionenfolge konvergiert punktweise gegen die Funktion

und somit auch punktweise fast überall.

Im Falle eines endlichen Maßraumes liefert der Satz von Jegorow auch die Umkehrung, also dass aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall die fast gleichmäßige Konvergenz folgert. Somit fallen für endliche Maßräume die punktweise Konvergenz fast überall und die fast gleichmäßige Konvergenz zusammen. Das folgende Beispiel zeigt, dass der Schluss von der punktweisen Konvergenz fast überall zur fast gleichmäßigen Konvergenz bei nicht endlichen Maßräumen im Allgemeinen falsch ist. Betrachtet man die Funktionenfolge

auf dem Maßraum , so konvergiert diese Funktionenfolge punktweise fast überall gegen 0, denn für beliebiges ist für immer

.

Aber die Folge konvergiert nicht fast gleichmäßig gegen 0, denn es ist für mit immer und somit

für alle mit . Also kann keine fast gleichmäßige Konvergenz vorliegen.

Konvergenz nach Maß und lokal nach Maß

Aus der fast gleichmäßigen Konvergenz folgt automatisch die Konvergenz nach Maß. Denn nach Definition entspricht die fast gleichmäßige Konvergenz der gleichmäßigen Konvergenz auf dem Komplement einer Menge mit für beliebiges . Folglich existiert ein Index , so dass für alle . Also ist für beliebiges und somit konvergiert die Folge nach Maß.

Umgekehrt folgt aber aus der Konvergenz nach Maß im Allgemeinen nicht die fast gleichmäßige Konvergenz. Betrachtet man beispielsweise die Folge von Intervallen

und definiert auf die Funktionenfolge

,

so konvergiert diese Folge nach Maß gegen 0, da eine Abweichung der Funktionenfolge von der 0 immer nur auf den Intervallen möglich ist. Die Breite der Intervalle und damit das Maß der Mengen, auf denen die Funktionenfolge von der 0 abweicht konvergieren aber gegen 0. Die Folge konvergiert aber nicht fast gleichmäßig, da für mit gilt, dass

.

Da aber das fest gewählt ist und die beständig "wandern", oszilliert die Folge und kann somit nicht fast gleichmäßig konvergieren.

Da aus der Konvergenz nach Maß direkt die Konvergenz lokal nach Maß folgt, impliziert die fast gleichmäßige Konvergenz auch die Konvergenz lokal nach Maß, der Umkehrschluss ist aber im Allgemeinen auch ungültig.

Allgemeine Formulierung

Die fast gleichmäßige Konvergenz lässt sich analog für Funktionen mit Werten in einem metrischen Raum definieren. Eine Funktionenfolge heißt dann fast gleichmäßig konvergent, wenn zu jedem eine Menge mit existiert, so dass

gilt.

Literatur

  • Norbert Kusolitsch: Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie. Eine Einführung. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-45386-1, doi:10.1007/978-3-642-45387-8.
  • Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 6., korrigierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, doi:10.1007/978-3-540-89728-6.