Erythrit

Strukturformel
Struktur von Erythrit
Allgemeines
NameErythrit
Andere Namen
  • (2S,3R)-Butan-1,2,3,4-tetrol (IUPAC)
  • i-Erythritol
  • meso-1,2,3,4-Tetrahydroxybutan
  • E 968[1]
  • ERYTHRITOL (INCI)[2]
SummenformelC4H10O4
Kurzbeschreibung

farblose, süß schmeckende Kristalle[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer149-32-6
EG-Nummer205-737-3
ECHA-InfoCard100.005.217
PubChem222285
ChemSpider192963
DrugBankDB04481
WikidataQ421873
Eigenschaften
Molare Masse122,12 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,45 g·cm−3[4]

Schmelzpunkt

120–123 °C[5]

Siedepunkt

329–331 °C[6]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[6]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-SätzeH: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Erythrit (auch Erythritol, meso-1,2,3,4-Butantetrol) ist eine süß schmeckende Verbindung, die chemisch zu den Zuckeralkoholen gehört und als Lebensmittelzusatzstoff die E-Nummer E 968 hat. Es stellt die meso-Form des optisch aktiven Threit dar und wird als Zuckeraustauschstoff verwendet. Es besitzt etwa 50–70 Prozent der Süßkraft von Zucker (Saccharose).[8]

Erythrit wurde von dem schottischen Chemiker John Stenhouse entdeckt, welcher den Stoff bereits um 1848 isolierte. Der Stoff wurde 1997 in den USA und im Jahr 2006 in Europa ohne Mengenbeschränkungen als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen.

Vorkommen

In natürlicher Form kommt Erythrit in Pilzen, Käse, Obst (Erdbeeren, Pflaumen) oder Pistazien vor.[3]

Gewinnung und Herstellung

Feinkörniges Erythrit

Die Herstellung von Erythrit kann chemisch-katalytisch durch die Hydrierung von Weinsäure an Raney-Nickel-Katalysatoren erfolgen. Dabei entsteht jedoch auch Threit. Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung ist die Umsetzung von Dialdehydstärke zu einer äquimolaren Mischung aus Glycol und Erythrit. Da diese Prozesse jedoch alle sehr kostspielig und kompliziert sind, wird Erythrit heute durch mikrobielle Umwandlung von niedermolekularen Kohlenhydraten (vorzugsweise Glucose und Saccharose) mittels osmophiler Pilze hergestellt. Mögliche Nebenprodukte dieser Fermentation sind Ribit, Glycerin und Ethanol sowie niedere Oligosaccharide. Zu den Erythrit-produzierenden Mikroben gehören Moniliella megachiliensis[9], Moniliella pollinis,[7] Candida magnoliae[10] und Yarrowia lipolytica.[11]

Eigenschaften

Erythrit ist geruchsfrei, wärmestabil und nicht hygroskopisch, das heißt, dass es keine Feuchtigkeit aus der Umgebung aufnimmt, was eine Klumpenbildung verhindert. Löst man Erythrit in Wasser, hat es einen kühlenden Effekt.[12]

Physiologie

Erythrit wird vom Menschen nicht abgebaut. Daher liefert es beinahe keine verwertbare Energie für den menschlichen Stoffwechsel. Folglich hat es keinen Einfluss auf den Blutzucker- und Insulinspiegel.[13] Der Stoff ist nicht von kariogenen Bakterien abbaubar und fördert keine Karies.[14][15] Bei der Nahrungsaufnahme wird Erythrit zu 90 Prozent über den Dünndarm aufgenommen und über die Nieren ausgeschieden.[16] Nur 10 % erreichen den Dickdarm. Daher treten Blähungen und Durchfall seltener auf als bei sonstigen Zuckeralkoholen.[17]

Angaben über den physiologischen Brennwert von Erythrit sind nicht einheitlich. In wissenschaftlichen Publikationen findet sich oft ein Wert von 0,8 kJ/g (0,2 kcal/g).[18] Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung hingegen enthält Erythrit keine Nahrungsenergie.[19] Entsprechend wird auf Produkten ein Brennwert von 0 kJ/g angegeben.[20]

Wie eine 2017 im Fachblatt PNAS veröffentlichte Studie mit 14C-Isotop-markierter Glucose zeigte, wird Glucose beim Menschen zu einem geringen Teil in Erythrit umgewandelt.[21] Wird vermehrt Glucose aufgenommen, findet sich vermehrt Erythrit im Blut.[22] Bei jungen Erwachsenen wurde ein Zusammenhang zwischen Adipositas und vermehrter Erythrit-Ausscheidung nachgewiesen.

Erythrit als Zuckerersatzstoff

Erythrit als Zuckerersatz ist in Deutschland als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Bei einem Anteil von mehr als zehn Prozent muss es jedoch mit dem Warnhinweis „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ gekennzeichnet werden.[23] Gegenüber anderen Zuckeralkoholen wie Sorbit, Maltit, Lactit und Isomalt hat Erythrit den Vorteil einer besonders hohen digestiven Toleranz (ca. 1 g/kg Körpergewicht). Seit 1990 wurde Erythrit in rund 60 Ländern als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Ein Gehalt von bis zu 1,6 % in Getränken hat offenbar keine laxative Wirkung und eine Aufnahme von weniger als 0,78 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht bei Erwachsenen und 0,6 Gramm bei Kindern scheint keine unerwünschten Auswirkungen zu haben.[24]

In einer Studie aus dem Jahr 2023 war ein hoher Gehalt an Erythrit im Blut (im Vergleich zu Personen mit einem geringen Erythrit-Gehalt im Blut) allerdings mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte und andere kardiovaskuläre Ereignisse verbunden. In derselben Studie zeigte die Injektion von Erythrit bei zwölf bis vierzehn Wochen alten Mäusen in vivo einen Effekt, der die Bildung von Thromben erleichterte, was das höhere Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte pathophysiologisch erklären könnte.[25]

Nicht medizinische Anwendung

Erythrit ist laut einer im Juni 2014 veröffentlichten Studie[26] ein Insektizid, das wirksam gegen Fruchtfliegen eingesetzt werden kann.[27] Bei einem Anwendungsversuch wurde jedoch bei Mais und Tomaten deren Schädigung durch insektizide Konzentrationen von Erythrit festgestellt.[28]

Handelsnamen

  • Assugrin Kristall (CH, D, AT)
  • Einser zum Süßen (AT)
  • Eryfly (D, AT)
  • Erylite (D)
  • Erythrit (AT, CH, FL, D)
  • Erythritol (D)
  • Sera (D, AT, BX, CZ, FR, IT, RU)
  • Serapur (D, CH, EU)
  • Sucolin (D, AT)
  • Sukrin (D, CH)
  • sweetERY (D)
  • Xucker Light (D, CH, FL, AT)
  • Zukka (AT)

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu E 968: Erythritol in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 27. Juni 2020.
  2. Eintrag zu ERYTHRITOL in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 25. September 2021.
  3. a b Eintrag zu Erythritol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 12. November 2014.
  4. Carl L. Yaws: Thermophysical Properties of Chemicals and Hydrocarbons. William Andrew, 2008, ISBN 978-0-08-094774-7, S. 215 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Datenblatt meso-Erythrit bei Alfa Aesar, abgerufen am 14. Mai 2013 (Seite nicht mehr abrufbar).
  6. a b Datenblatt meso-Erythritol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 12. Mai 2017 (PDF).
  7. a b c d Verordnung (EU) Nr. 231/2012 in der konsolidierten Fassung vom 31. Oktober 2022
  8. Kurt Rosenplenter, U. Nöhle (Hrsg.): Handbuch Süßungsmittel. 2. Auflage. Behr‘s Verlag, 2007, ISBN 978-3-89947-262-2, S. 431.
  9. Y. Kobayashi, H. Iwata, D. Mizushima, J. Ogihara, T. Kasumi: Erythritol production by Moniliella megachiliensis using nonrefined glycerol waste as carbon source. In: Letters in Applied Microbiology. Band 60, Nr. 5, Mai 2015, S. 475–480, doi:10.1111/lam.12391.
  10. Jung-Kul Lee, Sang-Yong Kim, Yeon-Woo Ryu, Jin-Ho Seo, Jung-Hoe Kim: Purification and Characterization of a Novel Erythrose Reductase from Candida magnoliae. In: Applied and Environmental Microbiology. Band 69, Nr. 7, Juli 2003, S. 3710–3718, doi:10.1128/AEM.69.7.3710-3718.2003, PMID 12839736, PMC 165123 (freier Volltext).
  11. Ludwika Tomaszewska, Anita Rywińska, Witold Gładkowski: Production of erythritol and mannitol by Yarrowia lipolytica yeast in media containing glycerol. In: Journal of Industrial Microbiology & Biotechnology. Band 39, Nr. 9, September 2012, S. 1333–1343, doi:10.1007/s10295-012-1145-6, PMID 22648525, PMC 3424290 (freier Volltext).
  12. Lyn O'Brien-Nabors: Alternative Sweeteners, Third Edition, Revised and Expanded. CRC Press, 2001, ISBN 0-8247-0437-1, S. 241.
  13. I. C. Munro, W. O. Berndt, J. F. Borzelleca, G. Flamm, B. S. Lynch: Erythritol: an interpretive summary of biochemical, metabolic, toxicological and clinical data. In: Food and Chemical Toxicology: An International Journal Published for the British Industrial Biological Research Association. Band 36, Nr. 12, Dezember 1998, S. 1139–1174, doi:10.1016/s0278-6915(98)00091-x, PMID 9862657.
  14. J. Kawanabe, M. Hirasawa, T. Takeuchi, T. Oda, T. Ikeda: Noncariogenicity of Erythritol as a Substrate. In: Caries Research. Band 26, Nr. 5, 1992, S. 358–362, doi:10.1159/000261468 (karger.com [abgerufen am 19. Februar 2021]).
  15. P. de Cock: Erythritol Functional Roles in Oral-Systemic Health. In: Advances in Dental Research. Band 29, Nr. 1, Februar 2018, S. 104–109, doi:10.1177/0022034517736499, PMID 29355425.
  16. Eva Arrigoni, Fred Brouns, Renato Amadò: Human gut microbiota does not ferment erythritol. In: The British Journal of Nutrition. Band 94, Nr. 5, November 2005, S. 643–646, doi:10.1079/bjn20051546, PMID 16277764.
  17. Opinion of the Scientific Committee on Food on Erythritol (PDF; 314 kB). SCF/CS/ADD/EDUL/215 Final, 24. März 2003.
  18. K. Regnat, R. L. Mach, A. R. Mach-Aigner: Erythritol as sweetener-wherefrom and whereto? In: Appl Microbiol Biotechnol. Band 102, Nr. 2, Jan 2018, S. 587–595. doi:10.1007/s00253-017-8654-1. Epub 2017 Dec 1. PMID 29196787;
  19. Hans Hauner, Evelyn Beyer-Reiners, Gert Bischoff, Christina Breidenassel, Melanie Ferschke, Albrecht Gebhardt, Christina Holzapfel, Andrea Lambeck, Marleen Meteling-Eeken, Claudia Paul, Diana Rubin, Tatjana Schütz, Dorothee Volkert, Johannes Wechsler, Günther Wolfram, Olaf Adam: Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP). In: Aktuelle Ernährungsmedizin. Band 44, 2019, S. 384–419. doi:10.1055/a-1030-5207
  20. Nährwertangaben auf einer Dose mit Erythrit (Memento desOriginals vom 8. Oktober 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/m.media-amazon.com
  21. Katie C. Hootman, Jean-Pierre Trezzi, Lisa Kraemer, Lindsay S. Burwell, Xiangyi Dong: Erythritol is a pentose-phosphate pathway metabolite and associated with adiposity gain in young adults. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 114, Nr. 21, 23. Mai 2017, S. E4233–E4240, doi:10.1073/pnas.1620079114, PMID 28484010, PMC 5448202 (freier Volltext).
  22. Erythrit – der Süßstoff, den der Körper selbst herstellt Presseinformation der TU Braunschweig vom 8. Mai 2017, abgerufen am 5. Juli 2018.
  23. 968 Erythrit – Zusatzstoffe-Online. Abgerufen am 29. Oktober 2020.
  24. Scientific Opinion on the safety of the proposed extension of use of erythritol (E 968) as a food additive – EFSA. In: Scientific Panel on Food Additives and Nutrient Sources Added to Food, European Food Safety Authority (Hrsg.): EFSA Journal. Band 13, Nr. 3, 2015, S. 4033, doi:10.2903/j.efsa.2015.4033: „In 2003, the European Union (EU) Scientific Committee on Food (SCF) concluded that erythritol is safe for use in foods. [...] the SCF opinion stated that the laxative threshold may be exceeded, especially by young consumers, [...] the ANS Panel concluded that the acute bolus consumption of erythritol via non‐alcoholic beverages at a maximum level of 1.6 % would not raise concerns for laxation.“
  25. Marco Witkowski, Ina Nemet, Hassan Alamri, Jennifer Wilcox, Nilaksh Gupta, Nisreen Nimer, Arash Haghikia, Xinmin S. Li, Yuping Wu, Prasenjit Prasad Saha, Ilja Demuth, Maximilian König, Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Tomas Cajka, Oliver Fiehn, Ulf Landmesser, W. H. Wilson Tang, Stanley L. Hazen: The artificial sweetener erythritol and cardiovascular event risk. In: Nature Medicine. 27. Februar 2023, S. 1–9, doi:10.1038/s41591-023-02223-9.
  26. Kaitlin M. Baudier, Simon D. Kaschock-Marenda, Nirali Patel, Katherine L. Diangelus, Sean O’Donnell, Daniel R. Marenda, Frederic Marion-Poll: Erythritol, a Non-Nutritive Sugar Alcohol Sweetener and the Main Component of Truvia, Is a Palatable Ingested Insecticide. In: PLoS ONE. 9, 2014, S. e98949, doi:10.1371/journal.pone.0098949.
  27. Tödlicher Süßstoff. wissenschaft.de, abgerufen am 5. Juni 2014.
  28. Sara E. Scanga, Bilal Hasanspahič, Edin Zvorničanin, Jasmina Samardžić Koženjić, Andrew K. Rahme: Erythritol, at insecticidal doses, has harmful effects on two common agricultural crop plants. In: PLOS ONE. Band 13, Nr. 4, 17. April 2018, S. e0192749, doi:10.1371/journal.pone.0192749, PMID 29664905, PMC 5903605 (freier Volltext).

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