Ernst August (Hannover)

Ernst August von Braunschweig-Calenberg (Gemälde von 1670)

Ernst August von Braunschweig-Calenberg (* 20. November 1629 auf Schloss Herzberg in Herzberg am Harz; † 23. Januar 1698 in Schloss Herrenhausen, Hannover) war Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Zunächst war er als nachgeborener Prinz für den geistlichen Stand bestimmt und wurde als Ernst August I. Fürstbischof von Osnabrück. 1679 wurde er Fürst von Calenberg und 1692 der erste Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg („Kurhannover“).

Leben

Sein Vater war Herzog Georg von Calenberg (1582–1641), seine Mutter war Landgräfin Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt (1601–1659). Als jüngster der vier Söhne seines Vaters besaß Ernst August zunächst keinen Anspruch auf ein eigenes Fürstentum. Eine erste Versorgung sicherte ihm 1646 die Wahl zum Koadjutor des Erzstifts Magdeburg, die jedoch nicht von Dauer war.

Bischof

Der Lutheraner Ernst August wurde im Westfälischen Friedensvertrag von 1648 zum Bischof des Hochstifts Osnabrück nominiert, das abwechselnd von einem katholischen Bischof und einem Herzog aus der jüngeren Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg regiert werden sollte. Nach dem Tod des katholischen Amtsinhabers Franz Wilhelm von Wartenberg wurde er 1662 vom Osnabrücker Domkapitel zum Bischof von Osnabrück gewählt; dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tod im Jahr 1698.[1] Am 17. Oktober 1658 heiratete Ernst August Sophie von der Pfalz, die Tochter des pfälzischen Kurfürsten und böhmischen „Winterkönigs“ Friedrich und der Elisabeth Stuart, Prinzessin von England und Schottland, in Heidelberg. Die Braut war ursprünglich mit seinem älteren Bruder Georg Wilhelm verlobt gewesen, der sie allerdings Ernst August in einem „Brauttausch“ überließ, sich selbst zur Ehelosigkeit verpflichtete und Ernst August zu seinem Erben bestimmte.

Schloss Osnabrück

Ernst August und Sophie lebten zunächst an Georg Wilhelms Hof im Leineschloss in Hannover und bezogen nach Ernst Augusts Wahl zum Fürstbischof 1662 mit ihren beiden ältesten Söhnen das fürstbischöfliche Schloss Iburg. Sophies Nichte Liselotte von der Pfalz lebte ab 1659 für vier Jahre ebenfalls als Ziehtochter in der Familie, nachdem ihre Eltern sich hatten scheiden lassen. 1665 übernahm Georg Wilhelm das Fürstentum Lüneburg und zog nach Celle, während er Calenberg mit der Hauptstadt Hannover an den nächst jüngeren Bruder Johann Friedrich weiterreichte. Ernst August und Sophie ließen sich in Osnabrück ein zeitgemäßes Barockschloss mit großem Park errichten, das Schloss Osnabrück, in welches sie 1673 aus der alten Bischofsburg umzogen.

Regierender Herzog und Kurfürst

Nach dem Tod seines älteren Bruders Johann Friedrich übernahm er 1679 die Herrschaft im Fürstentum Calenberg-Göttingen-Grubenhagen und zog zurück nach Hannover. Ernst August und seine Mätresse Clara Elisabeth von Platen lebten dort vorwiegend im Leineschloss, während Sophie sich nach Schloss Herrenhausen zurückzog, wo sie den Großen Garten im holländischen Barockstil umgestalten und erweitern ließ, den Johann Friedrich begonnen hatte. Dieser hatte auch Gottfried Wilhelm Leibniz als Hofbibliothekar eingestellt, den Ernst August übernahm und der Sophie bei der Gestaltung des Großen Gartens beriet.

Allegorie auf die Erhebung von Ernst August zum Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg
Begräbnisfeier für Ernst August in der Schlosskirche des Leineschlosses, 1698

Mit seiner am 18. Februar 1680 erlassenen Regimentsordnung wurde das System der hannoverschen Zentralbehörden festgeschrieben. Im Jahr 1683 führte er, um die Herrschaft des Gebietes zukünftig in einer Hand zu erhalten, gegen den Widerstand seiner jüngeren Söhne die Primogenitur ein, alle Besitzungen sollten in Zukunft an den erstgeborenen Sohn fallen. Unter anderem war diese Regelung auch Voraussetzung für die von ihm angestrebte Verleihung der Kurfürstenwürde. Um die Einheit der welfischen Teilfürstentümer zu garantieren, hatte Ernst August im Dezember 1682 seinen ältesten Sohn Georg Ludwig mit Sophie Dorothea, dem einzigen Kind seines Bruders Georg Wilhelm vermählt. Dieser hatte sich entgegen seiner früheren Verpflichtung 1665 mit der hugenottischen Adligen Eleonore d’Olbreuse vermählt.[2]

Seine jüngeren Söhne rebellierten fast 20 Jahre lang gegen die Einführung der Primogenitur. 1691 eskalierte der Prinzenstreit in einer Verschwörung seines Sohnes Maximilian Wilhelm, gegen die Ernst August rücksichtslos durchgriff. Während Maximilian Wilhelm mit zeitweiliger Festungshaft davonkam, wurde sein Komplize, der Oberjägermeister Otto Friedrich von Moltke, auf Befehl des Herzogs 1692 hingerichtet.[3] Drei seiner Söhne verloren als Offiziere in Diensten kaiserlicher Armeen das Leben, zwei davon im Großen Türkenkrieg, einer im Spanischen Erbfolgekrieg.

Im Jahr 1692 wurde Ernst August von Kaiser Leopold I. die neunte Kur im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sowie das Erzamt des Erzbannerträgers verliehen. Den Act of Settlement von 1701, mit dem Sophie formell zur englischen Thronfolgerin bestimmt wurde, erlebte er nicht mehr. Im Gegensatz zu seiner Frau und seinem Sohn waren ihm diese Thronansprüche ziemlich gleichgültig gewesen und die Aussicht, womöglich als Prinzgemahl nach London ziehen zu müssen, hatte ihn nie gereizt.

Ernst Augusts letzte Lebensjahre waren von familiären Schicksalsschlägen und politischen Rückschritten überschattet. Das Ansehen seines eben erst zu kurfürstlichen Würden aufgestiegenen Hauses gefährdete das Ehedesaster seines ältesten Sohnes Georg Ludwig, das sich in Verbindung mit der Königsmarck-Affäre zur Staatsaffäre entwickelte. Die Scheidung und Inhaftierung seiner Nichte und Schwiegertochter Sophie Dorothea erregten europaweit Aufsehen.[4]

Gesundheitlich schwer angeschlagen durch mehrere Schlaganfälle, die zu Sprach- und Bewegungsstörungen führten, musste der Kurfürst die Lenkung der Staatsgeschäfte zunehmend dem Kurprinzen Georg Ludwig überlassen. Mit seiner Ehefrau Sophie versöhnte sich der Kurfürst wieder, nachdem ihr Verhältnis im Prinzenstreit um die Primogenitur schwer gelitten hatte. Am 23. Januar 1698 starb er nach einem weiteren Schlaganfall auf Schloss Herrenhausen.[5] Nach seinem Tod wurde Ernst August in der Schlosskirche des Leineschlosses beigesetzt, nach dem Zweiten Weltkrieg dann in das Welfenmausoleum im Berggarten in Herrenhausen überführt.[6]

Der ehemalige Herzogsborn in Hannover war nach ihm benannt.

Vorfahren

 
 
 
 
 
Ernst von Braunschweig-Lüneburg (1497–1546)
 
 
 
 
Wilhelm der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg (1535–1592)
 
 
 
 
 
Sophie von Mecklenburg-Schwerin (1508–1541)
 
 
 
Georg von Braunschweig-Lüneburg (1582–1641)
 
 
 
 
 
 
Christian III. von Dänemark und Norwegen (1503–1559)
 
 
 
Dorothea von Oldenburg (1549–1617)
 
 
 
 
 
Dorothea von Sachsen-Lauenburg-Ratzeburg (1511–1571)
 
 
 
Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1629–1698)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Georg I. von Hessen-Darmstadt (1547–1596)
 
 
 
Ludwig V. von Hessen-Darmstadt (1577–1626)
 
 
 
 
 
Magdalena zur Lippe (1552–1587)
 
 
 
Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt (1601–1659)
 
 
 
 
 
 
 
 
Johann Georg von Brandenburg (1525–1598)
 
 
 
Magdalena von Brandenburg (1582–1616)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elisabeth von Anhalt (1563–1607)
 
 

Nachkommen

Aus der Ehe mit Sophie von der Pfalz gingen sieben Kinder hervor:

  • Georg Ludwig (1660–1727), ab 1714 als Georg I. König von Großbritannien und Irland
  • Friedrich August (* 3. Oktober 1661; † 31. Dezember 1690), gefallen als Generalmajor im Großen Türkenkrieg in St. Georgen, Siebenbürgen
  • Maximilian Wilhelm (1666–1726), kaiserlicher Feldmarschall
  • Sophie Charlotte (1668–1705), 1684 verheiratet mit dem späteren Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, ab 1701 Königin in Preußen – nach ihr ist das Schloss Charlottenburg in Berlin benannt
  • Karl Philipp (* 3. Oktober 1669; † 31. Dezember 1690), Oberst, gefallen am 31. Dezember 1690 im Großen Türkenkrieg in der Schlacht von Priština
  • Christian Heinrich (* 19. September 1671; † 31. Juli 1703), Generalwachtmeister, ertrunken in der Donau bei Ulm beim Feldzug gegen die Franzosen im Spanischen Erbfolgekrieg
  • Ernst August (1674–1728), Duke of York and Albany, Fürstbischof von Osnabrück

Mätresse

Mit seiner Mätresse Clara Elisabeth von Platen geb. von Meisenbug hat er zwei weitere Kinder:

  • Ernst August (* 3. August 1674; † 20. September 1726) ⚭ Freiin Sofie Caroline von Uffeln (* 2. September 1669; † 23. April 1726) → Line Platen-Hallermund
  • Sophie Charlotte (* 1675; † 20. April 1725), spätere Baronin von Kielmansegg und Countess of Leinster and Darlington ⚭ 1701 Baron Johann Adolf von Kielmansegg (1668–1717)

Quellen

Literatur

Weblinks

Commons: Ernst August (Hannover) – Sammlung von Bildern
Wikisource: Ernst August (Hannover) – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 19
  2. Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 19–20
  3. Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 20–21
  4. Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 22.
  5. Barbara Beck: Die Welfen. Das Haus Hannover 1692–1918, Wiesbaden 2014, marix, ISBN 978-3-86539-983-0, S. 22.
  6. Helmut Knocke, Hugo Thielen: Mausoleum. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon. S. 92.
VorgängerAmtNachfolger
Johann FriedrichHerzog von Braunschweig-Calenberg
1679–1698
Georg I.
aufgegangen in Hannover
Titel neu geschaffenKurfürst von Hannover
1692–1698
Georg I.
Franz Wilhelm von WartenbergFürstbischof von Osnabrück
1661–1698
Karl Joseph von Lothringen

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Portrait of Ernest August, Duke of York (1674-1728)
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Georg Ludwig, Prinz zu Braunschweig und Lüneburg
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Die Bischöfliche Residenz zu Osnabrück
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Begräbnisfeier für Kurfürst Ernst-August, Ehemann der Kurfürstin Sophie, 1698 in der Schlosskirche (Historisches Museum Hannover).
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Christian, Sohn von Ernst August (Hannover)

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Allegorie auf die Erhebung von Ernst August zum Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg 1692.