Wendeschleife





Eine Wendeschleife, Kehrschleife, Umkehrschleife, Endkehre, Endschleife, Gleisschleife, Gleiskehre, Rückkehrschleife[1] oder kurz Schleife, Kehre bzw. Wende oder Buswende dient dem Umkehren von Fahrzeugen ohne Fahrtrichtungsänderung. Typische Anwendungsfälle sind die Enden von Strecken und Linien im öffentlichen Personennahverkehr. Vereinzelt gibt es sie bei Eisenbahnen auch abseits des ÖPNV. Führt eine Schleifenfahrt durch mehrere Straßenzüge, so spricht man von einer Häuserblockschleife, Blockschleife oder Blockumfahrung. In der Schweiz sind auch die Begriffe Wendeschlaufe oder Endschlaufe gebräuchlich.
Besonders häufig sind Wendeschleifen in Straßenbahnnetzen, da sie dort die Verwendung von Einrichtungswagen ermöglichen. Bei Zweirichtungsfahrzeugen ermöglichen sie einen flüssigeren und schnelleren Betrieb, weil der Triebfahrzeugführer nicht den Führerstand wechseln muss und beim Beiwagenbetrieb die umständliche Benutzung von Umsetzendstellen entfällt. Unverzichtbar sind Wendeschleifen ebenso bei Oberleitungsbussen und allgemein bei Gelenk- und Doppelgelenkbussen im Linienverkehr. Diese Fahrzeuge können nicht zuverlässig durch Rückwärtsfahren wenden. Alternativ können auch Kreisverkehrsanlagen als Wendeschleife benutzt werden. Vereinzelt gibt es solche auch in Straßenbahnnetzen.
Die Wendeschleifen von Straßen- oder Stadtbahnen umschließen meist relativ große Flächen. Diese können verschieden genutzt werden, beispielsweise für Kombibahnsteige mit Bussen, Kiss-and-Ride-Buchten, Park-and-Ride-Plätze, Warteräume für Fahrgäste, Pausenräume für die Fahrbediensteten[2], Gleichrichterunterwerke[2] sowie Auf- oder Abgänge zu anderen Verkehrsebenen. Außerdem haben die Schleifen dieser Bahnen oft mehrere Gleise, auch Überholgleise oder Aufstellgleise genannt, damit sich Züge überholen und beispielsweise schadhafte Züge kurzzeitig abgestellt werden können.[2]
Eisenbahn
Weil die größeren Mindestradien der Haupt- und Nebenbahnen viel Platz für die Schleife erfordern, sind Wendeschleifen bei Eisenbahnen seltener als Gleisdreiecke. Ein Beispiel ist die Wendeschleife der Verbindungsbahn der S-Bahn Stuttgart, die sich südwestlich des Bahnhofs Schwabstraße befindet und komplett im Tunnel verläuft. Sie war erforderlich, um an der Schwabstraße ein effizientes Zugwenden zu gewährleisten. Sie besitzt einen Radius von 190 Metern, kann mit 50 km/h befahren werden und beinhaltet ein zuglanges Überholgleis. Weitere Beispiele sind die Wendeschleife der Selketalbahn im Bahnhof Stiege, die frühere Wendeschleife im Bahnhof Voerde der stillgelegten Kleinbahn Haspe–Voerde–Breckerfeld, die Wendeschleife der Hambachbahn, die Wendeschleife beim Rangierbahnhof Lausanne sowie die beiden Schleifen Hütteldorf und Heiligenstadt der ehemaligen Wiener Elektrischen Stadtbahn. Auch die frühen Talgo-Gliederzüge in Spanien und den Vereinigten Staaten benötigten wegen der Laufwerksgeometrie, die einen Fahrbetrieb als Zugfahrt nur in einer Richtung ermöglicht, Wendeanlagen. Diese wurden allerdings in den meisten Fällen in Form von Gleisdreiecken realisiert.
Darüber hinaus sind Wendeschleifen im Eisenbahnbereich insbesondere im Zusammenhang mit der Verknüpfung zwischen Eisenbahn und Straßenbahn anzutreffen, wobei diese Schleifen dann nur von den auf der Strecke eingesetzten Straßenbahn- bzw. Stadtbahnfahrzeugen benutzt werden können.
Bei normalspurigen Eisenbahnen:
- Baunatal-Großenritte (Bahnstrecke Kassel–Naumburg)
- Helsa Im Steinhof (Bahnstrecke Kassel–Waldkappel)
- Bad Herrenalb (Albtalbahn)
- Busenbach zwischen 1960 und 1985 (Albtalbahn)
- Ettlingen Albgaubad (Albtalbahn)
- Rüppurr Battstraße (Albtalbahn)
- Langensteinbach Süd zwischen 1966 und 1975 (Bahnstrecke Busenbach–Ittersbach)
- Langensteinbach St. Barbara (Bahnstrecke Busenbach–Ittersbach)
- Ittersbach Rathaus (Bahnstrecke Busenbach–Ittersbach)
- Neureut Kirchfeld (Hardtbahn)
- Leopoldshafen Frankfurter Straße (Hardtbahn)
- Rangierbahnhof Lausanne
- Griesfeld (Lokalbahn Wien–Baden)
Bei schmalspurigen Eisenbahnen:
- Pforzheim-Brötzingen Kleinbahnhof bis 1968 (Pforzheimer Kleinbahn)
- Mannheim-Käfertal OEG (Bahnstrecke Mannheim–Weinheim)
- Wallstadt Ost (Bahnstrecke Mannheim-Käfertal–Heddesheim)
- Heddesheim Bahnhof RNV (Bahnstrecke Mannheim-Käfertal–Heddesheim)
- Bad Dürkheim RHB (Bahnstrecke Bad Dürkheim–Ludwigshafen-Oggersheim)
- Ettingen (Bahnstrecke Basel–Rodersdorf)
- Flüh (Bahnstrecke Basel–Rodersdorf)
- Rodersdorf (Bahnstrecke Basel–Rodersdorf)
- Surbaum (Bahnstrecke Basel–Aesch)
- Reinach Süd (Bahnstrecke Basel–Aesch)
- Aesch Dorf (Bahnstrecke Basel–Aesch)
- Arlesheim Dorf (Bahnstrecke Basel–Dornach)
- Dornach Bahnhof (Bahnstrecke Basel–Dornach)
- Dornachbrugg (Bahnstrecke Basel–Dornach)
- Muttenz Dorf (Bahnstrecke Basel–Pratteln)
- Wartenberg (Bahnstrecke Basel–Pratteln)
- Pratteln Schlossstrasse (Bahnstrecke Basel–Pratteln)
- Gümligen, Siloah (Bahnstrecke Bern–Worb Dorf)
- Worb, Dorf (Bahnstrecke Bern–Worb Dorf)
Echte und von Zügen befahrene Wendeschleifen gibt es bei Bahnen mit reinem oder nahezu reinem Massenguttransport, die Bergwerke und Häfen verbinden, beispielsweise in der australischen Region Pilbara. Hier erübrigen sie sonst erforderliche Rangierarbeiten. Insbesondere in Nord- und Südamerika existieren auch Wendeschleifen zum Wenden von ganzen Zugeinheiten, beispielsweise um die Werkstätten von Maestranza-San Eugenio in Santiago de Chile.
Keine Wendeschleife ist eine Streckenführung bei Gebirgsbahnen, die zur Höhengewinnung einen Richtungswechsel von etwa 180° vornimmt. In diesem Fall spricht man von einer Kehre.
Bahnsteiganordnung und Durchfahrungsrichtung
Haltestellen in Wendeschleifen können im einfachsten Fall mit nur einem Bahnsteig angelegt werden, der dem Ein- und dem Ausstieg dient. Oft ist dieser lang genug für zwei hintereinander haltende Züge ausgeführt, damit Fahrgäste eines ankommenden Zuges sofort aussteigen können, wenn noch ein anderer Zug auf seine Abfahrtszeit wartet. Häufig gibt es jedoch auch getrennte Aus- und Einstiegsbahnsteige. In manchen Fällen ist diese Anordnung notwendig, weil die Schleife einen so geringen Bogenradius hat, dass sie nicht mit Fahrgästen befahren werden darf. Im Verlauf von Häuserblockschleifen liegen in der Regel mehrere Haltestellen.[2]

Meist haben Wendeschleifen eine festgelegte Durchfahrungsrichtung. An den Enden zweigleisiger Strecken kann ein Grund für die Wahl dieser Richtung das Vermeiden einer Gleiskreuzung sein. Dann wird die Schleife bei Rechtsverkehr linksdrehend und bei Linksverkehr rechtsdrehend befahren. Wenn eine Haltestelle in einem Bogen der Schleife angeordnet ist und Fahrzeuge mit Türen nur auf einer Seite eingesetzt werden, dann kann es sinnvoll sein, die Richtung so zu wählen, dass der Bahnsteig im Bogeninneren liegt. Ein bogenäußerer Bahnsteig würde bei Zügen aus mehreren Wagen sowie bei Gelenkwagen die Beobachtung des Fahrgastwechsels durch die Fahrbediensteten erschweren oder verunmöglichen. Auch die Herstellung kurzer Umstiegswege zu anderen Verkehrsmitteln kann die Wahl der Richtung beeinflussen.[2]

Eine Sonderform stellen kombinierte Wendeschleifen dar, bei denen eine Omnibuswendeschleife in eine Bahnwendeschleife integriert ist. Hierbei fahren die Omnibusse, die einen kleineren Radius benötigen, in der Regel innen und die Straßenbahn-/Stadtbahn-Züge außen. Wird die Schleife dabei – jeweils auf Rechtsverkehr bezogen – von den Zügen im und von den Omnibussen gegen den Uhrzeigersinn durchfahren, können zwischen den beiden Schleifen kombinierte Bahnsteige bzw. Bussteige angelegt werden. Diese vereinfachen das Umsteigen zwischen den beiden Verkehrsmitteln.[2]
Siehe auch
- Wendeanlage
- Endschleifen der Métro Paris
- Wendeanlagen für den Individualverkehr
- Liste der Wendeschleifen der Berliner Straßenbahn
Weblinks
- Moritz Oder: Kehrschleife. In: Victor von Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Auflage. Band 6: Güterverkehr–Krisen. Urban & Schwarzenberg, Berlin / Wien 1914, S. 338.
Literatur
- Christian Much: Drehen, wenden und pausieren... In: Straßenbahn Magazin. Nr. 366 (4/2020). GeraMond Verlag, München 2020, S. 25–28.
Einzelnachweise
- ↑ F. Eiselen, Zur Betriebseröffnung der Elberfelder Schwebebahn, in Deutsche Bauzeitung 34, 1900, S. 527 ff.
- ↑ a b c d e f Christian Much: Drehen, wenden und pausieren... In: Straßenbahn Magazin. Nr. 366 (4/2020). GeraMond Verlag, München 2020, S. 25–28.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Wien WVB: Strassenbahnendstation in zwei Niveaus am Schottentor am 30. April 1976.
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VGF articulated tramcar M 602 with trailer 1804 at Nied Kirche (Frankfurt am Main), October 29, 2004. Photo by myself, GNU-FDL.
VGF-Gelenktriebwagen M 602 mit Beiwagen 1804 in der Schleife Nied Kirche (Frankfurt am Main), 29. Oktober 2004. Selbst fotografiert, GNU-FDL.Autor/Urheber: Tramhendi, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Prinzipskizze einer Straßenbahn- und Buswendeschleife mit optimalen Umstiegsbedingungen
Autor/Urheber:
unbekannt
, Lizenz: PD-alt-100Wendeschleife Zoologischer Garten der Wuppertaler Schwebebahn
Autor/Urheber: Felix O, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Ikarus 280T Oberleitungsbus in Weimar, ehemalige DDR
(c) Alan Murray-Rust, CC BY-SA 2.0
Knotenpunkt Knautkleeberg (Bahnhof Leipzig-Knauthain), 11 km from Leipzig, Deutschland (Zone 33).
Wendehammer Typ 7
Autor/Urheber: Ludwig Dupas, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Fonctionnement d'une boucle de retournement ferroviaire en voie double et circulation à droite.
