Einwohnerantrag

Der Einwohnerantrag (in Baden-Württemberg bis 2015[1], Bayern und der Stadtgemeinde Bremen: Bürgerantrag) ist ein Instrument der direkten Demokratie in Deutschland. Mit ihm können Einwohner beziehungsweise Bürger einer Gemeinde den Gemeinderat verpflichten, sich mit einer bestimmten Angelegenheit in einer öffentlichen Sitzung zu befassen. Der Einwohnerantrag verpflichtet den Gemeinderat jedoch nicht in allen Bundesländern, auch eine Sachentscheidung herbeizuführen.

Rahmenbedingungen in den Bundesländern

Die Rechtsgrundlage für Einwohneranträge bilden die gültigen Gemeindeordnungen der deutschen Bundesländer. Dabei gelten je Land unterschiedliche Vorschriften für die Antragsberechtigten Personen. Zum Teil wird das notwendige Quorum auch nicht an der Gesamtzahl der Antragsberechtigten, sondern davon abweichend an allen Einwohner bemessen.

Außerdem kann in einem Teil der Länder auch eine Entscheidung des zuständigen Kommunalgremiums beantragt werden, in anderen ist nur die Behandlung der Angelegenheit ohne zwingende Entscheidung vorgesehen.

In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Einwohneranträge auch auf Landkreisebene vorgesehen.

Rahmenbedingungen für Einwohneranträge nach Bundesländern
Bundeslandgeregelt inAntragsberechtigteQuorum
(falls nicht anders angegeben:
Anteil der Antragsberechtigten)
Antrag
auf Entscheidung
Baden-Württemberg Baden-Württemberg§ 20b der Gemeindeordnung

§ 41 Kommunalwahlgesetz

Einwohner ab 16 Jahrenje nach Gemeindegröße 1,5 % (max. 200) oder 3 % (min. 200, max. 2.500) aller Einwohnernein
Bayern Bayern[A 1]Art.18b der Gemeindeordnung,
Art. 12b der Landkreisordnung
Gemeindebürger/
bzw. Kreisbürger
1 % aller Einwohnernein
Hauptartikel: Direkte Demokratie in Bayern#Bürgerantrag
Berlin Berlin (Bezirke)§§ 44 des BezirksverwaltungsgesetzEinwohner ab 16 Jahren1000 Einwohnerja
Hauptartikel: Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Berlin
Brandenburg Brandenburg§ 14 der KommunalverfassungEinwohner ab 16 Jahren5 %ja
Bremen Bremen[A 2]§ 6 Bürgerantragsgesetz /
§ 15 der Verfassung Bremerhaven
Einwohner ab 16 JahrenStadt Bremen: 2.500 Einwohner
Stadt Bremerhaven: 1 %
ja
Hamburg Hamburgnicht vorgesehen
Hessen Hessennicht vorgesehen
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern§ 18 der KommunalverfassungEinwohner der Gemeinde/des Kreises, ab 14 Jahre5 % oder mindestens 2.000nein
Niedersachsen Niedersachsen§ 31 NKomVGEinwohner der Gemeinde/des Kreises/der Region Hannover, ab 14 Jahre2,5 % – 5 % aller Einwohner,

deckelt auf 400-8.000

nein
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen§ 25 der Gemeindeordnung
§ 22 der Kreisordnung
Einwohner ab 14 Jahre4 – 5 % aller Einwohner,
gedeckelt auf 4.000 – 8.000
ja
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz§ 17 der Gemeindeordnung

§ 11d der Landkreisordnung

Einwohner ab 14 Jahren2 % aller Einwohner, maximal 2.000, in Gemeinden min. 10ja
Saarland Saarland§ 21 des KommunalselbstverwaltungsgesetzesEinwohner der Gemeinde/des Kreises ab 16 Jahren5 %ja
Sachsen Sachsen§ 23 SächsGemO

§ 20 SächsLKrO

Einwohner ab 16 Jahren, in Landkreisen ab 18 Jahren5 – 10 %nein
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt§ 25 KommunalverfassungsgesetzEinwohner der Gemeinde/des Kreises ab 16 Jahren,
bei Jugendangelegenheiten ab 14
1,7 – 5 %nein
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein§ 16f der Gemeindeordnung

§ 16e der Kreisordnung

Einwohner ab 14 Jahre2–5 %ja
Thüringen Thüringen[A 3]§ 16 (Kommune) und
§ 96a (Landkreis) der Kommunalordnung sowie

§§ 7, 8, 9, 10 ThürEBBG

Einwohner ab 14 Jahre1 % aller Einwohner,
gedeckelt auf 300, in Landkreisen max. 1.000
ja
  1. Bayern: Die Bezeichnung für das kommunal-politische Instrument lautet hier Bürgerantrag.
  2. Bremen: In der Stadtgemeinde Bremen lautet die Bezeichnung für das kommunal-politische Instrument Bürgerantrag, in der Stadtgemeinde Bremerhaven Einwohnerantrag. Des Weiteren existiert der Bürgerantrag auf Landesebene, siehe Volksinitiative.
  3. Thüringen: Nicht zu verwechseln mit dem dortigen Bürgerantrag auf Landesebene, siehe Volksinitiative.

Formelle Voraussetzungen

Schriftform und Inhalt

Ein Einwohnerantrag muss ein hinreichend formuliertes Anliegen einschließlich einer Begründung enthalten. Er ist in schriftlicher Form bei der Gemeindeverwaltung einzureichen. Der Antrag muss in deutscher Sprache gestellt werden. Die zusätzliche Einreichung eines Finanzierungsvorschlags verlangen nur wenige Gemeindeordnungen.

Antragsberechtige Personen

Als antragsberechtigte Personen sind in einigen Gemeindeordnungen auch minderjährige Personen genannt (§41 Abs. 1 KomWG BW, §§19 Abs. 1 Bran, 18 Abs. 1 Satz 1 MeVo, 31 Abs. 1 S. 1 Nds, 25 Abs. NRW, 17 Abs. 1 Satz 1 RhPf, 24 Abs. 1 Satz 1 SachsAn, 16 f Abs. SchlH).

Unterstützungsunterschriften

In allen deutschen Bundesländern erfordert der Einwohnerantrag die Unterstützung einer in den Gemeindeordnungen festgelegten Anzahl von Unterstützungsunterschriften durch antragsberechtigte Personen. Über die Form der zu sammelnden Unterschriften bestehen teilweise gesetzliche Regelungen, die fordern, dass die Unterschriftsleistung mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift erfolgen muss. Die Unterschriftsleistung unterliegt keiner spezifischen Beurkundung. Jede Unterschriftenliste muss zwingend den gesamten Wortlaut des Einwohnerantrags beinhalten.

Gegenstandsbereich

Ein Einwohnerantrag darf ausschließlich Angelegenheiten zum Gegenstand haben, welche die kommunale Selbstverwaltung betreffen. Ein Antrag, der staatliche Aufgaben betrifft, ist unzulässig. Zudem muss der Gegenstand eines Einwohnerantrags in die Organkompetenz des Gemeinderats fallen und darf nicht den gesetzlich umschriebenen Kompetenzbereich des Bürgermeisters einer Kommune berühren. Ein Positiv- oder Negativkatalog hinsichtlich des Einwohnerantrags existiert nicht, mit Ausnahme von Baden-Württemberg.

Abgrenzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind Formen direkter Demokratie auf kommunaler Ebene in Deutschland. Hierbei besitzt das Gemeindevolk das Recht, Sachentscheidungen unmittelbar verbindlich zu treffen. Der Einwohnerantrag mündet nicht in ein Bürgerbegehren oder ein Bürgerentscheid.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Oktober 2015. In: Gesetzblatt für Baden-Württemberg, 2015, Nr. 19, S. 870–878. Land Baden-Württemberg, 30. Oktober 2015, abgerufen am 7. Januar 2017.

Auf dieser Seite verwendete Medien