Edi Rama

Edi Rama (2022)Signatur

Edi Rama (* 4. Juli 1964 in Tirana als Edvin Kristaq Rama[1]) ist ein albanischer Politiker und Künstler. Seit dem 10. September 2013 ist er der 12. Ministerpräsident Albaniens. Am 25. Juni 2017 wurde er in seinem Amt bestätigt. Am 17. September 2021 wurde er zum dritten Mal in Folge zum Ministerpräsidenten gewählt. Zudem ist er seit Oktober 2005 Vorsitzender der Sozialistischen Partei Albaniens (PS). Zwischen 2000 und 2011 war er Bürgermeister von Tirana.

Leben

Sportliche Laufbahn und frühe künstlerische sowie politische Aktivitäten

Edi Rama wurde als Sohn von Kristaq Rama, einem Bildhauer aus Durrës, und der Medizinerin Aneta Rama (geborene Koleka) geboren. Als Jugendlicher spielte er für den Basketballclub Dinamo und wurde in den späten 1980er Jahren für das Nationalteam nominiert. Zur Zeit des Sturzes der stalinistischen Diktatur war er als Lektor an der Akademie der Künste tätig, wo er bereits zum akademischen Maler ausgebildet worden war.[2] Zu dieser Zeit heiratete er Matilda Makoci, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. 1994 ließen sich die beiden scheiden, und Edi Rama wanderte nach Frankreich aus. Dort nahm er – hauptsächlich in Paris – zusammen mit seinem Freund Anri Sala an verschiedenen Kunstausstellungen teil.[3]

Rama beteiligte sich aktiv an den ersten Demokratiebewegungen in Albanien Anfang der 1990er Jahre. Er kritisierte die regierende Demokratische Partei unter Sali Berisha wegen Korruption und begann seine Karriere als international anerkannter Künstler. 1998 war Rama anlässlich der Beerdigung seines Vaters wieder in Albanien. Der neue sozialistische Ministerpräsident Fatos Nano berief ihn zum Minister für Kultur, Jugend und Sport in die Regierung.

Bürgermeister von Tirana

Im Oktober 2000 zog er als neuer Bürgermeister ins Rathaus von Tirana ein. Als unabhängiger Kandidat hatte er mit Unterstützung der Sozialistischen Partei 57 % der Stimmen auf sich vereinigen können. Seit der Übernahme des Oberbürgermeisteramtes ließ er illegal errichtete Gebäude wie Kioske und Nachtclubs abreißen und nahm Maßnahmen zur Müllentsorgung und Begrünung vor. Für sein Projekt Clean and Green wurde er von den Vereinten Nationen ausgezeichnet.[4] Im Herbst 2003 trat Rama der Sozialistischen Partei bei. Er kandidierte erfolglos gegen den Amtsinhaber Fatos Nano als Parteivorsitzenden. Erst im Oktober 2005 wurde er in dieses Amt gewählt, nachdem Nano sich aufgrund der Niederlage der Sozialisten bei den Wahlen im damaligen Sommer aus der Politik zurückgezogen hatte.

Am 28. Dezember 2003 wurde Rama mit 59 % der Stimmen zum Bürgermeister wiedergewählt. Seither lag ein Schwerpunkt seiner Tätigkeiten in der Erstellung einer Stadtplanung für Tirana, deren Bevölkerung sich seit 1990 mehr als verdoppelt hatte. Auch im Februar 2007 wurde er mit 56 % der Stimmen wiederum im Amt bestätigt. Im Herbst 2004 wählten 35.000 Teilnehmer der Internet-Community City Mayors Rama zum World Mayor 2004.

Ein Treffen zwischen Sozialisten: Edi Rama im Jahr 2011 bei einem Besuch in Athen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Griechenlands, Giorgos Andrea Papandreou

Bei den Kommunalwahlen 2011 verlor Edi Rama knapp mit 95 Stimmen Rückstand gegen den Kandidaten der Demokraten, Lulzim Basha. Nach knapp elf Jahren endete somit seine Karriere als Oberbürgermeister der albanischen Hauptstadt.[5]

Erste Amtszeit als Ministerpräsident (2013–2017)

Zum ersten Mal in seiner politischen Karriere trat Edi Rama bei den Parlamentswahlen 2013 als Kandidat der Sozialistischen Partei für den Qark Vlora an, um als Abgeordneter ins Parlament einziehen zu können.[6] Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2013 verließ im April die sozialdemokratische LSI die seit 2009 gebildete Regierungskoalition mit den Demokraten, um zu den Sozialisten überzuwechseln. Die Allianz für ein Europäisches Albanien, eine Koalition unter anderem mit der LSI, erreichte eine deutliche Mehrheit. Edi Rama übernahm damit das Amt des scheidenden Ministerpräsidenten Sali Berisha.[7] Am 10. September 2013 wurde Edi Rama offiziell Ministerpräsident Albaniens.[8] Sein Kabinett umfasst die höchste Frauenrate, die eine albanische Regierung jemals hatte. Und mit einem durchschnittlichen Alter von 43 Jahren bei Amtsantritt ist das Kabinett das jüngste der Geschichte Albaniens.

In den ersten Tagen seiner Amtszeit erfolgten einige Regierungsentscheide. Der erste war ein Importverbot von Müll. Danach folgte unter anderem die Neuverteilung der Regierungsaufgaben auf die verschiedenen Ministerien. Einige Ministerien wurden zusammengeführt, andere aufgeteilt und wiederum andere neu gegründet. Dem Regierungssitz in Tirana gab Rama im Inneren ein neues Aussehen, um nicht im Ambiente seines rivalisierenden Vorgängers Sali Berisha arbeiten zu müssen.

Rama unternahm in den ersten Wochen seiner Amtszeit verschiedene Staatsbesuche in Westeuropa, in den USA und auf dem Balkan. Sein erster Staatsbesuch erfolgte nur zwei Tage nach seiner Vereidigung als Ministerpräsident im Kosovo, wo er seinen Amtskollegen Hashim Thaçi traf. Danach ging er am 16. September nach Brüssel, um Vertreter und Vorsitzende der EU zu treffen. Zuletzt folgten Besuche bei der UNO in New York am 21. September, am 26. Oktober, mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Prizren, Kosovo, am 5. November 2013 besuchte er Mazedonien, wo er neben hohen Regierungsvertretern auch die Vorsitzenden der albanischen Parteien traf, und am 14. November war er in Podgorica, um den montenegrinischen Ministerpräsidenten zu besuchen. Auch Griechenland, Kroatien und vor allem Italien besuchte er in der Frühphase seiner Amtszeit.

Am 15. November 2013 erklärte Edi Rama bei einer Medienkonferenz, dass es für Albanien unmöglich sei, syrische Chemiewaffen aufzunehmen und sie zu zerstören. Dem waren zahlreiche Proteste in vielen Städten Albaniens und eine riesige Opposition in den sozialen Netzwerken vorausgegangen. Somit lehnte Rama eine entsprechende Anfrage der Vereinigten Staaten ab, obschon erwartet worden war, dass Albanien als enger Partner der USA zustimmen würde. Die Menschenmenge vor dem Regierungssitz jubelte nach Ramas Aussage, nachdem sie 48 Stunden lang gegen die Einfuhr der gefährlichen Chemiewaffen demonstriert hatte.

Zweite Amtszeit als Ministerpräsident (2017–2021)

Bei der Parlamentswahl 2017 errang die Partia Socialiste 48,34 Prozent der Wählerstimmen, was das beste Ergebnis in der Parteigeschichte war. Damit wurde eine Regierungskoalition mit anderen Parteien überflüssig, und die Sozialisten konnten seit langem wieder eine Alleinregierung bilden. Edi Rama stellte dem Parlament am 9. September 2017 seinen Regierungsvorschlag vor, der von den Abgeordneten mehrheitlich angenommen wurde. Am 13. September wurde das neue Regierungskabinett schließlich vom Präsidenten vereidigt. Im neuen Kabinett gibt es viele Regierungsneulinge und mit sieben Frauen erstmals in der Geschichte Albaniens einen Frauenanteil von 50 Prozent.

Die zweite Amtsperiode der Regierung Rama begann sogleich mit ein paar aufsehenerregenden Ereignissen. So erwähnte Erion Braçe (PS), Vorsitzender der Parlamentskommission für Wirtschaft, am 26. September 2017 während einer gemeinsamen Sitzung von Fraktions- und Regierungsmitgliedern der Sozialisten einen schwerwiegenden Fehler in der Prozedur der Verabschiedung des neuen Haushalts. So hatte die Regierung die Kommission umgangen und die Haushaltsverabschiedung direkt als Traktandum für den 28. September 2017 festgesetzt, ohne sie vorher von der Wirtschaftskommission überprüfen zu lassen.[9]

Am nächsten Tag, dem 27. September 2017, veröffentlichte das Newsportal Hashtag.al einen Bericht der obersten Rechnungsprüfungsbehörde Kontrolli i Lartë i Shtetit, wonach der albanischen Regierung für das Jahr 2016 Unregelmäßigkeiten in Bezug auf Marketing-Produkte vorgeworfen wird. So habe sie mit Staatsgeldern in Höhe von etwa 500.000 US-Dollar die Stiftung der Biennale di Venezia unterstützt, wo Edi Rama gelegentlich private Werke ausstellt.[10]

Für die Parlamentssitzung vom 28. September 2017 verlangte die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Albaniens Radio Televizioni Shqiptar (RTSH) von privaten Fernsehsendern eine Gebühr für die Live-Übertragung der Plenarsitzung. Ministerpräsident Edi Rama erklärte dies mit der künftigen Notwendigkeit eines „Parlamentssenders“, wonach aber privaten Sendern (und somit Journalisten) der Zutritt in den Parlamentssaal verwehrt würde. Die albanischen Medien und Politiker der Opposition kritisierten das Vorgehen der albanischen Regierung scharf und sprachen von „Zensur“.[11]

Dritte Amtszeit als Ministerpräsident (2021–)

Bei der Parlamentswahl im April 2021 gewannen die Sozialisten mit dem Rekordergebnis von 48,67 Prozent der Stimmen erneut die absolute Mehrheit. Am 17. September 2021 wurde Rama zum dritten Mal in Folge zum Ministerpräsidenten gewählt. Im Parlament erhielt er 77 von 140 Stimmen. 53 Abgeordnete stimmten gegen ihn, einer enthielt sich der Stimme. In Ramas Regierung waren zu Beginn zwölf der 17 Ministerien und Staatssekretärsposten mit Frauen besetzt. Außenministerin blieb vorerst Olta Xhaçka, die das Amt seit Januar 2021 ausübte. In seiner Regierungserklärung bekannte sich Rama zu drei Schwerpunkten: Infrastrukturprojekte, Bekämpfung der Corona-Pandemie und Behebung der Schäden des Erdbebens von November 2019.[12][13]

Künstler

Edi Rama arbeitet hauptsächlich im Kleinformat auf Papier. Hierfür fertigt er mit Tinte, Filzstift und Fettkreiden in seinem Kalender blumig-organische, vornehmlich bunte Zeichnungen an. Auf tausenden von Kalenderblättern hält er seine Gedanken und Eingebungen in farbiger Abstraktion fest. Er selbst beschreibt diese als Ausbruch aus seinem tiefsten Inneren, welchem er Ausdruck zu verleihen versucht. Diese Tageszeichnungen bilden ein visuelles Tagebuch des persönlichen und staatsmännischen Alltags und des Weltgeschehens, ohne sich jedoch inhaltlich zum politischen Geschehen zu äußern. Atelier und Amtszimmer von Edi Rama sind eins. Edi Ramas Werke wurden international ausgestellt und befinden sich in der Nationalgalerie Tirana und im Osten Museum of Drawing in Skopje. Er selbst nahm als Künstler an wichtigen Podiumsdiskussionen teil, darunter in der Tate Gallery of Modern Art.

Privates

Rama erhielt bei seiner Geburt den Vornamen Edvin und hat diesen im November 2002 standesamtlich in Edi umändern lassen.[14]

Er ist seit 2010 mit Linda Rama (geb. Basha) verheiratet. Das Paar hat ein gemeinsames Kind, Zaho Rama (geb. 2014). Zudem hat er aus erster Ehe einen Sohn, Gregor Rama.[15]

Er erklärte im Jahr 2004, keinen Glauben zu praktizieren und dass die Menschen nicht beurteilen könnten, ob ein Gott existiere.[16] 2014 sagte er hingegen gegenüber Medien, dass er Katholik sei. Seine Großmutter habe ihn 1964 getauft und auch sein Vater sei Katholik gewesen.[17]

Auszeichnungen

Ausstellungen

Buchveröffentlichungen

  • Refleksione. mit Ardian Klosi 1991
  • Paintings. 2009
  • Kurban. Botimet Dudaj, Tirana 2011[19] Rumänische Übersetzung: În culisele puterii. Corint, Bukarest 2014.

Literatur

  • Michael Schultz (Hrsg.): Edi Rama. Les Fleurs du Calendrier – Kalenderblüten. Galerie Michael Schultz, Berlin 2015.
  • Anri Sala (Hrsg.): Edi Rama. JRP, Zürich 2013, ISBN 978-3-03764-322-8.
  • Beat Bieri: Tirana in Farbe. Velvet, Luzern 2003.

Weblinks

Commons: Edi Rama – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dokumenti/ Edvin apo Edi? Ja emri i vërtetë i kryeministrit Rama. In: Gazeta Mapo. 20. Mai 2016, abgerufen am 8. Oktober 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. Jane Kramer: Painting the Town – How Edi Rama Reinvented Albanian Politics. In: Art in America. 27. Juni 2005 (englisch). t/http://www.janetzweig.com/RISDPDFPUBLICART/Tirana.pdf PDF (Memento vom 13. Dezember 2013 im Internet Archive)
  3. Edi Rama im Munzinger-Archiv, abgerufen am 4. Juli 2011 (Artikelanfang frei abrufbar)
  4. Caroline Fetscher: Edi räumt auf. Tagesspiegel, 28. November 2002, archiviert vom Original;.
  5. KQZ: Lulzim Basha kryetar i Bashkisë së Tiranës (KQZ: Lulzim Basha Präsident der Bashkia Tirana). peshku pa ujë, 23. Juni 2011, abgerufen am 3. Mai 2013 (albanisch).
  6. Listat e PS, Rama i pari në Vlorë? (Listen der PS, Rama der erste in Vlora?). Top Channel, 2. Mai 2013, abgerufen am 3. Mai 2013 (albanisch).
  7. Machtwechsel in Albanien. In: Deutsche Welle. 25. Juni 2013, abgerufen am 3. September 2013.
  8. Rama dekretohet Kryeministër (Rama wird zum Ministerpräsidenten dekretiert). In: Top Channel. 10. September 2013, abgerufen am 10. September 2013 (albanisch).
  9. Braçe shpreh pakënaqësinë, Rama i ndërpret fjalën: Jemi live, jemi live… Hashtag.al, 26. September 2017, archiviert vom Original am 28. September 2017; abgerufen am 28. September 2017 (albanisch).
  10. Qeveria ka financuar fshehurazi Bienalen e Venecias. Hashtag.al, 27. September 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. September 2017; abgerufen am 28. September 2017 (albanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hashtag.al
  11. Pse u bllokua transmetimi i punimeve të Kuvendit? Hashtag.al, 28. September 2017, archiviert vom Original am 29. September 2017; abgerufen am 28. September 2017 (albanisch).
  12. Edi Rama zum Ministerpräsident Albaniens gewählt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. September 2021.
  13. Albania approves new female-dominated Cabinet, Deutsche Welle, 17. September 2021.
  14. Dokumenti/Edvin apo Edi? Ja emri i vërtetë i kryeministrit Rama. 20. Mai 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Juni 2016; abgerufen am 4. Juni 2016 (albanisch).
  15. Vjen në jetë Zaho Rama, djali i çiftit kryeministror Linda e Edi. In: Shqiptarja. 25. Juli 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Mai 2016; abgerufen am 6. Mai 2016 (albanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/shqiptarja.com
  16. Fjala e plotë e Ramës në Iftarin e shtruar për muajin e Ramazani. In: Shqiptarja. 8. Juli 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. August 2014; abgerufen am 29. Juli 2014 (albanisch): „Edi Rama: ‚Unë nuk praktikoj besim tjetër, përveç atij tek vetja dhe tek njerëzit, por nuk besoj se sidoqoftë eksiztenca ose jo e Zotit është një çështje që mund të zgjidhet ndonjëherë nga të vdekshmit.‘“
  17. Edi Rama: Jam Katolik! In: Balkanweb. 19. September 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. Oktober 2014; abgerufen am 11. November 2014 (albanisch): „Unë jam pagëzuar katolik nga gjyshja ime. Ka qenë viti 1964 dhe ende nuk ishin mbyllur kishat e xhamitë.“
  18. PM Edi Rama received Légion d'Honneur title by French President. In: Top Channel. 29. März 2017, abgerufen am 1. April 2017 (englisch).
  19. Confession about “Kurban”. Top Channel, 9. November 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. November 2011; abgerufen am 11. November 2011 (englisch).

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