Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse

Film
OriginaltitelDorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr1984
Länge152 Minuten
Altersfreigabe
Stab
RegieUlrike Ottinger
DrehbuchUlrike Ottinger
ProduktionUlrike Ottinger
MusikPeer Raben
KameraUlrike Ottinger
SchnittEva Schlensag
Besetzung
  • Veruschka von Lehndorff: Dorian Gray / Don Luis de la Cerda / Infant von Spanien
  • Delphine Seyrig: Dr. Mabuse / Großinquisitor von Sevilla
  • Tabea Blumenschein: Andamana
  • Irm Hermann: Passat, Assistentin / Schicksalsgöttin
  • Magdalena Montezuma: Golem, Assistentin / Schicksalsgöttin
  • Toyo Tanaka: Hollywood, chinesischer Diener
  • Barbara Valentin: Susy, Assistentin / Schicksalsgöttin
  • Luc Alexander: Dominikaner / Signore Romano l'Osservatore Conservatore
  • Hanno Jochimsen: Herr von Welt
  • Fritz Ewert: Mr. Charles Chronicle
  • Joachim von Ulmann: Alexander Baron von Regenbogen
  • Horst Benzrath: Mr. Standard Telegraph
  • Victor Dzidzonou: Sahib Vao-Vao Africasia
  • Roderick Castillo: Señor José Fernando Correo
  • Robbie Darsono: Mr. Eastman Yu-Kang Fudji
  • Don Grant: Monsieur Pago-Pago Express
  • Ting-I Li: Mario Scandalo
  • Claus-Dietrich Streuber: Herr Azet-Tzet
  • Jonatan Briel: Dr. Spiegelwelt

Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse ist ein gut zweieinhalbstündiger deutscher Spielfilm von Ulrike Ottinger mit einer rein weiblichen Hauptdarstellerriege, angeführt von Veruschka von Lehndorff und Delphine Seyrig.

Handlung

Frau Dr. Mabuse herrscht über einen großen Medienkonzern, ihre Presseerzeugnisse bestimmen weithin das Land. Um ihre Auflagen und damit die verlegerische Macht noch weiter auszubauen, kreiert die ehrgeizige Zeitungsmacherin eine Kunstfigur, einen Geck und Snob wie einst der selbstverliebte Dorian Gray. Ihr Ziel ist es, ihn im Rahmen eines allgemeinen Hypes erst hochzuschreiben und damit die Träume einer gläubigen Leserschaft zu bedienen, um ihn schließlich, als Teil eines inszenierten Skandalons, ebenso medienwirksam wieder zu vernichten. Frau Dr. Mabuse führt diesen narzisstischen Dandy in die Oper aus, wo er sich in die enigmatische Sängerin Andamana verliebt. Ob auf einem Presseball oder im Rahmen einer Reise rund um die Welt, stets erfüllt Dorian Gray im Spiegel von Mabuses Boulevardpresse seine Pflichten und bedient dadurch Sehnsüchte. Dr. Mabuse, gleich dem wahnsinnigen Wissenschaftler, ist eine glänzende Strippenzieherin im Hintergrund und macht mit ihren enormen Auflagesteigerungen hohe Profite. Doch dann scheint sich das Blatt gegen die Konzernherrin zu richten, denn der in luftige Höhen journalistisch hochgepushte Dandy probt den Aufstand und wendet sich mit all seiner neuen medialen Macht und einer glänzenden Beliebtheit bei der Leserschaft gegen seine Schöpferin und ihren Konzern.

Produktionsnotizen

Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse entstand zwischen 1981 und 1983 und wurde am 18. Februar 1984 im Rahmen der IFF Berlin uraufgeführt.

Renée Gundelach übernahm die Herstellungsleitung, Herbert Kerz und Helga Stegmann die Produktionsleitung. Die Ausstattung gestaltete die Regisseurin Ulrike Ottinger. Eva Ebner war Regieassistentin.

Kritiken

Frieda Grafe von der Süddeutschen Zeitung befand, Ulrike Ottingers habe eine „vergangene Erzählkultur wie auf einer riesigen Abfallhalde zusammengekarrt“, und konstatierte: „Die Boulevardpresse als Zerrspiegel ist der reine Vorwand. Die Form von Kritik, die sich in moralischer Empörung äußert, gehört zu der Art von Kino, von der dieser Film sich absetzt.“[1]

Für Ulrich Greiner von der Zeit war Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse eine „monströse, manchmal anstrengende, immer eigenwillig-phantastische Bilderrevue“. An späterer Stelle hieß es: „Von Versuchung zu Versuchung, vom Taumel zum Schrecken. Zwischendurch öffnet sich ein Vorhang, und wir blicken auf eine bizarre Felsenküste, wo eine seltsame Oper gespielt wird“. Sein Fazit: „Ein Film anders als andere.“[2]

Emma-Redakteurin Gertrud Koch verortete wiederum „Einfälle, Phantasien, oft witzige, satirische Spielereien mit kinematographischen und ikonographischen Traditionen und Vorbildern, die durch einen losen Handlungsfaden zu einer Collage zusammengefügt werden: ein Geflecht aus Zitaten und Querverweisen, aus unermüdlich erfinderischen Einfällen, ein Kaleidoskop, das aus denselben Bestandteilen immer wieder andere Muster hervorbringt“, und resümierte aus dieser Erkenntnis, dass das Kino der Ulrike Ottinger eines „der Attraktionen im genauen Sinn des Wortes“ sei: „Attraktionen ziehen an, stoßen ab, verblüffen, machen staunen. Attraktionen haben einen Ausstellungswert, aber kein Aneignungsinteresse. Sie wollen gesehen, aber nicht besessen werden.“[3]

Im Lexikon des Internationalen Films heißt es: „Ulrike Ottingers ironische, opernhafte und mehrfach gebrochene kulturkritische Reflexion über Macht, Identität, Gefühle und die Manipulation der Medien lebt von fantastischen Bildeinfällen, kulturellen Assoziationen und der Kunst des Dekors.“[4]

Einzelnachweise

  1. Süddeutsche Zeitung, Ausgabe vom 19./20. Mai 1984
  2. Die Zeit vom 24. Februar 1984
  3. Emma, Ausgabe vom April 1984
  4. Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 9. Oktober 2021.

Weblinks