Dunwich (Suffolk)

Koordinaten: 52° 17′ N, 1° 38′ O

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Dunwich (Suffolk)
Dunwich All Saints Ruins.
Strand

Der Ort Dunwich [ˈdʌnɪtʃ] im County Suffolk in England ist der Überrest eines ehemals wohlhabenden Seehafens und Zentrums des Wollhandels im frühen Mittelalter. Der Naturhafen in der Mündung der beiden Flüsse Blyth River und Dunwich River war einst die größte Hafenstadt in East Anglia.

Geschichte

Der Hafen von Dunwich bot die Grundlage für ein römisches Militärlager.[1] Die erste urkundliche Nennung erfolgte 632, als ein Missionar aus Burgund, St. Felix, in Dunwich den ersten Bischofssitz in East Anglia gründete. Nach dem Domesday Book, der Volks- und Vermögenszählung der normannischen Eroberer aus dem Jahr 1086, hatte Dunwich ungefähr 3.000 Einwohner, acht Kirchen, eine Benediktinerabtei und zwei Klöster der Franziskaner und Dominikaner. Es war damit die zehntgrößte Stadt in England.[1] Im 13. Jahrhundert war es mit achtzehn Kirchen und Klöstern nach Norwich die zweitgrößte Stadt in East Anglia.

In römischer Zeit war die Küstenlinie noch mindestens 2000 m von der heutigen Stadt entfernt.[2] Während eines heftigen Sturms im Jahr 1286 wurden große Teile der Stadt ins Meer gespült und die Mündung des Dunwich River versandete teilweise. Gegen eine weitere heftige Sturmflut im Jahr 1328 kämpften die Einwohner vergebens, um den Hafen zu retten. Ein Viertel der Stadt Dunwich war im Meer untergegengen. Ein Großteil der verbliebenen Stadt wurde am 15. und 16. Januar 1362 durch einen schweren Wintersturm ins Meer gerissen. Zur gleichen Zeit wurde die deutsche Nordseeküste durch die „Grote Mandrenke“ verheert. In den folgenden drei Jahrhunderten fiel der Rest der Stadt der Küstenerosion zum Opfer. Häuser, die heute direkt am Kliff stehen, befanden sich einst fast zwei Kilometer im Landesinneren.

Nahezu alle Gebäude sind im Meer versunken, einschließlich aller acht Kirchen. Die letzten Reste der Kirche All Saints, die schon seit 1755 keinen Pfarrer mehr hatte, stürzten 1904 und 1919 ins Meer. Nur noch einige wenige Mauern eines Franziskanerklosters und eines Leprakrankenhauses stehen. Eine Legende erzählt, dass man bei manchen Sturmfluten die Kirchenglocken noch im Getöse der Wellen hören kann. Als einst bedeutende Stadt hatte Dunwich das Recht, zwei Mitglieder ins Parlament zu entsenden. Erst 1832, nach der Bereinigung der rotten boroughs durch den Reform Act, verlor Dunwich dieses Recht.

Für die wenigen verbliebenen Einwohner wurde 1832 etwas landeinwärts eine neue Kirche, St. James, erbaut. Diese, das Ship Inn, ein Tea Room, ein Museum und wenige Wohnhäuser mit zirka 120 Einwohnern sind der Rest der einst bedeutenden Stadt. Im Frühjahr 2013 wurde mit der Hilfe von Sonartechnik die erste Karte der Ruinen von Dunwich, die sich nun in einer Wassertiefe von drei bis zehn Metern befinden, von der Universität Southampton erarbeitet.[2]

Die Landschaft in der Umgebung bietet vielfältige Naturerlebnisse. Die inzwischen vollkommen verlandete Mündung des Dunwich River im Norden, Dingle Marshes genannt, lässt heute nicht mehr ahnen, dass sich hier einer der bedeutendsten englischen Häfen befand. Große Heideflächen mit Erika, Stechginster und Baum- und Strauchgruppen, die Dunwich Heath, bedecken das ehemalige Weideland im Süden. Dort schließt sich das Vogelreservat Minsmere in einem ausgedehnten Schilfgebiet an.

Lost Town

2004 gewannen die jungen Architekten Anne Niemann und Johannes Ingrisch einen hochdotierten Architekturwettbewerb und bekamen so die Möglichkeit, ein mehrere Millionen Pfund teures Kunstprojekt zu initiieren, die im Meer vor der Küste durch metallene Säulen repräsentierte Darstellung einer Kirche. Nach anhaltendem Widerstand der Einwohner von Dunwich wurde der Fokus des Projektes nach jahrelangen Bemühungen zur Halbinsel The Naze bei Walton-on-the-Naze verlegt. Aufgrund der weltweiten Finanzkrise ruht das Vorhaben seit 2009. Der Langzeit-Dokumentarfilm Lost Town[3] begleitete die Arbeit.

Einzelnachweise

  1. a b What ever happened to Dunwich? (Memento des Originals vom 1. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dunwichmuseum.org.uk Webseite des Dunwich Museum.
  2. a b Archaeologists map lost medieval Suffolk town of Dunwich under the sea Guardian 10. Mai 2013, abgerufen am 11. Mai 2013.
  3. Lost Town (Memento vom 25. April 2010 im Internet Archive) bei wdr.de, gesendet 23. April 2010.

Literatur

  • Winfried G. Sebald: Die Ringe des Saturn: eine englische Wallfahrt. 7. Auflage, Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-13655-5.
  • Dunwich and the lost City with Walberswick to Minsmere Walks. Heritage House (Herausgeber), ISBN 1-85215-052-1.
  • Peter Sager: Ostengland: Suffolk, Norfolk und Essex. DuMont, Köln 1990, ISBN 3-7701-1713-1.
  • S. E. Rigold: The Supposed See of Dunwich, J. Brit. Archaeol.Ass., XXIV, 1961, S. 5–59.

Weblinks

Commons: Dunwich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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