Fahleit

Fahleit
Fahleite.jpg
Kleiner, hellgrüner Fahleitkristall aus der Tsumeb Mine, Otavi-Berge, Namibia
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
  • IMA 1982-061
  • GS1
Chemische FormelCaFe3+2Zn5[AsO4]6·14H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
8.CH.55
40.05.08.02
Kristallographische Daten
Kristallsystemorthorhombisch
Kristallklasse; Symbolnicht definiert
Raumgruppenicht definiert
Gitterparametera = 6,60 Å; b = 11,6 Å; c = 22,0 Å[1]
FormeleinheitenZ = 2[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärtenicht bestimmbar;[2] 2[3]
Dichte (g/cm3)nicht bestimmbar;[2] 3,08[4]
Spaltbarkeitsehr vollkommen senkrecht zur Faserrichtung
Bruch; Tenazitätkeine Angaben; unelastisch (milde) biegsam, schneidbar
Farbestrohgelb, grau, graugrün, hellgrün
Strichfarbekeine Angaben, wohl grauweiß mit hellgelbem oder hellgrünem Stich
Transparenzkeine Angaben, wohl durchscheinend bis durchsichtig
GlanzSeiden- bis Perlmuttglanz
Kristalloptik
Brechungsindizesnα = 1,628
nβ = 1,631
nγ = 1,656
Doppelbrechungδ = 0,028
Optischer Charakterzweiachsig positiv
Achsenwinkel2V = 39° (berechnet)
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhaltenleicht löslich in kalten Säuren

Fahleit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Formel CaFe3+2Zn5[AsO4]6·14H2O,[1] ist also chemisch gesehen ein kristallwasserhaltiges Zink-Calcium-Eisen-Arsenat.

Fahleit bildet unelastisch biegsame, faserige Kristalle von etwa 1,5 cm Länge, wobei die einzelnen Kriställchen allerdings nur Durchmesser von wenigen Mikrometern aufweisen. Sie sind häufig verbogen und verdreht und bilden filzartige Verwachsungen. Daneben existieren winzige kugelige Aggregate. Das Mineral wurde – zusammen mit Lavendulan, Cuproadamin, Konichalcit, Tsumcorit, Quarz, Calcit und Gips – auf Tennantit-Chalkosin-Erz in der Tsumeb Mine, Namibia, gefunden. Fahleit ist das jüngste Mineral der Paragenese.[2]

Etymologie und Geschichte

Als Entdecker des Fahleits gilt der deutsche Mineralienhändler Rolf Fahle (* 1943), dem das Mineral unter anderen Stufen aus Tsumeb aufgefallen war.[2] Entsprechende Untersuchungen führten zur Feststellung des Vorliegens eines neuen Minerals, welches 1982 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 1988 von einem deutschen Forscherteam mit Olaf Medenbach, Kurt Abraham und Karl Schmetzer im Wissenschaftsmagazin „Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte“ als Fahleit beschrieben wurde.[2] Benannt wurde das Mineral nach dem Finder Rolf Fahle, einem auf die Minerale von Tsumeb spezialisierten Mineralienhändler aus München.[2]

Das Typmaterial des Minerals (Holotyp) wird am Institut für Mineralogie, Geologie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum aufbewahrt.[5][6]

Klassifikation

Da der Fahleit erst 1982 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/C.11-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate ohne fremde Anionen“, wo Fahleit zusammen mit Arsenohopeit, Barahonait-(Al), Barahonait-(Fe), Batagayit, Currierit, Davidlloydit, Hopeit, Nizamoffit, Parahopeit, Phosphophyllit, Radovanit und Smolyaninovit (Smolianinovit) eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[7]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Fahleit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Verhältnis Anionenkomplex RO4 zu H2O. Das Mineral ist damit entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen; RO4 : H2O < 1 : 1“ zu finden, wo es nur noch zusammen mit Smolyaninovit die „Fahleitgruppe“ mit der System-Nr. 8.CH.55 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Fahleit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc.“ ein. Hier ist er zusammen mit Smolyaninovit, Barahonait-(Fe) und Barahonait-(Al) in der „Smolyaninovitgruppe“ mit der System-Nr. 40.05.08 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc., mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus

Mittelwerte aus fünf Mikrosondenanalysen an Fahleit ergaben 26,2 % ZnO; 4,0 % CaO; 10,2 % Fe2O3; 0,5 % MnO; 43,6 % As2O5 und 15,5 % H2O. Auf der Basis von 24 Sauerstoffatomen pro Formeleinheit ergab sich daraus die empirische Formel Zn5,02Ca1,11Mn0,11Fe1,99(AsO4)5,91·13,42H2O. Diese wurde zu Zn5CaFe2(AsO4)6·14H2O idealisiert, welche Gehalte von 26,01 % ZnO; 3,58 % CaO; 10,21 % Fe2O3; 44,08 % As2O5 und 16,12 % H2O verlangt.[2]

Fahleit ist das cobalt- und nickelfreie zinkdominante Analogon des cobaltdominierten Smolianinovits, Co3Fe3+2(AsO4)4·11H2O.[2]

Kristallstruktur

Fahleit kristallisiert orthorhombisch mit den Gitterparametern a = 6,60 Å; b = 11,6 Å und c = 22,0 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1] Die Kristallklasse und die Raumgruppe des Fahleits konnten aufgrund des Fehlens von geeignetem Material noch nicht bestimmt werden.[4]

Die Struktur des Fahleits konnte aufgrund fehlender Einzelkristalle bis heute nicht beschrieben werden.[1][4]

Eigenschaften

Morphologie

Fahleit findet sich in Form von Bündeln und Büscheln aus faserigen Kristallen von 1,5 cm Länge und nur wenigen Mikrometern Durchmesser, die filzartig miteinander verwachsen sind. Einzelne Fasern sind häufig verbogen und verdreht. Daneben existieren winzige kugelige Aggregate.[2] Zumindest ein Teil der unbestimmten Phase GS1[9] aus der Tsumeb Mine hat sich als Fahleit erwiesen.[10]

Physikalische und chemische Eigenschaften

Fahleitkristalle sind strohgelb, grau, graugrün oder hellgrün gefärbt.[2] Ihre Strichfarbe wird nicht angegeben, jedoch sollte die Pulverfarbe des Fahleits je nach Färbung der Kristalle ein Grauweiß mit hellgelblichen oder -grünlichen Tönen sein. Die Oberflächen der je nach Färbung durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle zeigen seiden- bis perlmuttartigen Glanz.[2] Im durchscheinenden Licht sowie im Dünnschliff ist Fahleit farblos und durchsichtig. Fahleit besitzt eine mittelhohe Licht- und eine hohe Doppelbrechung (δ = 0,028). Unter parallelen wie auch gekreuzten Polaren ähnelt das Mineral Büscheln aus Amiant oder Flachs.[2]

Die faserartigen Kristalle des Fahleits zeigen eine sehr vollkommene Spaltbarkeit senkrecht zur Längsrichtung der Fasern, sie sind charakteristischerweise schneidbar und unelastisch (milde) biegsam.[2] Das Mineral ist sehr weich[2] und weist eine Mohshärte von 2 auf,[3] und gehört damit zu den weichen Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Gips mit dem Fingernagel leicht ritzen lassen.[2] Gemessene Werte für die Dichte des Fahleits existieren nicht, die berechnete Dichte für das Mineral wird mit 3,08 g/cm³ angegeben[4]

Fahleit ist in kalten Säuren gut löslich.

Bildung und Fundorte

Fahleit entsteht als typische Sekundärbildung im stark korrodierten Chalkosin-Tennantit-Erz einer in Carbonatgesteinen sitzenden komplexen Cu-Pb-Zn-Lagerstätte.[4] Zink, Eisen und Arsen stammen dabei aus der Zersetzung primärer sulfidischer Erzminerale wie Sphalerit und Tennantit, das Calcium aus dem carbonatischen Nebengestein. Begleitminerale sind unter anderem blaue kugelige Lavendulanaggregate, hellgrüner Cuproadamin, gelbgrüner Konichalcit, Tsumcorit, Quarz, Calcit und der in der Vergesellschaftung sehr charakteristische Gips. Fahleit ist das jüngste Mineral der Paragenese.[2]

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Fahleit bisher (Stand 2016) nur von einem Fundpunkt beschrieben werden.[11][12] Seine Typlokalität ist die zweite Oxidationszone der weltberühmten Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia. Der genaue Fundpunkt innerhalb der Tsumeb Mine ist allerdings unbekannt geblieben.[2]

Verwendung

Fahleit ist aufgrund seiner Seltenheit nur für Mineralsammler interessant.

Siehe auch

Literatur

  • Olaf Medenbach, Kurt Abraham, Karl Schmetzer: Fahleite from Tsumeb/Namibia, a new mineral belonging to the smolianinovite group. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 4, 1988, S. 167–171.

Weblinks

Commons: Fahleite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Fahleit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 5. Oktober 2020.
  • Fahleite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  • David Barthelmy: Fahleite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 486 (englisch).
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q Olaf Medenbach, Kurt Abraham, Karl Schmetzer: Fahleite from Tsumeb/Namibia, a new mineral belonging to the smolianinovite group. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 4, 1988, S. 167–171.
  3. a b Fahleite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  4. a b c d e Fahleite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 5. Oktober 2020]).
  5. . Kurtz: Typmineral-Katalog Deutschland – Aufbewahrung der Holotypstufe Fahleit. In: typmineral.uni-hamburg.de. Universität Hamburg, 7. August 2020, abgerufen am 5. Oktober 2020.
  6. Catalogue of Type Mineral Specimens – F. (PDF 73 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 5. Oktober 2020.
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  9. Georg Gebhard: Tsumeb. 1. Auflage. GG Publishing, Grossenseifen 1999, S. 254, 257, 323.
  10. Charakterisierung der unbestimmten Phase GS1 von Tsumeb. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  11. Localities for Fahleite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  12. Fundortliste für Fahleit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 5. Oktober 2020.

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Autor/Urheber: David Hospital, Lizenz: CC BY-SA 4.0
A very small green crystal of fahleite (a Zn-Ca-Fe arsenate), an extremely rare Tsumeb mineral only known from this locality worldwide, which is of course the type locality (Tsumeb Mine, Otavi Highlands, Namibia). The species was labeled as RRR! in Gebhard Tsumeb II book.