Ermstalbahn

Metzingen (Württ)–Bad Urach
Regio-Shuttle am Haltepunkt Bad Urach Wasserfall
Streckennummer (DB):4621
Kursbuchstrecke (DB):763, ex 325b
Streckenlänge:12,260 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:D4
Stromsystem:15 kV 16,7 Hz ~
Maximale Neigung:14,550 
Minimaler Radius:350 m
Höchstgeschwindigkeit:80 km/h
von Plochingen
0,000Metzingen (Württ) (ehemals Metzingen)[1]354 m
nach Immendingen
0,077DB Netz / ENAG
1,700Metzingen-Neuhausen (ehemals Neuhausen b Urach)[1]
3,259Erms
3,419Metzinger Straße
4,095Dettingen-Lehen (seit 1999)
4,491Glemser Straße
4,656Dettingen-Mitte (ehemals Dettingen b Urach)[1]397 m
5,413Dettingen-Freibad (seit 1999)
5,862Kalferweg
6,549Dettingen-Gsaidt (seit 1999)
Anschluss Papierfabrik Ahlstrom-Munksjö
8,247Brühlbach
8,679Bad Urach Wasserfall (ehemals Weg z Uracher Wasserfall)[1]
Seltbachstraße
9,700Bad Urach Ermstalklinik (seit 2004)
10,400Bad Urach (bis Juli 1983: Urach)463 m
11,070Anschluss Sattelmayer
11,447Ladestelle URACA
12,000Erms und unterer Mühlkanal
12,050oberer Mühlkanal
12,260Kunstmühle Künkele

Die Ermstalbahn – früher Ermsthalbahn geschrieben – ist eine eingleisige, elektrifizierte Stichbahn in Baden-Württemberg. Sie verbindet Metzingen, wo sie von der Bahnstrecke Plochingen–Immendingen abzweigt, mit Bad Urach (bis Juli 1983: Urach) am Nordrand der Schwäbischen Alb. Die Nebenbahn folgt dabei auf ihrer gesamten Länge dem namensgebenden Fluss Erms und wird heute von der Erms-Neckar-Bahn Eisenbahninfrastruktur AG (ENAG) betrieben.[2]

Geschichte

Die Eröffnung des Abschnittes Plochingen–Reutlingen am 20. September 1859 führte zur Einstellung der bis dahin von Tübingen über Urach nach Ulm verkehrenden Postkutschenverbindung. Daher bemühte sich die Stadt Urach in den Folgejahren um die Errichtung einer Nebenbahn. Nachdem erste Versuche hierzu gescheitert waren, erfolgte am 12. Juni 1872 mit Unterstützung der Württembergischen Vereinsbank die Gründung der Ermsthalbahngesellschaft mit Sitz in Stuttgart. Am 16. September 1872 erfolgte der erste Spatenstich für den Bau einer Stichstrecke von Metzingen nach Urach. Die Ermstalbahn wurde am 27. Dezember 1873 nach etwa einem Jahr Bauzeit als Privatbahn eröffnet.

In mehreren Abschnitten wurde von 1892 bis 1901 parallel zur Ermstalbahn die Bahnstrecke Reutlingen–Schelklingen eröffnet, durch die in Zusammenhang mit der Bahnstrecke Ulm–Sigmaringen eine Eisenbahnverbindung von Reutlingen über die Schwäbische Alb nach Ulm entstand. Infolgedessen verringerte sich das Fahrgastaufkommen auf der Ermstalbahn deutlich, wodurch sich auch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verschlechterte. Diese Situation führte dazu, dass die Bahnstrecke mit Wirkung zum 1. April 1904 an den württembergischen Staat veräußert wurde. Die Strecke wurde fortan von den Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen betrieben. Am 2. August 1919 wurde die Bahn um 1,194 Kilometer zur Kunstmühle Künkele verlängert. Diese Verlängerung diente zwar nur dem Güterverkehr zur Mühle, gleichzeitig war sie jedoch auch eine Bauvorleistung für die damals angedachte Verlängerung in Richtung Münsingen, wo eine Verknüpfung mit der Bahnstrecke Reutlingen–Schelklingen vorgesehen war. Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Strecke zur 1920 neu gegründeten Deutschen Reichsbahn.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Deutsche Bundesbahn (DB) den Betrieb. Diese richtete 1950 eine parallel zur Strecke verkehrende Bahnbuslinie ein. In den Folgejahren verlagerte sich der Personenverkehr zunehmend auf den Busverkehr, da durch diesen die anliegenden Orte besser erschlossen werden konnten. Infolgedessen wurde die Anzahl der verkehrenden Züge mehr und mehr verringert. Die beabsichtigte Stilllegung der Ermstalbahn wurde 1969 zunächst verhindert, der Niedergang setzte sich jedoch fort. Im Sommer 1971 stellte die Deutsche Bundesbahn den Betrieb auf dem Schlussabschnitt zwischen der Ladestelle der Pumpenfabrik URACA und der Kunstmühle ein. Am 27. Mai 1976 verkehrten die vorerst letzten regulären Personenzüge nach Urach; der Güterverkehr zur URACA wurde weiterhin aufrechterhalten. Vereinzelt fanden noch Sonderfahrten mit Personenzügen statt. Im Juli 1983 wurde Urach zum Kurort Bad Urach aufgewertet, doch der Güterverkehr ging weiter zurück. Ende 1989 wurde auch der spärliche Güterverkehr zwischen der Ausweichanschlussstelle Dettingen Gsaidt und Bad Urach aufgegeben.

Bestrebungen der Anliegergemeinden, vor allem der Kurstadt Bad Urach, den Schienenverkehr wiederzubeleben, mündeten 1988 in der Gründung der Ermstal-Verkehrsgesellschaft (heute Erms-Neckar-Bahn). Diese erwarb die Strecke am 28. Dezember 1993 mit Wirkung zum 1. Januar 1994[3] von der damaligen Deutschen Bundesbahn zum symbolischen Preis von einer D-Mark. An der Erms-Neckar-Bahn AG beteiligten sich mehr als 1000 Aktionäre und ermöglichten so die Reaktivierung.[4] Im Mai 1998 erfolgte der Start eines Touristikverkehres an Wochenenden und Feiertagen. Zum 1. August 1999 wurde der reguläre Personenverkehr nach Bad Urach wieder aufgenommen. In diesem Zusammenhang wurden auch drei neue Haltepunkte auf dem Gebiet der Gemeinde Dettingen an der Erms in Betrieb genommen (Dettingen-Lehen, Dettingen-Freibad und Dettingen-Gsaidt). 2004 erfolgte die Eröffnung des Haltepunktes Bad Urach Ermstalklinik sowie eine Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit auf 80 km/h.[5]

Verkehr

Von Bad Urach nach Metzingen verkehren täglich im Stundentakt Regionalbahnen der Linie RB 63, die über die Bahnstrecke Plochingen–Immendingen und die Ammertalbahn nach Herrenberg durchgebunden werden. Einzelne Fahrten verkehren nur zwischen Bad Urach und Metzingen beziehungsweise Reutlingen Hauptbahnhof. Der Zugverkehr wird von DB Regio Baden-Württemberg (zuvor DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee [RAB]) im Auftrag des Landes Baden-Württemberg durchgeführt.[6] Diese setzt hierfür Dieseltriebwagen der Bauart Stadler Regio-Shuttle RS 1 ein. Parallel zur Ermstalbahn verkehrt eine weiterhin von der RAB betriebene Buslinie, deren Fahrzeiten auf den Zugfahrplan abgestimmt sind. Die Ermstalbahn ist seit dem 1. Januar 2002 vollständig in den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (Naldo) integriert.

Integration in die Regionalstadtbahn Neckar-Alb

Gegenwärtig wird die Ermstalbahn, analog zur Ammertalbahn, zu einer Teilstrecke der von Bund und Land geförderten Regionalstadtbahn Neckar-Alb ausgebaut. Das sogenannte „Modul 1“ umfasst den Bau zweigleisiger Abschnitte sowie die Elektrifizierung der gesamten Schienentrasse. Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Februar 2017 vom Regierungspräsidium Tübingen erlassen, Baubeginn war im Oktober 2019. Die Realisierung des „Moduls 1“ durch die ENAG wird von den Landkreisen Reutlingen und Tübingen sowie den Städten Reutlingen, Metzingen, Bad Urach und der Gemeinde Dettingen bezuschusst. Die erste RSB-Teilstrecke Herrenberg – Tübingen – Reutlingen – Bad Urach soll von Ende 2022 an im Halbstundentakt elektrisch bedient werden. Zusätzlich zu den vorhandenen Stationen, die auf eine einheitliche Bahnsteiglänge von 80 Metern und eine Höhe von 55 Zentimetern ausgebaut werden, entstehen 2021 und 2022 neue Haltepunkte in Reutlingen-Storlach, Reutlingen-Bösmannsäcker, Tübingen-Neckaraue und Tübingen-Güterbahnhof. Der in Dettingen-Gsaidt notwendige zweigleisige Kreuzungsbahnhof mit Mittelbahnsteig ist seit Ende 2020 baulich weitgehend fertig gestellt. Von 2026 an sollen zwischen Bad Urach und Herrenberg Zweisystem-Stadtbahnen nach dem Karlsruher Modell verkehren. Diese Tram-Trains können sowohl mit Wechselstrom auf vorhandenen Bahnstrecken, wie auch mit Gleichstrom auf neuen innerstädtischen Stadtbahnstrecken fahren. Deshalb müssen für das gut 200 Schienenkilometer umfassende künftige RSB-Netz lediglich 50 km neu errichtet werden.

Den Zuschlag für die Linie RB 63 (Herrenberg–Tübingen–Bad Urach) erhielt im Januar 2022 DB Regio. Der Verkehrsvertrag soll bis maximal Dezember 2035 laufen und kann ab Dezember 2030 gekündigt werden. Im Dezember 2022 wurden die Regio-Shuttles durch Alstom Coradia Continental ersetzt, die zuvor im E-Netz Augsburg im Einsatz waren. Diese werden im Laufe des Jahres 2023 modernisiert, mit WLAN und Haltewunschtasten ausgestattet und im bwegt-Design neu lackiert.[7][8]

Literatur

  • Peter-Michael Mihailescu, Matthias Michalke: Vergessene Bahnen in Baden-Württemberg. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0413-6, S. 197–200.
  • Hans-Joachim Knupfer, Bernd Weckler: Einmal Urach und retour! Knupfer-Bahnbücher, Althengstett 1999, ISBN 3-934379-00-1.

Weblinks

Commons: Ermstalbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Personenverkehr nach Urach – Kbs 325b auf db58.de, abgerufen am 24. November 2018
  2. Die Erms-Neckar-Bahn AG: Erste Klasse für die Trasse, auf erms-neckar-bahn.de
  3. Die Ermstalbahn: Metzingen – Bad Urach. erms-neckar-bahn.de, abgerufen am 23. Januar 2021.
  4. Land und Bund fördern Regionalstadtbahn Neckar-Alb (Modul 1). In: vm.baden-wuerttemberg.de. Verkehrsministerium Baden-Württemberg, 22. Dezember 2020, abgerufen am 24. Dezember 2020.
  5. Ermstalbahn. Erms-Neckar-Bahn AG, abgerufen am 3. April 2021.
  6. So geht’s mit dem Schienenverkehr in Metzingen weiter, Reutlinger General-Anzeiger vom 5. Februar 2020
  7. Elektrische Züge fahren zukünftig zwischen Herrenberg und Bad Urach. Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, 25. Januar 2022, abgerufen am 13. August 2022.
  8. Pressemitteilung zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember sowie zum Stuttgarter Rössle. (PDF) Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, 6. Dezember 2022, abgerufen am 13. Dezember 2022.

Auf dieser Seite verwendete Medien

BSicon exKBSTe.svg
ex Kopfbetriebsstelle, Streckenende
Ermstalbahn, Haltepunkt Bad Urach Wasserfall 02.JPG
Autor/Urheber: Vux, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ermstalbahn, Haltepunkt Bad Urach Wasserfall