Ellipse (Sprache)

Als Ellipse (von altgriechisch ἔλλειψιςélleipsis, deutsch ‚das Unterlassen, Ausbleiben, Zurückbleiben‘)[1] bezeichnet man in der Linguistik sowohl das Auslassen von Satzteilen als auch die Sätze mit jenen Auslassungen.[2] Häufig wird das Prädikat ausgelassen.

Elliptische Auslassungen lassen sich mit Hilfe des sprachlichen oder situativen Kontextes rekonstruieren.[3] In der linguistischen Analyse der Ellipse werden ausgelassene Satzteile oft mit eckigen Klammern gekennzeichnet. Im Beispiel „Karl fährt nach Italien, Wilhelm [fährt] an die Nordsee“[2] lautet der elliptische Satz: Karl fährt nach Italien, Wilhelm an die Nordsee. Das Wort fährt wurde weggelassen.

Eine strenge Definition[4] verlangt für die Ellipse, dass sie wortgetreu aus dem sprachlichen Kontext rekonstruiert werden kann.

Ellipsen sind in gesprochener Sprache häufig zu finden.[3] Sie können sich nach und nach konventionalisieren oder zu fest gefügten Phrasen werden.

Beispiele für Ellipsen sind die Koordinationsellipse und die Subjektbinnenellipse.

Beispiele

  • Mir nichts, dir nichts.
  • Je früher der Abschied [ist], desto kürzer [ist] die Qual.
  • Je später der Abend [ist], desto schöner [werden] die Gäste.
  • Nicht du, [sondern] ich!
  • [Wenn das] Ende gut [ist], [ist] alles gut!
  • Was [ist] nun?
  • Was [ist] denn?
  • [Ich wünsche Ihnen einen] Guten Morgen!
  • Grüß (segne/beschütze, etym.) [dich] Gott!
  • [Ich bitte Sie um] Entschuldigung!
  • [Möchten Sie] Sonst noch was?
  • [Fährt] Noch jemand ohne Fahrschein?
  • Ohne [ein] Wenn und [ohne ein] Aber.
  • Erst [kommt] die Arbeit, dann [kommt] das Vergnügen.
  • Wer [ist] da?
  • Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! (aus Johann Wolfgang von Goethes Willkommen und Abschied, 1789).[5]
  • Du willst doch wohl nicht …!

Siehe auch

Literatur

  • Mathias Brandstädter: Präsenz per Absenz. Bemerkungen zum Hintergrundrauschen einer Ästhetik der Aussparung bei Ror Wolf, Hermann Peter Piwitt und Thomas Lehr. In: Literatur für Leser, 2, 2007.
  • Ellipse (Lexikoneintrag). In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Bibliographisches Institut, Leipzig/ Wien 1905–1909. 1909, abgerufen am 25. Januar 2019.
  • Wolfgang Müller: Die real existierenden grammatischen Ellipsen und die Norm. Eine Bestandsaufnahme. In: Sprachwissenschaft, 15, 1990, S. 241–366.
  • Ludger Hoffmann: Ellipse und Analepse. (PDF; 115 kB) In: Angelika Redder, Jochen Rehbein (Hrsg.): Grammatik und mentale Prozesse. Stauffenburg 1999, ISBN 3-86057-708-5, S. 69–90.

Weblinks

Wiktionary: Ellipse – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kurzsatz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (zeno.org [abgerufen am 25. Januar 2019]).
  2. a b Duden – Das Fremdwörterbuch. Aktualisierte Online-Ausgabe. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999–2004.
  3. a b Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. 2. Auflage. J.B. Metzler Verlag, 2000, S. 2586.
  4. Bühler: Sprachtheorie. A. Betten: Ellipsen, Anakoluthe und Parenthesen. DS 4, 1976, S. 207–229.
  5. Maximilian Wilhelm Götzinger: Die deutsche Sprache. Theil 2. In: Die deutsche Sprache und ihre Literatur. Band 1. Hoffmann, Stuttgart 1839, OCLC 310805719 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).