Europäische Linke

Partei der Europäischen Linken
Partei­vorsitzenderWalter Baier
Stellvertretende VorsitzendePaolo Ferrero, Pierre Laurent, Anna Mikkola, Margarita Mileva, Maite Mola, Natasa Theodorakopoulou
SchatzmeisterBrigitte Berthouzoz
Gründung8. Mai 2004
GründungsortRom
HauptsitzSquare de Meeus 25, 1000 Brüssel, Belgien
AusrichtungLinke Politik
Demokratischer Sozialismus
Antikapitalismus
Kommunismus
Farbe(n)rot
Parteinahe Stiftungtransform! europe
Staatliche Zuschüsse2.088.523 € (2020)[1]
Sitze EU-Parlament
27 / 705 (3,8 %)
EP-FraktionDie Linke
Websitewww.european-left.org

Die Partei der Europäischen Linken, in der Regel als Europäische Linke (EL) abgekürzt,[2] ist eine europäische politische Partei, die am 8. Mai 2004 in Rom als Zusammenschluss von 15 europäischen Mitgliedsparteien aus dem linken Spektrum gegründet wurde. Der EL gehören heute 25 Parteien mit insgesamt knapp 500.000 Mitgliedern an.[3] Mitglieder im deutschsprachigen Raum sind die deutsche Partei Die Linke, die Kommunistische Partei Österreichs, die Partei der Arbeit der Schweiz und die luxemburgische déi Lénk.

Im Europäischen Parlament bilden die Abgeordneten der EL-Mitgliedsparteien die Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament – GUE/NGL (Die Linke). Seit der Europawahl 2019 ist die GUE/NGL mit 37 Abgeordneten die kleinste Fraktion im Europäischen Parlament (Stand: 8. November 2023[4]). Der Fraktion gehören jedoch auch unabhängige Mitglieder an. Die EL ist nicht auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt, sondern hat auch Mitglieder z. B. in der Schweiz, der Türkei und in Moldawien.

Ziel ist die Entwicklung eines „alternativen sozialen und politisches Modells zum Kapitalismus“ und Aktivität gegen „wachsende Militarisierung und Krieg“ sowie Einsatz für „Umweltschutz und die Achtung der Menschenrechte“.[5]

Präsident der EL ist seit dem 11. Dezember 2022 Walter Baier von der Kommunistischen Partei Österreichs.

Kandidat der EL bei der Europawahl 2014 für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission war Alexis Tsipras von der griechischen Partei Syriza.[6]

Mitgliedschaft

Auf dem Gründungskongress konnte keine vollständige Einigkeit über die statuarische Festlegung der Mitgliedschaft in der EL erzielt werden. Der EL beitreten können Parteien und Einzelpersonen. Letzteres war zunächst umstritten. Die französische PCF plädierte für eine rein korporative Mitgliedschaft, während die PDS in Deutschland die Möglichkeit der Bildung von EL-Gruppen auch mit nicht der PDS angehörenden Mitgliedern befürwortete. Mittlerweile wurde dieser Streit behoben. Die EL-Mitglieder, die keiner der Mitgliedsparteien angehören, zahlen einen erhöhten EL-Beitrag von mindestens 24 Euro jährlich. Ein europäischer Zusammenschluss der Einzelmitglieder strebt an, den Status der Parteienpartei zu überwinden, und versteht sich als Netzwerk, welches daran arbeitet, den Fokus und die Aktivitäten der Partei und deren Mitgliedsparteien stärker auf die europäische Ebene auszurichten.

Mitgliedsparteien

Mitglieder

Stand: 13. März 2024

LandParteiEuropa-
parlamentarier
Nationale
Parlamentarier
Belgien BelgienCommunistes de Wallonie-Bruxelles
Bulgarien BulgarienBalgarskata Lewiza
Danemark DänemarkEnhedslisten – de rød-grønne
1/14
13/179
Deutschland DeutschlandDie Linke
5/96
28/736
Estland EstlandEestimaa Ühendatud Vasakpartei
Finnland FinnlandSuomen kommunistinen puolue
Frankreich FrankreichParti communiste français-
12/577
Gauche républicaine et socialiste
1/79
Griechenland GriechenlandSyriza
5/21
47/300
Italien ItalienPartito della Rifondazione Comunista
Kroatien KroatienRadnička Fronta
1/151
Luxemburg LuxemburgDéi Lénk
2/60
Moldau Republik MoldauPartidul Comuniștilor din Republica Moldovanicht in der EU
10/101
Osterreich ÖsterreichKommunistische Partei Österreichs
Portugal PortugalBloco de Esquerda
2/21
5/230
Rumänien RumänienPartidul Socialist Român
Schweiz SchweizPartei der Arbeit der Schweiznicht in der EU
0/200
Slowenien SlowenienLevica
5/90
Spanien SpanienIzquierda Unida
2/59
5/350
Partido Comunista de España
2/59
*
4/350
*
Esquerra Unida i Alternativa
0/59
*
1/350
*
Tschechien TschechienLevice
Turkei TürkeiSol Partinicht in der EU
Ungarn UngarnMagyarországi Munkáspárt 2006
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichLeft Unitynicht in der EU
* 
wurden für Izquierda Unida gewählt, innerhalb des Wahlbündnisses Unidos Podemos.

Parteien mit Beobachterstatus

Stand: 13. März 2024

LandParteiEuropa-
parlamentarier
Nationale
Parlamentarier
Belgien BelgienMouvement Demain
Frankreich FrankreichLa France insoumise
5/79
72/577
Finnland FinnlandVasemmistoliitto
1/14
16/200
Italien ItalienSinistra Italiana
2/630
Slowakei SlowakeiKomunistická strana Slovenska
Spanien SpanienSortu
1/54
Tschechien TschechienKomunistická strana Čech a Moravy
1/21
0/200
Zypern Republik ZypernAnorthotiko Komma Ergazomenou Laou
2/6
15/56
Nordzypern Türkische Republik NordzypernBirleşik Kıbrıs Partisinicht in der EU
Yeni Kıbrıs Partisi

Partnerparteien und -bewegungen

Stand: 13. März 2024

LandParteiEuropa-
parlamentarier
Nationale
Parlamentarier
Deutschland DeutschlandMarxistische Linke
Frankreich FrankreichEnsemble!
République et socialisme
Osterreich ÖsterreichDer Wandel
LINKS
Serbien SerbienSolidarnostnicht in der EU
Ungarn UngarnTáncsics – Radikális Balpárt
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichDemocratic Left Scotland[7]nicht in der EU
Socialists for Independence

Einzelmitglieder

Neben Parteien lässt die EL auch die individuelle Mitgliedschaft von Personen zu.[8] Im Frühjahr 2020 hatte die EL 410 individuelle Mitglieder.[9]

Ehemalige Mitgliedsparteien

Stand: 22. Juni 2019

LandPartei
Belarus BelarusBelarussische vereinigte Linkspartei „Gerechte Welt“Am 30. Juni 2023 erklärte das Justizministerium von Belarus, dass die Partei nicht mehr registriert sei.[10]
Belgien BelgienKommunistische PartijParteiarbeit eingestellt 2009, ab Dezember 2013 nicht mehr als Mitglied aufgeführt
Parti CommunisteAustritt auf dem Parteikongress am 30. Juli 2018 beschlossen; wird von der EL noch als Mitglied geführt.
Deutschland DeutschlandDeutsche Kommunistische Parteibeendete am 27. Februar 2016 den Beobachterstatus.[11]
Frankreich FrankreichGauche unitairefusionierte im Herbst 2015 mit der PCF
Parti de Gaucheausgetreten am 1. Juli 2018[12]
Griechenland GriechenlandAnaneotiki Kommounistiki ke Ikologiki Aristerafusionierte im Jahr 2013 zur Syriza[13]
Italien ItalienPartito dei Comunisti Italianiim Dezember 2014 in Partito Comunista d’Italia umbenannt
L’Altra Europa con Tsipraslöste sich vor der EU-Wahl 2019 auf, ersetzt durch La Sinistra (kein Mitglied der EL)[14]
Polen PolenMłodzi Socjaliścilöste sich 2015 auf, damit erlosch der Beobachterstatus
San Marino San MarinoRifondazione Comunista Sammarineseging 2012 in der Sinistra Unita auf, wurde bis 2018 noch als Mitglied geführt; Sinistra Unita ging 2017 in der Sinistra Socialista Democratica auf.
Slowenien SlowenienStranka za ekosocializem in trajnostni razvoj Slovenije (TRS)
Iniciativa za demokratični socializem (IDS)
gingen 2017 in Levica auf
Ungarn UngarnUngarische Kommunistische ArbeiterparteiAustritt 1. Mai 2009

Vorsitzende

ZeitraumLandPartei
2004–2007Fausto BertinottiItalien ItalienPRC
2007–2010Lothar BiskyDeutschland DeutschlandDie Linke
2010–2016Pierre LaurentFrankreich FrankreichPCF
2016–2019Gregor GysiDeutschland DeutschlandDie Linke
2019–2022Heinz BierbaumDeutschland DeutschlandDie Linke
seit 2022Walter BaierOsterreich ÖsterreichKPÖ

EL-Mitglieder im Europäischen Rat

Die EL stellte von Januar 2015 bis Juli 2019 mit Alexis Tsipras von der griechischen Partei Syriza ein Mitglied des Europäischen Rates.

Hintergründe – Kontroversen – Perspektiven

Die Initiative zur Gründung der EL ging in erster Linie von Parteien aus, die in der GUE/NGL im EU-Parlament und im Rahmen des Neuen Europäischen Linken Forums (NELF) seit langem zusammenarbeiten, so etwa von der italienischen Rifondazione Comunista (PRC), die auch den Gründungskongress in Rom ausrichtete.[15] Zugrunde lag ihr die Einschätzung, dass eine soziale Opposition nicht mehr im Rahmen der an Souveränität verlierenden Nationalstaaten wirksam werden könne, sondern sich auf europäischer Ebene formieren müsse. Diese Haltung findet allerdings unter den Linkskräften Europas keine ungeteilte Zustimmung, weshalb die Entstehung der EL von zahlreichen Kontroversen begleitet war.

Differenzen in der Europafrage

Die EL agiert, obwohl ihr auch Parteien aus Ländern außerhalb der EU angehören, im rechtlichen Rahmen der EU. Diese faktische Akzeptanz von EU-Institutionen stößt in Teilen der Linken auf scharfe Ablehnung, da die Haltung zur EU generell eine der umstrittensten politischen Fragen innerhalb der Linken darstellt.[16] Die EL befürwortet grundsätzlich ein geeinigtes soziales und demokratisches Europa in Abgrenzung vom Neoliberalismus der Maastricht-Verträge und der EU-Verfassung, wobei es unter den Mitgliedsparteien allerdings unterschiedliche Schattierungen gibt.

Allgemein fällt auf, dass eine „proeuropäische“ Haltung in erster Linie in den offiziellen Positionen der Linksparteien Mitteleuropas anzutreffen ist – in denen es allerdings auch oppositionelle Strömungen gibt –, während eine generelle Europaskepsis hauptsächlich in Parteien an der südlichen und nördlichen Peripherie dominiert, die deshalb der EL nicht beitreten wollen. Das betrifft so unterschiedliche Kräfte wie die sehr traditionell orientierte, am orthodoxen Marxismus-Leninismus festhaltende Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) und die Kommunistische Partei Portugals (PCP) und andererseits beispielsweise die ehemals kommunistische schwedische Linkspartei, die ein eher kulturlinkes, linkssozialistisches, ökologisches und feministisches Profil vertritt, aber ebenso wie die altkommunistischen Kräfte anderer Länder auf die Verteidigung nationaler Souveränität gegen die EU setzt.

Darüber hinaus sind aber auch in EL-Parteien wie der PRC, der französischen PCF oder auch der kleinen KPÖ in Österreich starke oppositionelle Stimmen gegen die EL laut geworden. Überdies ist in einigen beteiligten Parteien die EL-Gründung nicht umfassend an der Basis diskutiert worden, sondern sie wurde von den Führungen vollzogen, was Kritik am Vorgehen hervorrief. Aus den Reihen der kommunistischen Kräfte der konkurrierenden Europäischen Antikapitalistischen Linken wird daher der Einwand vorgebracht, die EL bewirke eher eine Spaltung als eine Vereinigung der Linken in Europa. Ein weiter Zusammenschluss kommunistischer Parteien in Europa, die Initiative kommunistischer und Arbeiterparteien Europas erfolgte im Jahr 2013.

Alte und neue Milieus

Diese Auseinandersetzungen verweisen auf Grundprobleme der heutigen Linken in Europa. Während die konservativen, liberalen und sozialdemokratischen Kräfte in allen Ländern in der Grundtendenz gleiche Positionen mit gleichen sozialen Zielgruppen vertreten, findet die Linke sich in einer Situation wieder, in der sie in den einzelnen Ländern mit unterschiedlichen sozialen Bezugssystemen, historischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen konfrontiert ist.

Ein besonders plastisches Beispiel dafür stellt Griechenland dar. Dort hat die bedeutsame kommunistische KKE sich mit einer sehr „orthodoxen“ Linie nach 1990 überraschend gut behaupten können. Ihre Stimmenanteile bei Wahlen liegen über fünf Prozent mit in den letzten Jahren wieder steigender Tendenz. Ihre Politik verbindet sozialen Protest mit einer stark antiimperialistischen Orientierung. Dabei kann sie sich einerseits auf dort noch relativ intakte alte Traditionsmilieus in der Arbeiterschaft und im landwirtschaftlichen Sektor stützen. Andererseits hat die Präsenz der KKE den Organisierungsgrad und die radikale Politisierung großer Teile der Arbeiterschaft in den letzten Jahren erst bewirkt. Ihr Ziel besteht im Austritt Griechenlands aus der EU, in der Errichtung einer partizipativ-demokratischen Regierungsform und sozialistischen „Volks-Ökonomie“ und in der Schaffung neuer geopolitischer Allianzen als Gegenpol zum US- und EU-Imperialismus sowie den Durchmarsch der multinationalen Konzerne. Als Rahmen dient diesem Projekt die Formierung einer „Antiimperialistischen Antimonopolistischen Demokratischen Front“, in die verschiedene fortschrittliche Kräfte eingebunden werden sollen. Die KKE bezog eine Position kritischer Solidarität gegenüber dem ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević und Serbien während der Jugoslawienkriege. Die eine patriotischere marxistische Orientierung vertretende Journalistin Liana Kanelli ist auf der Liste der KKE zu einem Parlamentssitz gekommen. Themen wie Migration, Rassismus usw. spielen für die Partei jedoch, vor allem in den letzten Jahren, eine sehr große Rolle und werden in zahlreichen Publikationen, meistens in der Parteizeitung Rizospastis (Der Radikale) behandelt. Ihr steht die etwas kleinere, zur EL gehörende Linkspartei Synaspismos (SYN) gegenüber, in der sich ehemalige KKE-Mitglieder und Personen aus anderen linken Strömungen zusammengefunden haben. SYN hat in den letzten Jahren ein ambivalentes Profil entwickelt, das eine Perspektive sozialistischer Demokratie mit Themen wie Ökologie, Feminismus, Minderheitenfragen, Menschenrechte verbindet. Andererseits ist der SYN anders als die weiter links stehende KKE der EU gegenüber durchaus positiv eingestellt. Von Seiten der KKE wurde dem SYN auch immer wieder nationalistisches Verhalten in Bezug auf die Frage nach der Namensgebung Mazedoniens vorgeworfen. Die Anhängerschaft von SYN ist eher unter gebildeteren Schichten im städtischen Milieu zu finden. Ähnlich stellt sich die Situation in Portugal dar. Auch dort bezieht die traditionskommunistische PCP das Gros ihrer Wählerstimmen aus dem alten Industriegürtel um Lissabon und dem ländlichen Alentejo (wobei allerdings die Tendenz zur Auflösung dieser alten Sozialstrukturen zu spürbaren Einbrüchen führt), während der neue Bloco de Esquerda (BE) aus undogmatischen Kräften teils trotzkistischer, teils maoistischer und teils reformkommunistischer Herkunft hauptsächlich Unterstützung in der urbanen und „zivilgesellschaftlichen“, vielfach in Bewegungen engagierten Linken findet. Der BE ist im Parlament vor allem mit Initiativen in den Bereichen Drogenpolitik und Abtreibung hervorgetreten – eher „grüne“ Themen, die die Altkommunisten und ihre Klientel nicht oder nur am Rande interessieren.

Dieser soziokulturelle Bruch zwischen den alten und den neuen Milieus mit gegen den neoliberalen Kapitalismus gerichteten Interessen, der an der südeuropäischen Peripherie besonders deutlich wird, spielt aber auch in Frankreich eine Rolle und prägt dort die Auseinandersetzungen sowohl innerhalb der PCF als auch zwischen den mit ihr konkurrierenden Parteien trotzkistischer Provenienz. Der Niedergang der einst stärksten Arbeiterpartei PCF setzte um 1980 ein, als der soziale Strukturwandel zu einer fortschreitenden Erosion der alten Industriemilieus führte (von denen Teile sich dann auch mit der politischen Agenda Jean-Marie Le Pens solidarisierten, worauf die PCF zeitweilig damit zu reagieren versuchte, dass sie ihrerseits populistische Kampagnen gegen marokkanische „Drogenhändler“ usw. durchführte). Der dadurch ausgelösten und durch den Zusammenbruch des Ostblocks verschärften Talfahrt versuchte die PCF Mitte der 1990er Jahre durch die mutation, die Wandlung und Erneuerung zu begegnen, in der sie sich neuen Themenbereichen und Konfliktfeldern wie Ökologie, Feminismus, Antirassismus zuwandte und diese in ein reformerisches Profil zu integrieren versuchte. Allerdings verhalten sich die in diesen „alternativen“ Politikfeldern engagierten Bevölkerungsteile meist generell sehr skeptisch gegenüber Parteien, vor allem dann, wenn solche Parteien so wie die PCF Ende der 1990er Jahre Regierungen unterstützen, die keine grundlegenden Alternativen zum neoliberalen Mainstream darstellen, sondern diese Tendenz höchstens abmildern. Ihre besten Wahlergebnisse erzielt die PCF heute noch in den alten Industrieregionen. Darauf beruft sich die traditionalistische und nostalgische Opposition in der Partei, die die Rückkehr zum Profil einer kämpferischen Arbeiterpartei alten Stils mit vor allem betrieblich-gewerkschaftlicher Verankerung verlangt, während auf der anderen Seite die Minderheitsströmung der refondateurs eine konsequentere, radikalere Hinwendung zur neuen Bewegungslinken fordert. Auch zwischen den mit einigen spektakulären Wahlerfolgen hervorgetretenen Konkurrenzparteien trotzkistischen Ursprungs, Lutte Ouvrière (LO) und die mittlerweile in der Nouveau Parti Anticapitaliste aufgegangene Ligue communiste révolutionnaire (LCR) klafft ein solcher Gegensatz. Die streng trotzkistische LO agiert fast ausschließlich im alten Industriemilieu unter deutlicher (in letzter Zeit etwas gemilderter) Abgrenzung von „kleinbürgerlichen“ Kräften, während die eher bunt-alternative LCR Zulauf vor allem unter Lohnabhängigen im öffentlichen Dienst (z. B. Post, Transportwesen), im Bildungs- und Gesundheitswesen fand, im Bereich der Mittelschichten mit höherem Bildungsniveau und starkem sozialen Engagement. (Die LCR gehört, ebenso wie der portugiesische BE, zu den Gründern der Europäischen Antikapitalistischen Linken, die sich, in Abgrenzung von der EL, als Koordination der „alternativen Linken“ in Europa versteht.)

Globalisierung und Nationalstaat

In Italien hat die PRC die verschiedenen Milieus bislang besser integrieren können, aber auch hier werden Spannungen sichtbar zwischen Teilen, die sich vorwiegend auf die neuen sozialen Bewegungen im Strom der Globalisierungskritik beziehen, dabei allerdings wiederum mit deren radikalen Teilen in Konflikt geraten, weil sie wahlpolitisch auf Belange von Bevölkerungsschichten mit stärker „realpolitischen“ Interessen eingehen müssen, und der vor allem im traditionellen Milieu der früheren kommunistischen Partei PCI verankerten, eher orthodoxen „Ernesto-Strömung“, die in einer milderen Form eine ähnliche Grundtendenz vertritt wie die griechischen Kommunisten. Die die Mehrheit der Partei stellende erstgenannte Richtung setzt primär an den neuen Ausformungen der sozialen Konflikte im globalisierten neoliberalen Kapitalismus und den in sie involvierten Milieus an. Die neokommunistischen Erneuerer setzen auf die länderübergreifenden netzwerkförmigen, vielstimmigen, in sich pluralistischen, eine Vielfalt von Individuen und Gruppen mit mannigfaltigen Interessen und Bedürfnissen umfassenden Bewegungen gegen die kapitalistische „Globalisierung“, die sie als eine Art Laboratorium für die experimentelle Herausbildung neuer Formen kooperativer Gesellschaftlichkeit auffassen. Die Traditionalisten dagegen halten eher an einem „Blockdenken“ mit klar konturierten Kollektividentitäten fest. Exemplarisch steht in der inhaltlichen Auseinandersetzung dafür der Streit um die Interpretation der „Globalisierung“. Die Erneuerer um Fausto Bertinotti betrachten die Globalisierung als ein qualitativ neues Phänomen, das mit grundlegenden Veränderungen des Kapitalismus einhergeht: Neue Technologien, Schrumpfen der alten Industrien, globale Mobilität des transnational verflochtenen Kapitals, Schwinden der regulierenden Funktion der Nationalstaaten, allgemeine Prekarisierung der Arbeit und des Lebens – Sachverhalte, die sich weltweit im Inneren aller Gesellschaften auswirken. Die KP-Traditionalisten interpretieren dagegen die Globalisierung nur als verschärfte Form des Imperialismus, d. h., sie sehen mächtige und miteinander konkurrierende Nationalstaaten, die als politisches Instrument der Interessen ihrer Großkonzerne wirken, als treibende Kraft der schrankenlosen globalen Durchsetzung von Kapitalinteressen. Sie gehen also eher von einem äußeren Machtverhältnis aus und setzen folglich auf Gegenwehr durch Verteidigung der nationalstaatlichen Souveränität von „Völkern“, weil sie im Nationalstaat den einzig verlässlichen Schutz gegen den Raubzug der Konzerne sehen.

Wieder anders verhält es sich in den skandinavischen Ländern, wo in breiten Bevölkerungskreisen aller sozialen Schichten eine stark ablehnende Haltung gegen die EU und ein energischer Wille zur Verteidigung der sozialstaatlichen und demokratischen Errungenschaften dieser Länder anzutreffen ist. Deshalb misst im Allgemeinen dort auch die „alternative“ Linke der Beibehaltung oder Wiedergewinnung nationaler Souveränität hohe Bedeutung bei. Daraus erklärt sich, dass etwa die schwedische Vänsterpartiet, obwohl ihre politische Ausrichtung im Hinblick auf das Themenspektrum insgesamt eher der italienischen Rifondazione Comunista nahekommt, in der EU-Frage eine ähnliche Haltung einnimmt wie die ansonsten ideologisch völlig anders geartete griechische KKE.

Schwäche in Polen und Tschechien

Die EL hat ein starkes Interesse daran, auch in den neuen EU-Ländern der EU-Osterweiterungen (EU-Erweiterung 2004, Beitritt von Bulgarien und Rumänien 2007) Fuß zu fassen, gerade weil diese Länder als Billiglohn-Standorte eine wichtige Rolle spielen. In den meisten dieser ehemals „realsozialistischen“ Länder haben links von der Sozialdemokratie stehende Kräfte keine Bedeutung. Wenn doch, dann repräsentieren sie wiederum andere soziale Konstellationen als die westlichen Parteien.

Die stärkste Linkspartei in den östlichen EU-Ländern ist die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) in der Tschechischen Republik, in der starke Spannungen zu beobachten sind und gerade die bis heute nicht entschiedene Frage eines EL-Beitritts – wie auch schon die Diskussion über die Position der Partei zum Referendum über den EU-Beitritt Tschechiens – für Turbulenzen sorgte. Die Basis, der die KSČM ihre Wahlerfolge verdankt, besteht vor allem aus „Wendeverlierern“: Rentner, Arbeitslose, Teile der Landbevölkerung. Bei ihnen bedient sie nostalgische Stimmungen, die die zentristische Parteiführung um den Vorsitzenden Miroslav Grebenicek mit dem Anspruch, als moderne demokratische Partei anerkannt zu werden, auszubalancieren versucht. Im Januar 2004 wurde der damalige stellvertretende Parteivorsitzende und heutige Europaabgeordnete Miloslav Ransdorf zum Treffen zur Vorbereitung der EL-Gründung nach Berlin geschickt. Ransdorf, führender Kopf des proeuropäischen Modernisiererflügels, unterzeichnete dort den EL-Gründungsaufruf. Anschließend wurde ihm vorgeworfen, er habe eigenmächtig und ohne Mandat gehandelt. Dennoch nahm eine KSČM-Delegation im Mai 2004 am EL-Gründungskongress teil, den sie allerdings mit einem Eklat verließ: Sie erklärte sich nicht einverstanden mit der Verurteilung des Stalinismus im Gründungsdokument. Anschließend führte die Partei auf ihrer Homepage eine Online-Umfrage über die betreffende Formulierung durch, in der siebzig Prozent der Teilnehmer sich für den EL-Wortlaut aussprachen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die typische KSČM-Klientel keinen Internetzugang hat. Der Vorgang lässt allerdings erkennen, wie schwer es der zwischen nostalgischen Traditionsbezügen auf den untergegangenen Realsozialismus und der Suche nach einer realitätstauglichen Neuorientierung hin- und herpendelnden Partei fällt, zu einer verbindlichen Position zur EL zu gelangen. In letzter Zeit waren Signale zu vernehmen, dass die KSČM ihre Zusammenarbeit mit der EL intensivieren will und langfristig eine Vollmitgliedschaft ins Auge fasst.

Dagegen trat die Ungarische Kommunistische Arbeiterpartei, die 2004 ebenfalls die Verurteilung des Realsozialismus kritisiert hatte, aber zunächst an der EL teilgenommen hatte, mit Wirkung zum 1. Mai 2009 aus der EL aus. Auf der Tagung der EL in Luxemburg vom 24. bis 27. September 2010 wurde die Bulgarische Linke als Mitglied aufgenommen.[17]

Literatur

  • Birgit Daiber, Cornelia Hildebrandt (Hrsg.): Von Revolution bis Koalition – Linke Parteien in Europa. Fünfundzwanzig Länderberichte. RLS Papers, Berlin 2010 (rosalux.de [PDF; 5,0 MB] Materialien zur europapolitischen Bildung als Ergänzung zum Texte-Band 52).
  • Cornelia Hildebrandt: Zur parteipolitischen Linken in Europa. In: Europa – What’s left? Die Europäische Union zwischen Zerfall, Autoritarismus und demokratischer Erneuerung. Westfälisches Dampfboot, Münster, S. 220–250
  • Birgit Daiber, Cornelia Hildebrandt (Hrsg.): Von Revolution bis Koalition – Linke Parteien in Europa (= Texte. Band 52). Karl-Dietz Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-320-02240-2 (rosalux.de [PDF; 1,3 MB]).
  • Cornelia Hildebrandt: Linksparteien als Subjekte der Transformation. In: Lasst uns über Alternativen reden: Beiträge zur kritischen Transformationsforschung 3 Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Herausgeber: Michael Brie/Mario Candeias, VSA-Verlag Hamburg 2016, S. 190–220
  • Jürgen P. Lang: Die Partei der Europäischen Linken – Anatomie eines gescheiterten Projekts. In: Jahrbuch Extremismus & Demokratie 29 (2017). Text online

Weblinks

Einzelnachweise

  1. European Parliament: Grants from the European Parliament to political parties at European level per party and per year. In: Directorate for Political Structures Financing and Resources – Political Structures Financing Unit, März 2023. Auf EuroParl.Europa.eu (englisch, PDF; 250 KB), abgerufen am 19. August 2023.
  2. Full text of the Statute. european-left.org
  3. Birgit Daiber, Cornelia Hildebrandt, Anna Striethorst (Hrsg.): Von Revolution bis Koalition. Linke Parteien in Europa. (PDF; 1,3 MB) Dietz-Verlag, Berlin 2010
  4. europarl.europa.eu
  5. Programm der Partei der Europäischen Linken (EL). Archiviert vom Original am 21. August 2008; abgerufen am 1. September 2009.
  6. Euronews. Abgerufen am 15. Dezember 2013.
  7. Our Parties
  8. european-left.org
  9. https://www.europarl.europa.eu/contracts-and-grants/files/political-parties-and-foundations/audit-reports-and-donations/en-the-total-number-of-individual-members-2020.pdf
  10. ПАРТИЯ «СПРАВЕДЛИВЫЙ МИР» ОБЖАЛУЕТ РЕШЕНИЕ МИНЮСТА ОБ ОТКАЗЕ В ПЕРЕРЕГИСТРАЦИИ
  11. ELP-Beobachterstatus beendet – Bericht vom 3. Tag des XXI. Parteitag der DKP. (Memento desOriginals vom 28. Juni 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/news.dkp.suhail.uberspace.de Newswebsite der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP); abgerufen am 27. Februar 2016.
  12. Alte Kamellen, neue Bündnisse: Mélenchons Parti de Gauche verlässt Europäische Linkspartei
  13. Ananeotiki Kommounistiki ke Ikologiki Aristera
  14. https://www.ilpost.it/2019/04/09/europee-la-sinistra/
  15. Eine unabdingbare und radikale Entscheidung – Vom Gründungkongress der gemeinsamen Partei „Europäische Linke“ am 8. und 9. Mai in Rom. f (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive) In: Disput, Mitgliederzeitschrift, Mai 2004
  16. Giorgos Marinos, Mitglied des Politbüros des ZK der KKE
  17. DKP-Internetseite (Memento desOriginals vom 21. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dkp-online.de, abgerufen am 5. Januar 2011.

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Das Bild dieser Flagge lässt sich leicht mit einem Rahmen versehen
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Flagge Portugals, entworfen von Columbano Bordalo Pinheiro (1857-1929), offiziell von der portugiesischen Regierung am 30. Juni 1911 als Staatsflagge angenommen (in Verwendung bereits seit ungefähr November 1910).
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Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
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Die Europaflagge besteht aus einem Kranz aus zwölf goldenen, fünfzackigen, sich nicht berührenden Sternen auf azurblauem Hintergrund.

Sie wurde 1955 vom Europarat als dessen Flagge eingeführt und erst 1986 von der Europäischen Gemeinschaft übernommen.

Die Zahl der Sterne, zwölf, ist traditionell das Symbol der Vollkommenheit, Vollständigkeit und Einheit. Nur rein zufällig stimmte sie zwischen der Adoption der Flagge durch die EG 1986 bis zur Erweiterung 1995 mit der Zahl der Mitgliedstaaten der EG überein und blieb daher auch danach unverändert.
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